Mein Vorredner von der CDU hat aus seiner Sicht die Familie beschrieben, die dazu führt, dass wir heute andere Biografien und andere Situationen auch für die Senioren haben. Ich denke, das kann man sehr unterschiedlich sehen. Wir als Politiker haben natürlich dafür zu sorgen, dass Grundwerte erhalten bleiben. Diese Grundwerte werden uns durch das Grundgesetz vorgegeben und die verschiedenen Menschengruppen haben aus ihrer jeweiligen Sicht noch die unterschiedlichen Werte, die sie sozusagen zum Abgleich ihrer eigenen Werte benutzen.
Wichtig für uns ist, dass dieser Seniorenbericht die Breite der verschiedenen Entwicklungen möglicher Lebensformen mit darstellt, die im Alter zu bestimmten Lebenssituationen der Senioren führen. Wir haben, um nur ein Beispiel herauszugreifen, Familien, in denen es ganz selbstverständlich ist, dass alte Menschen in eine Pflegesituation hineinkommen, die komplett von der Familie aufgefangen werden kann. Das ist noch in einem großen Bereich heutzutage machbar – wir werden morgen sicherlich im Detail darüber sprechen – und bei anderen Menschen ist einfach niemand mehr da, der sich um sie kümmern kann. Dann müssen bestimmte Mechanismen der Gesellschaft greifen, damit diese Menschen nicht im wahrsten Sinne des Wortes ins Bodenlose fallen.
Mir ist noch eine Sache wichtig und ich denke, dass sich vielleicht der eine oder andere mit darunter stellen kann. Das ist mir als Wert besonders wichtig und das ist unabhängig davon, ob jemand ein religiöser Mensch ist oder nicht. Eine wichtige und eine der zentralen Botschaften der Bibel ist die: Ehre das Alter! – Wir sprechen heute vornehm von Senioren und anderen Begriffen. Aber die Tatsache, dass jüngere Menschen anerkennen, dass diejenigen, die, wie wir es heute sagen, im Seniorenalter sind, eine ganze Menge an Lebenserfahrungen mitbringen, auf die wir dringend angewiesen sind, sei es bei der Erziehung der Enkel, sei es beim Noch-Einbringen in
Betriebe, aus denen die Leute heute viel zu schnell mehr oder weniger hinausgedrängelt werden, oder in verschiedenen anderen Bereichen; das alles verstehe ich darunter.
In diesem Sinne betrachten wir die Fortschreibung des Seniorenberichtes und in diesem Sinne möchten wir auch zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die gestiegene Lebenserwartung und die in der Medizin erzielten Fortschritte nimmt die Zahl der älteren Menschen auch in Sachsen immer weiter zu. Somit sind Senioren stärker als in der Vergangenheit ein wichtiger Faktor der Gesellschaft. Man könnte jetzt sicherlich viel über die allmähliche Vergreisung unseres Landes, besonders auch in Sachsen, die steigenden Kosten für das Gesundheitssystem und die Angemessenheit der Unterstützung für Alte in der Gesellschaft erzählen. Doch damit würden wir eine Debatte führen, die angesichts Ihres Unwillens, der demografischen Katastrophe aktiv entgegenzuwirken, ein Reden gegen die Wand wäre.
Meine Damen und Herren, da Sie nicht gewillt sind, die Zukunft zu sichern, sollten Sie wenigstens die Gegenwart ordentlich verwalten. Dazu benötigt man verlässliche Daten. Berichte wie zur Lebenssituation von alten Menschen bilden hier eine Grundlage. Oder wie Sie an anderer Stelle in Ihrem Koalitionsvertrag schreiben – ich zitiere –: „Wer sich verbessern will, muss wissen, wo er steht.“
Wir haben uns hier im Plenum schon einige Male über Seniorenpolitik unterhalten. Wie wichtig das ist, zeigt eine Erhebung des Statistischen Landesamtes. Im Jahr 2001 lag das Durchschnittsalter in Sachsen bei 43,3 Jahren. Damit ist Sachsen das Bundesland mit dem höchsten Durchschnittsalter. Statistische Berechnungen sagen voraus, dass dieses Durchschnittsalter im Jahr 2020 schon bei 48,8 Jahren liegen wird. Der Anteil der Rentner steigt also unausweichlich. 2020 wird der Anteil der 65- bis 84-Jährigen bei 26 % liegen. Der Anteil der Menschen, der dann 85 Jahre und älter ist, wird um 80 % steigen.
Wir begrüßen daher die Pläne der Regierungskoalition, in regelmäßigen Abständen den Sächsischen Seniorenbericht 2004 mit Themenschwerpunkten fortzuschreiben, wie es auch in Ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegt wurde. Diese Themenschwerpunkte wurden in der Stellungnahme der Staatsregierung auch benannt. Aber wie groß die regelmäßigen Abstände sind, steht nicht im Koalitionsvertrag, und wir finden es bedauerlich, dass der neue Seniorenbericht erst im Jahr 2010 geplant ist. Wenn der bisherige Modus tatsächlich auf sechs Jahre festgelegt wurde, dann sollten wir uns schnellstmöglich den raschen Ent
wicklungen stellen und anpassen. Der erste Schritt dabei ist die Erstellung eines Seniorenberichts in jeder Legislaturperiode. Das Kapitel „Senioren“ im Sozialbericht 2007, wie es Frau Ministerin Orosz angekündigt hat, reicht hier nicht aus. Warum sollte es denn nicht möglich sein, die Fortschreibung des Seniorenberichts 2004 während dieser Legislaturperiode vorzunehmen und auch zu veröffentlichen?
Wir halten es für unumgänglich, dass in kürzeren Abständen verwertbare Informationen in Form eines Berichts dargestellt werden. Dieser Bericht sollte daher nicht nur, wie es im Antrag der GRÜNEN heißt, als Diskussionsgrundlage dienen, sondern ganz konkrete Maßnahmen ermöglichen. Da es aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung ist, werden wir diesem Antrag und ebenso dem Antrag der Linksfraktion zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seniorinnen und Senioren machen einen immer größeren Teil der Gesellschaft aus. Auf diese Veränderungen zu reagieren ist unsere Aufgabe. Wir müssen als Politik die richtigen Rahmenbedingungen dafür vorgeben. Ziel ist es, dass ältere Menschen in Würde und Selbstbestimmung ihr Leben führen können. Wichtig ist aber auch, die Finanzierung zu sichern. Im Freistaat haben wir eine herausgehobene Verantwortung, den demografischen Wandel politisch zu begleiten. Mit einem Durchschnittsalter von 44,4 Jahren am Ende des Jahres 2004 sind wir das „älteste“ Bundesland. Selbst im weltweiten Vergleich ist unsere Bevölkerung eine der ältesten.
Bei den Veränderungen geht es aber nicht nur darum, wie viele Pflegeplätze geschaffen oder wie diese finanziert werden können. Es geht vielmehr darum, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen neu zu gestalten. Viele unserer Seniorinnen und Senioren gehören keineswegs zum alten Eisen, sondern sind körperlich und geistig leistungsfähig. Vor allem im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements wollen und können sie sich persönlich einbringen. Ein Beispiel dafür sind bekanntlich die Ortsvorsteher. Für diese haben wir vor wenigen Wochen auf Antrag unserer FDP-Fraktion die Altersgrenzen aufgehoben und damit auf die Anforderungen einer älter werdenden Gesellschaft reagiert.
Das Wissen um die Lebensumstände unserer Senioren ist die Grundvoraussetzung für richtiges Handeln. Wir brauchen dafür verlässliche Daten, Daten, die auch eine
Entwicklung aufzeigen, wie sich bestimmte politische Maßnahmen auswirken. Dass dies ein Sächsischer Seniorenbericht leisten kann, haben wir an den ersten beiden Berichten gesehen.
Die Sächsische Staatsregierung hat in den Jahren 1998 und 2004 jeweils einen umfassenden Seniorenbericht vorgelegt, der eine gute Basis darstellt. Nach Mitteilung der Staatsregierung plant diese, zum Beispiel in den Bereichen Seniorenwirtschaft, Hospizwesen und Wohnen im Alter zukünftig Teilberichte zu veröffentlichen. Ein umfassender Seniorenbericht ist nach Aussage der Staatsregierung für das Jahr 2010 geplant.
Damit würde uns in dieser Legislaturperiode kein aktueller Seniorenbericht mehr erreichen. Ob noch in dieser Legislaturperiode mit einer Fortschreibung des Seniorenberichts die Weichen für eine zukunftsweisende Seniorenpolitik gestellt werden können, bleibt abzuwarten. Wir wollen uns dem aber nicht verschließen und stimmen daher dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu.
Eines müssen wir dabei berücksichtigen: Ein Bericht nimmt uns konkretes Handeln nicht ab, er kann es nur vorbereiten.
Gibt es weiteren Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Frau Staatsministerin Orosz, Sie machen den Eindruck, als wollten Sie sprechen. – Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf der Antragstellerin, der Fraktion der GRÜNEN, Frau Hermenau, versichern, dass die Bitte, die Sie mit diesem Antrag verfolgt, bei der Staatsregierung auf fruchtbaren Boden fällt, und das nicht nur, weil es eine Bitte der Fraktion der GRÜNEN ist, sondern weil Seniorenpolitik und Altenhilfe insgesamt einen Schwerpunkt der Arbeit der Sächsischen Staatsregierung darstellen.
Das wird zum einen sehr deutlich, wenn Sie sich den Koalitionsvertrag anschauen, zum anderen ist damit eine fachliche und politische Prioritätensetzung in meinem Haus verbunden.
Von daher seien Sie gewiss, dass wir uns dieses Themas umfangreich und ich denke auch seiner Bedeutung entsprechend annehmen. Es ist in der Tat so – das ist im Redebeitrag von Frau Herrmann schon angesprochen worden –, dass gerade der Bereich der älteren Menschen, der Senioren, mit einer umfassenden Entwicklung und Veränderung einhergeht. Wir wissen, die Demografie – auch das ist von meinen Vorrednern ausführlich angesprochen worden – hat vor allen Dingen in diesem Bereich in den letzten Jahren große Herausforderungen an die Politik und die damit verbundenen Rahmenbedingungen gestellt, denen wir sehr wohl akribisch nachgehen. Sie werden uns
Lassen Sie mich kurz auf Ihren Antrag und die damit verbundene Bitte eingehen. Der letzte Seniorenbericht hat den aktuellen Stand der senioren- und altenhilfepolitischen Entwicklung in Sachsen umfassend beschrieben. Das Besondere im Bericht war, dass wir mehrere Datengrundlagen in diesem Bericht ressortübergreifend zusammengefasst und damit ein anschauliches Bild der Komplexität zur Verfügung gestellt haben.
Ich will an dieser Stelle nicht verhehlen, dass ein solches Werk nicht einfach aus dem Ärmel zu schütteln und vielleicht – wie der eine oder andere glauben mag – jährlich zu fertigen ist. Ich glaube, es besteht Konsens in diesem Hohen Haus, dass dies nicht erforderlich ist, aber eine überschaubare periodische Fortentwicklung eines solchen Berichtes ist sehr sinnvoll und natürlich auch die Grundlage für unsere gemeinsame Verantwortung.
Wir haben trotzdem vor – auch darauf möchte ich hinweisen, dafür werbe ich in diesem Zusammenhang auch bei Ihnen –, in unterschiedlichen Teilbereichen spezielle Bereiche im Senioren- und Altenhilfebereich fachlich sehr dezidiert aufzuarbeiten und zu evaluieren; damit kommen wir auch der Bitte von Herrn Dr. Pellmann nach, Datenmaterialien und Zusammenhänge darzustellen, die uns gemeinsam in die Lage versetzen, aus den entsprechenden Ergebnissen Konsequenzen zu ziehen und die Umgestaltung der Senioren- und Altenhilfelandschaft notwendigerweise voranzutreiben.
Deswegen wird es weiterhin so sein, dass von unterschiedlichen Fachbereichen Einzelberichte abgefordert werden, die wir Ihnen natürlich zur Verfügung stellen. Als Beispiel darf ich Ihnen hierzu den aller zwei Jahre erscheinenden Heimbericht nennen, der explizit über die Entwicklung in unseren Heimen Auskunft gibt und mit seinem Grundtenor in einen solchen Seniorenbericht einfließt. Aber hier macht es Sinn, periodisch einzelne Fachberichte erstellen und entsprechend auswerten zu lassen und diese in einen Gesamtbericht einfließen zu lassen.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass nicht nur das Berichtswesen die Grundlage für unsere zukünftige Arbeit sein wird, sondern es müssen auch andere Möglichkeiten der Kommunikation gefunden werden. Ich darf in diesem Zusammenhang an den im April dieses Jahres stattgefundenen ersten sächsischen Altenpflegekongress erinnern, den wir gemeinsam mit einer großen Anzahl von Partnern aus dem System gestaltet haben. Wir hatten ungefähr 500 Gäste aus allen gesellschaftlichen Bereichen: der Wissenschaft, den Fachgremien, den Trägern von Einrichtungen stationärer und ambulanter Bereiche, Betroffenen sowie einer Vielfalt von Initiativen, Verbänden und Vereinen.
Das Zusammenspiel dieser Partner im System hat uns deutlich gemacht, dass es wichtig ist, nicht nur statistische Daten zu erfassen und auszuwerten, sondern auch, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und Sensibilitä
Dieser Altenpflegekongress – in einer neuen Kultur stattgefunden und mit einem wegweisenden Ziel ausgestattet – war sehr erfolgreich. Wir haben die Ergebnisse einer Vielzahl von Workshops ins Internet gestellt. Sie können sich somit über die Themen der Zukunft, die dort angerissen worden sind, informieren. Wir werden diese Themen in den nächsten Wochen und Monaten parallel begleiten und auswerten und diese wiederum in ein Berichtssystem einfügen. Wir werden dazu zum Ende des Jahres eine Informationsbroschüre veröffentlichen. Auch das ist wichtig, wenn wir über eine zielführende und nachhaltig wirksame Seniorenpolitik in Sachsen sprechen.
Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich nach wie vor der Meinung, dass es sowohl differenzierte als auch fachlich spezielle Berichte geben muss, wir aber Ihrem Wunsch nachkommen und eine Fortschreibung und Aktualisierung des bisherigen Berichtssystems in diesem Fachbereich vornehmen und sie noch in dieser Legislaturperiode mit einem aktuellen Seniorenbericht vorlegen.
Danke schön. – Ergibt sich daraufhin noch allgemeiner Aussprachebedarf? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Frau Herrmann, das Schlusswort, bitte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte nicht erwartet, dass unser Antrag zu dieser Stunde zu so weit ausholenden Beiträgen Anlass geben würde. Es spiegelt sich darin sicherlich nicht nur die Betroffenheit der einzelnen Redner wider. In den Redebeiträgen ist deutlich geworden, dass die Vorstellung, Alter mit Defiziten zu verbinden, alten Menschen nicht gerecht wird.
Natürlich müssen Pflege und Heimrecht ein Bestandteil des Seniorenberichtes sein. Das muss schon allein deshalb der Fall sein, weil es immer mehr Menschen geben wird, die über 80 Jahre werden und dann auch zum Teil pflegebedürftig sind. Deshalb muss dieses Thema einen breiten Raum im Seniorenbericht einnehmen. Wir wünschen uns aber, dass der Seniorenbericht weit darüber hinausgeht und die Potenziale, die alte Menschen haben und in unsere Gesellschaft einbringen können, deutlich macht.
Aus dieser Betroffenheit heraus, die wir soeben erlebt haben, gewinnt auch die Einbeziehung des Alters in das Antidiskriminierungsgesetz eine neue Dimension. In § 1, in dem das Ziel des Gesetzes formuliert ist, heißt es unter anderem: Benachteiligung aus Gründen des Alters ist auszuschließen.
Ich wollte diesen Schwenk machen, weil in der Diskussion die Betroffenheit sehr deutlich geworden ist. – So viel zur Rede der Frau Staatsministerin.
Wir gehen davon aus, dass es weiterhin Einzelberichte geben wird. Wir gehen auch davon aus, dass die verschiedenen Berichte, die die Staatsregierung erstellt – zum Beispiel der Lebenslagenbericht und der Seniorenbericht –, natürlich im Zusammenhang gesehen werden müssen und dann in dieser Gesamtschau Sinn machen.