Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Die Welt zu Gast bei Freunden“ muss auch für alle Beteiligten persönliche Sicherheit bedeuten. Wir, die Linksfraktion.PDS, wollen, dass die dabei getroffenen Maßnahmen den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Verhältnismäßigkeit entsprechen – und das soll auch mein Thema sein:
Erstens. Wie kann man Katastrophen und größere gewalttätige Ausschreitungen schon im Vorfeld verhindern; wie kann man ihnen begegnen? Sicher ist dabei wichtig, länderübergreifend zu kooperieren, und das passiert auch. Es hat Sinn, dass polizeibekannte Hooligans gar nicht erst ins Stadion hineinkommen – auch okay. Was wir allerdings für überzogen halten, sind die seit Jahren in Sachsen – und nur in Sachsen – durchgeführten Gen-Tests, und zwar bei allen straffälligen Hooligans. So etwas sehen sogar die allermeisten Innenminister dieses Landes außerordentlich kritisch, wie der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Bruch. Maximal selektiv erfolgt das vor solchen großen Spielen, aber nicht durchgängig Jahr für Jahr. – Mein Kollege Bartl wird auf diese Problematik noch dezidiert eingehen.
Natürlich sind wirksame Kontrollen auch beim Einlass in die Stadien notwendig, und doch warnen wir vor einer Totalüberwachung bei dieser Fußball-WM. Wenn man sich das genau ansieht, gibt es eine ganze Reihe von Anzeichen dafür, und die muss man ernst nehmen. Mir
kommt es so vor, als ob das so ein Durchlaufmodell ist – die WM ist auch eine WM von Datenerfassungen –, und das ist etwas, wovor wir sehr warnen.
Wir verstehen nicht, weshalb so zahlreiche persönliche Daten beim Ticketverkauf erfasst wurden und werden. Wir haben ein Problem mit dem Austausch von persönlichen Daten akkreditierter Servicekräfte – das haben vor allem auch die Bündnisgrünen thematisiert –, und, ja, wir stellen die gleiche Frage wie sie und unterstützen den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, die wissen wollen: Wie viele Journalisten wurden denn zum Beispiel von einer Akkreditierung ausgeschlossen? Wie hängt das überhaupt zusammen? Das ist, denke ich, eine ungewöhnliche Regelung, und wir verlangen hier eindeutige Auskunft.
Wir fragen auch, warum Videoüberwachungen in diesem Ausmaß vorgenommen werden sollen in Bezug auf Besucher, und wir werden sehr genau beobachten, was darunter zu verstehen ist, dass die verstärkten Kontrollen bei der Einreise von Besuchern eine große Rolle spielen sollen.
Das sind alles Dinge, die man zum Thema machen kann, aber es geht um die Frage des Augenmaßes. Das ist es, was wir anmahnen: Bei allen Maßnahmen muss genau geschaut werden: Wie ist die Verhältnismäßigkeit zwischen den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, die wir natürlich brauchen, und Freiheits- und Grundrechten gewahrt? Das ist unsere Frage, die wir stellen.
Am Rande: Bekanntlich werden Kripobeamte aus dem europäischen Ausland mit Fans gewissermaßen mitfahren und ein Auge auf sie haben. Das finden wir gut. Aber wir kommen auf das alte Kriegsleiden der Polizei zurück: Ohne Digitalfunk ist das Ganze außerordentlich problematisch. Wenn man etwas erreichen will, braucht man einen ordentlichen Funk. Darüber sprechen wir seit zehn Jahren; wir haben ihn immer noch nicht.
Meine Damen und Herren! Ich komme auf einen Antrag der Bündnisgrünen zurück, den wir im Landtag einstimmig beschlossen haben: Die beste Prävention ist die Förderung der Fanarbeit.
Wir können noch so viele Sicherheitsmaßnahmen ergreifen und hoch- und herunterhüpfen – der soeben genannte Ansatz ist am wichtigsten. Es kommt darauf an, dass dieser beschlossene Antrag auch umgesetzt wird.
Zweiter Aspekt: Auch wenn es keine unmittelbaren Anzeichen für terroristische Anschläge gibt – das kann man der IMK entnehmen –, kann man diese Gefahr nicht einfach beiseite schieben. Ich denke, darin sind sich alle einig. Dafür hat es in letzter Zeit zu viele Beispiele
gegeben. Präventive Maßnahmen sind notwendig. Auch wenn der Versuch gescheitert ist, hielten wir es für falsch, die Fußball-WM dafür auszunutzen, den Auftrag der Bundeswehr um den Einsatz im Innern generell zu erweitern.
Das Scheitern zeigt sich im BVG-Urteil zum Luftsicherheitsgesetz. Es heißt dort klipp und klar: Die Bundeswehr darf nicht im Innern eingesetzt werden.
Als das Urteil erging, war ich auf dem Europäischen Polizeikongress in Berlin. Nachdem Herr Beckstein und Herr Schönbohm, die beide vorn im Podium saßen, die Nachricht vom gescheiterten Luftsicherheitsgesetz erhalten hatten, erzählte Herr Beckstein – darüber war ich erstaunt –, dass er sich schon vorstellen könnte, dass Fuchs-Panzer vor den Stadien stehen. Damit haben wir ein Problem. So etwas wollen wir nicht.
Auch ich denke, dass wir das Thema nach der WM nicht abgeschlossen haben, sondern wieder auf die Tagesordnung bekommen und weiter darüber diskutieren werden.
Ein drittes Problem will ich nur kurz anmerken, obwohl es sehr vieler Worte, aber auch Taten bedürfte. Wir haben es auch in einem anderen Antrag thematisiert; man muss es aber in diesem Zusammenhang nennen. Eine schlimme Begleiterscheinung bei Fußballweltmeisterschaften sind bekanntlich die schmutzigen Geschäfte mit Prostituierten. Es wird von bis zu 40 000 zusätzlichen Prostituierten gesprochen – wir wissen nicht, ob es wirklich so ist; aber es sind Prognosen –, Zwangsprostituierten, die vor allem aus Osteuropa kommen werden. Wir haben viele Hinweise, vor allem von der Fachberatungsstelle „Kobra-net“ aus Sachsen, die den Opfern von Menschenhandel, insbesondere Zwangsprostituierten, zur Seite steht. Ich denke, dass man das Thema sehr sensibel begleiten muss. Das Fachwissen von „Kobra-net“ und anderen, die sich in die Thematik eingearbeitet haben, ist zu nutzen, um Erscheinungen wie Zwangsprostitution entgegenzutreten, und zwar nicht erst nach, sondern schon während der WM. Es bedarf natürlich Polizei, die das macht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sport und Politik standen schon immer in einem engen Zusammenhang. Das wissen natürlich auch wir DDR-Leute. Ich war schon immer Fan von Dynamo Dresden. Ich brauche nicht zu sagen, was los war, wenn die Spieler vom BFC in das Dynamo-Stadion kamen. Wir wissen das. Wir haben das auch ausgelebt. Die momentane Ebene ist natürlich eine völlig andere. Politik und Sport hatten schon immer etwas miteinander zu tun. Auch der Missbrauch von Sport für die Politik hat immer eine Rolle gespielt. Wir sollten heute sehr nachdrücklich die Forderung des GdP-Chefs unterstützen, der sich an Behörden und Gerichte mit der Bitte gewandt hat, NPD-Demonstrationen in dieser Zeit – wie überhaupt – mit strengsten Auflagen zu versehen und es den Demonstranten zu untersagen, in der Nähe von
Fußballstadien entlangzuziehen. Es ist wichtig, dass das im Vorfeld gesagt wird, weil es solche Aktivitäten möglicherweise gibt.
Nein, von Ihnen nicht! – Lassen Sie mich abschließend noch etwas anderes feststellen: Es gibt politische Bestrebungen, die Spiele zu nutzen, um auf eine sportliche und sachliche Art auf Menschenrechtsverletzungen in verschiedenen Ländern hinzuweisen. Das trifft zum Beispiel auf die Fußballer von der Elfenbeinküste zu. Fußball ist für viele Menschen gerade in den armen Ländern eine Chance. Es gibt sogar Initiativen – im Vorfeld habe ich sehr gute Beiträge im Fernsehen gesehen –, in deren Rahmen Kindern aus Slums Fußball gelehrt wird, wenn sie sich in ihren Wohnvierteln für gemeinnützige Zwecke einsetzen. So etwas sollte man unterstützen. Fußball ist zwar nur ein Spiel, aber eben auch eine Hoffnung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FußballWeltmeisterschaft ist nach den Olympischen Spielen das herausragendste Sportereignis der Welt. Viele Millionen Sport- und Fußballfans werden in den Wochen der Weltmeisterschaft ihr Augenmerk auf Deutschland richten. Wir erwarten Tausende von Besuchern aus aller Welt. Diese Gäste sollen sich bei uns wohl fühlen und Deutschland als gastfreundliches und weltoffenes Land in guter Erinnerung behalten.
Zu Recht steht die Fußball-Weltmeisterschaft deshalb unter dem Motto: „Die Welt zu Gast bei Freunden“.
Bei allen großen Ereignissen, auch bei der FußballWeltmeisterschaft, stehen die Veranstalter vor großen Herausforderungen; Frau Ernst hat uns schon einige mögliche Szenarien vor Augen geführt. Genaue Anforderungen an Stadien, Austragungsorte und Ausrichtungsstätten gehören genauso dazu wie die Überprüfung der Vorbereitung auf Schadensereignisse und Sicherheitslagen. Je besser man sich auf diese – hoffentlich nicht eintreffenden – Ereignisse vorbereitet, desto besser kann man allerdings im Ereignisfall damit umgehen.
Leider gibt es neben den vielen friedlichen und ernsthaft sportinteressierten Fans nach wie vor immer wieder Hooligans, die weniger der Sport, sondern vor allem die Randale interessiert, die sie veranstalten können. Leider
sind solche Großereignisse auch Anziehungspunkte für Kriminelle. Ich denke, an dieser Stelle hat Frau Ernst Recht; das Geschäft mit Drogen und Prostituierten gehört dazu. Diese Randerscheinungen gilt es zu bekämpfen. Insbesondere die Organisierte Kriminalität nutzt solche Großereignisse.
Leider lässt sich nicht völlig ausschließen, dass politisch motivierte Kriminelle und Terroristen versuchen, die Fußballweltmeisterschaft als Plattform für ihre Aktivitäten zu nutzen. Davor dürfen wir, bei aller Freude und Euphorie für die Weltmeisterschaft, nicht die Augen verschließen. Hierauf müssen wir vorbereitet sein. Die Innenminister Deutschlands haben sich deshalb zu Recht auf einen Nationalen Sicherheitsplan für die Fußballweltmeisterschaft verständigt. Und, Frau Dr. Ernst, die CDU-Fraktion und auch die Koalition sagen Ihnen ganz deutlich: Wir dürfen weder auf dem rechten noch auf dem extremistischen linken Auge blind sein.
Wenn Sie auf der einen Seite keine Demonstranten der NPD in der Nähe von Fußballstadien haben wollen, dann sage ich Ihnen ganz deutlich: Wenn Sie im Grunde genommen die linksradikale Szene ermutigen, in Ihrem Sinne Demonstrationen zu veranstalten, dann wollen wir das auch nicht haben. Ich bitte an dieser Stelle, Herr Dr. Porsch, dass Sie sich zur größten Zurückhaltung während dieser Spiele verpflichten. Dann würde unserem Land, denke ich, ein großer Dienst getan.
Wir wollen eine friedliche und schöne sportliche Großveranstaltung, bei der sich Deutschland von seiner besten Seite zeigt. Wir müssen deshalb alles unternehmen, damit wir dieses Ziel erreichen. Das gilt auch für den Freistaat Sachsen, in dem ja die schöne Stadt Leipzig ebenfalls ein Weltmeisterschaftsaustragungsort ist. Das bedeutet aber auch, dass in solch einem Sicherheitskonzept alle Eventualitäten berücksichtigt werden müssen und für alle erwarteten Gefahrenlagen Vorsorge getroffen werden muss. Das Beispiel des verletzten französischen Polizisten ist uns noch in Erinnerung, Sie sprachen es an; aber es sind eben auch die Ereignisse bei den Olympischen Spielen in München. Diese Dinge wollen wir an keiner Stelle wiederholt haben.
Das „ausdrücklich“ hat eben nichts mit überzogenen Gefahrenszenarien zu tun, wie die Linksfraktion.PDS uns mit ihrem Antrag suggerieren will, sondern ist schlicht und einfach ein Gebot der Vernunft und der Verantwortung. Natürlich kann die Umsetzung des Sicherheitskonzeptes im Einzelfall mit gewissen Einschränkungen verbunden sein. Ich bin aber sicher, dass die sächsische Polizei und die verantwortlichen Sicherheitsbehörden die Verhältnismäßigkeit an allererster Stelle im Auge haben werden. Letztendlich entscheidet die Sicherheit für die Besucher und für die Spieler. Ich bin sicher, dass diese Einschränkungen für die friedliche und rechtstreue Bevölkerung kaum oder wenig spürbar sein werden und die Menschen im Lande für diese Maßnahmen Verständnis haben.
Wir wissen, welche Klage zunächst bei den Olympischen Spielen in Turin über die Sicherheitskontrollen geführt wurde, aber diese erfolgreichen Spiele haben unter Beweis gestellt, dass das Sicherheitskonzept funktioniert hat. Ich bin auch sicher, dass sich mögliche Einschränkungen voll und ganz im Rahmen des rechtlich Zulässigen halten und wir den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten werden. Dies gilt umso mehr, wenn im Rahmen einer Güterabwägung deutlich wird, worum es geht: nämlich den Schutz und die ordnungsgemäße Durchführung eines Großereignisses mit Tausenden von Teilnehmern, die alle gesund und froh gestimmt wieder nach Hause kommen wollen.
Der Staatsminister des Innern hat in seiner Stellungnahme die im Freistaat Sachsen geplanten Maßnahmen bereits ausführlich dargelegt und dem berechtigten Informationsbedarf des Landtags Rechnung getragen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle klar sagen, meine Damen und Herren von der Linksfraktion.PDS, dass ich Ihren Antragstext für ziemlich unverfroren halte. Mag man die von Ihnen gestellten Fragen im Wesentlichen noch durchgehen lassen, so gilt das für den Begründungstext in keiner Weise mehr. Die Art und Weise, wie Sie mit der Fußballweltmeisterschaft und dem dazu erarbeiteten Sicherheitskonzept umgehen, ist für die Koalitionsfraktionen nicht zu akzeptieren. Wenn ich lese, dass nicht auszuschließen ist, dass auf parteipolitischer Ebene Gefahrenszenarien bezeichnet werden, die mit Regelmäßigkeit zu überzogenen Polizeivorkehrungen und repressiven Überführungen führen können, dann zeigt dies mehr als deutlich, worum es Ihnen tatsächlich geht: Auf der einen Seite versuchen Sie, bestimmte Gefahren einzuschränken – akzeptiert –, aber auf der anderen Seite nehmen Sie das gleiche Bild für sich selbst überhaupt nicht in Anspruch, sondern fordern ausdrücklich dazu auf, über die Linie zu gehen. Genau dort muss die Stopplinie gesetzt werden.
Die Art und Weise, wie Sie das Märchen vom bösen Staat und den bösen Sicherheitskräften zu zeichnen versuchen, von denen die Bürger nun grundlose Repressionen zu befürchten hätten, ist schlimm. Damit diskreditieren Sie nicht nur die sächsischen Polizeibeamten, die mit großem Einsatz für die sichere Durchführung der Weltmeisterschaft sorgen werden; damit stellen Sie auch die Weltmeisterschaftsstandorte Deutschlands in ein überaus schlechtes Licht.
Ich sage Ihnen noch einmal: Das ist ohne jeden sachlichen Grund. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen. Aber, Frau Dr. Ernst von der Linksfraktion.PDS, ich habe mich noch nie als „DDR-Leute“ gesehen, und ich verbitte mir diese Kategorisierung der ostdeutschen Bevölkerung in dieser pauschalen Form. Es waren Leute, die aufgrund der zwangsweisen Teilung unseres Vaterlandes ihre freien deutschen Bürgerrechte über viele Jahre nicht ausüben konnten. Aber wir sind stolz, wieder Deutsche zu sein, und wir sind stolz, wieder im Freistaat Sachsen zu leben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir alle freuen uns auf eine spannende Fußballweltmeisterschaft in Deutschland,