Protocol of the Session on May 12, 2006

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

bei der unser Team mindestens bis ins Finale kommt.

(Oh-Rufe und Beifall bei der SPD und der CDU)

Die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland, meine Damen und Herren, ist nicht nur ein buntes Fußballfest, sondern ein nationales Großereignis mit ganz eigenen Sicherheitsanforderungen. Schon frühzeitig haben die Innenminister von Bund und Ländern sich mit jenen Vorkehrungen befasst, die bei einem derartigen Großereignis notwendigerweise erforderlich sind. Das Motto – es wurde schon öfter vorgetragen – „Die Welt zu Gast bei Freunden“ verpflichtet uns alle, als gute Gastgeber aufzutreten. Das bedeutet eben auch, dass die Sicherheitsanforderungen so gestaltet werden müssen, dass der reibungslose Ablauf der Spiele ebenso gewahrt bleibt wie der offene und fröhliche Charakter eines internationalen Freundschaftsfestes.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD, der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Damit, meine Damen und Herren, verbietet es sich, Deutschland zu einer Hochsicherheitsfestung auszubauen. Gleichwohl zwingen uns der internationale Terrorismus, Hooligans und andere anlasstypische Kriminalitätserscheinungen, solche Vorkehrungen zu treffen, die Störungen der öffentlichen Sicherheit möglichst schon im Voraus ausschließen. Frau Dr. Ernst, Sie hatten einige dieser anlasstypischen Kriminalitätsphänomene vorgetragen.

Dieser Aspekt ist für mich eine ganz wichtige Ausprägung des Mottos „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Schließlich wollen wir alle, dass wir als gute Gastgeber in Erinnerung bleiben. Ich habe dabei tiefstes Vertrauen in meine Kolleginnen und Kollegen von der Bundespolizei und natürlich auch die Beamtinnen und Beamten der sächsischen Polizei. Dieses Vertrauen sollten auch Sie, meine Damen und Herren, haben. Ich weiß, dass die Polizei tolerant, offen und freundlich auftreten wird.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Trotzdem stellt die Planung eines solchen einzigartigen Ereignisses jeden Ausrichter vor ganz besondere Herausforderungen. Die Abwägung, welche Sicherheitsvorkehrungen hierbei notwendig bzw. verhältnismäßig sind, ist gewiss nicht ganz einfach. Aus Sicht meiner Fraktion bildet der Beschluss der Innenministerkonferenz bzw. das

Nationale Sicherheitskonzept zur WM 2006 einen vernünftigen bundeseinheitlichen Rahmen. Jedes polizeiliche Vorgehen, das wissen wir, greift in die Grundrechte der Betroffenen ein. Rechtsstaatlich ist dabei entscheidend, ob sich dieser Eingriff als verhältnismäßig erweist.

Was Sie mit Ihrem Antrag quasi unterstellen, ist, dass das Nationale Sicherheitskonzept zur WM 2006 schon seinem Inhalt nach auf eine unzulässige Grundrechtsbeeinträchtigung zielt. Dies vermögen wir nicht zu erkennen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: 2005 war das noch zu vermuten!)

Zur Fußballweltmeisterschaft werden über drei Millionen Besucher, davon mehr als eine Million aus dem Ausland, erwartet. Sie verteilen sich auf insgesamt zwölf Austragungsorte in ganz Deutschland. Allein diese Zahlen zeigen die besondere Dimension dieses Großereignisses. Deshalb sind die reibungslose Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Deutschland und bilaterale Absprachen mit anderen Staaten ein wesentlicher, wichtiger und richtiger Baustein im Sicherheitskonzept dieser WM. Auch die Erfahrungen aus früheren Sportgroßveranstaltungen, angefangen mit der schrecklichen Tragödie bei den Olympischen Spielen in München 1972, sind in sachgerechter Weise in die Planungen eingeflossen. Das Gleiche gilt für die Erfahrungen, die ausländische Veranstalter mit ihren Großereignissen gemacht haben.

Meine Damen und Herren! Im Vorfeld dieser WM sei es auch gestattet, den vielen Mitwirkenden schon jetzt für ihr großes Engagement zu danken. Ohne die vielen namenlosen Helfer, insbesondere von den Sicherheitsbehörden, wäre diese Weltmeisterschaft in Deutschland nicht möglich.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Mit der Stellungnahme der Staatsregierung, die sehr ausführlich ausgefallen ist, hält meine Fraktion das Nationale Sicherheitskonzept für die Fußball-WM 2006 für ausreichend thematisiert, sodass wir uns der Meinung der CDU-Fraktion anschließen. Der Antrag ist für uns nicht zustimmungsfähig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die NPDFraktion, Herr Abg. Petzold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die öffentliche Einstimmung auf die WM in den letzten Wochen ansieht, beschleicht einen manchmal ein zwiespältiger Eindruck.

Auf der einen Seite haben Sie eine beispiellose kommerzielle Werbelawine, flankiert von politisch korrekten Plattitüden wie „… zu Gast bei Freunden“. Gleichzeitig vergeht kaum ein Tag, ohne dass neue Sicherheitsmaßnahmen verkündet werden. Mal geht es um den Abschuss

von entführten Flugzeugen während der WM, dann wieder um den Einsatz der Bundeswehr. Hier hat man als Bürger gelegentlich den Eindruck, als stünde unser Land unmittelbar vor dem Ernstfall.

Man soll mich hier bitte nicht missverstehen: Sicherheit muss sein und dass Großereignisse wie eine Fußballweltmeisterschaft auch ein Ziel für Anschläge, ein Gefahrenherd schon allein wegen der beteiligten Massen von Menschen sein können, wird niemand bestreiten.

Dennoch stellt sich auch für die NPD-Fraktion die Frage, wer unter dem Deckmantel von Sicherheitserwägungen hierbei womöglich sein eigenes Süppchen kochen möchte. Es ist doch inzwischen eine allzu bekannte Masche, vermeintliche oder tatsächliche Bedrohungskulissen aufzubauen, um damit ein Klima der Angst zu erzeugen und den Boden für ganz andere Dinge zu bereiten, die im politischen Normalbetrieb niemals durchzusetzen wären.

(Karl Nolle, SPD: Von welchem Land reden Sie? – Jürgen Gansel, NPD: Von der BRD, Herr Nolle!)

Wie gesagt, Sicherheit muss sein. Niemand wird in Abrede stellen, dass eine Fußball-WM eine besondere Herausforderung an das Sicherheitskonzept der Behörden stellt. Aber darum geht es nicht.

(Enrico Bräunig, SPD: Sondern?)

Um Hooligans vom Umfeld der Stadien fernzuhalten, braucht man nicht 5 000 Bundeswehrsoldaten. Dazu wäre es auch nicht nötig gewesen, ein hochsensibles, unter Datenschutzaspekten mehr als fragwürdiges Kartenvergabesystem einzuführen, das jeden Käufer einer Eintrittskarte praktisch zum gläsernen Bürger macht. Hier ist entweder Hysterie im Spiel oder aber die WM wird als Vorwand benutzt, um die Überwachungsschraube unter einem bequemen Vorwand wieder einmal ein Stück weiter zu drehen.

Zu Recht stellte das Online-Magazin „Telepolice“ dieser Tage in einem Beitrag die Frage – Zitat: „Werden die Standards unserer Zivilisation demnächst vom Terrorismus diktiert?“

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Die NPD-Fraktion plädiert mit Blick auf die angebliche Terrorbedrohung sehr dafür, endlich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Weil damit aber nach allen Erfahrungen nicht zu rechnen ist, würden auch wir über die Risiken und Nebenwirkungen des Nationalen Sicherheitskonzeptes für Sachsen von der Staatsregierung gern mehr erfahren. Die NPD-Fraktion wird dem vorliegenden Antrag deshalb zustimmen.

Zum Abschluss lassen Sie mich noch eines feststellen: Eine Lüge, Frau Dr. Ernst, wird nicht dadurch wahrer, wenn sie immer und immer wieder in die Welt gesetzt wird. Die NPD hat keine Demonstration in Leipzig angemeldet und sie wird dies auch in den nächsten Wochen nicht tun.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Die FDP bitte. Herr Dr. Martens.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu dem Antrag der Linksfraktion.PDS „Konsequenzen des ‚Nationalen Sicherheitskonzeptes für die Fußballweltmeisterschaft 2006’ für Sachsen“ und den Berichten, die dazu gegeben worden sind wie ebenso zur Katastrophenschutzübung, muss ich sagen, dass die Stellungnahmen der Staatsregierung hierzu aus unserer Sicht nicht ausreichend sind.

Anders als die Redner der Koalition das sehen, ist es mit dem bloßen Hinweis auf ausreichende Maßnahmen, dem bloßen Ansprechen von Gefährdungsszenarien und anderen abstrakten Dingen, die man dort überlegt oder tut, nicht getan.

Zum Ausmaß der Be- und Einschränkungen von Bürger- und Grundrechten äußert sich die Staatsregierung leider nicht.

(Beifall der Abg. Sven Morlok, FDP, und Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)

Nirgendwo im Bericht der Staatsregierung findet sich auch nur das Wort Datenschutz. Der findet hier nicht statt, nicht im Bericht. Ob er real draußen stattfindet, wissen wir nicht. Das hätten wir aber gern gewusst. Dazu hätte ein solcher Bericht auch dienen können. Man hätte sich darüber Gewissheit verschaffen können, dass die sächsischen Sicherheitsbehörden im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft die notwendige Sicherheit gewährleisten, was ihre Aufgabe ist, dass sie das ernst tun, aber auch mit Augenmaß und Umsicht, und dass sie abzuwägen wissen zwischen den notwendigen Eingriffen in die Grundrechte von konkret Betroffenen bzw. einer Vielzahl abstrakt betroffener Bürger und den notwendigen Sicherheitsanforderungen. Das steht hier nicht.

Nach meinem Dafürhalten kann man es sich auch nicht so leicht machen und sich einfach nur freundlich bedanken bei allen Polizistinnen und Polizisten, bei den Zuschauern, den Fußballspielern, den Leuten von Funk und Fernsehen und sich dann freundlich zuzwinkern: Wir wünschen uns alle, dass Deutschland ins Endspiel kommt.

Nein, so einfach geht das nicht. Sagen wir einmal so, Kollege Bräunig, Sie haben das vorhin so schön im Polizeideutsch als situationsbezogene Folgekriminalität bezeichnet. War das so richtig?

(Enrico Bräunig, SPD: … anlassbezogene!)

Anlassbezogene, richtig. Diese Stellungnahme der Staatsregierung würde ich dementsprechend dann als „situationsadäquate Auskunftserteilung“ bezeichnen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)

Es wäre interessant gewesen festzustellen, wie die Polizei beispielsweise nicht nur den Schutz der Stadien, sondern auch den Schutz der Public-Viewing-Plätze, der Plätze mit den Großleinwänden, gewährleisten will.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Die werden verboten!)

Außer sie zu verbieten, natürlich!

Oder wie sich die Staatsregierung zu den umfangreichen Sicherheitsüberprüfungen verhält und den Dienstleistungen der Sicherheitsdienste für das Organisationskomitee der Fußballweltmeisterschaft, für die FIFA. Denn die FIFA – das wird oftmals übersehen, meine Damen und Herren – ist keine Behörde. Sie ist keine öffentliche Stelle. Sie ist ein Dachverband von Fußballverbänden.

Aber wenn es um die Sicherheit vor angeblich drohendem internationalem Terrorismus geht, dann ist alles wurst. Dann spielen Schranken keine Rolle mehr. Dann werden Daten von Tausenden, von Zehntausenden von Bürgern eingesammelt, ausgewertet, übertragen und an die FIFA weitergegeben, wobei ich fragen möchte: Bitte, wer noch mal ist FIFA?