Das ist nicht redlich und das ist auch Teil der Schuldverschiebung – weg vom Täter, hin zu denen, die die Schuld beim Namen nennen.
Dann können die paar Leute hier entscheiden, was wir noch zustimmen dürfen und was nicht. Das ist die logische Konsequenz des Ganzen; so einfach ist das. Dann kommt der Vorwurf Tribunal, Willkürakt und ähnliche Worte. Dazu kann ich Ihnen nur sagen, Herr Dr. Hahn: Wir haben keine alten DDR-Funktionäre und auch keine ehemaligen Spitzel von der Straße weg oder aus den Häusern herausgeholt; das müssen Sie mir erst einmal benennen, wenn Sie so etwas kennen sollten. Wir haben das Grundgesetz über alle aufgespannt – mit vielen Vorteilen für die Unterstützer des alten Regimes.
(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Prof. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Beim Untersuchungsausschuss ist es uns vorgeworfen worden!) (Zuruf von der CDU: Richtig! – Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)
Das war für ehemalige Opfer oft nur schwer auszuhalten. Ich denke an die vielen erfolgreichen Rentenklagen ehemaliger Funktionäre und viele andere Dinge, die ich hier bringen könnte. Johannes Gerlach, SPD: Aber immer.
Kollege Gerlach, da Sie gebeten haben, dass das jetzt noch einmal kommt, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass bei der Debatte um den Untersuchungsausschuss zur Landesbank hier in diesem Hause von der Abg. Hermenau – nachdem ohne unser Zutun die NPD die Zustimmung gegeben hat – erklärt wurde, diesen braunen Fleck würden wir nicht wieder loswerden, weil die NPD unserem Antrag zugestimmt hat. Aber Sie nehmen billigend in Kauf, dass Sie ohne die NPD keine Mehrheit bekommen, und Sie nutzen diese Stimmen; das ist das Problem.
weshalb nicht wir über ihn richten, sondern das höchste sächsische Gericht, und das wollen wir dazu anrufen. Das soll und das wird dann auch entscheiden. Das, Herr Dr. Hahn, ist ein kleiner Unterschied zu dem, was Sie hier behauptet haben.
Ich möchte mich zu einem letzten Vorwurf äußern – der war ja kein kleiner Teil Ihrer Rede, Herr Dr. Hahn –, und zwar, man könne keiner wichtigen Sache zustimmen, wenn man wisse, dass diese Sache nur dann eine Mehrheit erhalte, wenn die NPD auch zustimme.
Zum Ersten ist mir das, was die Kollegin Hermenau dort gesagt oder nicht gesagt hat, nicht mehr in Erinnerung; das mag schon sein, ich weiß es nicht.
Ich habe Ihnen aber gesagt, ich kann meine Gewissensentscheidung – – Ich spreche hier von mir. Ich habe Sie angesprochen, weil Sie das Thema so hochgezogen haben. Ich kann hier nicht für Frau Hermenau sprechen
oder für irgendjemand anderen; ich habe für mich gesprochen. Ich habe nur gesagt: Ich kann das nicht davon abhängig machen.
Zweitens. Ich lehne jede Formulierung der NPD ab, die beim Auszug aus dem Landtagsplenum, in welcher Form auch immer, gefallen ist. Ich weiß nicht, ob Herr Apfel gesagt hat, es ginge hier darum, über Prof. Porsch zu richten, oder ob er es abgeschwächt gesagt hat. Ich habe das Protokoll nicht gelesen.
Der Landtag bewertet das Verhalten und das weitere Geeignetsein als MdL für einen Kollegen. Die Entscheidung trifft nicht der Landtag – ich bin wieder bei dem, was ich schon gesagt habe –, sondern das Verfassungsgericht. Es wäre das Ende der Demokratie, wenn ein Parlament mit Mehrheit Kolleginnen und Kollegen ausschließen könnte. Das kann nicht sein. Also geben wir es an ein Gericht.
Drittens. So, wie ich erwarte, dass andere meine Gewissensentscheidung respektieren, stehe ich mit großem Respekt vor der Gewissensentscheidung anderer, auch wenn das manchmal – heute war es besonders schwer – richtig schwer fällt. Das ist unabhängig davon, ob sich die von meiner Gewissensentscheidung abweichende Entscheidung anderer mit meinem Wertekanon deckt oder nicht. Das kann nicht allein von meinem Wertekanon abhängen. Ich habe das zu respektieren. Dies auszuhalten gehört zu einem funktionierenden Parlament. Darum kann ich uns alle nur bitten.
Meine Damen und Herren! Mir liegt noch eine Wortmeldung vor. Ich würde dann mit Ihrem Einverständnis die Rednerliste schließen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich gehöre – wie eine ganze Reihe von Ihnen – zu denjenigen, die nach 1990 feststellen mussten, dass die Stasi Akten und Unterlagen über sie angelegt hatte. In meinem Fall waren es nur vier IMs, die über mich berichtet hatten.
Erlauben Sie mir deshalb nur drei Worte. Ich empfinde das, was Herr Kollege Hahn und auch Herr Kollege Bartl hier ausgeführt haben, als schwere Demütigung und Beleidigung. Es ist auch eine schwere Beleidigung derjenigen, die unsere Sächsische Verfassung erarbeitet und nach sehr reiflichen Überlegungen diesen Artikel 118 aufgenommen haben, dem wir ja in diesem Hohen Haus mit großer Mehrheit zugestimmt haben. Wenn jetzt gesagt wird, das sei alles Kinderei und etwas Unwichtiges, dann empfinde ich das als unerhörten Vorgang. Deshalb, meine Damen und Herren, habe ich großes Vertrauen in das
Sächsische Verfassungsgericht, das wir hier demokratisch gewählt haben. Ich bin überzeugt davon, dass es unsere Verfassung respektieren und achten und nach der Intention, wie wir sie hier beschlossen haben, entscheiden wird, auch wenn – Herr Kollege Hähle hat darauf hingewiesen – in keiner Verfassung eine friedliche Revolution vorgesehen ist. Es wäre eine große Enttäuschung für mich, wenn ich hinterher feststellen müsste, dass wir das, was wir in der friedlichen Revolution 1989/90 und danach getan haben, falsch gemacht haben.
Ich sage also: Ich habe großes Vertrauen, dass wir diese Entscheidung in die Hände unseres Verfassungsgerichts legen und von dort die richtige Entscheidung erwarten können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgabe des Parlamentes ist es, Gesetze zu verabschieden. Aufgabe des Parlamentes ist es, die Regierung zu kontrollieren. Aufgabe des Parlamentes ist es aber nicht, die Vergangenheit seiner Politiker zu interpretieren.
Ich weiß: Wir alle sind die, die wir sind, durch das, was wir waren. Alle von uns haben ein aktives und ein passives Wahlrecht. Das wurde niemandem von uns vor der Wahl strittig gemacht. Der vorliegende Antrag aber zielt darauf ab, nachträglich einem Abgeordneten, Prof. Peter Porsch, das passive Wahlrecht abzuerkennen. Dazu wird Artikel 118 der Sächsischen Verfassung benutzt. Wir sind der Meinung, dass dieser Artikel 118 nicht mit dem Grundgesetz konform geht; er ist verfassungswidrig. Diese Meinung wird von allen 31 Abgeordneten der Linksfraktion geteilt. Deshalb werden Sie es nicht schaffen, einen Keil zwischen uns zu treiben.
Die heutige Abstimmung wurde und wird auch in dieser Debatte von vielen als Gewissensentscheidung bezeichnet. Ja, ich empfinde die Entscheidung, vor die ich gestellt werde, als Gewissensentscheidung. Da aber für mich klar ist – ich möchte es noch einmal betonen –, dass Artikel 118 grundgesetzwidrig ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als diesen Antrag abzulehnen.
(Unruhe bei der CDU) Insofern werde ich dieser Abgeordnetenanklage deutlich meine Ablehnung entgegenbringen. – Ich danke Ihnen, dass Sie mir trotzdem zuhören. Vielen Dank. Herr Eggert, ich habe großen Respekt davor, dass Sie als, wenn ich das so sagen darf, Opfer Ihre Position hier darstellen. Ich halte es für legitim, das zu tun. Das gehört vielleicht zu einer solchen Debatte. Ich frage Sie nur, was Sie mit dem Verfahren, das Sie gerade anstreben, beweisen wollen. Wollen Sie beweisen, dass die Stasi ein Angst- und Repressionsapparat war? Ich glaube, dazu braucht es keiner weiteren Beweise. Das war sie. Wollen Sie beweisen, dass die DDR eine Diktatur war? Das wird auch nicht ausreichend sein. Das war sie. Das wissen wir. (Beifall bei der Linksfraktion.PDS)
Ich habe mein Leben bis heute gelebt und ich habe es erlebt. Da gibt es viel zu erzählen, Schönes, weniger Schönes, und ich hoffe, es kommt noch viel dazu, und es wird wieder schön sein oder weniger schön oder gar nicht schön. Ich habe mein Leben nicht nur gelebt, ich habe es erlebt. Was heißt das?
Es wird insofern, lieber Martin Dulig, keine Ruhe geben, auch nicht in unserer Partei. Wir haben nicht ohne Grund Historische Kommissionen einberufen. Wir setzen uns nicht ohne Grund immer dort, wo wir können, mit der Thematik sehr intensiv auseinander.
(Zuruf der Staatsministerin Helma Orosz) In ganz simplem Sinn heißt das erstens, ich war immer dabei, und nur ich war immer dabei, sonst niemand. Das heißt zweitens, es war ein kumulativer Prozess von Reflexion und neuer Aktion. Jeder neue Tag war auch ein Ergebnis aller vorhergehenden Tage und deshalb eben auch ein neuer. Reflexion und Fortleben waren eine Einheit, und ich denke, sie werden noch bis zum Ende meiner Tage nicht zu trennen sein, jedenfalls solange ich geistig bei Kräften bin. – Nehmen Sie mir ruhig ab, Frau Orosz, dass wir das tun! Wenn Sie dann davon sprechen, dass Aufarbeitung notwendig sei, dann frage ich Sie: Ist das die Form der Aufarbeitung, die Sie wollen? Die Verkürzung auf das Ministerium für Staatssicherheit? (Zuruf von der CDU: Es ist eine der Aufarbeitungen!)