Herr Friedrich, wir hatten damals in Vorbereitung des FAG eine Anhörung durchgeführt. Mir sind die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände wohl bekannt, aber ich weiß auch, dass die kommunalen Spitzenverbände am Ende den Investitionsdruck, den wir erhöhen wollen, akzeptieren.
Die erste Switchklausel soll also den Anteil kommunaler Investitionen steigern. Angesichts der skizzierten Sachlage wäre es töricht, dieses Instrument mir nichts dir nichts aus der Hand zu geben. Ob es zur Anwendung kommt, darüber muss man sicherlich in Ruhe nachdenken, und ich glaube, zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dies noch zu früh. Erst müssen wir sehen, was die neue Bundesregierung zum Problem Kosten der Unterkunft bei Hartz IV zustande bringt. Dieses Damoklesschwert über unseren kommunalen Haushalten muss zuerst verschwinden.
Auch müssen wir zunächst die Entwicklung der kommunalen Steuereinnahmen weiter beobachten. Diese zeigt in letzter Zeit bekanntlich eine wesentlich bessere Tendenz als die Zurechnung unserer Landesanteile. Herr Scheel hat das auch bezweifelt, aber er bezweifelt auch Tatsachen.
Meine Damen und Herren! Wir sollten auch die zweite Switchklausel nicht ohne Not über Bord werfen, denn gerade die massiven Finanzverschiebungen im Zusammenhang mit Hartz IV – Stichpunkt: Weigerung des Bundes, die Kosten für Unterkunft anteilig zu tragen – könnten im Ergebnis auch dazu führen, dass eine unterjährige Anpassung des FAG notwendig wird. Überhaupt ist in dieser Zeit finanzpolitisch viel im Fluss, sodass man nur davor warnen kann, sich selbst die Hände zu binden. Auch hier Vorsicht an der Bahnsteigkante!
Wir sind froh und es war richtig, dass wir die Switchklauseln im FAG verankert haben. Tun wir nun alles dafür, dass unsere Kommunen in der Lage sind, künftig wieder mehr in die Erneuerung der kommunalen Infrastruktur zu investieren! Noch stehen die Fördermittel der Europäischen Union bereit. Wir müssen sie nutzen.
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Herr Scheel! Der Antrag der Linksfraktion.PDS hat einen konkreten Hintergrund. Der konkrete Hintergrund ist doch der, dass die Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen steigen, 1,8 Milliarden höher voraussichtlich deutschlandweit im Jahr 2005.
Im FAG haben wir beschlossen, der Freistaat gibt den Kommunen ein Darlehen zur Aufstockung der Finanzausgleichsmasse in Höhe von 135 Millionen Euro 2005 und 65 Millionen Euro 2006, weil eben die Kommunen im Zuge der FAG-Abrechnung bereits mehr Geld erhalten haben und man das nicht sofort zurückrechnen wollte sowie auch eine gleitende Anpassung insbesondere für 2007 und 2008 machen wollte. Wenn dem so ist, dass die Steuereinnahmen der Kommunen steigen, wenn dem so ist, wie wir im Fortschrittsbericht gesehen haben, dass die Investitionen so niedrig sind wie noch nie, und wenn dem so ist, dass wir schon als Freistaat mit einem entsprechenden Darlehen auch unter die Arme greifen, dann ist es doch richtig und vernünftig, dass wir mit dem Instrument der Switchklauseln, dass wir durch deren Einbau die Möglichkeit geschaffen haben zu sagen: Okay, dann nehmt aus diesem Betrag der Mehreinnahmen – im Übrigen der Steuereinnahmen – einen Teil für investive Zwecke – das hat Herr Bolick richtig gesagt –, um eben die jetzt noch vorhandenen Möglichkeiten der Kofinanzierung aus Förderprogrammen auch investiv einzusetzen. Ob wir das in fünf oder sechs Jahren in dieser Höhe haben, das steht in den Sternen.
Im Fortschrittsbericht ist einleuchtend nachgewiesen worden, dass die Kommunen zurzeit Investitionen nicht tätigen, weil sie Mittel des Verwaltungshaushaltes in Richtung Schuldentilgung bringen, aber auch in Richtung Rücklagen. Wenn zum Beispiel der Kämmerer von Chemnitz durch die Kante rennt und sagt, dass er Rücklagen bilden und nächstes Jahr eventuell einen geschlossenen Haushalt vorlegen kann, dann zeigt das doch, dass die Möglichkeiten in den Kommunen – nicht in allen, nicht pauschal, nicht über einen Kamm – vorhanden sind, mehr investive Mittel einzusetzen. Das Instrument der Switchklausel wurde eingebaut, um eine Handreichung für mehr Investitionen zu geben. Ich finde, das ist durchaus vernünftig.
Wir haben diese Debatte doch bereits hier geführt. Jetzt führen wir sie wieder, weil Sie sehen, dass die Steuereinnahmen steigen. Sie haben das Interesse und sagen: Okay Kommunen, nehmt das Geld und macht damit, „was ihr wollt“. Wo ist denn dann die Steuerungsfunktion dieses Landesparlamentes über landeseigenes Geld? Das ist doch auch eine Verpflichtung, denn die Kommunen sind Bestandteil des Freistaates und nicht der Freistaat Bestandteil der Kommunen, Herr Scheel!
Ich habe den Standpunkt dargelegt. Wir sehen überhaupt keinen Anlass dafür, die Debatte zum FAG zu wiederholen. Wir lehnen diesen Antrag ab.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute wieder eine Diskussion, die wir in dieser jungen Legislaturperiode schon einmal geführt haben – das war am 10. März – und die, wie ich in alten Protokollen gelesen habe, schon viele Jahre davor auch geführt wurde.
Der letzten Diskussion vom 10. März gingen die Diskussion in den Ausschüssen und auch eine Sachverständigenanhörung voraus. Das wurde schon gesagt. Nach all dem, was ich nach einem Jahr Parlamentszugehörigkeit gelernt und erfahren habe, kann ich nicht davon ausgehen, dass sich das Abstimmungsverhalten heute oder in den nächsten vier Jahren in irgendeiner Weise ändern wird. Ich habe noch nicht einmal erlebt, dass eine Fraktion gesagt hat: Wir haben Mist gemacht, die anderen haben Recht und wir kriegen jetzt die Kurve!
Ansonsten beharrt jeder auf seinem Standpunkt, ob er richtig oder falsch ist und rennt mit dem Kopf gegen die Wand. Das ist ein trauriges Schauspiel. Wir erleben heute wieder einmal parlamentarische Spiegelfechterei, denn – ich sage es noch einmal – die Koalition wird auf ihren Switchklauseln beharren,
die Opposition wird dagegen wettern. Aus diesem Grunde hält sich meine Motivation ziemlich in Grenzen.
Die Problematiken des § 4 Abs. 4 und § 31 FAG sind im Plenarprotokoll vom 10. März und im Protokoll der Sachverständigenanhörung vom 02.02. dieses Jahres nachzulesen. Es ging um mangelnde Planungssicherheit für die Kommunen, um fragwürdige Bewertungsgrundlagen, der unterschiedlichen Entwicklung vieler Kommunen im Jahreslauf, dem Übergewicht der Exekutive gegenüber der Legislative durch die Möglichkeit des Finanzministeriums, über Rechtsverordnungen zu agieren. Alles das ist angesprochen worden. Es ist gegen Wände gesprochen worden, es wird nichts passieren. Dazu kommt ja noch, dass diese Switchklauseln noch nicht einmal Bestandteil des so genannten FAG-Kompromisses waren. Dazu ist genug von der Opposition gesagt und genauso oft von der Regierung geleugnet worden.
Unsere Fraktion hat im März dieses Finanzausgleichsgesetz abgelehnt, sie lehnt auch die Switchklauseln ab. Im Umkehrschluss heißt das, dass wir dem vorliegenden Antrag zustimmen werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Herr Leichsenring hat gesagt, dass es am 10.03. schon einmal die Debatte im Plenum gab. Wir führen sie heute tatsächlich zum zweiten Mal. Es wird keinen wundern, der sich an die damalige Debatte erinnert, in der wir gemeinsam mit der PDS-Fraktion den Antrag auf Streichung beider Switchklauseln eingebracht hatten, dass wir auch heute dem Antrag der Linksfraktion.PDS zustimmen werden.
Ich will trotzdem, auch wenn wir schon einmal dazu debattiert haben, noch ein paar Worte verlieren. Für uns bedeuten die Switchklauseln eine Bevormundung der Kommunen, einen aus unserer Sicht sehr schwerwiegenden Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und im Endeffekt auch eine Haushaltsführung auf Widerruf. Durch die Switchklauseln wird den Kommunen Pla
nungssicherheit genommen. Als schwächstes Glied in der Kette Europa-Bund-Länder-Kommunen tragen sie das größte Risiko, ohne sich effektiv gegen Eingriffe in ihre individuelle Haushaltsführung wehren zu können. Wie Sie wissen, findet vor einer Anwendung der Switchklauseln lediglich eine Anhörung des Beirats für kommunalen Finanzausgleich statt. Das ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel.
Auf Bund-Länder-Ebene sieht das ein bisschen anders aus. Da haben die Länder die Möglichkeit, Bundesgesetze, die ihnen nicht passen, im Bundesrat zu blockieren. Ich glaube, dass es eine ganze Menge Kommunen gibt, die froh wären, wenn sie ein ähnliches Vetorecht auch in Sachsen hätten.
Wir haben heute Morgen schon über die Investitionsquote gesprochen. Die Staatsregierung beklagt die niedrige Investitionsquote der Kommunen. Dabei geht das Land, was seine eigenen Investitionen betrifft, auch nicht gerade mit gutem Beispiel voran. Die Koalitionsvereinbarung sieht zwar vor, dass die Investitionsquote auf hohem Niveau zu stabilisieren ist. Wenn ich mich erinnere, wurde das bisher nicht umgesetzt. 2004 ist die Investitionsquote erneut auf 21,8 % gesunken, im Jahr 2000 betrug sie immerhin noch 30,7 %. Das Land wird für solche negativen Ergebnisse von niemandem sanktioniert oder gar gegängelt. Die Kommunen aber werden vom Freistaat, wenn die Investitionsquote nicht stimmt, ganz gern mal ans Würgeband gelegt. Das können wir wiederum nicht akzeptieren. Für uns ist das ein Messen mit zweierlei Maß.
Eine höhere Investitionstätigkeit der Kommunen mittels Switchklauseln im laufenden Haushaltsvollzug anzuregen, bedeutet nichts anderes als den untauglichen Versuch, Investitionen auf Knopfdruck auszulösen. Abgesehen davon, dass das aus meiner Sicht ein recht planwirtschaftlicher Gedanke ist, wird es auch nicht funktionieren; denn die meisten Investitionen, die die Kommunen vornehmen müssen, bedürfen einer etwas längeren Planungsphase und die Investitionsfolgekosten sind für die Kommunen auch noch ganz wesentlich und zu beachten.
Vergessen wir nicht, dass die Kommunen in Sachsen vor allem durch überhohe Standards – auch das habe ich heute früh schon gesagt – und durch bürokratische Vorgaben von Europa, vom Bund und von Sachsen behindert werden. Wir haben heute früh im Rahmen von Baumaßnahmen schon über den Punkt Fluchtwege in Kindertagesstätten gesprochen. Das ist ein Punkt, wo der Freistaat den Kommunen sehr weit entgegenkommen kann. Durch Deregulierung und Entbürokratisierung Lösungen zu finden und den Kommunen auch dadurch wieder mehr Luft zum Atmen zu geben, ist aus meiner Sicht sinnvoller als durch Switchklausel-Tricksereien in die Haushaltsführung der Kommunen einzugreifen.
Zum Schluss: Wir verstehen nach wie vor – auch das war im März schon Thema – das offensichtliche Misstrauen der Staatsregierung gegenüber den vielen sächsischen Kommunen nicht. Wer Sonntagsreden hält, dass die
kommunale Basis das Herzstück unseres Landes sei, dass die kommunale Basis gestärkt werden soll und dass ehrenamtliches Engagement der Stadt- und Gemeinderäte vor Ort eine wichtige Säule unseres Landes sei, der muss den Kommunen auch die notwendige Entscheidungsfreiheit lassen. Dazu bedarf es aus unserer Sicht keiner Switchklauseln.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Es wird Sie vielleicht ein bisschen verwundern, aber die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann sich durchaus vorstellen, dem ersten Punkt der Linksfraktion.PDS zuzustimmen. Warum?
Im ersten Punkt des Antrags der Linksfraktion.PDS wird verlangt, dass man die Anwendung der Switchklausel I aussetzen solle. Im Prinzip bedeutet das, dass, wenn Steuermehreinnahmen bei den Kommunen existieren, der Anteil der investiven Zuweisungen zulasten der allgemeinen Zuweisungen verschoben werden soll. Das soll ausgesetzt werden.