Wenn es möglich wäre, dass dem gesetzgeberischen Auftrag, den das Parlament an das Staatsministerium gegeben hat, hier Genüge getan wird und wir schon heute eine Entscheidung mitgeteilt bekämen, würde ich mich ehrlich freuen.
Wer wirklich vorhat, mit diesen Switchklauseln herumzudoktern, muss mit Blindheit geschlagen sein. Er muss verkennen, welche Finanzsituation wir in diesem Freistaat haben, in wie vielen Kommunen mit Haushaltssicherungskonzepten und Haushaltssperren gearbeitet wird und wie sich die Situation mit Hartz IV im Moment darstellt. In Bezug auf Letzteres herrscht überhaupt noch keine Klarheit, welche Ausgabenlasten auf die Kommunen zukommen. Ihre Haushaltssituation hat sich, auch wenn sich die Gewerbesteuereinnahmen erhöht haben mögen, keinesfalls gebessert, Herr Staatsminister.
Welchen Zweck hat aber die ganze Aktion? Wir haben heute früh in der Aktuellen Debatte über ein interessantes Thema, die Fortschrittsberichte, gesprochen und festgestellt – sogar der liebe Kollege Albrecht hat darauf hingewiesen –, dass auch das Land zu einem großen Teil versagt hat, was die Zweckbindung der Mittel angeht.
Was lernen wir daraus? Der Freistaat muss sich jemanden suchen, der für ihn die Investitionen tätigt, damit er wieder Klassenprimus sein kann.
Wir haben in der FAG-Debatte gefordert: Geben Sie den Kommunen eine Pauschale! Geben Sie ihnen den gerechten Anteil an den Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen, sodass sie selbstständig über die Investitionen entscheiden können!
Was Sie jetzt machen, ist sträflich. Sie nehmen den Kommunen aus ihren normalen Schlüsselzuweisungen, die sie für ihr Verwaltungshandeln brauchen, Geld weg, um damit Ihr eigenes Versagen, was das Tätigen von Investitionen betrifft, zu kaschieren. Die Zeche für die Fehlplanungen des Landes zahlen die Kommunen! Das kann doch keine Politik in diesem Land sein!
(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der FDP – Volker Bandmann, CDU: Märchenstunde, was Sie hier erzählen!)
Ich gebe Ihnen gern einen Auszug aus der Stellungnahme der Staatsregierung zum Gemeindefinanzbericht 2004/2005 zur Kenntnis: „Sollten sich die kommunalen Steuereinnahmen im Ergebnis der November-Steuerschätzung 2005 im Jahr 2006 günstiger entwickeln als bei der Ermittlung der Finanzausgleichsmasse erwartet, wird darüber hinaus zu prüfen sein, für das Jahr 2006 den Anteil der investiven Schlüsselzuweisungen an der Gesamtschlüsselmasse gemäß § 4 Abs. 4 FAG für die kreisangehörigen Gemeinden und Kreisfreien Städte anzuheben.“
Das entspricht dem, was ich soeben ausgeführt habe. Es geht darum, den Kommunen Verwaltungshaushaltsgeld wegzunehmen in die Investivmittel „hineinzuschieben“.
Plus/minus bleibt den Kommunen das gleiche Geld. Die Entscheidung aber, wie sie das Geld verwenden, wird ihnen damit weggenommen.
Lassen Sie mich auf die Switchklauseln zurückkommen! Wie kommen sie überhaupt in das Gesetz? Zur Beantwortung möchte ich Sie auf eine kleine Reise in das Jahr 2003 mitnehmen. In der Plenardebatte am 18. Dezember ging es nämlich um das letzte FAG. Ich möchte Ihnen gern einen Auszug aus dem Brief des designierten Bundesministers Wolfgang Tiefensee, immer noch Oberbürgermeister von Leipzig, zu Gemüte führen:
„Ich wende mich hier persönlich an Sie als Mitglied des Landtages. Ich fordere Sie auf, sich solchen Vorgaben des Freistaates zu verweigern. Der Freistaat weicht mit dieser Switchklausel von seinen Grundsätzen der Stabilität und Regelgebundenheit ab, die bisher das Verhältnis zwischen Freistaat und Kommunen prägten und eine Aura des Vertrauens schafften. Die Switchklauseln brechen dieses Vertrauen. Die Kommunen werden zum Spielball einer sächsischen Finanzpolitik nach Kassenlage.“
Der Freistaat wird in die Lage versetzt, seine Haushaltsprobleme auf Kosten der Kommunen zu lösen. Die Kommunen können nur unterjährig mit massiven Konsolidierungsprogrammen in Form von Haushaltssperren, Haushaltssicherungskonzepten oder Nachtragshaushalten auf diese freistaatliche Willkür reagieren.“
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört! – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wenn wir das gesagt hätten!)
Ich möchte Ihnen gern noch zur Kenntnis geben, die Aussage von Frau Weihnert, SPD-Fraktion: „Dieses Gesetz ist die blanke Ignoranz gegenüber den Aufgaben der Kommunen. Wir werden Sie, Herr Dr. Hähle“ – leider ist er gerade nicht da – „genau an diesem Punkt erwischen.“
So hat sie gesagt: „Wenn wir über das FAG 2005 diskutieren, werde ich das dann wieder zitieren. Wer sich darüber gewundert hat, dass sich gerade die kommunalen Spitzenverbände mit Vehemenz gegen die Switchklauseln im Gesetz gewehrt haben, hat nicht verstanden, dass es hier um mehr geht als um nüchterne Zahlen. Es geht um Vertrauen und Verlässlichkeit, letztlich um die Fähigkeit, auch die Aufgaben des anderen zu akzeptieren.“
Ich denke, Frau Weihnert hat hier Recht getan und sie hat einen Maßstab gesetzt, den ich jetzt nicht Ihnen vorsetze, sondern den Sie sich selbst gelegt haben. Hier hat die SPD versagt. Die SPD hat die Möglichkeit gehabt, sich hier als Koalitionspartner einzubringen und zu verhindern, dass eine solche Klausel hineinkommt. Ich verstehe es bis heute nicht. Es gibt Bürgermeister landauf und landab, CDU und auch SPD. Keiner will diese Klausel, keiner wollte sie. Trotzdem ist sie im Gesetz.
Es hat sich gezeigt, dass die SPD kein verlässlicher Partner für die Kommunen ist. Ich sage es noch einmal: Die SPD ist kein verlässlicher Partner für die Kommunen.
Wir haben jetzt diesen Antrag eingebracht, weil wir uns treu bleiben. Wir haben den Antrag eingebracht, um zu verhindern, dass das, was in dieses Gesetz schon fälschlicherweise hineingeschrieben wurde, jetzt Realität wird. Stimmen Sie diesem Antrag zu! Verhindern Sie, dass die Switchklausel I, die Umwidmung zu investiven Mitteln, kommt und stimmen Sie auch dafür, dass keinerlei Änderungsgesetz zustande kommt, indem den Kommunen die finanzielle Grundlage entzogen wird. Ich bitte um Zustimmung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Scheel, das war ein finanzpolitisches Kauderwelsch, was Sie jetzt hier losgelassen haben.
Wenn Sie den Brief von Oberbürgermeister Tiefensee zitieren: Nichts von dem Horrorszenario, das dort steht, ist irgendwann und irgendwo eingetreten.
Trotzdem ist das natürlich populistisch, was Sie hier machen, wenn Sie die Debatte zu den Switchklauseln immer wieder bringen.
Um es gleich vorwegzunehmen: Wir lehnen Ihren Antrag ab, das ist klar. Offensichtlich soll diese Debatte vorgaukeln, dass die PDS sich um unsere Kommunen oder sogar um den Freistaat Gedanken macht, aber genau das Gegenteil ist der Fall.
Sie zielen auf mehr Ausgaben, aber nicht auf mehr Investitionen, sondern eben auf Ausgaben, die dann irgendwo verschwinden. Aber nur Investitionen bringen uns voran.
Die PDS war zum parlamentarischen Abend des Handwerks vorgestern hier im Saal recht zahlreich vertreten. Warum haben Sie nicht hingehört, was die Handwerker in Sachsen brauchen? Sie brauchen Investitionen.
Dass unsere Kommunen trotz aller Sparzwänge immer noch besser als die der anderen neuen Bundesländer dastehen, ist eine Tatsache und der Politik der sächsischen CDU zu verdanken.
(Zurufe der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS, und Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS)
Hätten Sie heute Morgen die Debatte zum Fortschrittsbericht richtig bewertet, dann wüssten Sie auch, warum das Investitionsvolumen unserer Kommunen gerade im letzten Jahr massiv gesunken ist. Nicht zuletzt deshalb konnte auch Sachsen die zweckentsprechende Verwendung der Solidarpaktmittel nicht vollständig nachweisen. Auch im laufenden Jahr geht diese Talfahrt weiter. 108 Millionen weniger im ersten Halbjahr 2005, das kann uns natürlich nicht gleichgültig lassen.
Meine Damen und Herren! Wir haben im letzten FAG auf Wunsch unserer kommunalen Spitzenverbände versucht, die allgemeinen Deckungsmittel der Kommunen konstant zu lassen. Das ist uns sehr schwer gefallen. Ich weiß noch um die Diskussion. Wir haben schweren Herzens investive Schlüsselzuweisungen zur Erneuerung der Basisinfrastruktur und die investiven Zweckzuweisungen erheblich zurückgefahren. Ob dies so richtig war, möchte ich angesichts des drastischen Investitionsrückgangs weitgehend bezweifeln.
Dass in den Kommunen tatsächlich Mittel für Investitionen da sind, zeigt die seit nunmehr einigen Jahren fortschreitende Entschuldung kommunaler Haushalte. Ich würde mir wünschen, dass wir das im Freistaat oder gar auf Bundesebene ähnlich machten könnten. So positiv es ist, die Schuldenberge abzubauen, eine Situation, die wir im Freistaat gern hätten – das hatte ich schon gesagt –, so muss doch darauf geachtet werden, dass dies nicht ganz einseitig zulasten der Investitionen geht.
Herr Prof. Bolick, ich möchte eine ganz einfache Frage an Sie stellen. Ist Ihnen bekannt, dass sich beide kommunalen Spitzenverbände auch gegenwärtig strikt gegen die beiden Switchklauseln aussprechen?