Nun bin ich doch etwas verwundert, im Zweifel mehr der Polizei als anderen zu glauben? Das ist ja doch nicht gerade sehr beruhigend, auch aus vergangenen Ereignissen heraus. Wie begründen Sie diese Äußerung?
Jetzt will ich aber in den heiteren Ton der Debatte ein ernstes Wort sagen, Herr Abg. Martens. Was die Frage der Videoüberwachung angeht, unterscheiden wir uns grundsätzlich. Damit meine ich nicht die Frage des Umfanges der Videoüberwachung. Das ist ein Thema, über das man streiten kann. Ich bin mit Herrn Bandmann für eine Ausweitung der Videoüberwachung. Das ist aber heute nicht Gegenstand der Debatte. Mir kommt es auf etwas anderes an, und das ist ein ernster Punkt. Wenn Sie sagen, die Videoüberwachung ist deswegen nicht sinnvoll, weil sie keine Anschläge verhindert, was richtig sein mag, und das Erfassen der Täter sei ja nicht so wichtig – da sind wir ganz anderer Meinung. Die Aufklärung und die Verfolgung von Straftaten ist insbesondere bei terroristischen Anschlägen die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des Rechtsstaates.
Wenn die Videoüberwachung dazu einen Beitrag leisten kann, selbst wenn die Selbstmordattentäter tot sind, ist es sehr notwendig, solche Videoüberwachungen herbeizuführen. Bitte nicht das Argument, die Videoüberwachung ist falsch, weil man Anschläge nicht verhindert!
Herr Minister, die Videoüberwachung soll doch hier auch, so habe ich es jetzt verstanden, durch die Überwachung von Plätzen Straftaten verhindern, abschrecken. Wie wirkt das nach Ihrer Auffassung bei Menschen, die von vornherein als Selbstmordattentäter mit ihrem Leben abgeschlossen haben? Werden diese Ihrer Ansicht nach auch durch Videoüberwachung abgeschreckt?
Sie haben jetzt eine andere Argumentation entwickelt. Meine ging zunächst auf die Aufklärung und Bestrafung. Auch da ist die Videoüberwachung wirksam. Jetzt aber zur Frage der Abschreckung. Diese Terroristen haben insoweit eine besonders verwerfliche Gesinnung, weil sie in die so genannten weichen Ziele gehen. Was sind weiche Ziele? Das ist die Ansammlung unschuldiger Bürger. Wo versammeln sich unschuldige Bürger sehr häufig und viel? – Dort, wo Transportwege, Volksfeste und Ähnliches sind. Wer versammelt sich dort auch seit Menschengedenken? – Taschendiebe, andere Leute, die auch Böses im Schilde führen. Das ist nun einmal so, wenn viele Menschen beisammen sind. Und gerade die – das wissen wir ja nun durch unsere Videoüberwachung längst – werden natürlich durch Videoüberwachung abgeschreckt. Das heißt, man schreckt andere ab, die Terroristen wohl nicht, aber man ist imstande, die Terroristen anschließend aufzuspüren und zu bestrafen. Aus diesem Bündel von Maßnahmen ist Videoüberwachung da, wo sie sinnvoll ist, ein sehr wirksames Mittel.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will ein Wort zu den Liegenschaften sagen, weil es dort Kritik gibt, die zum Teil berechtigt ist, weniger in Chemnitz und nicht in Dresden, was die Polizeidirektion Dresden angeht. Sie ist ein bisschen berechtigt bei der Unterbringung von OEOE wie wir im Polizeideutsch sagen. Sie ist aber vor allem berechtigt im Bereich Westsachsen und in der Oberlausitz/Niederschlesien. In Westsachsen ist es eine Frage der Zeit. Dort ist die Polizeidirektion in Bau, der Spatenstich ist erfolgt. Was Oberlausitz/Niederschlesien angeht, so ist das in der Tat nicht befriedigend, dass wir dort eine Polizeidirektion an mehreren Standorten haben: In Görlitz wird geführt, in Bautzen wird verwaltet. Übrigens, Frau Dr. Ernst, Postwege betrifft Briefe, die auch sieben Tage Zeit haben. Im Übrigen hat die Polizei Funk und Telefon und kann wichtige Dinge auch schnell übermitteln.
Begeistert ist darüber niemand, ich auch nicht. Ich möchte deshalb gerne so schnell wie es irgend geht zu einer Zusammenführung der Einheiten kommen. Wir warten auf eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des sächsischen Staatsbetriebes für Immobilien. Dann wird es schnell zu einer Entscheidung kommen. Ich werde selbst darüber wachen, dass es möglichst schnell geht. Dies ist, wenn Sie so wollen, der einzige wirklich berechtigte Kritikpunkt, dass es bisher nicht gelungen ist, im Bereich Oberlausitz/Niederschlesien zu einer einheitlichen, auch liegenschaftlichen Unterbringung zu kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Reform wird evaluiert. Es gibt auch schon ein paar Ideen, was im Detail vielleicht noch nicht so gut gelaufen sein könnte. Es macht aber keinen Sinn, einige wenige Wochen und Monate nach einer solchen Evaluierung gleich zu Veränderungen zu kommen. Wir werden im zweiten Halbjahr damit beginnen, dann werden die Ergebnisse der Evaluation sicher in das einfließen, was hier so gespannt als Debatte nach der Bundestagswahl benannt wurde, nämlich gegebenenfalls Umstrukturierungen aufgrund weiterer Personalentscheidungen. Ich möchte, wenn Sie erlauben, zum Schluss eine Bemerkung machen, die etwas zusammenfasst, was wir in den letzten Tagen erlebt haben. Wir hatten eine Aktuelle Debatte über die Kita-Versorgung. Das Ergebnis war, dass Sachsen bei der Kita-Versorgung in Deutschland mit an der Spitze steht. Angriffe der Opposition: Fehlschlag. Wir diskutieren seit einem halben Jahr über Schulpolitik – heftige Debatten. Seit gestern wissen wir: Die Schulpolitik in Sachsen ist Spitze!
Ich weiß ja, dass Sie das ärgert. Dann hatten wir die Polizeistrukturreform – ein riesiges Debattenthema. Jeder, der sie gefordert hat, bekam Kritik; Unterstützung hielt sich in allerkleinstem Rahmen. Jetzt sagt sogar die Opposition, das Anliegen ist vernünftig und notwendig. Dass die Finanzpolitik gut ist, wissen wir. Die Hochschulpolitik ist auch in gutem Zustand. Wenn also im Kernbereich dessen, wofür ein Land überhaupt zuständig ist – Kinderbetreuung, Schulversorgung, innere Sicherheit, Hochschulen und Finanzen –, der Zustand dieses Landes gut ist, dann, finde ich, können wir doch alle ein bisschen stolz in die Sommerpause gehen.
(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und der Staatsregierung – Dr. André Hahn, PDS: Nur Schönfärberei! – Der Spatz irrt immer noch im Plenarsaal umher.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe die Befürchtung, das Thema der nächsten Aktuellen Debatte könnte sein, ob der Plenarsaal zum FFH-Gebiet erklärt wird.
Das könnte durchaus passieren, nachdem wir ja gestern die Vogelschutzgebiete ausgewiesen haben; das hat also offensichtlich doch einen Zusammenhang.
Zunächst möchte ich mich für die Debattenbeiträge bedanken. Trotz einiger Kritikpunkte, die genannt wurden, war die Kritik, auch der Opposition, doch verhältnismäßig moderat gegenüber dem, was wir sonst gehört haben. Die Berufsvertretungen sind einbezogen worden – das ist der entscheidende Personalkörper – und wir können in der Tat mit diesem Ergebnis zufrieden sein.
Frau Dr. Ernst, wenn Sie ein Spannungsfeld zwischen Finanzministerium und Innenministerium sehen: Es ist Aufgabe eines Finanzministers, Geld zusammenzuhalten. Im Übrigen hat sich Herr Dr. Metz zu der Frage noch nicht geäußert. Es gab aus dem Ministerium wohl mal eine Meldung, aber nicht des Ministers, wie Sie es dargestellt haben. Von daher können wir mit dem Bericht und den Ausführungen zufrieden sein.
Im Übrigen sind im Landkreis Oberlausitz-Niederschlesien fünf Notrufe zugleich kein Problem mehr. Die Polizeidirektion für die sächsische Lausitz stellt ihr neues Führungs- und Lagezentrum vor, es arbeitet jetzt in Görlitz – „Sächsische Zeitung“ von heute –, also auch das termingerecht zur Aktuellen Debatte. Von daher können wir zufrieden sein, aber da Sie ja mit Wortspielen für die PDS hier begonnen haben, möchte ich auch noch eines beisteuern.
Wie heißt doch der Gnom im gleichnamigen Märchen, der immer Geld versprach, aber nur die Zukunft rauben wollte? Bei der laufenden Namensänderung der SED/ PDS könnte man auf den Gedanken kommen, sie hat dort Anleihe genommen und heißt eigentlich „Rumpelstilzchen“.
Schaffung der Voraussetzungen für die Wiedererhebung der Vermögenssteuer und zur Neuregelung der Erbschaftssteuer
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde ist: die PDS als Einreicherin zuerst, danach CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der PDS-Fraktion das Wort; Frau Dr. Höll, bitte.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem heutigen Antrag knüpfen wir unmittelbar an die Probleme an, über die wir gerade gestern hier gesprochen haben und zu denen sich die Regierungskoalition schon eindeutig geäußert hat – in der Mehrheit für eine Mehrwertsteuererhöhung; die SPD ist dagegen. Man kann feststellen: Sie brauchen Geld. Wenn man Politik gestalten will, braucht man Geld. Man kann mehr Geld einnehmen, zum Beispiel das Wirtschaftswachstum ankurbeln, die Steuern erhöhen, man kann Ausgaben reduzieren durch eine stringente Sparpolitik oder Kredite aufnehmen. Eigentlich wollte die Bundesregierung keine Kredite aufnehmen – sie hat es trotzdem getan, die Neuverschuldung ist angewachsen, der Schuldenberg der öffentlichen Hand insgesamt hat eine neue Rekordhöhe erreicht. Sparpolitik wurde nur auf dem Rücken der Kleinen durchgeführt und die Steuern und Abgaben, die immer reduziert werden sollten, wurden reduziert – allerdings sehr differenziert zugunsten der Wohlhabenden in dieser Gesellschaft, und sie wurden unter anderem durch die Ökosteuer insbesondere zulasten derjenigen erhöht, die wenig oder kein Einkommen haben.
Wort und Tat klafften sehr weit auseinander; im Resultat haben wir eine eklatante Schieflage in der Bundesrepublik Deutschland. Es gab unter Rot-Grün eine verschärfte Umverteilung von unten nach oben – eine sehr konsequente Fortsetzung der Politik der schwarz-gelben Regierung – und wir meinen, es ist notwendig, dem endlich Einhalt zu gebieten.
Wir meinen, dass es notwendig ist, wieder wesentlich stärker zum Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit zurückzukommen. Wir möchten die Staatsregierung auffordern, in dieser Richtung aktiv zu werden. Dass mehr Geld hereinkommt – jawohl, dafür sind wir auch; wir haben auch einen konkreten Vorschlag, so dass wir mit der Vermögensbesteuerung 24 Milliarden Euro und durch eine Reformierung der Erbschaftsteuer zwölf Milliarden Euro einnehmen könnten. Wir meinen, wir brauchen mehr Geld, aber wir müssen sehr genau überlegen und endlich umsteuern. Wir müssen umsteuern von oben nach unten.
In Vorbereitung der heutigen Rede habe ich versucht, mir noch einmal neue Zahlen herauszusuchen, wie denn Vermögen in Deutschland verteilt ist. Ich zitiere aus einer Seite im Internet: Begibt man sich auf die Suche
nach Zahlenmaterial über Millionäre in Deutschland, so entsteht der Eindruck, dass es nicht nur versteckte Armut, sondern auch versteckten Reichtum gibt; derart wenige Daten finden sich. 0,08 % aller Steuerpflichtigen wurden im Jahre 1995 als Einkommensmillionäre ausgewiesen. Ja, es ist wirklich so: Ein Nebeneffekt der Nichtweitererhebung der Vermögensteuer ab dem Jahre 1997 besteht darin, dass wir keine wirklich verlässlichen Daten haben; wir haben aber sehr gute Schätzungen.
Die Vermögensverteilung in der Bundesrepublik sieht so aus, dass etwa zwei Drittel aller Haushalte nur ein geringes oder gar kein Vermögen haben. Im Durchschnitt entfallen im Westen 128 000 Euro auf einen Haushalt, im Osten 40 000 Euro. Aber bekanntermaßen ist es mit dem Durchschnitt so eine Sache, denn sehr viele – etwa ein Viertel aller Haushalte – verfügen höchstens über 7 500 Euro. Dafür verfügen 5 % der Bevölkerung über 25 % des Gesamtvermögens.
Wir bitten Sie und schlagen Ihnen vor, dass Sie hier herangehen, die Voraussetzungen zur Wiedererhebung der Vermögensteuer zu schaffen. Dieses viele Vermögen, welches in der Bundesrepublik existiert – Schätzungen sprechen von derzeit etwa 2,459 Billionen Euro; eine Zahl, die man sich so kaum vorstellen kann – verteilt sich auf etwa 760 300 Menschen. Bei diesen 760 300 Menschen ist also ein Vermögen, welches über einer Million Euro liegt. Wir meinen, dass es sehr wohl möglich und auch notwendig ist, dass die öffentliche Hand endlich wieder gestärkt wird und Geld einnimmt.
Nun könnte natürlich gesagt werden, auch der Staatsregierung sind die Hände gebunden, es gibt ja schließlich ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, nach dem keine Substanzbesteuerung erfolgen darf. Darauf möchte ich kurz eingehen, denn wir meinen, dem ist nicht so. Das Bundesverfassungsgericht hat damals in dem Urteil ausgesagt, dass sehr wohl keine Substanzbesteuerung erfolgen soll, aber erstens ist dieses Urteil auch mit einem Stimmverhalten von sieben zu eins erfolgt; der Richter Böckenförde hatte sich klar dagegen ausgesprochen und seine Einwendungen in einem Minderheitenvotum ausführlich dargelegt.
Zweitens wird aber in diesem Urteil kein Verbot ausgesprochen, Vermögen weiterhin zu besteuern. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dahin gehend zu interpretieren, die Steuer dürfe überhaupt nicht mehr erhoben werden, ist eine sehr eigentümliche Reaktion. Nachdem Schwarz-Gelb beschlossen hatte, die Steuern nicht mehr zu erheben, fand ich es sehr enttäuschend, dass auch Rot-Grün an dieser Politik nichts geändert hat.
Wir meinen: Wenn hier reformiert und eine Besteuerung vorgenommen wird, indem ein Steuersatz von nur 0,7 bis 1,5 % aufgelegt wird, bleibt man natürlich oberhalb jeglicher Substanzbesteuerung; denn selbst wenn das Geld als Tagesgeld angelegt würde – die entsprechenden Zinssätze liegen derzeit bei 2,5 % –, würde noch nicht
einmal der gesamte Zinszuwachs weggesteuert. Wir meinen, dass es möglich sein muss, hier gemeinschaftlich tätig zu werden.