Das ist doch, bitte schön, etwas unrealistisch. Sie sollten sich bei den populistischen Argumentationen etwas zurückhalten.
Meine Damen und Herren, wir haben bei der Finanzierung der Ärzte ein Problem. Damit gebe ich vielen Redebeiträgen Recht. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass viele Redner nur die Sichtweise der Ärzte dargestellt haben. Es gibt darüber hinaus erhebliche Diskussionen innerhalb der Ärzteschaft. Das macht es uns als Politikern – wir sind in dem Moment kritisiert worden – sehr schwer, direkt zu reagieren; denn Sie wissen, dass es eine Selbstverwaltung für diesen Bereich gibt. Wenn es bei der Diskussion um eine Vergütungsänderung im Rahmen der Ärzteschaft und in der Zuständig
keit der Selbstverwaltung schon unterschiedliche Vorstellungen gibt, nicht nur auf Sachsenebene, sondern auch die Bundes-KV hat teilweise andere Auffassungen, dann ist es für uns besonders schwierig zu reagieren und uns auf die andere Seite zu schlagen und mit Maßnahmen zu werben.
Wir sind aber an dem Thema dran. Das wird sehr deutlich durch den Maßnahmenkatalog, den wir bereits vorgestellt haben. Wir werden weitere Maßnahmen einleiten. Insgesamt ist die Versorgung in Sachsen nach wie vor gewährleistet. Es gibt nach wie vor Gebiete, wo die KV Zulassungsbeschränkungen aussprechen muss, weil zu viele Ärzte da sind. Wir haben insofern keinen Ärztemangel, sondern ein Standortproblem. Wir haben die Verteilung der Ärzteschaft in Sachsen – und das ist in einigen anderen Ländern auch so – zu kritisieren, aber auch Sie wissen, dass wir den Ärzten nicht vorschreiben können, wo sie praktizieren. Das wäre wider das Grundgesetz.
Wir müssen andere Möglichkeiten finden. Wir sind mit allen Beteiligten dabei, auch mit den kommunalen Vertretern, und ich gehe davon aus, dass wir das Thema Ärztemangel in den nächsten Wochen und Monaten noch mit einigen Maßnahmen positiv begleiten können. Ich kann feststellen, dass anderthalb Jahre Einführung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes zu ersten Entlastungen geführt hat. Dass weitere Schritte folgen müssen, ist uns auch klar. Es ist nach wie vor, um das noch einmal festzuhalten, ein Erfolg, und wir werden damit weiter die medizinische Versorgung für die Patientinnen und Patienten in Deutschland, aber natürlich auch in Sachsen sichern helfen.
Meine Damen und Herren! Damit scheint die Aussprache zur Großen Anfrage abgeschlossen zu sein. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.
Es liegt Ihnen ein Entschließungsantrag in der Drucksache 4/2581 vor, eingereicht von der PDS-Fraktion. Ich bitte um Einbringung. Herr Abg. Wehner.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Entschließungsantrag der PDS-Fraktion liegt auf Ihren Plätzen. Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass Anlass für den Antrag nicht etwa ist, dass wir etwas an der medizinischen Versorgung von Kranken auszusetzen haben. Das ist überhaupt nicht der Gegenstand. Es geht hier um die Bewertung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes, so wie wir es seit dem 01.01.2004 kennen. Anlass für den Entschließungsantrag ist die Antwort der Staatsregierung. Die Debatte hat gezeigt, dass wir längst noch nicht über positive Ergebnisse in Anwendung des GMG berichten können. Es steht immer noch die Frage, ob dieses Gesetz, so wie es vorliegt, überhaupt notwendig war. Vorhin war von Fairness die Rede. Natürlich geht es mir um Fairness, nur, Herr Gerlach, wenn etwas kritisiert werden muss,
dann muss es auch kritisiert werden. Deswegen sitzen wir hier, und wir tragen alle gemeinsam Verantwortung.
Es geht uns darum, dass die gesetzliche Krankenversicherung als Solidaritäts-, Sachleistungs- und Selbstverwaltungsmodell erhalten bleibt. Wir sind aber der Auffassung, dass es einen Schaden erlitten hat.
Wenn Sie, Frau Staatsministerin, darauf hinweisen, dass die Kosten für medizinische Höchstleistungen eben sehr hoch sind und dass mit dem GMG eine Kostendämpfung erreicht werden sollte, bin ich der Meinung, dass man auch andere Regularien haben kann, um Einfluss auf die Kostenentwicklung nehmen zu können, über Vertragsgestaltung oder wie auch immer. Das wäre mit dem SGB V, wie es bis zum 31. Dezember 2003 bestanden hat, sehr wohl möglich gewesen. Natürlich müssen Strukturveränderungen sein, wenn sie erforderlich sind.
Im Zusammenhang mit den Einlassungen zu Mehrfachbehandlungen und Mehrfachuntersuchungen meine ich, dass wir überhaupt noch nicht darüber gesprochen haben, dass die Krankenkassen damals selbst das Rechtsinstitut der Kontrolle hatten. Sie hätten doch Einfluss darauf nehmen können, dass eben Mehrfachuntersuchungen nicht mehr vorgenommen werden. Das hat niemand getan. Nein, wir belasten einfach die Versicherten mehr. Das finde ich nicht in Ordnung.
Was mich in dieser Runde stört, Frau Strempel und Frau Staatsministerin, ist, dass Sie 400 000 Befreiungen von den Zuzahlungen als Vorteil benennen. Ich halte es für ein Riesenproblem in dieser Gesellschaft, dass wir überhaupt so viele Leute haben, die hilfebedürftig sind.
Dort müssen wir doch ansetzen, damit sie alle aus eigener Arbeit Beiträge in die Krankenversicherung und überhaupt in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen können.
Im Übrigen: Das, was Sie hier als Vorteil bezeichnen, ist letztlich im Vergleich mit dem Gesetz, wie es bis zum 31. Dezember 2003 bestand, dennoch eine Schlechterstellung für diesen Personenkreis, weil er eben vorher über das Jahresende hinaus auf zwei Jahre oder sogar länger befreit war.
Also, es sind schon deutliche Einschnitte für die Versicherten. Wir sehen den Nachteil des GMG wirklich darin, dass es ein Gesetz zulasten der Versicherten, der chronisch kranken und hilfsbedürftigen Menschen ist. Daher bitte ich Sie eindringlich, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.
Sehr geehrte Abgeordnete der PDS-Fraktion! Herr Wehner, Sie haben eines erneut verdeutlicht – ich bedauere das, aber es ist nun einmal Fakt –: Man kann Dinge positiv oder negativ auslegen. Sie lehnen prinzipiell jede Bemühung, die in die richtige Richtung geht, ab.
Das ist nicht mehr zu ertragen. Ich finde das auch unverantwortlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Das ist unseriös.
Ihr Entschließungsantrag ist hinsichtlich des Verdrehens von Fakten und Tatsachen wirklich nicht zu übertreffen. Sie waren – ich habe es vorhin gesagt – nicht bei dem Gespräch des Bündnisses Gesundheit 2000 anwesend. Die Fachleute haben dort gesagt: Die chronisch Kranken sind nicht unversorgt und müssen auch keine einseitige Belastung tragen; sie werden gut versorgt. – Das sagen Fachleute! Aber das wird hier von Ihnen ganz anders dargestellt.
Es ist doch schon ein wesentlicher Erfolg, wenn Menschen, die Probleme haben, eine Zuzahlungsbefreiung bekommen. Aber auch das wird hier negativ dargestellt. Was Sie mit Ihrem Antrag erreichen, ist, den Menschen Angst zu machen. Dafür werden die Zahlen genommen und grundsätzlich – ich zitiere jetzt – als Verfehlungen, als schwerer Schaden am System der Gesundheitsversorgung usw. usf. ausgelegt, obwohl wir das in dieser Form nach anderthalb Jahren überhaupt noch nicht beurteilen können.
Auch Ihre Aussage, dass Einsparungen der Krankenkassen – ich zitiere – „immer noch nicht durch entsprechende Beitragssenkungen an die Versicherten weitergereicht worden sind“, kann so nicht stehen gelassen werden. Natürlich hat es Beitragssenkungen gegeben.
Dass die Krankenkassen momentan die Überschüsse nicht eins zu eins an die Versicherten weitergegeben haben, hat auch Gründe. Es sind doch Defizite abgebaut worden. Gerade das ist ein normaler Wirtschaftsprozess, denn Defizite kosten Geld und dieses Geld müsste dann auch wieder von den Versicherten aufgebracht werden. Wenn jetzt Überschüsse erwirtschaftet werden, kann man nur hoffen und wünschen – und darüber gibt es Gespräche mit den Krankenkassen –, dass sie dann an
die Versicherten durch Beitragssenkung weitergegeben werden. Ich habe vorhin gesagt, dass wir uns in einem Prozess befinden.
Im Übrigen weise ich Sie auch darauf hin, dass das Solidaritätsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung von uns nie infrage gestellt wurde oder wird und dass es auch von den Kassen nicht infrage gestellt wird. Der von Ihnen benannte Grundsatz, zu dem wir uns entschließen sollen – ich zitiere: „Wer weniger verdient, zahlt weniger Beiträge; wer mehr verdient, zahlt mehr!“ –, ist in der gesetzlichen Krankenversicherung nach wie vor in Kraft.
Und noch ein Wort zu Ihrer Forderung – ich zitiere – „Mehr Solidarität durch Einbeziehung von Beamten, Politikern und Selbstständigen in die gesetzliche Krankenversicherung!“: Das ist ein guter Grundgedanke. Meine Damen und Herren, ich zum Beispiel bin Politikerin und ich bin Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse und trage damit zum Solidarprinzip bei. Wissen Sie, was mich interessiert? Sie kennen, was jetzt kommt, seit einem Jahr. Wie sieht es denn in Ihrer Fraktion oder in anderen Fraktionen aus? Ich frage vor allem den Unterzeichner dieses Entschließungsantrages: Herr Prof. Dr. Porsch, sind Sie in diesem solidarischen GKV-System und tragen Sie so zur Versorgung von chronisch Kranken und sozial Schwachen bei? Wer fordert, sollte Vorbild sein!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Strempel, ich habe nichts dagegen, wenn Sie unseren Entschließungsantrag kritisieren. Ich habe nicht einmal etwas dagegen, wenn Sie das mit kräftigen und deftigen Worten tun. Das gehört dazu. Wir alle sind dazu da, Auffassungen über Vorgänge in der Gesellschaft kritisch zu beurteilen, Änderungen herbeizuführen, wenn sie notwendig sind, Änderungen gegen Kritik zu verteidigen und Änderungen kritisch zu reflektieren. Das ist unsere Aufgabe. Ich weise es aber strikt zurück, wenn Kritik als das ewig Negative denunziert wird, wenn der Anspruch erhoben wird, selbst immer im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein.
Herr Hähle, als ich gestern hier vom Pult gegangen bin, haben Sie dazwischengerufen: „Unbelehrbar!“, als sei die reine Lehre bei Ihnen und wir hätten sie nur anzunehmen.