Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Änderungsantrag der Koalition zum Gesetzentwurf der FDP-Fraktion orientiert sich an den Regelungen, wie sie in anderen deutschen Ländern derzeit üblich sind. Dazu gehören die Verpartnerung im Standesamt und die Zuweisung von eventuellen Streitigkeiten an die Amtsgerichte als Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dies ist in sieben anderen Bundesländern ebenso geregelt, nämlich in Bremen, Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, NordrheinWestfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Die von Ihnen angegriffene Regelung der Kosten in den Kommunen findet so ebenfalls in Thüringen und Niedersachsen statt. Sie ist Ausdruck von kommunaler Selbstverwaltung. Sie wird so von den kommunalen Spitzenverbänden in Sachsen, vor allem vom SSG, voll mitgetragen. Homosexuelle werden weder durch den vorliegenden Gesetzentwurf noch durch das übrige bestehende Recht benachteiligt. Vergleichsmaßstab zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ist eben nicht die Ehe. Die Ehe ist sachlich etwas anderes.
Lebenspartnerschaft muss sich mit anderen Lebensgemeinschaften vergleichen lassen, etwa mit solchen, die
auf nichtsexueller Grundlage geschlossen werden. Gegenüber solchen Gemeinschaften werden homosexuelle Verbindungen seit dem Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes sogar deutlich privilegiert. Weil das offensichtlich bei Frau Ernst von der PDS im Zweifel steht, sage ich noch einmal ganz deutlich: Was sagt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als geltende Rechtsgrundlage dazu? Der besondere Schutz der Ehe und Familie aus Artikel 6 des Grundgesetzes hat historische Ursachen. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben dies 1949 nach den noch frischen Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Totalitarismus gewollt.
Nein. – Sie wollten die Familie als unabdingbare Grundlage eines freiheitlichen Gemeinwesens vor staatlichen Eingriffen so gut wie möglich schützen. Zugleich wollten Sie, dass künftig der freiheitliche Staat sogar die Existenz von Familie garantiert, indem er diese Lebensform allen übrigen gegenüber in vielen Rechtsgebieten, dem Steuerrecht, dem Versorgungsrecht, dem Erbrecht, wirklich privilegiert. Ich denke, wir als CDU stehen deutlich zu dieser Privilegierung und werden diese weiterhin schützen. Das ist der wahre Zweck der Privilegierung von Ehe und Familie vor allen anderen Lebensformen. Andere Aspekte, die ebenfalls eine Rolle spielen, etwa die Fähigkeit der Familie zur Zeugung von Kindern, sind hierbei nicht einmal berücksichtigt. Über diese Einsichten hilft keine Altachtundsechziger-Logik hinweg.
Ich wäre dankbar, wenn die Antragsteller nur einen Bruchteil ihrer Energie, die sie für die Verpartnerung aufwenden, für die Förderung von Familien und Kindern aufwenden würden. Mir geht es um die Millionen Familien, die trotz der Urteile des Bundesverfassungsgerichts immer noch bis an den Rand des Existenzminimums besteuert werden. Mir geht es um das Phänomen der Armut der jungen Familien, das in den letzten Jahren zugenommen hat. Das sind meine Themen und die Themen der wahrhaften, um die gesellschaftliche Ordnung besorgten Menschen.
Deshalb sieht eine unionsgeführte Bundesregierung die Erhöhung des Grundfreibetrages auf 8 000 Euro und die Einführung eines Kindergrundfreibetrages von 8 000 Euro je Kind vor. Nach unserer Steuerreform bleibt
eine Arbeitnehmerfamilie mit zwei Kindern bis zu einem Einkommen von rund 38 200 Euro im Jahr einkommensteuerfrei, und zwar unter Berücksichtigung des neuen Kindergrundfreibetrages und sonstiger pauschaler Abzüge.
Gegenüber heute sind das für diese Familien rund 5 000 Euro mehr. Im Übrigen werden wir den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen. Ich bitte um Zustimmung zu dem redaktionellen Änderungsantrag unserer Koalition.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Bandmann, ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen für diesen sehr erhellenden Redebeitrag.
Ich hatte in der letzten Plenarsitzung, in der wir zum gleichen Thema gesprochen haben, bedauert, dass die CDU nicht das Wort ergriffen hat. Damals ist uns das erspart geblieben, was ich die verklemmte Beschwörung heterosexueller Leitkultur genannt habe. Heute haben Sie wieder ein eindrucksvolles Beispiel dafür geliefert.
Ich kann Ihre Argumentation überhaupt nicht nachvollziehen. Erklären Sie mir bitte, wo im Grundgesetz steht, dass die Ehe immer die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau ist. Was, bitte schön, ist Familie? Sind zwei Lesben mit Kind eine Familie oder sind sie es nicht?
Familie ist aus unserer Sicht – ich wiederhole es noch einmal – dort, wo Nähe ist. Es obliegt dem Staat nicht, darüber zu urteilen, welche Form der Familie nun gerade hochwertig ist und welche es nicht ist.
Ich kann wirklich nicht verstehen, warum Sie sich durch die Existenz von Lesben- und Schwulenfamilien gefährdet fühlen. Warum, bitte schön, gefährden denn lesbische und schwule Ehepaare die Existenz der Familie? Wo ist da der Schutz der Familie und der Ehe gefährdet? Da ist vielleicht die Identität des einen oder anderen heterosexuellen Mannes gefährdet, sonst aber gar nichts.
Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt zum Antrag sprechen. Damit befinde ich mich merkwürdigerweise in der Situation, dass ich als Rednerin der PDS-Fraktion den ursprünglichen Gesetzentwurf der FDP verteidigen muss. Das hätte ich auch nicht gedacht. Aber so kann es sein.
Frau Lay, ist Ihnen bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung die Ehe als die Verbindung eines Mannes mit einer Frau und die Familie als Ehe mit Kindern bezeichnet?
Nein, das ist mir in dieser Form in der Tat nicht bekannt gewesen. Wir können das ja im Laufe der Debatte noch einmal aufgreifen. Ich habe das letzte Mal schon gesagt, dass ich dieses Abstandsgebot so nicht erkennen kann und dass ich auch die rot-grüne Bundesregierung ermutigt hätte, es darauf ankommen zu lassen zu prüfen, ob eine Öffnung der Ehe für lesbische und schwule Paare das Grundgesetz gefährdet oder nicht.
Frau Lay, könnte es sein, dass man das Grundgesetz und dort speziell den Artikel 6 so interpretieren könnte, dass der besondere Schutz für Ehe und Familie gegeben ist, aber sich daraus nicht unmittelbar die Privilegierung ableitet?
Ja, sehr verehrte Frau Kollegin Höll. Ich denke, dass Sie mit Ihrer Interpretation des Grundgesetzes Recht haben.
Ehe und Familie – dazu zähle ich, wie gesagt, auch lesbische und schwule Paare – gehören unter den Schutz des Grundgesetzes. Dafür, die Heteroehe gegenüber anderen
Ich komme wieder zum Thema. Wir werden heute sicher eine Entscheidung in die richtige Richtung treffen, wenn wir uns dazu entschließen, dass Homoehen zukünftig auch vor dem Standesamt geschlossen werden können. Damit wird endlich eine alte Forderung der PDS-Fraktion Realität. Wir sollten uns nicht einbilden, dass wir jetzt in der Gleichstellungsfrage mit Siebenmeilenstiefeln vorangekommen sind. Denn Sie wissen, dass dieser feierliche Moment, den wir heute begehen könnten, durch das Gerangel um die Gebührenhöhe gestört worden ist. Worum geht es hier? Es geht letztendlich um sage und schreibe 42 Euro, um die wir uns hier seit Wochen verständigen. Das sind 42 Euro, die eine Homoehe mehr kosten soll als eine Heteroehe. Warum eigentlich? Den verwaltungstechnischen Mehraufwand kann ich nicht erkennen. Sie führen das Argument der Kostendeckung an. Nehmen wir also an, dass es nicht kostendeckend ist, wenn die 33 Euro, die im Gesetzentwurf der FDP gestanden haben, herangezogen werden. Nehmen wir an, dass Sie Recht haben und denken diesen Gedanken weiter. Dann wären dem Staatssäckel im Jahr 2003 durch die 54 Homoehen lediglich 2 268 Euro entgangen, durch die 14 778 Heteroehen jedoch 620 676 Euro. Das ist eine ganz neue Form der Ehesubventionierung, die Sie hier ausgemacht haben und die selbst uns als PDS-Fraktion entgangen ist. Bemerkenswert ist es natürlich schon, dass Ihnen dies jetzt erst im Fall der Homoehen auffällt. Wir sind als PDS-Fraktion sicher gegen jede Form der Ehesubventionierung. Aber diese kleinliche Diskussion sollten wir uns jetzt wirklich ersparen. Oder wollen Sie im zweiten Schritt auch die Gebühren für die Heteroehe anheben? Das ist doch wirklich absurd. Wollen Sie das junge Glück wirklich weiter dadurch belasten, dass Sie mehr Gebühren erheben?
Sie lachen. Es ist in der Tat so. Warum soll man dem jungen Brautpaar, das durch die Feierlichkeiten ausgiebig belastet sein wird, mehr Gebühren auferlegen? Es ist im Übrigen ganz egal, ob es sich dabei um zwei Männer, zwei Frauen oder um einen Mann und eine Frau handelt. Jedenfalls ist das Gerangel um die Gebührenhöhe unwürdig. Sie täten gut daran, uns das zu ersparen. Erklären kann ich mir Ihren Vorschlag nicht: Ob es sich dabei um eine Strafgebühr handelt, wie die Presse gemutmaßt hat? War vielleicht die Formulierungshilfe falsch, die das Ministerium der Koalition zugespielt hat? Sie haben es vielleicht einfach nicht bemerkt. Dann wäre es besser gewesen, wenn Sie den Fehler korrigiert hätten. Als ich vorhin den Änderungsantrag sah, habe ich gehofft, dass Sie sich doch noch dazu entschließen, die Verantwortung nicht einfach an die Kommunen zu delegie
ren, und zwar in einer Art und Weise, die diese veranlasst, die höheren Gebühren zu nehmen, und dass Sie die Courage gezeigt hätten, hier für eine landesweit einheitliche Regelung zu sorgen.
Was Sie daran hindert, die Regelungen für die Heteroehe eins zu eins auf die Homoehe zu übertragen, ist mir einfach nicht ersichtlich. Insofern finde ich es auch, meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, bedauerlich, dass Ihr Gesetzentwurf durch den Änderungsantrag der Koalition verschlechtert wurde. Ihr Gesetzentwurf ist im Übrigen fast identisch mit dem Gesetzentwurf, den die PDS-Fraktion in der letzten Legislaturperiode eingebracht hat. Der Gesetzentwurf wurde auch dadurch „versaut“, dass auf das Familienbuch für Homoehepaare verzichtet werden soll. Auch dafür kann ich keinen Grund erkennen.