Aber wie kommen die anderen Ansiedlungen auf seinem Breitengrad dann dazu, nun unverschuldet der Gefahr ausgesetzt zu sein?
Dennoch hat die Vorstellung auch etwas Faszinierendes. Kapitän Gerhard Schröder mit Steuermann Thierse aufwärts strebend, vorwärts blickend, der Sonne entgegen, im Schlepptau Ex-FDJ-Mitglied und heutige Kampfreserve Angela Merkel, das Lied „Mit uns zieht die neue Zeit“ auf den Lippen. Die Westerwelles, Stoibers, Fischers und wie sie alle heißen auf der fliegenden Insel Bundestag uns uneinholbar voraus und auf dem hintersten Sitz gar noch die rotköpfige Warnblinkerin Petra Pau.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, die Geschichte von Scheibbs endet so: Es stellte sich heraus, dass die Scheibbser nur einen zweiten Markttag pro Woche wollten, den sie dort nach altem Brauch Donnerstag nannten. Als das ruchbar wurde, legte sich die Aufregung. Das Angebot, anstelle des zweiten Donnerstags ein drittes weiches b in den Ortsnamen aufnehmen zu dürfen, wurde zurückgezogen und der zusätzliche Markttag erleichtert und allergnädigst genehmigt.
Die ganze Aufregung hat also nicht gelohnt und so sollten wir auch mit dem vorliegenden FDP-Antrag umgehen. Entlassen wir uns, meine Damen und Herren, nach viel Lärm um nichts ins wohlverdiente Wochenende!
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich schwierig oder, ich will es einmal so ausdrücken, unmöglich, jetzt hier noch eins draufzusetzen. Das will ich aber auch gar nicht. Wir haben uns natürlich auch Gedanken gemacht, wie man mit so einem Antrag umgeht. Dazu Folgendes: Der Vorschlag, der reine Vorschlag, die Legislaturperiode des Deutschen Bundestages auf fünf Jahre zu verlängern, ist ja so neu nicht. Herr Zastrow hat es, so glaube ich, schon angesprochen – auch von höchst prominenter und auch kompetenter Seite wurde dieser Vorschlag in der Öffentlichkeit befürwortet. Der amtierende Präsident des Bundesverfassungsgerichtes wie auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse haben sich hierzu geäußert.
Der maßgebliche Unterschied zu Ihrem Vorschlag allerdings ist, dass diese Herren diese Vorschläge natürlich nicht im Kontext einer vorgezogenen Bundestagswahl, sozusagen aus tagesaktuellem Anlass, gemacht haben, sondern im Rahmen eines allgemeinen fortwährenden Diskussionsprozesses zur Reformnotwendigkeit des politischen Systems in Deutschland. Das ist der Unterschied.
Eines der Hauptprobleme ist, wie Sie es in Ihrem Antrag richtig formulieren, der lähmende Dauerwahlkampf. Um dieses Dilemma zu überwinden, bedarf es aber eigentlich nicht der Verlängerung der Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, sondern, wie es Herr Schiemann bereits angeschnitten hat, lediglich während dieser vier Jahre einer Regelung, während dieser vier Jahre einen einzigen weiteren Wahltermin zuzulassen, nämlich für Landtags- und Kommunalwahlen zusammen. Dann hätten wir alle zwei Jahre Wahlen. Dieses Dauerwahlkampfszenario würde durchbrochen und wäre wohl die bessere Alternative als die bloße Verlängerung der Legislaturperiode des Bundestages.
Ich will aber auch nicht verschweigen, dass wir diesen Vorschlag nicht für realisierbar halten. Deshalb fordern wir das auch nicht, es ist lediglich eine Feststellung. Es würde nämlich letztendlich bedeuten, dass alle laufenden Wahlperioden aller Landtage und aller Kommunalparlamente dem des Bundestages angepasst werden müssten. Einige würden sich verlängern, andere würden sich verkürzen. Ich glaube, darüber wird sich wohl kein Einvernehmen erzielen lassen, ganz abgesehen davon, was passiert, wenn sich eines der Parlamente vorzeitig auflösen will.
Sie sehen, die Materie ist extrem schwierig. Deshalb stellt sich klar dar, dass das Begehr Ihres Antrages letztendlich nicht mehr ist, wenn überhaupt, als eine suboptimale Lösung. Wolfgang Thierse hat übrigens auch erkannt, dass dies keine optimale Lösung ist. Er hat nämlich deshalb von sich aus eine Reform ins Spiel gebracht, die nicht nur die Verlängerung der Legislaturperiode vorsieht, sondern vielmehr auch gleichzeitig mehr plebiszitäre Elemente in die Verfassung bringt, um eine Grundgesetzänderung zu machen, die tatsächlich auch Bewegung in das politische System in Deutschland bringt.
Wir haben uns natürlich auch die Frage gestellt, was die Motive sind. Was sind Ihre Motive, diesen Antrag hier einzubringen? Die Begründung, die Sie uns hier geliefert haben, Herr Zastrow, ist, vorsichtig formuliert, sehr dünn. Lähmender Dauerwahlkampf, okay. Der Freistaat Sachsen hat beste Erfahrungen mit dieser zeitlichen Regelung gemacht. Toll! Wollen Sie wirklich die Staatsregierung mit dieser Begründung in den Bundesrat schicken? Wir wollen das mit Sicherheit nicht.
Der verehrte Herr Abg. Herr Weckesser hat gestern Abend in der Sachsen LB-Debatte einen Spruch geprägt, der sinngemäß lautete: In Wahlkampfzeiten geht es weniger um Logik und Redlichkeit, sondern vielmehr darum, wie man möglichst viel und groß in der Öffentlichkeit vorkommt. Ich finde das ganz passend, denn das genau sind die Beweggründe, die hinter Ihrem Antrag stecken. Wenn Sie wirklich an einer Sachdiskussion interessiert gewesen wären, dann hätten Sie diesen Antrag in den zuständigen Ausschuss, nämlich den Verfas
sungs-, Rechts- und Europaausschuss, einbringen können, damit er dort in nichtöffentlicher Sitzung umfassend aus fachlicher Sicht hätte beraten werden können. Genau das wollten Sie nicht. Sie wollten ihn hier im Plenum in die Öffentlichkeit bringen. Das entlarvt Ihre wahren Beweggründe. Es geht Ihnen also nicht um eine inhaltliche Debatte, sondern lediglich um Stimmungsmache im Lichte der anstehenden Bundestagswahl. Somit reiht sich Ihr Antrag übrigens nahtlos in eine Reihe weiterer populistischer Anträge Ihrer Fraktion ein. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Debatte über die Sonntagsöffnung von Videotheken.
Ihr damaliger Antrag war genau wie dieser Antrag rein populistisch motiviert, handwerklich schlecht gemacht. Deshalb wurde er auch abgelehnt. Das Gleiche wird diesem Antrag als Schicksal beschieden sein.
Wir sind der Meinung, der Bundestag möge selbst die Argumente für und wider eine Verlängerung der Legislaturperiode debattieren und entscheiden. Der Sächsische Landtag ist eindeutig der falsche Ort dafür, erst recht in einer politischen Ausnahmesituation, wie wir sie momentan in Deutschland erleben. Darüber hinaus ist deutlich geworden, dass es der Einreicherin hier eindeutig nicht um eine sachliche Behandlung des Anliegens ging. Deshalb werden wir ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion begründet ihr Ansinnen einer Verlängerung der Legislaturperiode des Bundestages auf fünf Jahre unter anderem damit, dass viele Länderparlamente und das EU-Parlament ebenfalls auf fünf Jahre gewählt werden. Auf den Bundestag übertragen, würde eine Verlängerung der Wahlperiode angeblich mehr Zeit für effektives parlamentarisches Arbeiten bedeuten. Soweit die Theorie aus Sicht der FDP-Fraktion. Abgesehen davon, dass nicht immer maßgeblich ist, was andere tun oder nicht tun, wirkt es komisch, wenn ausgerechnet die FDP von der Möglichkeit einer effektiven parlamentarischen Arbeit spricht. Wann wurde im Bundestag der etablierten Aussitzer jemals wirklich ein Problem gelöst und es nicht durch faule Kompromisse, Kungelei und Verschleppung verschlimmert?
Nicht die Dauer der Legislaturperiode, meine Damen und Herren, ist Gradmesser für die Effektivität, sondern einzig und allein die guten Politikansätze sind es. Die schlechte Politik der Etablierten wird nicht dadurch besser, dass man sie auch noch verlängert. Ganz im Gegenteil. Unsere Fraktion ist vielmehr der Meinung, dass man dem eigentlichen Souverän viel häufiger die Möglichkeit geben sollte, unfähige Politiker auszutauschen. Ob es Ihnen nun passt oder nicht – dieser Souverän ist in diesem Lande immer noch das deutsche Volk!
Ich muss schon sagen, das Plädoyer für eine ruhige Sachpolitik in den Parlamenten mutet gerade bei der
FDP-Fraktion ziemlich grotesk an: einer Fraktion, die offenkundig nichts Besseres zu tun hat und keine größeren gesellschaftlichen Probleme sieht, als sich mit dem Sonntagsverbot für vollautomatische Waschanlagen zu beschäftigen oder aber das Antragsquorum von drei pro Woche damit zu füllen, sich über so spannende Themen zu unterhalten wie eben jenes der Verlängerung der Legislaturperiode des Deutschen Bundestages.
Auch wenn es von dem Antragsteller begreiflicherweise nicht so ausgesprochen wurde, dürfte der reale Hintergrund einer Verlängerung der Legislaturperiode weniger die Sorge um politische Effektivität sein als vielmehr der Gedanke, die finanzielle Rundumversorgung der Abgeordneten und deren Bediensteten noch um ein weiteres Jahr zu verlängern.
– Nein. In der Realität ist die Politik – – Vom Pausenclown brauche ich mir keine Zwischenfragen gefallen zu lassen! In der Realität, meine Damen und Herren, – –
Das ist wieder Ihre billige Agitation, Ihre billige Vorgehensweise. Damit machen Sie sich, damit machen Sie dieses Haus lächerlich und führen deutlich vor Augen, wes Geistes Kind Sie sind.
In der Realität ist die Politik der Etablierten nicht nur von bemitleidenswerter Qualität, sie kommt überdies die Bürger in jeglicher Beziehung teuer zu stehen, vor allem auch deshalb, weil ein Großteil der Etablierten aufgrund zu langer Verweildauer an den parlamentarischen Erbhöfen jeden Kontakt zu der von ihnen zu verantwortenden bescheidenen Realität im Land verloren hat.
Auch aus diesem Grund ist die NPD-Fraktion der Meinung, dass man dem Souverän natürlich häufiger die Gelegenheit geben sollte, per Stimmzettel unfähige Etablierte wieder in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern, und für manchen, der nichts anderes gelernt hat, wird es
vielleicht schneller, als ihm lieb ist, eine Gelegenheit geben, die Hartz-IV-Reform am eigenen Leib spüren zu dürfen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Porsch, ich danke Ihnen für diese launige Einführung in die österreichische Literatur; ich danke Ihnen insbesondere dafür, dass Sie auch Ihre eigene Frau Pau nicht vergessen haben, nachdem sie uns alle abgewatscht haben in Berlin – vielen Dank dafür.
Aber ich denke doch, dass das Thema auch ein paar ernstere Worte trägt, denn der Antrag der FDP sollte Anlass sein, uns wieder grundsätzlich über die Bedeutung des Wahlaktes zu verständigen. Die Wahlhandlung der Bürgerinnen und Bürger ist die alleinige Grundlage einer legitimen Auslegung politischer Macht. Das Wesen der Demokratie ist eben, Herr Zastrow, dass politische Macht durch das Volk selbst, nämlich durch die Wahl, begründet werden muss. Jede nicht durch Wahl begründete Machtausübung ist nicht legitim und wir haben gegen sie das Recht auf Widerstand nach Artikel 20 Abs. 4 des Grundgesetzes. Die Wahlhandlung ist damit die zentrale und auch nicht ersetzbare Legitimationsgrundlage in der Demokratie, was ja immerhin Volksherrschaft heißt.
Herr Gillo, Sie mögen vielleicht etwas von Wirtschaft verstehen, aber von der Verfassungslage offensichtlich nicht.