Wer daher das Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger um ein Jahr hinausschiebt, der schwächt mit fortschreitendem Zeitablauf die demokratische Legitimation der Parlamente.
Ich halte dies in Zeiten der Politikverdrossenheit für keinen guten Beitrag. Dieser Antrag der FDP ist nichts anderes als der Versuch der Etablierten und Arrivierten, die politische Auseinandersetzung mit dem Volk zu vermeiden.
Es ist der dreiste Versuch, die eigene Macht- und Einkommensposition vor dem Zugriff des wählenden Volkes zu schützen. Damit schürt man Politik- und Politikerverdrossenheit. Der kommt man aber nicht mit
Herr Lichdi, Sie haben hier dargelegt, was aus Ihrer Sicht passieren könnte, wenn man die Legislaturperiode um ein Jahr, also auf fünf Jahre, verlängern würde. In Sachsen haben wir nun fünf Jahre. Würden Sie daraus den Schluss ziehen, dass die Demokratie in Sachsen gegenüber der auf Bundesebene geschwächt ist?
Herr Morlok, wenn Sie mir weiter in Ruhe zugehört hätten, anstatt sich gleich so künstlich aufzuregen, dann hätten Sie bemerkt, dass ich im Verlaufe meiner Rede genau zu diesem Punkt noch sprechen werde, und dann können Sie die Antwort daraus entnehmen. Ich kann sie Ihnen aber schon im Vorhinein sagen:
Ja! Ich weiß aber, dass die Debatte über eine Verlängerung der Wahlperioden seit einigen Jahren in Deutschland läuft. Es wird hier argumentiert, dass die vierjährige Wahlperiode die Effizienz der Parlamentsarbeit schwächen würde. Die Abgeordneten würden im ersten Jahr noch lernen, und im vierten Jahr würde nur noch Wahlkampf gemacht werden. So bliebe nur Zeit zur Arbeit im zweiten und dritten Jahr. Durch eine fünfjährige Wahlperiode würde die effektive Arbeitszeit also um ein Jahr verlängert. Überhaupt würde dadurch der Reformwillen der Parlamentarier gestärkt.
Ich kann mir diese Denke gerade bei Ihnen von der FDP nur so erklären, dass die profimäßigen Halbtagsparlamentarier einfach mehr Zeit brauchen, um sich einzuarbeiten.
Ich halte die Meinung, der Reform- und Arbeitswillen der Parlamentarier würde durch eine längere Wahlperiode gestärkt, für absurd, falsch und verräterisch.
Hören Sie zu! In der repräsentativen Demokratie ist das schärfste Schwert gegen Faulheit von Abgeordneten die Aussicht, nicht wieder gewählt zu werden. Haben die Abgeordneten ein Jahr mehr Zeit, bevor sie sich wieder der Wahl des Volkes zu stellen haben, wird ihnen das nicht gerade Beine machen; ich denke, ganz im Gegenteil. Wenn eine Partei in vier Jahren nicht die Kraft hat, ihre im Wahlkampf versprochenen Ziele umzusetzen, dann wird ihnen diese Kraft nicht deshalb zuwachsen, weil die Abgeordneten ein Jahr länger auf ihren Sesseln weiterschlafen können.
Im Übrigen kenne ich keine einzige ernst zu nehmende politikwissenschaftliche Studie, die nachweisen könnte, dass Länder mit langen Wahlperioden bessere Politikergebnisse erzielen würden.
Herr Kollege Bräunig, es tut mir Leid, auch der Vorschlag, im Zusammenhang mit der Hochsetzung auf fünf Jahre plebiszitäre Elemente einzuführen, geht vollkommen an der Sache vorbei. Plebiszitäre Elemente zielen nämlich darauf ab, eine Sachentscheidung – eine Entscheidung in einer einzelnen Sachfrage – durch das Volk treffen zu lassen. Ich finde das gut, aber das ist nicht in der Lage, die repräsentative Legitimation durch das Parlament auch nur zu ersetzen. Deshalb werden hier wirklich Äpfel und Birnen miteinander verglichen und ich würde Sie bitten, darauf Rücksicht zu nehmen.
Vorgestern haben Sie von der FDP den richtigen Antrag auf Herabsetzung der Unterstützungsunterschriften durch den kommunalen Wahlantritt gestellt. Jetzt regen Sie sich doch nicht auf, wir haben Ihnen doch zugestimmt. Dem liegt der richtige Gedanke zugrunde – den hatten Sie jedenfalls vorgestern noch –, den Wahlantritt und die Wählbarkeit politischer Gruppen zu erleichtern und damit die Auswahl für die Wählerinnen und Wähler zu vergrößern.
Gleich, sofort! Nun legen Sie einen Antrag vor, der die Wahlrechte der Bürgerinnen und Bürger einschränkt. Ich halte das nicht für eine konsistente Politik. – Bitte, Herr Kollege Brangs.
Damit ich Sie besser verstehen kann: Wo würde denn nach Ihrer Auffassung der ideale Zeitraum für eine Wahlzeit liegen – bei einem Jahr, bei zwei Jahren?
Herr Brangs, Sie wissen vielleicht, dass wir Bündnisgrünen in unserem Wahlprogramm seit Jahren die Forderung nach einer Herabsetzung in Sachsen auf vier Jahre haben, und ich persönlich würde sogar das skandinavische Modell mit drei Jahren bevorzugen.
Herr Kollege Porsch, die verfassungsrechtliche Lage wollen wir jetzt nicht erörtern, das ist sehr schwierig.
Was lesen wir nun zu alledem in der Begründung im Antrag der angeblichen Rechtsstaatspartei FDP – nein, Herr Clemen, bitte nicht –:
Rein gar nichts! In der Begründung heißt es nur, die fünfjährige Wahlperiode habe sich in Sachsen bewährt, und daher solle man sie an die Bundesebene anpassen.
Sehen wir uns dieses Argument genauer an. Ich bin nicht der Meinung, dass sich die fünfjährige Wahlperiode in Sachsen bewährt hat. Die CDU hat dieses Land 14 Jahre lang allein und unangefochten regiert.
Ich hatte schon den Eindruck, dass sich die CDU innerlich zurückgelehnt hat – wie Sie jetzt gerade, Herr Rößler – und glaubte, die Macht auf immer gepachtet zu haben. Die langen Wahlperioden haben durchaus zum Eindruck vieler Bürgerinnen und Bürger geführt, dass man gegen die Seilschaften der CDU nichts tun könne – auch weil man so selten Gelegenheit hat, sie abzuwählen.
Sie haben jetzt einen Fehler gemacht, Herr Lichdi. Herr Lichdi, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass es zwar stimmt, dass die CDU 14 Jahre lang allein regiert hat, aber beileibe nicht unangefochten?
Herr Porsch, ich will es mal so sagen: Sie haben versucht, sie anzufechten, aber ob es Ihnen gelungen ist, das möchte ich durchaus infrage stellen.
Wenn Sie mir noch ein ernstes Wort dazu gestatten: Gerade diese Konfrontation, in der Sie von der PDS als auch Sie von der CDU sich immer gefallen haben, hat unter anderem dazu geführt, dass wir 14 Jahre lang diesen Stillstand in Sachsen hatten – das ist meine Überzeugung.
– dass offenbar noch nicht einmal Kenntnis darüber besteht, Herr Dr. Martens, dass die demokratischen Wahlrechte der Bürgerinnen und Bürger und damit der demokratische Charakter des Staates angetastet werden. Herr Kollege Dr. Martens als
Jurist und Rechtsstaatsliberaler: Sie sollten sich schämen, einen solchen Antrag mit einer solch dümmlichen Nichtbegründung zu unterstützen. Ich hoffe für Sie, dass Sie sich in Ihrer Fraktion gegen die Dresdner Populistenfront Zastrow, Herbst und Mücke nicht durchsetzen konnten,