Meine Damen und Herren, mir geht es um die Zulässigkeit der Heranziehung von Bürgerinnen und Bürgern eingemeindeter Ortsteile zur rückwirkenden Nachzahlung von Abwasserbeiträgen. Im Ergebnis der Gemeindegebietsreform sind Gemeinden, die über eine eigene und mit den Abwasserbeiträgen ihrer Grundstückseigentümer refinanzierte Abwasseranlage (Kläranlage und Leitungsnetz) verfügen, in andere Gemeinden eingemeindet worden, die nunmehr die Aufgabe der Abwasserbeseitigung als eigene Aufgabe selbst erledigen. Infolge dessen sollen die Grundstückseigentümer des „hinzugekommenen“ Ortsteiles auf der Grundlage der von der neuen Gemeinde beschlossenen Abwasserbeitragssatzung rückwirkend noch einmal Abwasserbeiträge für die von ihnen genutzte und bereits „abgezahlte“ Abwasseranlage nachzahlen.
1. Welche Gemeinden, die die Aufgabe der Abwasserbeseitigung in ihrem Gemeindegebiet selbst erfüllen, ziehen auf der Grundlage ihrer Abwasserbeitragssatzung die Grundstückseigentümer der infolge der Eingemeindung oder des Zusammenschlusses mit anderen Gemeinden hinzugekommenen Ortsteile rückwirkend zu BeitragsNachzahlungen heran, obwohl dieselben Grundstückseigentümer für die ihren Ortsteil entsorgende zentrale Kläranlage und das dazugehörige Leitungsnetz (für den ihnen vermittelten Vorteil i. S. d. SächsKAG) nach dem geltenden Kommunalabgabengesetz des Freistaates Sachsen bereits den zur Finanzierung dieser Anlage erforderlichen Abwasserbeitrag gezahlt bzw. die Anlage bereits über Gebühren finanziert haben?
2. Welche rechtlichen Möglichkeiten haben die oben genannten Gemeinden, eine solche Mehrbelastung für die Grundstückseigentümer der eingemeindeten Ortsteile bzw. zumindest eine rückwirkende Heranziehung zur Nachzahlung von Abwasserbeiträgen zu vermeiden?
Frau Abg. Schulz, das Innenministerium verfügt nicht über die erforderlichen Informationen, um die erste Frage beantworten zu können. Die Daten werden nicht gesondert erhoben und es ist auch nicht möglich, aus vorhandenen Datenerhebungen die von Ihnen gewünschten Auskünfte zu erteilen. Welche Gemeinden die Aufgabe der Abwasserbeseitigung in ihrem Gebiet selbst erfüllen und gegenüber den durch Eingemeindung bzw. Zusammenschlüsse neu hinzukommenden Grundstückseigentümern Nachzahlungen erheben, weiß das Innenministerium nicht. Ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass diese Information in der Kürze der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht zu erheben war. Eine exakte, wahrheitsgemäße Aussage würde eine überaus arbeits- und zeitaufwändige Recherche erfordern und könnte deshalb allenfalls schriftlich nachgereicht werden.
Die zweite Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten die betroffenen Gemeinden haben, um Mehrbelastungen für die Grundstückseigentümer der eingemeindeten Ortsteile zu vermeiden, lässt sich ohne nähere Kenntnis darüber, welche Gemeinden betroffen und vor allem, welche Regelungen in den jeweiligen Satzungen getroffen worden sind, ebenfalls nicht konkret beantworten. Die Gegebenheiten sind mit Sicherheit von Kommune zu Kommune verschieden, weil die Abgabensatzungen anders lauten und Ausnahmetatbestände für die Heranziehung möglicherweise differenziert geregelt sind.
Im Übrigen, hat das Innenministerium hier geschrieben, geht die Frage über den Rahmen einer Fragestunde hinaus. Die Fragestunde dient nicht dazu, die Staatsregierung zu einer rechtlichen Bewertung anzuhalten oder eine Rechtsberatung zu erlangen. – Ich würde aber jedenfalls die erste Antwort vorziehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage zur Verkehrsregulierung bei Castor-Transporten. Bekanntlich verursachten die Castor-Transporte gehörige Verzögerungen und Staus im Straßenverkehr. Ich frage die Staatsregierung: Warum wurde der Verkehr zu den Autobahnen nicht schon am Anfang der Auffahrten umgeleitet, sondern erst unmittelbar vor der Einmündung in die Autobahnrichtungsfahrbahnen (so geschehen zum Beispiel am 13.06.2005 an der Anschluss- stelle Dresden-Altstadt). Es war den Betroffenen somit unmöglich, noch auf andere Routen auszuweichen, und sie saßen unentrinnbar im Stau fest, zum Teil bis zu einer dreiviertel Stunde und manchmal sogar länger, wie ich jetzt gehört habe.
Frau Präsidentin! Herr Abg. Porsch, ich darf Ihre Frage für den Innenminister beantworten. Aufgrund angekündigter Störungen der Castor-Transporte auf der Transportstrecke machten sich verstärkte polizeiliche Einsatzmaßnahmen zur Gewährleistung eines sicheren und störungsfreien Transportverlaufes erforderlich. Das Einsatzkonzept der Polizeidirektion Dresden beinhaltete dazu unter anderem die kurzzeitige Sperrung von Autobahnzufahrten. Hierzu erfolgten an den Transporttagen rechtzeitige Verkehrswarnmeldungen über die Medien; betroffene Verkehrsteilnehmer konnten sich so auf die Stockungen bzw. Behinderungen des Verkehrsflusses einstellen.
Die Polizeidirektion Dresden war jederzeit bemüht, die Sperrungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren; so erfolgten die Sperrungen der Autobahnauffahrten jeweils erst unmittelbar vor dem Passieren des Transportkonvois, um die Dauer der Sperrung so kurz wie möglich zu halten. Sie wurden nur so lange aufrechterhalten, bis der Transportkonvoi die Anschlussstelle passiert hatte. Aufgrund der Länge des Transportkonvois kam es dabei jedoch zu unvermeidlichen Wartezeiten von auf die Autobahn auffahrenden Verkehrsteilnehmern.
Abgesehen davon, dass ich feststellen muss, dass mir über den Ort, an dem die Sperre war, keine Auskunft gegeben wurde, muss ich gerade in dem Zusammenhang nachfragen. Castoren sind hochsensible Geräte; deshalb ist ja auch die Aufregung groß. Unter dem Aspekt der Sicherheit frage ich: Ist es dann nicht besonders fragwürdig, Fahrzeuge und Leute so nahe an die Castoren heranfahren zu lassen, dass es eigentlich überhaupt kein Problem gewesen wäre, diesen Transporter mit größeren Steinen zu behindern, auf ihn draufzuschlagen oder auch mit Fahrzeugen die Sperre
zu durchbrechen; sie bestand aus einem von zwei Polizisten bewachten Gummikegel – beides war direkt an der Fahrbahn.
Herr Abg. Porsch, ich muss Ihnen jetzt die Antwort schuldig bleiben, darf Sie aber auf die Beantwortung der Kleinen Anfragen des Abg. Lichdi, die dem Landtag durch mich gerade zugeliefert worden sind, hinweisen. Dort finden Sie auch zu dieser Nachfrage, die Sie gerade gestellt haben, die notwendigen Antworten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir möchten in unserer Beratung fortfahren. Zuvor eine Information an die Fraktionen: Durch den heute Morgen beschlossenen Tagesordnungspunkt 9, Dringliche Anträge, erhöhen sich die Redezeiten für die Fraktionen, und zwar folgendermaßen: CDU 122, PDS 94, SPD 59, NPD 59, FDP 45, GRÜNE 45 und die Staatsregierung 94 Minuten.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile den Fraktionen der CDU und der SPD als Einreicherinnen das Wort. Herr Abg. Lämmel, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja schön, dass zumindest von jeder Fraktion einer da ist, –
zumindest bei den kleineren Fraktionen; die anderen würde ich ja fast namentlich begrüßen können. Ich hoffe, das liegt nicht am Thema, sondern an anderen Dingen, die das Interesse der Abgeordneten wecken.
Aber, meine Damen und Herren, das Thema Ausbildung ist ja nun kein unwichtiges Thema, bestimmt es doch im Wesentlichen über die Zukunft unseres Landes. Es geht heute um die Ausbildungsoffensive Sachsen. Eine Offensive bezeichnet ein planmäßig vorbereitetes Herangehen an eine Sache. Eine Ausbildungsoffensive heißt dann ganz einfach: eine planmäßig vorbereitete Aktion für mehr Ausbildung in Sachsen, für mehr Ausbildungsplätze für die jungen Menschen. Genau um eine solche Aktion handelt es sich bei der Ausbildungsoffensive hier in unserem Land.
In den letzten Jahren saßen in dem so genannten Lehrstellenkollegium – heute wird das ja etwas anders benannt, heute heißt das: Kollegium für Lehrstellen und Fachkräfte in Sachsen – diejenigen an einem Tisch, die die Verantwortung für die berufliche Erstausbildung hier in Sachsen tragen. Die langjährige Arbeit innerhalb dieses Kolloquiums war genau das sächsische Erfolgskonzept.
In den vergangenen zehn Jahren ist es letztlich immer gelungen, das Versprechen der Politik „Jeder junge Mensch, der ausbildungsfähig und ausbildungswillig ist, soll ein Angebot erhalten“ einzulösen. Das ist gut so.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal verdeutlichen, dass die Ausbildung junger Menschen zu Facharbeitern in erster Linie Aufgabe der Wirtschaft ist. Der Staat ist hierbei nur Juniorpartner.
In den letzten Jahren spielte in diesem Zusammenhang vor allem in den neuen Bundesländern der Staat eine weitaus größere Rolle. Das war gerade in Sachsen unumgänglich, weil sich die Wirtschaft erst entwickeln musste; aber auch andere Probleme waren ursächlich. Sehr viel Geld und sehr viel Gehirnschmalz sind in die Sicherung der Ausbildung in Sachsen geflossen.
Meines Erachtens sind wir an einem Wendepunkt angelangt, was die Rolle des Staates betrifft. Zum einen wird die demografische Entwicklung nicht nur im Freistaat, sondern in den neuen Bundesländern insgesamt ihre Spuren auf dem Ausbildungsmarkt deutlich hinterlassen. Zum anderen ist die Wirtschaftskraft unseres Landes gestärkt worden.
Das duale System ist wegen des großen Engagements des Staates, aber auch wegen vielfältiger Probleme in der Wirtschaft aus den Fugen geraten. Aber gerade das duale System ist in den letzten Jahrzehnten der Erfolgsgarant der deutschen Wirtschaft gewesen. Es gibt aus meiner Sicht nur einen Weg: zurück zu den Wurzeln des dualen Ausbildungssystems!
Wir müssen alles aus dem Weg räumen, was die Ausbildung im dualen System erschwert oder unmöglich macht. Wir müssen hier ansetzen und dürfen nicht immer nur nach mehr Geld rufen oder noch mehr Geld in das System hineingeben. Die Wirtschaft wird wieder mehr ausbilden, wenn sich das gesamte wirtschaftliche Umfeld in Deutschland verbessert und die Hürden auch für kleinere Unternehmen zu nehmen sind. Genau hier liegt aus meiner Sicht im Moment das Problem. Die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands müssen wir nicht
noch einmal erörtern; sie sind, ebenso wie die Lösungsansätze, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, schon vielfach in diesem Hohen Hause diskutiert worden. Wir brauchen den Wechsel in den politischen Verhältnissen in Deutschland, um wieder voranzukommen.
In Sachsen hat sich das Lehrstellenkollegium schon im Januar dieses Jahres auf eine angepasste Strategie zur Förderung von Lehrstellen verständigt. Im Mittelpunkt der Förderung stehen die Ausbildungsverbünde; das sind Zusammenschlüsse von Unternehmen zum Zwecke der Ausbildung. Wir haben in Sachsen sehr erfolgreiche Ausbildungsverbünde. Weiterhin ist die Übernahme von Absolventen des Berufsgrundbildungsjahres und des berufsvorbereitenden Jahres in betriebliche Ausbildungsverhältnisse Gegenstand der Förderung. Damit soll den Jugendlichen die Möglichkeit gegeben werden, aus den so genannten Schleifen in betriebliche Ausbildungsverhältnisse einzusteigen. Weiterhin werden in diesem Jahr Maßnahmen der früheren Berufsorientierung wesentlich intensiver gefördert.
Ein wichtiger Punkt ist die Förderung von jungen Müttern und Vätern, damit sie ihre Lehre ordnungsgemäß zu Ende bringen können, obwohl sie Eltern geworden sind. Man wird sehen, wie das in Sachsen funktioniert.
Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident des Freistaates und der Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, Herr Jurk, haben nachgelegt und zum Lehrstellengipfel eingeladen. Das ist eine sehr gute und wichtige Initiative gewesen. Einer der Beschlüsse des Gipfels lautete, im Rahmen eines Landesergänzungsprogramms 2000 zusätzliche Plätze zu finanzieren, die vor allen Dingen so genannten Altbewerbern zugute kommen sollen. Altbewerber sind Jugendliche, die nicht in diesem Jahr, sondern schon in einem der Jahre zuvor die Schule beendet haben und immer noch eine Lehrstelle suchen.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir ein paar Anmerkungen zur aktuellen Situation und einen Ausblick darauf, was aus unserer Sicht zu tun ist. Die Zahl der Ausbildungsplatzbewerber liegt nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit bei 45 964. Die Zahl differiert gelegentlich um tausend; ich habe noch nicht aufklären können, woher die Differenz kommt. Die Zahl der gemeldeten betrieblichen Ausbildungsplätze liegt bei knapp über 13 000. Wenn man Adam Ries zu Hilfe nimmt, erkennt man: Eigentlich fehlen in Sachsen 30 000 Ausbildungsplätze.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Erstens ist der gesamte Markt noch in Bewegung. Ein abschließendes Bild kann noch nicht gezeichnet werden. Wir müssen mindestens bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres abwarten. Wir haben in unserem Antrag deutlich gemacht, dass zunächst ein Zwischenbericht und nächstes Jahr ein Schlussbericht vorgelegt werden sollen.
Zweitens muss man genauer hinschauen, wenn man diese Lücke bewerten will. Was versteckt sich hinter der Zahl von 45 000 Bewerbern? Nur 52 % der Bewerber sind Schulabgänger, die in diesem Jahr die Schule verlassen. Über 21 000 junge Leute, also fast die Hälfte, gehören zur Gruppe der so genannten Altbewerber. Hier liegt das Problem: Wie gelingt es der Wirtschaft, gemeinsam