Protocol of the Session on June 23, 2005

Ich beantworte keine Fragen mehr, Herr Morlok. Lesen Sie die Parteiprogramme und hören Sie sich meine Rede an. Dann wird auch alles gut.

(Lachen des Abg. Karl-Friedrich Zais, PDS)

Das ist seit den sechziger und siebziger Jahren in Amerika ausprobiert worden. Man nennt es dort Sunset Legislation. Man hat vor allem in Texas in den siebziger Jahren versucht, genau das zu machen: Gesetze zu befristen. Die IHK Dresden, die ja immerhin auch in Anspruch nimmt, die Wirtschaftsseite zu vertreten, hat deutlich davor gewarnt, weil es die Planungssicherheit der Unternehmen gefährden würde, wenn Sie eine solche Gesetzgebung einführen würden. Also lassen Sie die Finger davon, kann ich nur sagen. Sie haben sich darüber ausgelassen, dass man die Stärke der Gewerkschaften im Osten brechen muss. Das gehört auch in die Sonderwirtschaftszone Ost. Also, das macht alles auch nicht wieder besser. Wir können uns auf das DIW verlassen. Wir müssen ja nicht immer ideologisch diskutieren, nicht wahr. Das DIW hat in seinem 13. Monatsbericht des Jahres 2004 festgestellt: 10 % der Unternehmen Ostdeutschlands sind im Flächentarifvertrag. Nur jeder siebte Unternehmer ist überhaupt an der Lohnfindung beteiligt und macht einen Haustarif.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Hört, hört!)

76 %, das heißt, drei Viertel der Unternehmen in Ostdeutschland haben Löhne ohne formale Vereinbarung. Wie viel Freiheit brauchen Sie denn noch? Sie haben doch auch kleinere Unternehmen und sind gar nicht im Flächentarifvertrag. Wovon reden wir eigentlich?!

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Karl Nolle, SPD)

Das Nächste ist, sich das mit den Löhnen und der Produktivität einmal anzuschauen: Die Löhne in Sachsen sind ungefähr auf demselben Niveau wie die Produktivität. Sie liegt im Durchschnitt bei 70 %. Im verarbeitenden Gewerbe, wo die Produktivität bereits über 70 % beträgt, zum Teil 73 %,

(Dr. Martin Gillo, CDU: Das stimmt nicht!)

sind die Löhne bei 66 %.

(Dr. Martin Gillo, CDU: Sie haben keine Ahnung!)

Das heißt, es gibt eigentlich schon einen Standortvorteil Ost. Der hat mit der Lohnfindung zu tun. Da sollten Sie nicht versuchen, noch irgendwelche Schimären aufzubauen, die überhaupt nicht zutreffen. Kommen wir zum Bürokratieabbau. Eine Umfrage des IFM Bonn hat ergeben, das Belastungsempfinden der Unternehmen geht in folgender Reihenfolge: Die schlimmsten Belastungen sind die Undurchsichtigkeit und Komplexität im Sozial- und Arbeitsrecht. Da haben Sie als FDP in den letzten 30 Jahren mitentschieden. Bei Steuern und Abgaben – zu komplex. Da haben wir immer eine Steuervereinfachung haben wollen. Das wollen Sie jetzt auch. Das will inzwischen auch die CDU.

Vielleicht wird es auch mal was in Deutschland. Aber dafür braucht man keine Sonderwirtschaftszone Ost.

Das Nächste sind Statistiken für Landes- und Kommunalbehörden und Verbände.

Bitte zum Schluss kommen.

Ich werde gleich zum Schluss kommen. Das Letzte in der Empfindlichkeitsskala, was Unternehmen stört, ist die Frage von Umweltschutz und sich ändernden Verbindlichkeiten im Umweltrecht. Das hat damit zu tun, dass dort jahrelang nichts gemacht worden ist und natürlich erst einmal eingeführt werden muss.

Räumen Sie erst einmal die Baustellen auf, die Sie selber haben. Arbeiten Sie in der Föderalismuskommission. Sorgen Sie dafür, dass das Beamtenrecht regionalisiert wird. Dann reden wir gern weiter über andere Sachen. Eine Sonderwirtschaftszone Ost brauchen wir nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei der SPD und des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Herr Zastrow.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Starke Gewerkschaften!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Weil wir hier immer als Neoliberale bezeichnet werden, lassen Sie mich einmal einen ganz kurzen Ausflug in die Geschichte machen. Dieses Lob haben wir vielleicht als FDP gar nicht verdient. Die Neoliberalen sind diejenigen gewesen, die vor 120, 130 Jahren genau die Liberalen gewesen sind, die gesagt haben: Die völlig freien Kräfte des Marktes können wir nicht wirken lassen. Es waren diejenigen gewesen, die Liberalismus mit Sozialpolitik verbunden haben. Das sind diejenigen gewesen, die gesagt haben: Wir müssen den Markt an bestimmten Stellen sogar einschränken.

(Zuruf des Abg. Karl-Friedrich Zais, PDS)

Überlegen Sie sich, Herr Zais, sehr gut, wann Sie den Begriff des Neoliberalismus verwenden. In dieser Hinsicht, das muss ich ehrlich sagen, bin ich sehr gern ein Neoliberaler.

Herr Zais, Sie haben – ich möchte gern mit Ihnen kommunizieren, wenn Sie mir zuhören würden – von vielen Regelungen in den letzten Jahren gesprochen. Es hätte eine Menge Ausnahmeregelungen gegeben. Diese Regelungen haben nicht funktioniert. Da haben Sie Recht. Bloß, ich bin froh, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, dass ich mein kleines Unternehmen in Sachsen gründen konnte. Denn hier in Sachsen sind, das habe ich schon x-mal gesagt, in den letzten 15 Jahren einige wesentliche Dinge in der Wirtschaftspolitik richtig gemacht worden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Hier in Sachsen ist der kleine, geringe Spielraum, den dieses Land überhaupt hat, genutzt worden. Hätten wir das nicht gemacht, würde es uns in Teilen vielleicht so gehen wie anderen ostdeutschen Bundesländern, wie Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg. Ich bin froh, dass in Sachsen an dieser Stelle die richtigen Schritte gemacht worden sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Warum machen Sie dann diese Debatte?)

Herr Porsch, Sie haben ja auch Erfahrungen. Sie kommen aus Österreich. Schauen Sie doch bitte einmal in Ihr eigenes Heimatland.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das ist lange her. Meine Heimat ist Sachsen!)

Oder dort, wo Sie geboren sind. Österreich ist ein Land, das sehr schön ist und wo ich auch selbst gern bin. Schauen Sie einmal in das Land. Es war, glaube ich, das Land in Europa, das als das bürokratischste, das verkrustetste Land über lange Zeit galt. Die Witze, die man gemacht hat, kennen Sie selbst.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Die haben in ihrer Wirtschaft in den letzten fünf, sechs, sieben, acht Jahren eine ganz große Liberalisierung vollzogen. Dieses Land hat Deutschland fast in allen Bereichen überholt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das stimmt!)

Schauen Sie sich das Wirtschaftswachstum an. Schauen Sie sich die Produktivität in der Industrie an, die 14 % höher ist als in Deutschland. Die Österreicher haben es uns vorgemacht, wie wir es auch in Deutschland machen müssten. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, Herr Porsch, von Österreich lernen, heißt siegen lernen, zumindest was die heutige Zeit betrifft.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Zastrow?

(Staatsministers Thomas Jurk: Die haben keine Kriege verloren!)

Ich hatte doch gesagt: was die heutige Zeit betrifft.

Bitte, Herr Porsch.

Herr Zastrow, ich will Ihnen überhaupt nicht widersprechen, obwohl Sachsen und Österreich eher durch eine Reihe gemeinsam verlorener Kriege verbunden sind. Aber das eher am Rande. Herr Zastrow, ist Ihnen aber auch bekannt, dass es in Österreich starke Kammern gibt, die Einfluss haben auf die Wirtschaft und die Gesetzgebung? Ist Ihnen bekannt, dass es in Österreich eine starke Einheitsgewerkschaft gibt, die Einfluss nimmt?

Und dass genau das mit zu dem Rezept des Erfolges gehört und nicht ein Störfaktor ist?

(Rita Henke, CDU: Die arbeiten mit der Wirtschaft zusammen!)

Das ist mir bekannt. Bei mir auf dem Platz liegt eine Zeitung, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“. Dort steht etwas über den Wirtschaftsstandort Österreich drin. Während wir in Deutschland um Mindestlöhne diskutieren, macht man das in Österreich ganz anders. Sie haben mich auf die Gewerkschaft angesprochen. Ich möchte dazu etwas zitieren, was die österreichische Einheitsgewerkschaft zur Diskussion um Mindestlöhne gesagt hat: „Wir brauchen kein Gesetz, wir regeln das individuell, auf betrieblicher Ebene.“

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Genau das brauchen wir. Das ist die Freiheit, die wir auch in Sachsen brauchen. Dafür kämpfen wir.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Frau Hermenau, die Einschätzung der – –

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS, steht am Mikrofon.)

Sie können Ihren Satz zu Ende bringen, wenn er an eine Dame gerichtet ist.

Das ist ein neues Thema, was jetzt kommt.

Sie möchten erst die Zwischenfrage beantworten.