Herr Martens, eine Richtigstellung zu Ihrer Äußerung, die Sie gemacht haben: Die EALG-Flächen bleiben. Das heißt, die BVVG verlängert sie sogar. Herr Martens, in dem vergünstigten Verkaufspreis haben Sie sich damit geirrt. Herr Weichert, Sie haben hellseherische Fähigkeiten entwickelt. Wahrscheinlich haben Sie die „AgrarEurope“ gelesen und versucht, daraus zu zitieren – aber nicht an allen Stellen richtig. Es ist ja ganz interessant, dass sich in dem zuständigen Ministerium zwei Staatssekretäre gegenläufig äußern. Einerseits will der grüne Staatssekretär genau das nicht, was Sie hier vorgetragen haben, also die angeblich vereinbarte und von allen schon gut geheißene Lösung der Bürgschaft. Wenn Sie nämlich Herrn Berninger richtig interpretieren, ist er, wie er es gesagt hat, dagegen. Umgekehrt ist Herr Staatssekretär Thalheim dafür. Zumindest können Sie uns hier
nicht Vorträge halten, dass wir der Sache hinterherlaufen. Ich glaube, außer dass man weiß, dass man etwas will, weiß man nicht richtig, was man will. Darüber ist man sich nicht einig – aber das ist typisch, wie in der Bundespolitik insgesamt. In diesem Bundesministerium sucht man zumindest immer noch nach dem Weg für eine vernünftige Agrarpolitik.
Meine Damen und Herren, damit ist die Aussprache zu diesen beiden Drucksachen beendet. Es steht noch das Schlusswort aus. Das haben die Fraktionen der NPD, der CDU und der SPD. Die NPD beginnt. – Dieses Schlusswort ist nicht gewünscht. Für die Koalition Herr Heinz, CDU.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Zuerst zum Einwurf des NPDVertreters. Man wird im Protokoll nachlesen können, dass ich bei der Benennung der Ursachen für den heutigen Tagesordnungspunkt nicht einmal die Buchstabenkombination NPD verwendet habe.
Wenn Sie sich dennoch angesprochen fühlen, kann ich nur ein Sprichwort aus dem Tierreich, etwas umgewandelt, sagen: Getroffene Leute machen sich durch laute Äußerungen bemerkbar.
Zu den Ausführungen von der PDS: Ihre grundsätzliche Haltung zu dem gesellschaftlichen Eigentum möchte ich nicht weiter kommentieren. Wir alle haben damit wenig gute Erfahrungen gesammelt und wollen uns weitere schlechte Erfahrungen damit ersparen.
Vielleicht noch ein, zwei Richtigstellungen zu den Veräußerungen nach Hartz IV: So wie die Mehrzahl der Pachtverträge abgefasst ist, gibt es kaum Sonderkündigungsregelungen für den Verkaufsfall. Das heißt, der Pachtvertrag ist im Verkaufsfall nicht kündbar, weil der neue Erwerber in den Pachtvertrag einsteigen muss. Kauf bricht nicht Miete. Demzufolge könnte er nur erheblich unter Wert verkauft werden, so dass die entsprechenden Agenturen den Eigentümer nicht zum Verkauf zwingen können, wenn ihm eine wirtschaftliche Verwertung seines Eigentums nicht zumutbar ist.
Zwei Worte zur Agrarstruktur, weil Sie, Herr Weichert, auf diese großen Strukturen abgehoben haben. Zu den Zeiten, als unsere Landpachtausschüsse noch Einfluss bei der Vergabe hatten, war es unser Bemühen, viehstarke, arbeitsintensive Betriebe zu unterstützen und diesen Betrieben bei der Flächenausstattung zu helfen, weil auf dem normalen Pachtmarkt wenig Flächen zur Verfügung standen und sie sich erst spät überlegt hatten, eine eigene Existenz aufzubauen. Diese Umverteilungen gingen in der Regel zulasten der großen Betriebe. In den Amtsbereichen haben wir juristische Personen, die zwar in der ersten Runde einen gewissen Vorteil hatten bei der Verpachtung, weil sie diese Flächen nahtlos aus
DDR-Zeiten übernommen hatten. Diese haben sie unter großen Schmerzen mehr oder weniger abgeben müssen. Das verstehen wir unter den Bedingungen der Agrarstrukturen.
Meine Damen und Herren von der FDP, natürlich ist uns die wirtschaftliche Lage bekannt und wir alle hoffen auf eine „Bauernbefreiung“. Zurzeit ist der 18.09.2005 im Gespräch.
Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung. Zuerst stimmen wir über die Drucksache 4/1855, Antrag der Fraktion der NPD, ab. Ich frage nach Ihrer Zustimmung. – Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür und einigen Stimmenthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir kommen zur Drucksache 4/2192, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD. Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion der NPD. Herr Paul wird ihn einbringen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man den Titel des Antrages von CDU und SPD liest, „Sicherung von Arbeitsplätzen in der ostdeutschen Landwirtschaft“, gewinnt man auf den ersten Blick den Eindruck, dass die Union tatsächlich, wie jetzt bereits angekündigt, im Falle eines vorgezogenen Bundestagswahlkampfes versucht, mehr für die Landwirte zu tun. Beim genauen Hinsehen entpuppt sich der Antrag jedoch in der Gesamtproblematik als nicht weiterführend, da nach wie vor an der vorrangigen Privatisierung der Flächen festgehalten werden soll, ungeachtet aller finanziellen Schwierigkeiten der Betroffenen. Uns als NPD-Fraktion wirft man Populismus vor – das hat man heute schon wieder in Bezug auf unseren Berichtsantrag gemacht, weil dieser Berichtsantrag wohl populistischen Inhalt hat –, aber das, was hier seitens der Union gemacht wird, ist meiner Meinung nach plumper Populismus. Aufgrund der allgemeinen angespannten Lage auf dem Bodenmarkt in der derzeitigen Entwicklung der Gespräche des Bundes mit den Landgesellschaften der neuen Länder zur Übernahme der landwirtschaftlichen BVVGFlächen sieht sich unsere Fraktion veranlasst, heute einen Änderungsantrag einzubringen.
Das Bundesfinanzministerium ist nun bereit, die noch im Eigentum der BVVG befindlichen, ehemals volkseigenen Flächen an die Landgesellschaften der Länder zu verkaufen. Aus dieser Tatsache ergibt sich eine einmalige Chance für die Länder, einen Handlungsspielraum bei der Flächenverwertung zu gewinnen und selbst im Interesse seiner Landwirte über die Praxis der Bodenprivatisierung entscheiden zu können.
Es erscheint uns an dieser Stelle notwendig, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, diese Chance im Interesse der von auslaufenden Pachtverträgen betroffenen Landwirte in Sachsen wahrzunehmen. Klar ist, dass der Bund durch den Verkauf der Landwirtschaftsflächen momentan versucht und weiter versuchen wird, die so
genannte schnelle Mark oder, wie es jetzt heißt, den schnellen Euro zu machen. Es spiegelt sich deutlich in den Aussagen wider, dass es keine langfristigen Pachtvertragsverlängerungen mehr geben wird. Stattdessen sollen die Flächen vorrangig privatisiert werden, um dem Bund Einnahmen zu verschaffen. Dieser Entwicklung könnte mit einem Kauf der Flächen vom Bund durch das Land entgegengewirkt werden. Das Argument, es sei keine weitere Belastung des Landeshaushalts möglich, braucht an dieser Stelle gar nicht erst vorgebracht zu werden angesichts der Tatsache, dass die sächsische Regierung keine Probleme damit hat, 300 Millionen Euro aus dem Grundstock des Landeshaushaltes zu nehmen, um die Kapitalerhöhung bei der Sachsen LB zu finanzieren. So wird es auch hier kein Problem darstellen, die nötigen Bürgschaften für den Flächenerwerb vom Bund aufzubringen. Im Falle des Scheiterns der Verhandlungen fordern wir die Staatsregierung daher auf, sich für eine nochmalige langfristige Verlängerung der bestehenden Pachtverträge einzusetzen. Ich glaube, ich muss an dieser Stelle die Notwendigkeit dieser Forderung nicht noch einmal unterstreichen, da der derzeitig bestehende Preiskampf und die aktuelle Entwicklung der Wettbewerbslage der Landwirte eine klare Sprache sprechen. Ich möchte Sie daher auffordern, Ihrer Verantwortung gegenüber den sächsischen Bauern gerecht zu werden, und Sie bitten, unserem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben, damit von Sachsen aus ein deutliches Signal auch an die restlichen neuen Bundesländer, die stärker betroffen sind als Sachsen, zu senden. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zum Änderungsantrag. Ich kann nur sagen: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Das klingt sehr verlockend, dieses Angebot vom Bund, der aus seiner Not heraus versucht, Haushaltslöcher abzudecken. Gegen eine Übernahme spricht, dass zweimal Übernahmekosten anfallen, nämlich Notar, Grunderwerbssteuern usw. Die Frage, ob eine Kaufnotifizierung bei der EU noch nachträglich zu prüfen wäre, ist auch noch nicht abschließend beantwortet. Hauptgrund, diese Sache mit Vorsicht zu betrachten, ist, dass das Land Risiken übernehmen müsste, die der Bund im Moment trägt. Das heißt, eine Übernahme durch das Land kommt für mich nur deutlich unter dem jetzigen Verkehrswert infrage, und zwar einfach deshalb, um dann aus einem möglichen höheren Erlös die Risiken abdecken zu können. Wenn denn überhaupt eine Übernahme infrage kommen sollte, möchten wir nicht jetzt schon die Staatsregierung bei den Verhandlungen durch einen Landtagsbeschluss binden – so nach dem Motto: Ihr müsst ja kaufen, weil es der Landtag beschlossen hat! Da hat man keinerlei Spielraum mehr bei Preisverhandlungen.
Punkt 2. Es ist jetzt noch nicht nötig, sich darauf festzulegen, wie ein möglicher Kauf zu finanzieren oder abzusichern ist. Vielleicht fallen uns da auch noch ganz andere Möglichkeiten ein, als sie hier im Antrag aufgeführt sind. Ich denke zum Beispiel an den Grundstock, der sich ja in zunehmendem Maße ja weiterer Beliebtheit erfreuen wird.
Punkt 4 in Ihrem Antrag ist schlicht und ergreifend sachlich falsch. Es gab dazu keine Abstimmung mit den Ländern. Es gab im Dezember 2003 eine Information von der BVVG an die Länder, dass rückwirkend ab März 2003 keine Pachtvertragsverlängerungen mehr stattfinden sollen. Dies wurde im Prinzip durch die Länder mit dem Rückwirkungsverbot abgelehnt. Wir hatten dann zur Kenntnis zu nehmen, dass ab Januar 2004 die Verlängerung ausgesetzt wurde. Die Anträge, die zwischenzeitlich noch eingegangen sind, wurden verlängert.
Punkt 5 ist selbstverständlich. Das wurde bisher auch schon so gehandhabt. Bei Pachtverträgen, die verlängert wurden, wurde auch der EALG-Anspruch mit verlängert, so dass hier kein Handlungsbedarf besteht.
Punkt 6 widerspricht sich in sich. Auf der einen Seite legt der Staat einen Preis fest, auf der anderen Seite wird gefordert: Staat, fördere den Verkauf! Das kann so nicht sein. Im Übrigen sind die EALG-Flächen bereits verbilligt, durch Brüssel notifiziert. Ich glaube nicht, dass eine weitere Subventionierung dazu möglich ist.
Punkt 7. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei der derzeitigen Finanzlage des Bundes mögliche Privatisierungserlöse ausgerechnet der ostdeutschen Landwirtschaft zugute kommen sollen.
Gibt es weiteren Redebedarf dazu? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Dann kommen wir zur Abstimmung über diesen Antrag in der Drucksache 4/2372, der ja die Drucksache 4/2192 ersetzen soll. Deshalb müssen wir über diesen zuerst abstimmen.
Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und einigen Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt. Das bedeutet, dass wir zurück zum Antrag mit der Drucksache 4/2192 kommen, dem Antrag der Fraktionen CDU und SPD. Ich bitte Sie bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Bei einer größeren Anzahl von Stimmenthaltungen ist die Drucksache 4/2192 mehrheitlich beschlossen worden.
Folter eindämmen – national und international: Ratifizierung und Umsetzung des Zusatzprotokolls zur UN-Anti-Folter-Konvention
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: GRÜNE, CDU, PDS, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der Fraktion der GRÜNEN das Wort. Frau Abg. Herrmann, bitte.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag möchte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Steine auf dem Weg zur Umsetzung eines international bedeutsamen Abkommens wegräumen. Dies ist – erstens – nötig, weil Sachsen den nationalen Umsetzungsprozess und somit auch das weltweite In-Kraft-Treten hinauszögert. Dies ist zweitens wichtig, weil unser Rechtsstaat im weltweiten Vergleich, aber auch im historischen Rückblick so etwas wie eine Insel der Zivilität ist. Diese Vorbildwirkung wird durch den im Zusatzprotokoll vorgesehenen Präventionsmechanismus bestärkt.
Drittens. All dies ist zudem brisant, weil das grundgesetzlich verankerte Folterverbot, weil elementare Menschenrechte auch hierzulande infrage gestellt werden.
An dem am 18.12.2002 durch die UN-Generalversammlung verabschiedeten Zusatzprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe aus 1984 hat die Bundesrepublik Deutschland intensiv mitgearbeitet. Bislang hat sie es allerdings noch nicht gezeichnet, da durch das vorgesehene nationale Kontrollgremium die Zuständigkeit der Länder berührt wird. Das Zusatzprotokoll tritt erst dann in Kraft, wenn es von 20 Staaten ratifiziert wurde. Bisher ist es von 33 Staaten unterzeichnet und von sechs Staaten ratifiziert. Sachsen ist eines von drei Bundesländern, die Schuld an der Verzögerung der Zeichnung und Ratifizierung in Deutschland tragen.
Unser Antrag lehnt sich an einen Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD im Deutschen Bundestag mit der Drucksachennummer 15/4396 vom 01.12.2004 und an einen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Niedersächsischen Landtag von Ende November letzten Jahres an.
Das Bundesjustizministerium hat einen Vorschlag erarbeitet, wie sich dieser Präventionsmechanismus, der in dem Zusatzprotokoll enthalten ist, gestalten und in die deutsche Verwaltungsstruktur einfügen könnte. Die Umsetzung könnte jedoch noch durch eine ungenügende Ausstattung gefährdet werden. Wir setzen uns daher für eine personell und finanziell gute Ausstattung ein und drängen darauf, dass das Inspektionsgremium umfassende Kompetenzen erhält.
Der 26. Juni – der nächste Sonntag also –, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Internationale Tag zur Unterstützung von Folteropfern. Mit diesem Aktionstag verbinden die Vereinten Nationen als Organisator die Hoffnung, dass eines Tages die Folter aus der Welt ver
schwunden sein möge. Die Umsetzung dieser Vision bedarf besonderer politischer Anstrengungen, weil die staatliche Willkürgewalt eher die Regel als die Ausnahme ist.
Der aktuelle Bericht von Amnesty International spricht von 102 Staaten, in denen Menschen von Sicherheitskräften misshandelt werden. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Folter kein Relikt der kirchlichen Inquisition ist. Die Anwendung reicht von der Antike über das Mittelalter bis hinein ins 19. Jahrhundert, als die Folter kurzzeitig abgeschafft wurde, um in den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts in den Folterkellern der Diktaturen, den Lagern des Totalitarismus und leider auch durch Rechtsstaaten wie die Vereinigten Staaten erneut zur Anwendung zu kommen.
Wovon aber sprechen wir, wenn wir über Folter diskutieren? Für einen 39-jährigen Iraker waren die Tage nach seiner Festnahme im August 2003 in Bagdad eine einzige Qual. US-Soldaten zwangen ihn, vor einer Wand zu stehen, mit einer Kapuze über dem Kopf und Plastikfesseln um die Hände. Durch grelles Licht und verzerrte Musik wurde er am Schlafen gehindert. Als man ihm nach sieben Tagen erlaubte, sich zu setzen, waren seine Knie blutig und seine Beine dick wie Fußbälle.