Wovon aber sprechen wir, wenn wir über Folter diskutieren? Für einen 39-jährigen Iraker waren die Tage nach seiner Festnahme im August 2003 in Bagdad eine einzige Qual. US-Soldaten zwangen ihn, vor einer Wand zu stehen, mit einer Kapuze über dem Kopf und Plastikfesseln um die Hände. Durch grelles Licht und verzerrte Musik wurde er am Schlafen gehindert. Als man ihm nach sieben Tagen erlaubte, sich zu setzen, waren seine Knie blutig und seine Beine dick wie Fußbälle.
Es gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, historisch und politisch sehr unterschiedliche Legitimationen und Zielrichtungen von Folter. Die Bandbreite reicht von der Erzwingung von Schuldeingeständnissen und von Aussagen über die gewaltsame Meinungsänderung etwa durch die Inquisition bis hin zur qualvollen Zerstörung menschlichen Lebens. Unabhängig von diesen Rechtfertigungen ist Folter aber immer ein massiver Angriff auf das menschliche Leben und die menschliche Würde. Das Opfer ist seinem Gegenüber total ausgeliefert. Mit Hilfe angeblich harmloser Techniken der Schmerzzufügung, aber auch mit grausamen Techniken der Todeshinauszögerung wird der menschliche Körper gegen den Gefolterten selbst instrumentalisiert. Der Schmerz soll unerträglich sein, soll gefügig machen, soll den Willen brechen. Jeder Punkt des Körpers wird zum Angriffspunkt für Quälereien, denen er hilflos ausgeliefert ist.
Menschen haben die widerwärtigsten Foltertechniken erfunden, die man eigentlich in diesem Zusammenhang nicht verschweigen darf. Ich hatte ursprünglich vor, Ihnen einige dieser Techniken vor Augen zu führen, aber es widerstrebt mir, Sie auch nur bildhaft zu zwingen, sich das vorzustellen; deshalb verzichte ich darauf. Durch diese widerwärtigen Techniken wird das Folteropfer zum bloßen Arbeitsobjekt für die Handwerker des Schmerzes. In seiner Angst, in seinen Schreien, im Betteln um Gnade wird es völlig seiner menschlichen Würde beraubt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das präventive Besuchssystem des Zusatzprotokolls ist ein wichtiger Bestandteil der Eindämmung dieser Willkürgewalt, weil die Proteste gegen Folter für die Opfer eben immer zu spät kommen. Das ist die internationale Herausforderung, vor der wir stehen, und damit komme ich zur innenpolitischen. Bisher gilt nach dem Völkerrecht, nach dem deutschen Grundgesetz und der Strafprozessordnung: Folter ist absolut verboten, unter allen Umständen und zu allen (Notstands)-zeiten, denn Folter verletzt die Menschenwürde; sie zielt darauf ab, den Willen eines Menschen zu brechen, das Individuum zum rechtlosen Objekt zu degradieren.
Nun erheben sich Stimmen in Rechtsstaaten einschließlich Deutschland, die das absolute Folterverbot aushebeln wollen und die Unantastbarkeit der Menschenwürde gleich mit. In bestimmten Ausnahmesituationen sollen Maßnahmen zur Aussageerzwingung möglich sein. Dabei ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, Folter ein ausgesprochen unzuverlässiges Mittel zur Ermittlung von Fakten. In den meisten Fällen wird sie dazu führen, dass man eine Aussage erhält, jedoch ist diese mit recht hoher Wahrscheinlichkeit falsch, weil der Gefolterte die Wahrheit zum Beispiel gar nicht kennt oder weil er aus Angst die eventuell falschen Annahmen der Ermittler bestätigt.
Darüber hinaus ist Folter in jedem Fall grausam. Befürworter begrenzter Folter wollten meist Methoden angewendet sehen, die keine bleibenden körperlichen Schäden verursachen. Schwere und dauerhafte psychische Folgen treten jedoch bei nahezu jedem Folteropfer auf, und zwar bei jeder Foltermethode. Nicht zuletzt diese schweren Folgen sind es, die dazu geführt haben, dass Folter durch internationales Recht grundsätzlich verboten ist. Wer diese Grundlage unseres Rechtsstaates in Zweifel zieht, stellt damit unsere gesamte Verfassung infrage und untergräbt das Fundament der universellen Menschenrechte.
Trotzdem wird in der wissenschaftlichen Diskussion auch in Deutschland das Folterverbot in letzter Zeit infrage gestellt. In einem Kommentar zum Artikel 1 des Grundgesetzes relativiert etwa der Verfassungsrechtler Matthias Herdegen die Unantastbarkeit der Würde des Menschen in dem Sinne, dass – Zitat – „die Androhung körperlichen Übels … eben nicht den Würdeanspruch verletzt“. Diese Forderung ist in letzter Zeit auch in Sachsen aufgegriffen worden – wohl mit dem Ziel, im Sächsischen Polizeigesetz die gewaltsame Erzwingung von Aussagen zu verankern. Offensichtlich ist diese Forderung ohne große Resonanz geblieben; ich hoffe, es bleibt so.
Innerhalb dieser Diskussion regt sich mittlerweile allerdings auch namhafter Widerstand gegen diese vielfältigen Attacken auf das Folterverbot des Grundgesetzes. In einem eindrucksvollen Aufruf, den neben vielen namhaften Juristen die beiden ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes Ernst Bender und Roman Herzog unterschrieben haben, heißt es: „Wir bekennen uns zum absoluten Folterverbot als Ausdruck der Garantie der Unantastbarkeit der menschlichen Würde. Wir werden alles in unseren Kräften Stehende unternehmen,
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Sächsische Landtag kann sich heute diesem Bekenntnis anschließen und mit dem Zusatzprotokoll zur UN-Anti-Folter-Konvention ein elementares Menschenrecht festigen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu meiner Vorrednerin kann ich sagen: Vieles, was sie zur Folter gesagt hat, kann ich unterstreichen. Nur eines sehe ich nicht: dass es so viele Steine in Sachsen gibt, die jetzt gerade die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier wegräumen soll. Ich glaube, so viele Steine gibt es nicht, und das Thema Folter ist bisher für den Freistaat Sachsen nicht unbedingt das aktuelle Thema.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 heißt es: „Niemand darf Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“
Beides geschah nach den bitteren Erlebnissen mit dem Nationalsozialismus, einer Epoche des Krieges, des vielfachen Völkermordes und der Menschenverachtung.
Folter – das möchte ich für meine Fraktion deutlich hervorheben – war das Markenzeichen und die Methode dieses menschenverachtenden Regimes. Folter hatte ein Zuhause im Nationalsozialismus. Folter hat Menschen gequält, Menschenleben vernichtet und Menschen gebrochen. Deshalb geht aus dem Grundgesetz ein klares Verbot der Folter hervor. Das ist eine der Lehren, die die Frauen und Männer nach dem Krieg bei der Erarbeitung des Grundgesetzes gezogen haben.
Auch bei der Erarbeitung der Sächsischen Verfassung haben uns ehemalige Häftlinge über ihre in Gefängnissen nach 1945 durchlebte Zeit und ihre Erlebnisse mit Folter berichtet. Auch das ist Mahnung an uns, alles dafür zu tun, dass es in den deutschen Ländern, in Europa insgesamt, aber auch in dem Gebiet, das von meiner Vorrednerin angesprochen worden ist, nie wieder Folter gibt.
Auch aus weiteren Erfahrungen der Geschichte ergibt sich die klare Position der sächsischen CDU: Wir lehnen jegliche Formen der Folter klar und eindeutig ab. Folter muss weiter geächtet werden. Sie bleibt auch heute noch menschenverachtend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme nochmals zu den Steinen, auf die ich zu Beginn meiner Rede Bezug genommen habe. Ich glaube nicht, dass der Freistaat Sachsen Steine aufgeschichtet hat, damit dieses Protokoll nicht auf den Weg gebracht wird. Inhalt des
Ich frage aber auch uns, ob die Zeit zwischen 1948, als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet wurde, und heute, 2005, die Menschen gelehrt hat, auf Folter zu verzichten. Man muss sich die Frage stellen, ob das Folterverbot in Erklärungen steht oder ob das tägliche Leben die Menschen nicht belehrt hat. Ich habe die Frage im Zusammenhang mit der Schilderung von Erlebnissen im Nationalsozialismus, aber auch in der Zeit danach angesprochen.
Meine Vorrednerin hat auf die rechtlichen Grundlagen hingewiesen, die es auch in den deutschen Ländern gibt. Ich verweise auch auf die Sächsische Verfassung. Es ist wichtig, dass Geist und Buchstaben auch in der Realität ihr Zuhause finden. Das Dazutun, das Engagement der Menschen, die sich im Tagesgeschäft klar und deutlich gegen Folter einsetzen – sei es bei uns, sei es in den vielen Ländern, in denen Folter noch zu Hause ist –, gehört einfach dazu.
Sachsen sperrt sich nicht gegen die Ratifizierung des UN-Zusatzprotokolls als solches. Wir sind gegen Folter jeglicher Art. Deshalb werden wir dem ersten und dem fünften Anstrich dieses Antrags zustimmen. Gleichzeitig warne ich vor der Annahme, mit Hilfe von Arbeits- und Prüfgruppen könne ein zusätzliches Instrument geschaffen werden, um die Folter so abzuschaffen, wie Sie als meine Vorrednerin das angesprochen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass wir nicht dem Antrag in Gänze, sondern nur dem ersten und dem fünften Spiegelstrich zustimmen werden. Ich bitte Sie alle darum, sich auch im täglichen Leben dafür einzusetzen, dass die junge Generation das im Nationalsozialismus und im Kommunismus Erlebte, auch die Folter, nie wieder erleben muss. Jeder sollte sich tagtäglich in seinem Umfeld gegen Folter einsetzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Fraktion der Bündnisgrünen ist zu danken, dass sie mit diesem Antrag erneut eine Thematik aufgreift, die auch unsere Fraktion in den letzten Jahren der 3. Wahlperiode regelmäßig, allerdings konstant erfolglos, im 3. Sächsischen Landtag zur Sprache brachte. Die offenkundig zögerliche und zwiespältige Haltung der Bundesregierung, noch mehr aber die der Regierung des Freistaates Sachsen und einiger weiterer Länderregierungen zu der Frage der Ratifizierung des Zusatzprotokolls der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen spielte dabei eine Rolle. Frau Kollegin Herrmann hat in ihrem einleitenden Redebeitrag zur Begründung des Antrags schon Wesentliches zu Historie und Chronologie des Zusatzprotokolls gesagt. Das Zusatzprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Formen von Behandlung vom 10. Dezember 1984 ist vor nunmehr sage und schreibe zweieinhalb
Jahren, nämlich am 8. November 2002, von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York angenommen worden.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich aktiv – das muss man hervorheben – an der Ausarbeitung dieses Zusatzprotokolls beteiligt und in allen ihren Erklärungen hiernach dessen Ziele uneingeschränkt begrüßt.
Wie schon von Frau Kollegin Herrmann gesagt, haben bislang 33 Staaten dieses Protokoll unterzeichnet; drei haben es ratifiziert. Aber erst, wenn 20 Staaten die Ratifizierung vollzogen haben, tritt es in Kraft. Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum heutigen Tag weder unterzeichnet und erst recht nicht ratifiziert.
Fragt man nach, wie sich diese offenkundige Widersprüchlichkeit zwischen politischen Proklamationen und praktischem Handeln erklärt, stößt man durchaus auch in dieser Materie auf eine gewisse Kontinuität. Die Bundesrepublik Deutschland, in deren Grundgesetz es von Artikeln mit Grundrechten, die der Anwendung von Folter, in welchen Zusammenhängen auch immer, entgegenstehen, nur so wimmelt – in der Antragsbegründung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird das prägnant dargestellt –, hat sich in den achtziger Jahren als allgemein skeptisch bewertet zur Anti-Folter-Konvention der UN wie auch zur Europäischen Anti-Folter-Konvention verhalten und erst im Jahre 2001 der Staaten- und Individualbeschwerde nach der UN-Anti-Folter-Konvention unterworfen. Mit eben jener Tatsache, dass sich die Bundesregierung dann auf universeller Ebene für das UN-Zusatzprotokoll eingesetzt hat, schien endgültig ein Zeitalter der besseren Besinnung der verantwortlichen deutschen Politik auf den auch bis zur letzten Konsequenz, zum Beispiel im Prozess der Strafverfolgung, zu gewährleistenden Schutz der Unantastbarkeit der menschlichen Würde und des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit erreicht.
Diese Annahme erweist sich aber als trauriger Irrtum. Die Bundesrepublik Deutschland hat bis heute dieses Zusatzprotokoll nicht unterzeichnet, auch nicht in Ansehung des Prozesses, der im Februar dieses Jahres vor dem Landgericht in Frankfurt/Main stattgefunden hat, der ja verdeutlicht hat, dass auf nationaler Ebene – unterschwellig oder wie auch immer man es bezeichnen will – eine Debatte über die Legitimität von Folter in Ausnahmesituationen geführt wird. Umso mehr ist es geboten, dass sich der Freistaat Sachsen, speziell das sächsische Parlament, zu dieser Problematik erklärt.
Selbiges Zusatzprotokoll zur UN-Anti-Folter-Konvention hat, wenn man es auf einen Nenner bringen will, zum Gegenstand, dass es über die Bestimmungen in den bisherigen internationalen und regionalen Menschenrechtskonventionen hinaus, die neben dem Verbot der Folter auch Instrumente zur nachträglichen Prüfung von Foltervorwürfen, die von Einzelpersonen oder Staaten erhoben werden, vorsehen, auch einen präventiven Mechanismus zur Vorbeugung gegen jedwede Erscheinungen der Gefahr von Folter einführen will. Dies vor allem durch die Installation nationaler Präventionsmechanismen, für deren Ausgestaltung das Protokoll den Staaten durchaus weiten Spielraum lässt.
turen der Vertragsstaaten, also föderale Strukturen wie der Bundesrepublik Deutschland, lässt das Protokoll den Vertragsstaaten offen, ob sie zentrale Präventionseinrichtungen gegen Folter, also auf der Bundesebene, oder in den Ländern schaffen wollen oder die nationalen Präventionsmechanismen nach thematischen oder regionalen Gesichtspunkten bestimmt werden usw. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Kontrollinstitutionen gegen Folter funktional unabhängig sein müssen. Ziel ist es, dass diese Institutionen personell mit der notwendigen Sachkunde und strukturell unbeeinflusst von staatlichen Stellen arbeiten können.
Herr Kollege Schiemann, wenn Sie schon vorhaben, dem ersten und letzten Spiegelstrich zuzustimmen, das heißt dem Antrag, die Staatsregierung zu ersuchen, aktiv auf ein zügiges Einvernehmen zwischen Bundesregierung und den Bundesländern mit dem Ziel der schnellen Unterzeichnung und Ratifizierung des Zusatzprotokolls hinzuarbeiten und – letzter Anstrich – die betroffenen sächsischen Institutionen über Inhalt, Sinn und Zweck des Zusatzprotokolls aufzuklären, heißt es im Umkehrschluss, dass Sie zum Beispiel dem vorletzten Spiegelstrich, der lautet, Nichtregierungsorganisationen, Berufsverbände, Anstaltsbeiräte und Patientenvertreter einzubeziehen, nicht zustimmen.
Das Zusatzprotokoll aber will eben ganz bewusst – das ist letztlich eine der tragenden Vorstellungen des Protokolls und der tragenden Aufgaben –, dass in diesen Kontrollmechanismen Personen mitarbeiten, die letztlich von der Sachkunde her in der Lage sind, die präventiven Kontrollen gegen Folter oder gegen gewissermaßen Risiken von Folter anzuwenden. Das ist mit dem Spiegelstrich auch gemeint.
Ebenso orientiert der dritte Spiegelstrich darauf, dass nationale Kontrollgremien angemessen ausgestattet sind, um überhaupt erst eine wirkungsvolle Prävention zu ermöglichen. Das sagt auch das Zusatzprotokoll, dass nämlich die betreffenden Unterzeichnerstaaten verpflichtet sind, diesen Kontrollinstitutionen auch die entsprechende sachliche, sachgerechte Ausstattung zu gewährleisten.
Wenn Sie diesem Spiegelstrich nicht zustimmen, stimmen Sie letztlich in maßgeblichen Bestandteilen diesem Zusatzprotokoll nicht zu. Das ist doch die Frage, die letztlich aufgeworfen ist. Was die Fraktion der GRÜNEN mit dem Antrag macht, ist mehr oder weniger die Hervorhebung der Kernpunkte des Zusatzprotokolls, und deshalb ist eigentlich nur die Einheit der Punkte das definitive Ja zur eigentlichen Zustimmung zum Zusatzprotokoll. Ansonsten bleiben nur wieder offene Räume und Fragen, weshalb es diese Halbherzigkeit gibt.
Unter diesem Aspekt sind wir der Auffassung, dass es eigentlich nach allem, auch was Herr Schiemann gesagt hat, keine Gründe gibt, gegen diese Gesamtkonstellation des Zusatzprotokolls zu stimmen. Es gibt doch nur drei Kernfragen, die gewissermaßen das Protokoll im Weiteren für diesen Mechanismus der Prävention vorsieht: zum Ersten das Recht, Besuche in relevanten Einrichtungen durchzuführen, zum Zweiten das Recht, Empfehlungen an die zuständigen Behörden abzugeben, und zum Dritten das Recht, Politikberatung hinsichtlich der legislativen Grundlagen erteilen zu dürfen. Das ist das, was
die Kontrollmechanismen und Kontrollgremien auf Bundes- und Landesebene haben sollen. Entsprechend diesem Mandat müssen den Institutionen eben durch Gesetz oder durch gesetzliche Grundlage Kompetenzen eingeräumt werden und vor allem auch der Zugang zu Einrichtungen und der Schutz von Kommunikationen von Einzelpersonen und Institutionen, auch vor allem praktisch Nichtregierungsorganisationen. Das liegt hier auf der Hand. Und das Protokoll verpflichtet die staatlichen Einrichtungen zum Dialog mit diesen Kontrolleinrichtungen.
Wir wollen das noch einmal verdeutlichen. Es sind in diesem Zusatzprotokoll auch Zielbereiche genannt, für die wir allein als Landesgesetzgeber die Zuständigkeit haben. Zielbereiche dieser Kontrolleinrichtungen sind psychiatrische Einrichtungen, selbstverständlich die Justizvollzugsanstalten, in denen Straf- oder Untersuchungshaft vollzogen wird, aber auch Pflege- und Altenheime, Einrichtungen zur geschlossenen Unterbringung von Kindern und Jugendlichen sowie Gewahrsamseinrichtungen der Länder und der Bundespolizei sowie spezielle Gewahrsamseinrichtungen im Zusammenhang mit Zurückschiebungen und Abschiebungen, also Abschiebehaft.
Die Bundesregierung hat stets bekundet, dass sie dieses Zusatzprotokoll respektieren, auch demzufolge unterzeichnen und letztlich auch ratifizieren will, dass das an der Haltung einer Reihe von Bundesländern scheitert, die nicht zustimmen. Dazu gehört eben bislang nach wie vor Sachsen. Vielleicht kann das mit dem heutigen Tag – jedenfalls ist das Aufgabenstellung an die Staatsregierung – anders werden. Es gibt hier noch gewisse Bedenken. Wir werden es abzuwarten haben.
2003 hat der damalige Justizminister de Maizière auf eine entsprechende Anfrage meiner Kollegin Dr. Ernst – 22.8.2003, Drucksache 3/8393 – in der Stellungnahme der Staatsregierung erklärt: „In Übereinstimmung mit der Mehrzahl der Bundesländer wurden Bedenken gegen eine Zeichnung und Ratifizierung des Protokolls geäußert.“
Auf die weitere Frage: Wie begründet die Staatsregierung ihre Stellungnahme, antwortete Staatsminister de Maizière: „Auf nationaler Ebene ist für die Schaffung neuer unabhängiger und die Umgestaltung bestehender Kontrollgremien kein Bedürfnis ersichtlich.“ Das war 2003 die Politik der Staatsregierung. Weiter: „Die erforderliche Dichte und Effizienz von Kontrollen zur Unterbindung grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ist in relevanten Teilgebieten bereits gewährleistet (Besuche nach dem Sächsischen PsychKG, Anti- folterausschuss des Europarates, Petitionsausschuss des Landtages, Beiräte für Justizvollzugsanstalten, Dienstauf- sicht durch Landesverwaltung sowie allgemeines Dienst- recht).“
Das ist aber völlig daneben. Nehmen Sie es mir einfach nicht übel, wenn ich hier Zweifel anmelden darf, dass der Petitionsausschuss unseres Hohen Hauses, sosehr ich ihn schätze, den Kontrollmechanismus irgendwo gewährleisten kann gegen die Gefahr von Folter oder überhaupt nur die Debatte über die Zulässigkeit von Folter. Das ist überhaupt nicht seine Möglichkeit.