Nun kommt Ihre Forderung in dem Punkt 3 dazu: … unter Beachtung des Verhältnisses von Verhaltens- und Verhältnisprävention. – Man kann, meine Damen und Herren von der PDS, manches verkomplizieren, man kann es aber auch überreizen, wie Sie das mit dem Punkt 3 machen. Das lassen Sie mich zum Schluss noch erklären.
Maßnahmen der Verhältnisprävention zielen auf die Kontrolle, Reduzierung oder Beseitigung von Gesundheitsrisiken in Umwelt- und Lebensbedingungen und werden in der Regel durch staatliche Maßnahmen auf der Basis von Gesetzen und Verordnungen durchgeführt. Zu den Maßnahmen – und hier möchte ich einige laut Gesundheitsorganisation nennen – gehören: der Abbau von Unterschieden im Gesundheitszustand, aber auch multisektorale Zusammenarbeit im Umweltschutz, Bekämpfung von Wasser- und Luftverschmutzung, Verbesserung der Lebensmittelsicherheit, Verbesserung der Maßnahmen zur Beseitigung gefährlicher Abfälle.
Sie sehen, die Verhältnisprävention ist reine Politik bzw. eine riesige politische Aufgabe, die alle gesellschaftlichen Bereiche umfasst und nicht nur auf die Arbeit der Krankenkassen allein reduziert werden kann, wie das in diesem Antrag der Fall ist.
Was ist eine Verhaltensprävention? Das haben Sie schon kurz angerissen, ich möchte es trotzdem noch einmal ausführen. Maßnahmen der Verhaltensprävention zielen auf die Veränderung gesundheitsriskanten Verhaltens, wie Rauchen, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Über
und Fehlernährung, Bewegungsmangel, Stress, aber auch auf die Nutzung von Früherkennungsuntersuchungen, also schlichtweg die eigene Lebenseinstellung, Lebensgewohnheit und Überzeugung.
Verhaltensprävention setzt voraus, dass eine freiwillige Teilnahme der Bevölkerung und jedes Einzelnen erfolgt. Das ist nicht gesetzlich anzuordnen! Es werden weiß Gott sehr viele Aufklärungskampagnen in Deutschland und auch im Freistaat Sachsen vorgenommen, um ein gesundheitsbewusstes Leben, eine gesundheitsbewusste Lebenseinstellung zu erzielen. Wie ernst das von jedem einzelnen Menschen genommen wird, wie er sein eigenes Verhalten umstellt, welche Vorbildwirkung man als Erwachsener gegenüber Kindern hat, da muss sich jeder selber an die Nase greifen. Beispiele für – ich sage es einmal so – unkorrektes Vorbildverhalten gegenüber Kindern oder auch Jugendlichen gibt es genug. Wie viele Projekt es im Freistaat Sachsen gibt – ich habe nur einige wenige ausgezählt –, das kann man tatsächlich erfragen, wenn man es nur will.
Meine Damen und Herren von der PDS, man kann den Bogen auch überspannen. Ihren Antrag lehnen wir ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde es kurz machen. Vom Prinzip her können wir als NPD-Fraktion den Intuitionen des PDS-Antrages folgen. Zum Punkt 1 – wir haben einen Änderungsantrag eingebracht – muss ich Folgendes sagen: Pauschal von „durch Bereitstellung von Steuermitteln“ zu sprechen, halten wir nicht für günstig. Ich denke, wenn man Steuermittel einsetzen würde, was wir befürworten würden, dann sollte man die Steuermittel einsetzen, die dort gewonnen werden – das sage ich jetzt einmal salopp –, wo Gesundheitsgefährdung auch entsteht, und diese Mittel sollten für die Prävention eingesetzt werden, sprich: die Tabakund Spirituosensteuer. Das haben wir in unserem Änderungsantrag auch begründet.
Aus der Erfahrung der Debatte, die wir zum Thema „Nicht rauchen!“ an allgemein bildenden Schulen hatten, und den Ergebnissen, die die ESPAD-Studie gebracht hat, halten wir es für erforderlich, den Punkt Präventionsmaßnahmen bezüglich legaler und illegaler Suchtmittel insbesondere bei Kindern und Jugendlichen stärker zu beleuchten, und würden dies gern als vierten Punkt dem PDS-Antrag anfügen. Ich denke, man kann das machen. Es ist ja keine Festlegung, dass die Staatsregierung das durchsetzen muss; es ist der Wunsch, dass das im Gesetzgebungsverfahren noch einmal angesprochen wird.
Aus dieser Sicht ist es, meine ich, auch verhandlungsfähig und ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unüberhörbar kritische Stimmen bei der Anhörung, mahnende Zuschriften der Krankenkassen, juristische Äußerungen zur Verfassungswidrigkeit, die Ankündigung der Ablehnung des Gesetzes durch den Bundesrat, der Diskussionsverlauf im Fachausschuss des Bundestages mit Bedenken aus den eigenen Reihen – all dies hielt die Bundesregierung und RotGrün nicht davon ab, das Präventionsgesetz durchzupeitschen. „Augen zu und durch!“ war und ist aber ein schlechtes Motto auf dem Weg zu einem richtigen Ziel. Wir alle wollen die Prävention in den Köpfen möglichst vieler Menschen verankern. Wir wollen bestehende Programme verbessern und neue entwickeln, um die Gesundheit zu fördern und chronischen Krankheiten vorzubeugen. Das alles wollen wir aber so effizient wie möglich gestalten. Das Thema müsste eigentlich ein Selbstläufer sein. Es vereint eine große Zahl von Befürwortern. Ich kenne niemanden, der sich nicht verbal zur Prävention bekennt. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, wie die rot-grüne Bundesregierung dieses Thema so ins Abseits manövrieren konnte.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe einigte sich auf Eckpunkte, die schon erahnen ließen, in welche Richtung ein groß angelegtes Präventionsgesetz gehen würde, nämlich in Richtung Bürokratie, Überreglementierung und vor allen Dingen Geldverteilung – 16 Millionen von hier, 72 Millionen von dort, hier mal vier und dort noch mal acht Millionen Euro. Schließlich war schon der Kompromiss mit den Ländern mit Blick auf die Entlastung knapper Kassen mit anderer Leute Geld erkauft worden.
Gut, dass der Bundesrat – bis jetzt jedenfalls – noch nicht käuflich ist. Er ist aber leider nur von zerstrittenen Koalitionen abhängig, in denen keiner von beiden kann, wie er will, und damit bleibt eben nicht nur Sachsen, sondern ganz Deutschland auf der Strecke.
Die Kommentierung des Gesetzes durch den ehemaligen Staatssekretär der Bundesregierung Karl Jung in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf sagt viel. Ich zitiere: „Die Zielsetzung und die Absicht des Gesetzgebers – Stärkung und Prävention, die Entwicklung einer vierten Säule der gesundheitlichen Versorgung, Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik – sind zu begrüßen. Aber leider werden die höheren Ziele mit dem Gesetzentwurf nicht erreicht. Der Gesetzentwurf ist nicht in der Lage, das, was im Vorfeld in den Eckpunktepapieren zum Teil theoretisch entwickelt worden war, sachgerecht und wirksam umzusetzen.“
Wir stehen bei diesem wichtigen Thema vor einem Scherbenhaufen. Auch wenn das Gesetz, in welcher Form auch immer – und daran werden auch die Anträge von PDS und NPD nichts ändern –, tatsächlich in Kraft treten sollte, bleiben wir bei der Aussage: Das geringe Ergebnis, das von dem Präventionsgesetz für die Bürger und Bürgerinnen zu erwarten ist, rechtfertigt nicht den hohen Mitteleinsatz. Das ist staatlich verordnete Unwirtschaftlichkeit.
Wie viel traut dieser Staat eigentlich noch seinen Menschen zu? Traut er ihnen überhaupt noch etwas zu? Oder soll ich anders sagen: Wie viel traut dieser Staat eigentlich noch seinen Menschen? Für Selbstverantwortung und die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen,
Was sind die Gründe für die vorauszusehende Unwirtschaftlichkeit? Erstens leidet die zu gründende Stiftung Prävention und Gesundheitsförderung unter Bürokratie und Gigantomanie, auch wenn man uns das anders glauben machen will.
Zweitens haben schon viele Kassen die gesamten 2,56 Euro pro Versichertem in Präventionsprojekte investiert. Wenn ihnen jetzt – wie geplant – das Geld entzogen wird, drohen bestehende Präventionsangebote nicht mehr fortgeführt zu werden.
Drittens wird auch unsere Landesregierung nicht dem Charme erliegen, über kurz oder lang die bisher aus dem Haushalt aufgewendeten Mittel durch Mittel aus den Sozialversicherungen zu ersetzen.
Was dem Gesetz fehlt, sofern ein solches Gesetz überhaupt notwendig ist, sind klare Zielvorgaben für erfolgreiche und notwendige Präventionsaktivitäten. Es fehlt eine klare Abgrenzung, inwieweit Prävention in die Eigenverantwortung der Menschen gestellt werden kann und wann unterstützende Maßnahmen durch Dritte notwendig werden.
Wir wissen viel über Prävention und deren Chancen für unsere Gesellschaft. Wir wissen um den Handlungsbedarf und die strukturellen Defizite sowie um die Notwendigkeit einer klaren Zielführung, einer besseren Evaluierung und einer Bündelung aller Kräfte. Es wäre schön, wenn das Gesetz dieses und einen konkreten Weg für die Realisierung aufzeigen würde.
Nehmen wir den Kinder- und Jugendbereich als Beispiel. Ob falsche Ernährung, mangelnde Bewegung, Sucht und Drogen – für Herrn Patt, Herrn Bandmann und auch Frau Pfeiffer –, unsere Kinder und Jugendlichen sind heute einer Vielzahl von Gefahren ausgesetzt.
Präventive Maßnahmen in den so genannten Lebenswelten Schule, Sportverein, Wohnumwelt sind zentrale Bereiche, die heute schon als Handlungsfelder konkret benennbar sind. Warum tut man es nicht? Warum wird hier nicht schneller gehandelt?
Statt den Schulsport zu stärken, wird er gekürzt. Die Qualität des Sportunterrichts im Elementarbereich lässt allgemein zu wünschen übrig. Ein Präventionsgesetz wird daran nichts ändern. Vielmehr müssen auf der Landesebene und vor allem auf der kommunalen Ebene in Zusammenarbeit mit den Krankenkassen und anderen Institutionen aus eigener Kraft neue Anstöße zu gesundheitsbewusster Lebensführung gegeben werden. Dazu trägt das Präventionsgesetz nicht bei.
Auch die Anträge von PDS und NPD werden keine Abänderung schaffen. Wir werden sie ablehnen und fordern die Staatsregierung auf, sich im Bundesrat grundsätzlich gegen ein Präventionsgesetz in dieser Form auszusprechen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schütz hat es gesagt: Eigentlich finden ja alle die Prävention gut und alle sagen, dass sie wichtig ist. Eigentlich sind sich ja auch alle einig, dass gesundheitliche Prävention endlich eine eigene Rechtsgrundlage braucht; außer der FDP. Schließlich ist Vorbeugen besser als Heilen und in besserer Prävention liegen die größten Wirtschaftlichkeitsreserven innerhalb unseres Gesundheitssystems.
Genug Gemeinsamkeiten, müsste man meinen, um auch gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Trotzdem wird es ganz kompliziert, wenn es an die Realisierung der gemeinsamen Ziele geht.
Am 22. April ist das Präventionsgesetz vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden und für den 27. Mai steht es auf der Tagesordnung des Bundesrates. Das war schon lange Zeit bekannt. Deshalb ließe sich darüber streiten, ob dieser Antrag heute dringlich ist.
Worum geht es der PDS? Bund und Länder sollen sich angemessen an der Finanzierung der im Präventionsgesetz verankerten Maßnahmen durch Bereitstellung von Steuermitteln beteiligen. Hier wird ein künstlicher Gegensatz zwischen Beitragsfinanzierung durch die Sozialversicherung und Steuerfinanzierung durch Bund und Länder aufgebaut. Dieses schließt sich nämlich nicht aus, sondern ergänzt sich. Auch bisher sind bereits präventive Maßnahmen von gesetzlicher Krankenversicherung, Unfallversicherung, Bund, nämlich der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der Forschung, den Ländern – das hat Frau Strempel angesprochen – finanziert worden.
Mit dem Präventionsgesetz erfolgt jetzt eine inhaltliche Neuausrichtung und Stärkung der beitragsfinanzierten Präventionsmaßnahmen. Darüber hinaus schafft das Gesetz die notwendigen Strukturen, um die Vernetzung von beitragsfinanzierten und steuerfinanzierten Präventionsmaßnahmen zu verbessern.
Die PDS möchte die finanzielle Beteiligung von Bund und Ländern erreichen. Der Bund hat mit dem Artikel 3 gesetzlich die Möglichkeit der Vernetzung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit dem Präventionssystem geschaffen. Darüber hinaus wird der Bund die Gesundheitsberichterstattung beim RobertKoch-Institut ausbauen.
Auch im Bereich der Länderzuständigkeit wird durch die im Präventionsgesetz vorgesehene Landesebene die notwendige Vernetzung von kommunal- und landesinitiierten Maßnahmen mit den Leistungen der Sozialversicherung gesetzlich verankert. Für eine weitere Verpflichtung, liebe Kolleginnen und Kollegen, fehlt dem Bund die gesetzgeberische Kompetenz. Das finden sicher die allermeisten gut.
Anzufügen ist, dass der Betrag von 250 Millionen Euro, der der PDS, denke ich, zu niedrig ist, erst einmal vernünftig und zielorientiert ist. Diese 250 Millionen Euro sind als Einstieg gedacht. Mit diesen Mitteln können neue Strukturen erprobt werden. Der Betrag wird noch durch die vorgesehene Eigenbeteiligung der Landes
ebene vergrößert. Zusätzlich ist vorgesehen, die Mittel zu dynamisieren. Da mit dem Präventionsgesetzentwurf ein neues Präventionssystem geschaffen werden soll, kann auf der Grundlage eines Präventionsberichtes alle vier Jahre die effiziente Verwendung der Mittel überprüft werden. Nur wenn dies gewährleistet ist, sollte der Grundbetrag von 250 Millionen Euro grundsätzlich erhöht werden. Zur finanziellen Einbeziehung der privaten Krankenversicherung – ein zweiter Wunsch der PDS – ist zu sagen, dass es zwar ärgerlich ist, dass die private Krankenversicherung von den Präventionsanstrengungen der Sozialversicherungsträger und der öffentlichen Hand profitiert, sich aber nicht regelhaft an der Finanzierung beteiligen muss. Aber hier gibt es nun einmal verfassungsrechtliche Grenzen, die eine entsprechende Regelung verhindern. Grundsätzlich gibt es für den Bund keine Gesetzgebungskompetenz, die PKV zur Beteiligung zu verpflichten. An dem Beispiel zeigt sich wieder einmal, wie unsinnig die Zweiteilung unseres Krankenversicherungssystems in einen gesetzlichen und einen privaten Teil ist. Die Einführung einer Bürgerversicherung könnte dieses Problem lösen. Den dritten Punkt hat Frau Strempel schon angesprochen: das ausgewogene Verhältnis von Verhaltens- und Verhältnisprävention. Es ist eigentlich nicht nachvollziehbar. Die lebensweltbezogene Prävention ist doch gerade ein Schwerpunkt des Präventionsgesetzes und die typischen Lebenswelten sind Schule, Kita, Betriebe. Für Prävention in diesem Bereich sind 40 % der Mittel vorgesehen. Das ist ein Quantensprung. Auf Landesebene wird es wichtig sein, darauf zu achten, dass sich Länder und Kommunen nicht aus der Prävention zurückziehen. Bislang haben die Länder und Kommunen öffentlich erklärt, dass sie diese Absicht auch nicht haben. Eine Beitragspflicht für Länder und Kommunen kann aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht im Präventionsgesetz verankert werden.
Alle Einwände an dieser oder jener Stelle ändern nichts an unserer Gesamtbewertung des Gesetzes: Durch das Gesetz erhalten Prävention und Gesundheitsförderung eine verlässliche und transparente Finanzierung. Es schafft dringend notwendige Kooperationsstrukturen zwischen den Präventionsträgern. Es sorgt mit Präventionszielen, Qualitätssicherung und regelmäßiger Berichterstattung für eine neue Qualität in der Prävention. Das Gesetz gibt mit der Bundespräventionsstiftung der Prävention einen Ort, von dem aus die Prävention in alle gesellschaftlichen Bereiche getragen werden kann. Der vorliegende Entwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, leistet das gesetzlich Notwendige und Mögliche. Jetzt braucht es nur noch Akteure, die nicht nur ihre eigenen Interessen im Auge haben. Vielen Dank.
im Rahmen der allgemeinen Aussprache seitens der Fraktionen? – Nein. Dann bitte ich die Staatsregierung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich habe in Vertretung der Staatsregierung den Ausführungen der einzelnen Redner Aufmerksamkeit geschenkt. Wir werden in der nächsten Kabinettssitzung das eine oder andere heute hier Vorgetragene mehr oder weniger in unsere Abstimmung einfließen lassen. Wir werden uns am Dienstag im Kabinett zur Verfahrensweise der Abstimmung verständigen, so dass wir die Möglichkeit haben, das heute hier Vorgetragene eventuell an der einen oder anderen Stelle zu berücksichtigen. Ich bitte um Verständnis, dass ich heute hierzu keine weiteren Ausführungen machen kann. Herzlichen Dank.