Protocol of the Session on May 20, 2005

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Danke schön. – Das Schlusswort hält Herr Dr. Pellmann. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige Redner haben hier gesagt, dass dieses Gesetz ein Kompromiss sei. Aber wir haben zu entscheiden, ob dieser Kompromiss in irgendeiner Weise sinnvoll ist oder nicht. Aus unserer Sicht überwiegt die Sinnhaftigkeit des Gesetzes.

(Staatsministerin Helma Orosz: Sehr schön!)

Allerdings – damit rücke ich keinen Deut von drei Prämissen unseres Antrages ab – sind wir sehr wohl der Meinung – das hat uns in der Debatte auch nicht überzeugen können –, dass sich der Bund – vornehmlich der Bund – adäquat an der Finanzierung beteiligen muss; denn ansonsten würde es in der Tat lediglich zulasten derer gehen, welche die Krankenkassenbeiträge bezahlen. Wir meinen auch, dass es durchaus möglich wäre, wenn man es denn nur wollte, dass sich die privaten Krankenkassen beteiligen. Wenn man meint, dass das Grundgesetz dem entgegensteht, meine sehr verehrten Damen und Herren, so muss ich sagen: In der Geschichte der Bundesrepublik ist das Grundgesetz seit dem Jahre 1949 achtzigmal geändert worden. Da kommt es auf die 81. Änderung auch nicht mehr an. Es ist eine Frage des politischen Willens und nichts anderes.

(Beifall bei der PDS)

Verehrte Frau Staatsministerin, es ist ein langer Diskussionsprozess gewesen – auch das wurde in der Debatte deutlich –, der noch nicht abgeschlossen ist. Insofern bestünde durchaus die Möglichkeit, bis zum 27. Mai 2005 noch darauf einzuwirken, dass im Gesetz noch einiges präzisiert und in dem Sinne, wie wir es beantragen, verändert würde.

(Beifall bei der PDS)

Danke schön. – Wir kommen zur Abstimmung. Es gibt einen Änderungsan

trag der NPD-Fraktion. Ich habe Herrn Dr. Müller vorhin so verstanden, dass er ihn mit eingebracht hat.

(Dr. Johannes Müller, NPD: Ja, ich habe ihn mit eingebracht!)

Meine Damen und Herren! Ihnen liegt also jetzt der Änderungsantrag der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/1733 vor. Gibt es allgemeinen Aussprachebedarf dazu? – Herr Dr. Pellmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich empfehle meiner Fraktion, diesen Änderungsantrag abzulehnen.

(Uwe Leichsenring, NPD: Oh!)

Das geschieht aus dem einfachen Grund: Man kann sich durchaus manches vorstellen. Der erste Punkt, den Sie ergänzen, ist steuerrechtlich so nicht machbar, weil Sie sich zwar etwas wünschen können, aber Sie können keinen gesetzlichen Einfluss daraus geltend machen, wofür die Tabaksteuer eingesetzt wird.

(Dr. André Hahn, PDS: Das stimmt!)

Den zweiten Punkt halten wir in unserer Gesetzessymmetrie nicht für notwendig. Wir meinen, das ist bereits – zwar abstrakt, aber ausreichend – in unserem Punkt 3 enthalten.

(Beifall bei der PDS)

Gibt es weiteren Aussprachebedarf zum Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Damit stelle ich den Änderungsantrag der NPD-Fraktion, Drucksache 4/1733, zur Abstimmung. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen! – Die Enthaltungen! – Keine. Mit einigen Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mit übergroßer Mehrheit des Hauses abgelehnt worden. Wir kommen zum Originalantrag, dem Dringlichen Antrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 4/1645. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Die Enthaltungen! – Bei keinen Enthaltungen und einer großen Anzahl Pro-Stimmen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt und damit nicht beschlossen worden. Meine Damen und Herren! Damit ist auch dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Erklärung zu Protokoll

Was ist eigentlich Prävention? Prävention bedeutet: einer Sache – und in unserem thematischen Zusammenhang einer Krankheit – zuvorkommen. Prinzipiell ist es richtig, dass die Politik einen Rahmen schafft, um die gesundheitliche Prävention gesetzlich zu verankern und damit den Menschen zu helfen, Krankheit zu vermeiden – die so genannte Primärprävention – die Früherkennung von Erkrankungen – die so genannte Sekundärprävention – zu verstärken, nach Krankheitsbewältigung die Rückfallverhütung bei noch nicht hundertprozentiger Bewältigung – die so genannte Tertiärprävention – zu sichern und auch die vierte Form der Prävention, von der keiner spricht – die Quartärprävention – abzusichern; das ist Typ B der Tertiärprävention, die Rückfallverhütung nach erfolgreicher Therapie. Gesundheit ist ein Grundanliegen der Menschen, mit dem man sich bereits 300 v. Chr. auseinander gesetzt hat. Gesundheit basiert auf vielen Ursachen, wie gesellschaftliche Umwelt, persönlichen Lebensumständen, eigenen Verhaltensweisen. Nach der WHO ist „Gesundheit ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.“ Krankheit hingegen hat spezifische Ursachen, basiert auf medizinischen Befunden, stellt eine Störung von Funktionssystemen dar, kann je nach Krankheit ihren speziellen Verlauf haben und erfordert je nach Krankheit eine

spezifische Therapie. Gesundheit fördern – Gesundheitsförderung – und Krankheit vermeiden –, das sind Ziele der modernen Gesundheitswissenschaften.

Eine Strategie bzw. ein soeben von mir genanntes Ziel – die Prävention – findet nun seine gesetzliche Fixierung in dem noch vom Bundesrat zu beschließenden Präventionsgesetz. Das Gesetz wird von der Koalition begrüßt. Die Notwendigkeit habe ich kurz dargestellt.

Keiner zieht in Zweifel, dass es noch Mängel im vorliegenden Gesetz gibt, die es nach der Beschlussfassung zu korrigieren gilt. Fakt ist aber auch, dass wir endlich mit einer gesetzlichen Grundlage beginnen.

Zu Recht wird angemahnt, dass erneut eine einseitige finanzielle Belastung der Beitragszahler der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung erfolgt. Prävention ist eine Sache, die alle angeht und jeden Einzelnen betrifft und folglich einen Beitrag von jedem Einzelnen erfordert.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat in einem Antrag auf die notwendigen Korrekturen hingewiesen. Nochmals: Dieses Gesetz ist ein Kompromiss. Sicher besteht Korrekturbedarf, der aber nur im Konsens mit allen Beteiligten erreicht werden kann. Daran sollte momentan die Einführung des dringend notwendigen Gesetzes nicht scheitern.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 10

Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Juni 2004 zu Regelungen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes

Drucksache 4/1675, Dringlicher Antrag der Fraktion der PDS

Meine Damen und Herren! Ich rufe in der ersten Runde auf: PDS, CDU, SPD, NPD, FDP und GRÜNE. Die PDSFraktion hat als Einreicherin das Wort. Herr Dr. Pellmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat handelt es sich bei der in Rede stehenden Problematik um eine Angelegenheit, die wir hier in diesem Hause schon mehrfach thematisiert haben. Regelmäßig kam es dabei auch zu relativ kontroversen Debatten. Dafür habe ich zum Teil Verständnis. Genau deswegen möchte ich mich bei der nicht unkomplizierten Problematik schon bei der Einbringung um einen doch sehr sachlichen Ton bemühen. Worum geht es? Das Bundesverfassungsgericht hat am 23. Juni 2004 – im Übrigen zum zweiten Mal – festgestellt, dass das – ich kürze es ab – AAIG –

(Prof. Dr. Günther Schneider, CDU: AAÜG!)

ja, AAÜG ist die Abkürzung –, festgehaltene Deckelungsprinzip für bestimmte Berufsgruppen bei der Rente verfassungswidrig ist.

(Zuruf von der CDU: Welche?)

Daraufhin wurde der Bundesgesetzgeber vom Verfassungsgericht aufgefordert, dies mit einem weiteren Änderungsgesetz zu korrigieren. Sollte er dem nicht nachkommen – so das Bundesverfassungsgericht vom 23. Juni 2004 –, würde diese Deckelungsgrenze für null und nichtig erklärt. Nun hat – immerhin nach zehn Monaten, kurz vor Ablauf der Frist sozusagen – die Bundesregierung am 21. April einen Gesetzentwurf in 1. Lesung in den Bundestag eingebracht, der dann am 12. Mai in 2. und 3. Lesung verabschiedet wurde; allerdings in einer Reihe von Punkten in anderer Fassung, als das in der 1. Lesung von der Bundesregierung vorgelegt worden war. Wenn wir uns dieses Gesetz anschauen, meinen wir, dass es durchaus sinnvoll und nötig, ist, uns heute noch einmal damit zu befassen, weil auch hierzu am 27. Mai der Bundesrat eine Entscheidung treffen wird und treffen muss.

Zum Teil – das erkenne ich an – sind jetzt wesentliche Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes für eine Reihe von Berufsgruppen im Gesetz verankert.

(Dr. Martin Gillo, CDU: Bravo!)

Sehen Sie, wir erkennen Fortschritte an. Das habe ich doch immer gesagt.

Aber teilweise ist dieses neue Gesetz, insbesondere nach der Debatte im Sozialausschuss des Bundestages am 11. Mai, aus unserer Sicht wiederum in der Gefahr, dass es vor dem Bundesverfassungsgericht landet; denn der

Systembruch im deutschen Rentenrecht ist eben nicht geheilt. Das System besagt, dass als Hauptkriterium das erzielte Einkommen für die Höhe der Rente verantwortlich ist und nicht ein ideologisches Ersatzkriterium, wie die Tätigkeit oder die Funktion, in Anwendung kommt. Deshalb lassen Sie mich in dieser Beziehung noch einmal die Position der PDS, wie wir sie seit Jahren vertreten haben, zusammenfassen.

Erstens. Rentenrecht lässt sich nicht in der Richtung korrigieren, dass es zu politischem Strafrecht wird. Rentenrecht ist seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutschland bewährt und kann nicht durch solche Dinge – das hat das Verfassungsgericht, wie gesagt, auch mehrfach gerügt – ausgehebelt werden.

Zweitens. Einkommen ist das entscheidende Kriterium für die Berechnung der Rente, wie sie dann im Alter bezogen wird.

Drittens. Funktionen können kein Kriterium für die Höhe der Rente sein.

(Zuruf von der CDU)

Bei Ihnen, ja. Wissen Sie, ich hatte mich um einen sachlichen Ton bemühen wollen und bin einfach nicht bereit, mit Ihnen darüber zu polemisieren.

Viertens. In der Tat wird immer wieder – auch jetzt bei der Begründung dieses Gesetzblattes – eingewandt, dass die Täter nicht besser als die Opfer gestellt werden könnten.

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Bravo!)

Sehen Sie: Genau das ist das Problem. Denn hier handelt es sich um zwei Seiten einer Medaille.

(Aha-Ruf von der CDU)