Die Debatte heute hat mir ein weiteres Mal gezeigt, dass die FDP offensichtlich ein hoffnungsloser Fall ist, wenn es um Arbeitslöhne geht.
Meine Damen und Herren! Ich glaube doch nicht, dass Sie sich dabei so gestört fühlen. Die Partnerschaft zu Bayern ist ja, wie bekannt, eng. Auch die Aufbauhilfe aus Bayern zeigt sich ja heute noch in Form von vielen Beamten im Ministerium. Dieser kleine Versprecher sei mir bitte verziehen.
Bei der CDU habe ich gewartet, welche Position sie einnimmt. Das Bild ist ja ziemlich bunt. Die CSU kam mit Herrn Stoiber, der vor kurzer Zeit ja erst erklärt hat, dass man sich ernsthaft über einen gesetzlichen Mindestlohn Gedanken machen muss.
Auch Jürgen Rüttgers – um jetzt in die Aktualität zu gehen – hat betont, dass er das Entsendegesetz als ein geeignetes Mittel ansieht, um Auswüchse zu verhindern. Heute hat die sächsische CDU über Herrn Lämmel hier ein buntes Programm dargelegt.
Ich will nur zwei Dinge ansprechen. Ich denke, Kombilöhne oder ähnliche Modelle sollten wir nicht wieder aus der Mottenkiste hervorholen. Es hat sich gezeigt, dass es bei Kombilöhnen nur einen Gewinner gibt: Das sind die Unternehmen, die die Mitnahmeeffekte nutzen.
Wir werden sicher noch oft darüber diskutieren, ob wir hier in Sachsen ein Niedriglohngebiet haben wollen. Ich bin mit meiner Fraktion der Überzeugung, dass wir das nicht wollen. Mit Niedriglohngebieten werden wir keine Armut bekämpfen, sondern die Arbeitnehmer in Abhängigkeit bringen, die sie nicht mehr in die Lage versetzt, ihre Existenz mit Hilfe ihrer Arbeitseinkommen zu sichern.
Ich hoffe sehr, dass die Zustimmung zum Entsendegesetz – Rüttgers, Lämmel – nicht davon abhängt, wie weit die Entfernung zum Wahlkampf in NRW ist. Ich glaube immer noch, dass es auch hier Möglichkeiten gibt zu überlegen. Deshalb meine Bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns doch im Sächsischen Landtag etwas gemeinsam tun gegen Lohndumping. Wir können das heute in dieser Abstimmung schon zeigen, indem wir den FDP-Antrag ablehnen. Lassen Sie uns auch gemeinsam etwas tun gegen unfaire Arbeits- und Wettbewerbsbedingungen in diesem Land, und lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Novellierung des Entsendegesetzes den Bundesrat passiert.
Die Staatsregierung? – Gibt es von den Fraktionen weiteren Redebedarf? – Mir liegt noch eine Wortmeldung von der PDS-Fraktion vor. Bitte, Herr Abg. Zais.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon vieles gesagt, aber gestatten Sie mir doch, in dem Zusammenhang zu den Vorrednern noch einige Worte. Wir reden vor dem 22. Mai mit Absicht heute im Landtag über diese Mindestlohneinbringung, also das Arbeitnehmerentsendegesetz. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich garantiere Ihnen, wir reden nach der nordrhein-westfälischen Wahl am Wochenende erneut darüber. Ich bin da auch ganz skeptisch, denn Sie wissen, alles ist möglich, wenn ich an Schröders Vergabegesetz denke, das Herr Lämmel, hier in Sachsen inspiziert, eingebracht hat. Über dieses schrödersche Vergabegesetz gab es damals nach der Wahl kein einziges Wort mehr.
Wir gehen aber davon aus – deshalb brauchen wir heute einmal den Standpunkt der Koalition, also der Staatsregierung –, dass dieses Gesetz, Herr Lämmel, natürlich bundesratsgemäß entschieden werden muss. Da ist die Antwort der Staatsregierung, wie sie sich verhält im Bundesrat, heute schon sehr interessant. Ich gehöre zu denen, die natürlich diesen Mindestlohn und seine Einbringung unterstützen.
Herr Morlok, Sie sind nicht im Trend, wenn ich an gestern Vormittag denke. Inzwischen gehört die folgenlose Kritik am globalisierten Kapitalismus mehr zum Guten, gar – wie gestern zur Aktuellen Debatte – zum herrschenden Ton all derjenigen, die morgen und übermorgen Wahlen gewinnen wollen. Das wollen sie ja sicher auch in Nordrhein-Westfalen. Was Sie aber mit Ihren zehn Euro im Bauwesen meinen und dass deshalb der Bau im Osten zugrunde gegangen ist und es Arbeitsplätze gekostet hat, ist purer Unsinn, Herr Morlok. Herr Morlok, wir hatten zwei Jahre lang durch die Flut gerade im Bau eine hohe Nachfrage und damit einen hohen Bestand an Arbeitskräften. Fragen Sie Herrn Gillo! Das heißt, nicht der Lohn entscheidet über die Arbeitsplätze, sondern es entscheidet die Nachfrage, egal, wie hoch der Lohn ist.
Herr Zais, ist Ihnen entgangen, dass ich nicht das Thema zehn Euro angesprochen hatte, sondern lediglich den Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen mit der diesbezüglichen Aussage zitiert hatte?
Da der Ministerpräsident nicht hier ist, Sie sich aber seiner Meinung angeschlossen haben, darf ich doch Sie dann auch meinen. Einverstanden?
In Ordnung! – Herr Morlok, was Ihnen aber scheinbar auch entgangen ist – das bleibt ja auch wahr –, ist, dass wiederum Steuern der Kapitalgesellschaft gesenkt, die Kosten von Produktionsverlage
rung anrechnungsfähig gemacht und Veräußerungsgewinne von Beteiligungen steuerfrei erklärt werden. Das alles gehört bei Rot-Grün, bei CDU und FDP unter die Überschrift „Arbeitsplätze braucht das Land und so werden wir sie schaffen“. Dafür wird jeden Tag – es sei mir gestattet, das einmal volkstümlich auszudrücken – eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel, das in der Presse überhaupt keinen Widerhall gefunden hat und mich verwundert.
Das jüngste Beispiel waren die Pfingstfeiertage. Ich vernahm von früh bis abends im Radio, dass der Pfingstmontag abgeschafft werden muss, dass wir mehr Arbeit brauchen, dass Deutschland eine Rezession hat. Zur Ankurbelung der Konjunktur müsse also mehr gearbeitet werden. Meine Damen und Herren, ich kann mich entsinnen, dass Deutschland vor drei Wochen stolz war, einen Papst zu haben. „Wir sind Papst!“ – Das war die erste Antwort der Wirtschaft. Da muss man sagen: Der Wirtschaft ist nichts heilig – Herr Grapatin, weil Sie den Kopf so schütteln.
Das zweite Beispiel ist in der Presse überhaupt noch nicht diskutiert worden: Die ALG-II-Bezieher können mehr hinzuverdienen.
Herr Kollege, ist Ihnen bewusst, dass durch die Papstwahl Deutsche jetzt auch polnische Jobs übernehmen?
Kollege Zais, könnten Sie so nett sein und Herrn Grapatin sagen, dass sowohl der Pole als auch der Deutsche im Ausland arbeiten muss, damit er den Job hat?
Das zweite Beispiel, Herr Grapatin: ALG-II-Empfänger können mehr hinzuverdienen. Seitdem stehen keine Kommentare mehr in den Zeitungen. Das Thema ist eigentlich erledigt, alle freuen sich und ich auch; ich finde es gut, weil diese Hinzuverdienstgrenze nun so geregelt ist, dass erst einmal 100 Euro generell jeder erhält und er darüber hinaus bis 800 Euro 20 % noch dazubekommt.
Was heißt das eigentlich, Herr Lämmel? Herr Clement und Herr Stoiber haben beide diesen Mindestlohn vereinbart. Das heißt, bei 800 Euro kassiert der Fiskus 560 Euro, 240 Euro bekommt der ALG-II-Bezieher. Das heißt, wir haben bei ALG II einen Verdienst von 331 Euro, dazu 240 Euro plus Unterkunftskosten. Dann kommt er auf rund 800 bis 850 Euro. Jetzt wissen Sie, warum es einen Mindestlohn geben muss.
Es entspricht der Meinung der Volksparteien, dass sich Arbeit lohnen muss. Wenn also schon 850 Euro ein ALG-II-Bezieher durch Hinzuverdienst erreichen kann, dann muss dieser Mindestlohn mindestens, wie Herr Brangs sagt, über 1 200 Euro brutto liegen, sonst reicht es nicht. Wir sind für 1 400 Euro. Es gibt auch 1 500 Euro.
Das gesamte Lohngefüge in Deutschland ist natürlich jetzt ALG-II-bezogen durcheinander gekommen. Das ist für bayerische Verhältnisse ein Gewinn, denn die lassen sich die Chance nicht entgehen, Arbeitnehmer für Löhne von 800 Euro einzustellen, weil sie ja somit nicht 1 200 oder 1 300 Euro zahlen müssen, sondern nur 800 Euro. Dann hat der ALG-II-Bezieher eigentlich dasselbe, als wenn er brutto vorher 1 200 oder 1 300 Euro hatte. Dann ist das für bayerische Verhältnisse ein Gewinn.
Aber jetzt schauen wir uns einmal an, was es für Sachsen bedeutet, was im Erzgebirge verdient wird. – Jetzt können Sie fragen.
Lieber Kollege Zais, wenn Sie von Mindestlöhnen von 1 400 Euro sprechen, die man hier verdienen müsste, dann wäre der Fakt, dass 1 500 bis 2 000 Arbeitnehmer in meiner Branche – der erzgebirgischen Volkskunst – sofort arbeitslos wären und die gesamte sächsische Tradition dieser Branche sofort, von einem Tag auf den anderen, weg wäre.
Ich gebe Ihnen da vollkommen Recht: So ist die Tatsache, so ist die Wirklichkeit. Jetzt müssen Sie mir Recht geben: Wollen wir uns damit zufrieden geben? Während Herrn Stoiber in Bayern und uns selbst bei dem Niedriglohnbereich die Anpassung zwischen Ost und West zum Verhängnis wird, muss dann der Sächsische Landtag sagen: Nein, wir müssen bei drei Euro bleiben? – Was ist jetzt Ihre Antwort? Ich gebe Ihnen Recht, es ist so: Wir müssen diesen Mindestlohn auch im Erzgebirge, in Ihren Firmen durchsetzen – und Sie müssen es über den Preis weitergeben; das muss einmal werden.
Herr Morlok sagt, der Preis wird auf dem Markt gemacht. Herr Morlok, Sie arbeiten beim Gas. Wie wird denn der Gaspreis am Markt gemacht: durch die Nachfrage. Der Preis der Ware Arbeitskraft hat aber keine Nachfrage, weil wir zu viele haben, die als Druckmittel genommen werden, um Niedriglohn durchzusetzen. Da liegt der Hase im Pfeffer! Sie haben gesagt, dass der