Gerade in der Phase, in der es gilt, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stabilisieren, um eine deflationäre Spirale nach unten zu verhindern, will vor allem die FDP – ihre Wortbeiträge und ihr Abstimmungsverhalten in den Ausschussberatungen zeigen dies –, dass sich der öffentliche Dienst an die Spitze setzt und ein verheerendes Signal für Lohndruck und Lohndumping setzt. Diesem Ansinnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, erteilen wir eine ganz klare Absage.
Die FDP redet ja immer gern von Leistungsträgern. Sie redet davon, dass die Leistungsträger in unserer Gesellschaft stärker von der Politik unterstützt werden müssen. Die Beamtinnen und Beamten gehören in der schönen Welt der sächsischen Liberalen offensichtlich nicht zu den Leistungsträgern. Da stellen sich schon ein paar Fragen. Leisten die Beamtinnen und Beamten nicht täglich ihren Dienst an der Gemeinschaft, tragen dazu bei, dass der Staat seine Aufgaben in hoher Qualität zum Wohle der Gemeinschaft erfüllen kann, und braucht nicht auch die Wirtschaft zwingend einen funktionierenden Staat, um bestmögliche Bedingungen vorzufinden, sich an den Märkten zu beteiligen und Werte zu produzieren? Insbesondere das Letzte wird in der Diskussion gern einmal ausgeblendet.
In den Beratungen zu diesem Gesetzentwurf ist von verschiedener Seite, insbesondere seitens der Linksfraktion – Herr Dr. Friedrich hat in seinem Redebeitrag noch einmal darauf hingewiesen –, kritisiert worden, dass wir die Gelegenheit hätten nutzen sollen, die Besoldungsanpassung mit einer Dienstrechtsreform zu verbinden. Ich weiß nicht, ob Sie, Herr Dr. Friedrich, eine Vorstellung davon haben, welche Dimension eine umfassende Neuordnung des Dienstrechts hätte. Sie sollte dann natürlich sinnvollerweise auch mit einer Neustrukturierung der Besoldung einhergehen. Ich darf daran erinnern, dass die große Reform in dieser Legislaturperiode, nämlich die Funktional- und Verwaltungsreform, insbesondere den Beschäftigten im Dienste des Freistaates und seiner Kommunen einiges abverlangt hat. Gleichzeitig, quasi parallel, eine umfassende Novellierung des Dienstrechts einzuleiten war in dieser speziellen Situation schlichtweg nicht angezeigt.
Mit Sicherheit, Herr Dr. Friedrich, wären Sie einer der Ersten gewesen, die uns zu Recht dafür kritisiert hätten, wenn wir eine solche Reform einfach im Schnellverfahren durchgezogen hätten.
Weil wir gerade einmal bei dem Thema Dienstrechtsreform sind, möchte ich anmerken, dass, wenn Sie mit Beamtinnen und Beamten darüber sprechen, in der Regel Ängste die Hoffnungen überwiegen.
Das sollte uns zu denken geben. Das ist natürlich auch eine klare Ansage an den Gesetzgeber, es sich nicht zu einfach zu machen. Es gilt vor allem die alte Erkenntnis: Eine Dienstrechtsreform kann nur gelingen, wenn die Betroffenen selbst umfassend in die Reformdiskussion einbezogen werden.
Kollege Bräunig, ist Ihnen bekannt, dass der Freistaat Bayern, an dem wir uns innenpolitisch so gern ein Beispiel nehmen, genau diese Arbeit einer umfassenden Dienstrechtsreform bewältigt hat? Das gilt auch für die norddeutschen Küstenstaaten Mecklenburg-Vorpommern, SchleswigHolstein, Niedersachsen und Hamburg. Ist Ihnen das bekannt?
Das ist mir bekannt. Auch der Bund hat die Dienstrechtsreform auf den Weg gebracht. Aber die mussten auch nicht nebenbei noch eine Verwaltungsreform bewältigen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf ein Eckpunktepapier mit dem Titel „Neue Wege im öffentlichen Dienst“ hinweisen. Es stammt aus dem Jahr 2004. Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily, der Bundesvorsitzende des Beamtenbundes Peter Heesen und der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske haben dieses Papier gemeinsam vorgelegt. Leider ist es etwas in Vergessenheit geraten, zu Unrecht, wie ich meine. Auch wenn durch die Föderalismusreform einige dieser Vorschläge zwischenzeitlich überholt sind, sind die Ideen aus unserer Sicht wegweisend, insbesondere bei der Einbeziehung der Betroffenen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz skizzieren, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Aus Sicht der SPD-Fraktion steht über allem das Ziel, den Freistaat Sachsen im Wettbewerb mit dem Bund und den Ländern konkurrenzfähig im Wettbewerb um die besten Nachwuchskräfte zu machen. Das ist die Herausforderung der Zukunft. Der öffentliche Dienst braucht guten, qualifizierten Nachwuchs, damit der Staat auch zukünftig seine Aufgaben in hoher Qualität erfüllen kann. Da wären wir wieder bei den Leistungsträgern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich glaube, es würde den Rahmen dieser Debatte deutlich sprengen, wenn wir hier und heute in einen Disput darüber eintreten würden, welche Inhalte ein neu geordnetes Dienstrecht für die Beamtinnen und Beamten des Freistaates haben sollte. Lassen Sie mich dennoch stichpunktartig benennen, welche Positionen die SPD-Fraktion hierzu vertritt.
Zu einer Reform des Dienstrechts gehört auch eine Reform der Besoldung, die unter anderem die Ablösung der Lebensaltersstufen durch Erfahrungsstufen beinhalten sollte. Das bedeutet auch, dass Berufserfahrung bei einem Einstieg in eine Beamtenlaufbahn mit einer höheren Besoldung honoriert werden muss. Der Wechsel zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft muss erleichtert werden. Alte Zöpfe gilt es abzuschneiden. Das betrifft zum Beispiel die Pflicht zur Wohnsitznahme im Inland. Das ist momentan ein Entlassungstatbestand. Diese Regelung ist, glaube ich, im modernen Europa des 21. Jahrhunderts ein Unding.
Natürlich muss auch über Altersgrenzen gesprochen werden. Das wird mit Sicherheit Schmerzen verursachen, ist aber aus unserer Sicht unumgänglich.
Der Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ braucht eine verbindliche Rechtsgrundlage. Familienpolitische Elemente wie die Anrechnung von Elternzeit auf die Probezeit und ein Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen bei Inanspruchnahme von Pflegeurlaub dürfen nicht fehlen.
Ebenso bedarf das Nebentätigkeitsrecht einer gründlichen Entstaubung. Deregulierung ist hier das Stichwort. Nicht zuletzt plädieren wir für eine spürbare Anhebung der Anwärterbezüge. Das ist ein wichtiger Anreiz für junge Menschen, im Freistaat zu bleiben und hier ihre berufliche Perspektive zu suchen. Ich glaube, allein auf Heimatverbundenheit unserer Jugend zu setzen wird auf Dauer keinen Erfolg haben.
Über das Ziel, wettbewerbsfähig zu werden und zu bleiben, ist sich nach meiner Überzeugung die Mehrheit der demokratischen Parteien im Land einig. Wir wünschen uns, zügig und nicht auf den Sankt-NimmerleinsTag verschoben – wie es Herr Dr. Friedrich angemerkt hat – eine intensive Diskussion hier im Parlament, mit den Berufsverbänden und selbstverständlich auch mit der Staatsregierung, um gestärkt aus dieser Reformdiskussion hervorzugehen. Das sollte zeitnah nach den Landtagswahlen beginnen.
Um es noch einmal zum Abschluss offiziell zu machen, beantrage ich im Namen der Koalitionsfraktionen, dass die Schlussabstimmung zu diesem Gesetzentwurf namentlich erfolgt.
Meine Damen und Herren! Bevor ich die nächste Fraktion aufrufe, möchte ich Sie bitten, einen Moment innezuhalten und einmal zu überlegen, ob Sie bei dieser Lautstärke von Tagesordnungspunkt 5 bis 24 heute so arbeiten wollen. Das strengt ausgesprochen an. Ich bitte Sie um etwas Kollegialität miteinander, mit den Rednern hier vorn und mit uns. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion wird dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes zustimmen. Da wir zustimmen, also nichts zu kritisieren haben, werden wir uns an die Empfehlungen von PGF-Runde und Präsidium halten und keine unnütze Redezeit verschwenden. – Danke.
Danke schön. – Das war die NPD-Fraktion. Nun kommt die FDP-Fraktion; Herr Dr. Martens, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach den Vorrednern zu urteilen, wird das vorliegende Änderungsgesetz im Wesentlichen reduziert auf eine lineare Besoldungserhöhung der Beamten im Freistaat Sachsen. Wenn Sie das so sehen – auch Kollege Bräunig hat es getan –, muss ich Ihnen in weiten Teilen recht geben. Denn viele andere Möglichkeiten, die man bei der Besoldung gehabt hätte, werden hier nicht genutzt.
Lassen Sie mich vorweg eines sagen: Herr Bräunig, Sie sprechen hier von einer Anpassung bei der linearen Erhöhung der Besoldung an die allgemeine Entwicklung der letzten Jahre. Ich darf aber darauf hinweisen, dass in der gewerblichen Wirtschaft die Entwicklung so aussah, dass es tatsächlich auch in Sachsen Reallohnverluste und keine Reallohnsteigerungen gegeben hat. Das zeigt, mit welch falschen Voraussetzungen hier bereits in die Diskussion eingestiegen wird.
Lassen Sie mich diesen Gesetzentwurf in die aktuelle Lage einordnen. Wir durchleben gegenwärtig wirtschaftlich sehr kritische Zeiten. Dazu will ich nur ein paar Beispiele nennen. Daimler in Baden-Württemberg will bei 60 000 Mitarbeitern die Arbeitszeit um 8,75 % ohne Lohnausgleich kürzen. Das geschieht mit Zustimmung der Betriebsräte und der Gewerkschaften. Die im Mai geplante Tariferhöhung von 2,1 % soll auf Oktober verschoben werden. 25 000 Mitarbeiter von Opel in Deutschland sind bereit, im Gegenzug für eine Arbeitsplatzsicherung Einschnitte bei Lohn und Arbeitszeit zu akzeptieren, auch hier mit Zustimmung der Gewerkschaften und der Betriebsräte. In Sachsen haben wir 3 000 ge
fährdete Arbeitsplätze bei Qimonda in Dresden mit Lohnkürzungen und die drohende Schließung von Enka in Elsterberg mit 380 Arbeitsplätzen.
Morgen wird der Arbeitskreis Steuerschätzung seine Prognose abgeben. Wie wir alle annehmen müssen, werden die öffentlichen Haushalte und auch der sächsische Staatshaushalt erhebliche Einnahmeneinbrüche verkraften müssen.
In diesem wirtschaftlichen und finanzpolitischen Umfeld, meine Damen und Herren, wird uns jetzt eine rückwirkende Besoldungserhöhung für die sächsischen Beamten und Richter vorgelegt, die den sächsischen Steuerzahler in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 142 Millionen Euro kosten wird. Wenn Sie dabei im Vorfeld davon sprechen, dass wir eine Position hätten, die zynisch wäre, dann fällt das im Wesentlichen auf Sie zurück, meine Damen und Herren.
Beamte brauchen anders als die vorhin erwähnten Mitarbeiter der gewerblichen Wirtschaft keine Angst um ihren Arbeitsplatz zu haben, meine Damen und Herren.
Liebe Kollegen von der CDU und der SPD, Sie können auch nicht ignorieren, dass sich das wirtschaftspolitische Umfeld in den letzten Wochen und Monaten dramatisch verschlechtert hat. Wir können nicht so tun, als würde es draußen so weiterlaufen wie bisher – auch dann nicht, wenn es um die Besoldung von Beamten geht, auch dann nicht, wenn in drei Monaten Wahl ist, meine Damen und Herren. Das sind wir einer verantwortungsbewussten Politik schuldig. Wir stellen uns dieser Aufgabe.
Um es klarzustellen: Auch die sächsischen Beamten und Richter sollen wie ihre Kollegen Besoldungserhöhungen bekommen, aber die Frage ist: Muss das jetzt in diesem Umfang stattfinden? Und es ist auch nicht so, dass die Beamten in Sachsen völlig leer ausgehen würden. Die volle West-Ost-Angleichung für die unteren und mittleren Einkommensgruppen hat bereits zu Beginn des Jahres 2008 zu einer Erhöhung um 7,5 % geführt.
Herr Dr. Martens, folgende Frage: Ist Ihnen bekannt, dass sehr einflussreiche Ökonomen mittlerweile die Gefahr einer Stagflation als viel größer ansehen als die Gefahr einer Inflation und dass es genau das Falscheste wäre, jetzt noch real Kürzungen bei Löhnen und Gehältern hinzunehmen oder gar politisch umzusetzen?
Sehr geehrte Frau Dr. Runge, es geht nicht um eine Senkung, sondern um das Verschieben einer Erhöhung. Das ist etwas anderes. Im Übrigen finden Sie – das ist das Beunruhigende – zum gegenwär
tigen Zeitpunkt jede Menge Sachverständige, die Ihnen jede Menge Zeug erzählen, was in Zukunft passieren wird, von Inflation, von Deflation, von Stagflation, und keiner weiß, was wirklich eintritt. Aber eines wissen wir jetzt schon: dass wir auf dem besten Wege sind, mit einer Riesenstaatsverschuldung kommende Generationen ganz erheblich zu belasten.
Ich habe es bereits klargestellt: Die sächsischen Beamten und Richter sollen angemessen bezahlt werden, und das schließt auch Besoldungserhöhungen ein. Wie gesagt, es stellt sich die Frage, wann und in welchem Umfang das passiert, und ich habe auf die Erhöhung 2008 hingewiesen.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit eines anmerken: Wenn hier davon gesprochen wird, dass ohne diese Erhöhung eine rechtsstaatliche Verwaltung nicht mehr gewährleistet wäre, wie Kollege Bräunig es getan hat, so kann ich dem nicht zustimmen. Ich glaube nicht, dass die Beamten auf einmal ihr Handeln einstellen und ihre rechtsstaatlichen Grundsätze über Bord werfen, nur weil eine dreiprozentige Besoldungserhöhung nicht zu diesem Zeitpunkt in vollem Umfang kommt, meine Damen und Herren.