Protocol of the Session on January 23, 2009

Der Ministerpräsident hat heute mit Presseerklärung um 14:03 Uhr und mit Statement vor etlichen Kameras in der Lobby eine Erklärung abgegeben. Er hat gegenüber der Presse eine Erklärung abgegeben, die er dem Parlament einmal mehr verweigert hat. Dies ist aus unserer Sicht höchst kritikwürdig. Aber er hat in dieser schriftlichen Erklärung gesagt: Wir – die Staatsregierung – glauben an die Mitarbeiter und an die Technologie von Qimonda. Und er hat erklärt, dass alles getan werden müsse, den Mikroelektronikstandort Dresden zu erhalten.

(Steffen Flath, CDU: Das ist richtig!)

Wir wollen mit unserem Änderungsantrag – und, Herr Flath, wenn Sie sagen, das ist richtig, dann müssen Sie auch unseren Änderungsantrag richtig finden – dem Parlament die Gelegenheit geben, eine klare Aussage dahin gehend zu treffen, dass angesichts der eingetretenen Entwicklung eine entsprechende Auffanglösung gefunden werden muss und dass wir auch hier – das war der Ursprungsantrag – die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter einbeziehen.

Ich glaube, es wäre nach dem, was wir heute Vormittag erlebt haben, ein guter Abschluss der heutigen Plenardebatte, wenn wenigstens dieser Änderungsantrag gemeinsam durch das Parlament beschlossen werden könnte. Ich möchte Sie alle auffordern, diesem Antrag zu folgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wer möchte sich noch zu diesem Änderungsantrag äußern? – Niemand.

Damit kommen wir jetzt zur Abstimmung über die Drucksache 4/13931 und ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte! – Die Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

(Caren Lay, Linksfraktion: Hier hätten Sie sich mal überwinden können!)

Es hat keiner gemerkt, dass ich schon über den Hauptantrag abstimmen lassen habe; Entschuldigung, das war keine Absicht.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion Dem wollte die CDU zustimmen!)

Ich würde jetzt noch einmal zum Änderungsantrag kommen und rufe die Drucksache 4/14529 auf; das ist der Änderungsantrag der Linksfraktion zum Ursprungsantrag. Wer seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte! – Stimmenthaltun

gen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich lasse jetzt noch einmal über den Ursprungsantrag abstimmen, Drucksache 4/13931. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Das Abstimmungsverhalten hat sich nicht verändert: Bei Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, es gibt noch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Herr Brangs, bitte schön.

Nein, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt eine Richtigstellung.

Etwas anderes dürfen Sie aber jetzt nicht mehr machen. Das hätten Sie bitte vor der Abstimmung tun müssen.

Dann gebe ich eine persönliche Erklärung zum Abstimmungsverhalten ab.

Richtig, genauso machen wir es.

Vielen herzlichen Dank.

Ich habe diesem Antrag nicht zugestimmt, weil die Linksfraktion hier unwahr behauptet hat, dass es keine Einigung gegeben hätte, im Rahmen des Arbeitnehmerentsendegesetzes fünf Branchen aufzunehmen, und es

hätte keine Einigung zur Frage der Leih- und Zeitarbeit gegeben. Das ist falsch. Im Bundestag haben sich sowohl die regierungstragende Koalition als auch die Bundesregierung im Rahmen der Verhandlungen zum sogenannten Konjunkturpaket II darauf verständigt, eine gesetzliche Untergrenze für Leih- und Zeitarbeit im Rahmen des Arbeitnehmerentsendegesetzes einzuführen.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt noch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Frau Lay, bitte.

Ja, Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe für diesen Antrag gestimmt, weil es die Große Koalition nicht nur verpasst hat, am Mittwoch bei einer entsprechenden Gesetzesberatung im Deutschen Bundestag am Kabinettstisch entsprechende Worte zu formulieren, sondern auch gleich eine Regelung zur rechtlichen Gleichstellung von Leiharbeitern oder mindestens eine Lohnuntergrenze zu beschließen. Dies ist bislang nicht beschlossen und deswegen muss der Sächsische Landtag aktiv werden.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Gibt es weiteren Bedarf? – Das ist nicht der Fall.

Erklärungen zu Protokoll

Zeitarbeit ist ein positives beschäftigungspolitisches und ökonomisch sinnvolles Mittel, um Wirtschaft voranzubringen und Beschäftigung zu initiieren und vor allem langfristig zu sichern.

In Deutschland werden derzeit mehr als 630 000 Arbeitsplätze – und ich möchte betonen: sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze – ohne staatliche Subvention durch Zeitarbeitsunternehmen garantiert und bereitgestellt. Das sind circa 1,5 % der in Deutschland vorhandenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Mit dieser Bilanz liegen wir deutlich unter dem europäischen Durchschnitt des Anteils der Zeitarbeit an den gesamten Arbeitsverhältnissen, der 2,0 % beträgt.

Zeitarbeit verdrängt keine regulären Arbeitsplätze. Es ist einfach falsch, eine solche Behauptung zu machen und die Unternehmen der Zeitarbeitsbranche zu stigmatisieren. Keine andere Branche in Deutschland kann auf eine fast hundertprozentige Tarifbindung ihrer Unternehmen verweisen. Nachdem bereits seit Monaten die Frage eines Mindestlohnes in der Zeitarbeit diskutiert wurde, haben sich die Koalitionsfraktionen des Bundestages auf einen, wie ich denke, sinnvollen Kompromiss geeinigt.

Unter Wahrung der Tarifautonomie wird im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Lohnuntergrenze eingeführt. Damit haben die bestehenden Tarifverträge sowohl der

DGB-Gewerkschaften als auch der Christlichen Gewerkschaften auch weiterhin Bestand. Das ist ein positives Signal an die Beschäftigten der Branche, dass auch weiterhin für die Vielfalt der Arbeitnehmervertretungen in den Gewerkschaften sorgt.

Die Kritik von DGB-Chef Sommer zum Kompromiss war ebenso zu erwarten wie auch das gebetsmühlenartige Wiederholen der Forderung nach einem Mindestlohn von 7,50 Euro für Deutschland. Nicht nachvollziehbar sind allerdings in diesem Zusammenhang die zwischen DGB und den beiden Branchenverbänden BZA und IGZ vereinbarten Tarifverträge, die für Westdeutschland 7,31 Euro Stundenlohn und für den Osten 6,36 Euro vorsehen. Wo bleibt der Ruf nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit? Knickt selbst der DGB vor der Realität der unterschiedlichen wirtschaftlichen Situation in West und Ost ein?

Doch zurück zur Zeitarbeit. Bereits das Thema des heute hier vorliegenden Antrages gibt Anlass zu Kritik und Richtigstellung. Kein Zeitarbeiter wird von den Unternehmen Qimonda, Infineon oder BMW entlassen. Diese Aussage, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist schlicht und ergreifend falsch. Und dies aus einer einfachen Tatsache heraus. Wir reden bei Zeitarbeitern von einer Arbeitnehmerüberlassung durch ein Zeitarbeitsunternehmen an einen Entleiher. Wenn also Qimonda,

Infineon oder BMW zur Deckung kurzfristiger Auftragszuwächse oder zusätzlicher Volumen Arbeitnehmer benötigt, dann bedient sich der Entleiher der Mitarbeiter der Zeitarbeitsunternehmen. Es entsteht dadurch kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Zeitarbeitnehmer! Und so, liebe Kollegen der Linksfraktion, kann auch der Entleiher die Zeitarbeitnehmer nicht entlassen! Er beendet lediglich in dem wirtschaftlich notwendigen Umfang die Entleihung von Zeitarbeitskräften, ohne dass das Beschäftigungsverhältnis im Zeitarbeitsunternehmen zwangsläufig endet. Hören Sie auf, diese Märchen im Lande zu verbreiten.

Es liegt in der Verantwortung des Zeitarbeitsunternehmens, für seine Beschäftigten neue Einsatzmöglichkeiten zu finden und somit ihre Beschäftigung zu sichern. Hierfür gibt es im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und den bestehenden Tarifverträgen klare Regelungen.

Auf eines möchte ich in diesem Zusammenhang auch hinweisen: Der Entleiher muss für die von ihm entliehenen Zeitarbeitnehmer in aller Regel mehr zahlen als für seine regulären Beschäftigten. Warum das so ist, liegt ja wohl auf der Hand. Im Arbeitsentgelt sind neben den administrativen Aufwendungen des Zeitarbeitsunternehmens auch Anteile enthalten, welche die Finanzierung des Urlaubs des Zeitarbeitnehmers, seiner möglichen Krankheitstage und notwendigen Qualifizierung sowie die Zeit der gegebenenfalls auftretenden Nichtbeschäftigung sicherstellen. Wo ist also der Zeitarbeitsunternehmer benachteiligt? Er verfügt flächendeckend über eine tarifliche Absicherung, wird in aller Regel auch ohne Verleih an ein Unternehmen weiterbeschäftigt, besitzt die Möglichkeit der betrieblichen Mitbestimmung im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und kann aufgrund seines flexiblen Einsatzes auf ein hohes Maß an Erfahrungen verweisen.

Neben den positiven Beschäftigungseffekten besonders für Geringqualifizierte und Arbeitslose mit Vermittlungshemmnissen hat die Zeitarbeit auch im hoch qualifizierten Segment bei Ingenieuren und spezialisierten Facharbeitern eine positive Entwicklung genommen. Bis zu 30 % der Arbeitnehmer haben in den letzten Jahren aus Zeitarbeitsfirmen im Rahmen ihrer Tätigkeit in Beschäftigungsverhältnisse des Entleihers selbst gewechselt. Dieser „Klebeeffekt“ führt zu langfristigen Arbeitsverhältnissen, ohne dass es einer Änderung der bestehenden Gesetzlichkeiten bedarf.

Zeitarbeit sichert auch in der sächsischen Wirtschaft Flexibilität, Umsatz und steigende Beschäftigung. Sie trägt dazu bei, schnell auf Marktveränderungen und zusätzliche Aufträge reagieren zu können. Zeitarbeit ist eine reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die im Gegensatz zur geförderten Beschäftigung im zweiten und dritten Arbeitsmarkt ohne finanzielle Beteiligung des Staates auskommt, den Menschen durch flexible und abwechslungsreiche Beschäftigung zusätzliche Fertigkeiten und Erfahrungen vermittelt und damit ihre

Chancen für eine Festbeschäftigung außerhalb der Zeitarbeit erhöht.

Mehr als 70 % der Zeitarbeiter kommen aus der Arbeitslosigkeit, ein Drittel von ihnen war länger als ein Jahr ohne Beschäftigung. Diese Menschen nehmen sehr gern eine solche Beschäftigung auf, die tatsächlich Perspektiven bietet und nicht wie im Kommunalkombi eine eher geringe Aussicht auf Festeinstellung ermöglicht.

Zeitarbeit sichert Produktionsstandorte in Deutschland. Durch die Möglichkeit, Personal kurzfristig, flexibel und kostengünstig einzusetzen, entscheiden sich weniger Unternehmen, Produktionen in benachbarte EU-Staaten zu verlagern, in denen der Faktor Arbeit grundsätzlich günstiger zur Verfügung steht. Das schafft für viele Dauerarbeitsplätze Standortsicherheit und sorgt für zunehmende Beschäftigung am Standort Deutschland.

Zeitarbeit muss auch weiterhin ein hohes Maß an Flexibilität haben und nicht an Restriktionen scheitern. Eine oftmals geforderte Umkehr zur Begrenzung der Überlassungsdauer ist für die Sicherung von Zeitarbeitsplätzen kontraproduktiv. Die Freigabe der Überlassung hat insbesondere für ältere Arbeitnehmer Vorteile gebracht, da diese mitunter längere Einarbeitungszeiten in Anspruch nehmen. Trotz der Freigabe haben sich die Überlassungszeiten nicht wesentlich verlängert. Sie liegen im Durchschnitt der Gesamtbranche bei circa drei bis vier Monaten. Damit wird klar, dass reguläre Beschäftigungsverhältnisse nicht gefährdet sind und eine Begrenzung auf zwölf Monate Verweildauer auch nicht zu verstärkter Übernahme von Arbeitnehmern durch die Entleihunternehmen führen würde, zumal diese zum Zeitpunkt des Entleihens mit dem Arbeitnehmer selbst ohnehin kein Arbeitsverhältnis eingegangen sind. Eine solche Übernahmenotwendigkeit würde das System der Zeitarbeit infrage stellen.

Das System der Zeitarbeit in Deutschland ist erfolgreich und bedarf keiner Änderung. Der Kompromiss zur Lohnuntergrenze im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sichert den Arbeitnehmern den Schutz vor ungerechtfertigtem Lohndumping durch schwarze Schafe. Diese gibt es wohl in jeder Branche und denen müssen wir wirksam entgegentreten. Dieser Kompromiss stellt die Tarifautonomie nicht infrage und erspart eine weitere gerichtliche Niederlage des Bundesarbeitsministers wie im Fall des Postmindestlohnes.

Seit 2004 hat sich die Zahl der bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigen Personen auf etwa 700 000 mehr als verdoppelt. Damit war die Arbeitnehmerüberlassung eine der am stärksten expandierenden Beschäftigungsformen in Deutschland. Die Zeitarbeitsbranche hat damit in den vergangenen Jahren einen wichtigen Beitrag zum Rückgang der Arbeitslosigkeit geleistet.

Auf diese Reintegrationsfunktion weist auch das SMWA in seiner Stellungnahme zu dem Linken-Antrag „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – Initiative zur rechtlichen Gleichstellung der Leiharbeitnehmer“, Drucksa

che 4/10296, hin, der im März vergangenen Jahres hier debattiert wurde. Danach waren im Jahr 2006 knapp 60 % der neu eingestellten Leiharbeitnehmer vorher nicht unmittelbar beschäftigt.

Diese Feststellung gehört im Rahmen der aktuellen Debatte einfach dazu, meine Damen und Herren von der Linken.

Ausdrückliche Zielsetzung der Arbeitsmarktreformen im Jahr 2002 war es, mit einer Lockerung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes die Beschäftigungschancen längerfristig Arbeitsloser zu verbessern. Danach durften Zeitarbeitsfirmen ihre Mitarbeiter länger als nur zwei Jahre einem Kundenunternehmen überlassen. Hier ist anzumerken, dass für viele Unternehmen Zeitarbeit gerade dadurch attraktiv wurde, da die beschränkenden Regelungen bei befristeten Arbeitsverhältnissen umgangen wurden. Diese sehen nämlich eine Zweijahresfrist vor.

Die Deregulierungen haben die Zeitarbeitsfirmen mit einem faktischen Tarifzwang bezahlt. Sie müssen Arbeitsbedingungen anbieten, die denen der Stammbelegschaft des anmietenden Unternehmens entsprechen – und dies auch beim Lohn! Entgegen dem Eindruck in der Öffentlichkeit besteht dieser faktische Tarifzwang nach wie vor. Nun werden Sie von Fällen berichten, in denen dieser Grundsatz in der Praxis nicht zur Anwendung kommt.