Als zweiten und letzten Punkt möchte ich das Verhältnis des Freistaates zu den drei nordböhmischen Bezirken kurz ansprechen. Wir dürfen diese drei Regionen nicht länger mit unseren Regierungsbezirken als Partner abspeisen. Vielmehr muss hier der Freistaat selbst, wohlgemerkt unter Wahrung des mit der Prager Regierung erreichten Vertragsniveaus, direkt als Partner auftreten. Anderenfalls wird man in Liberec, Ústí nad Labem und Karlovy Váry die Bemühungen um ein grenzüberschreitendes Übereinkommen für ein bloßes Alibi halten und entsprechend behandeln.
Meine Damen und Herren! Abschließend gilt Folgendes: Die PDS unterstützt den vorliegenden Antrag als einen kleinen, aber richtigen Schritt. Als Unterzeichnungsort für das gewünschte Übereinkommen bietet sich vielleicht Bautzen wegen seiner übergreifenden Rolle in der deutschen, polnischen, tschechischen und sorbischen Geschichte an.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird uns sehr oft in diesem Hause, wie auch heute, vorgeworfen, wir Nationaldemokraten täten uns schwer mit allem, was grenzüberschreitend ist. Das ist natürlich – darauf haben wir heute und auch gestern in der Diskussion zum Thema „Weltoffenes Sachsen und Tourismus“ hingewiesen – blanker Unsinn. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit muss selbstverständlich sein, gerade im Bereich der Verbrechensbekämpfung und Asylkriminalität. Es ist natürlich auch nicht so, dass wir gegen den Ausbau der gutnachbarlichen Beziehungen zur Nachbarregion wären, gerade wenn die Bürgerinnen und Bürger einen nachvollziehbaren Nutzen haben, wie etwa beim Ausbau gemeinsamer grenzübergreifender Bildungsund Kultureinrichtungen.
Aber, meine Damen und Herren, man muss auch sehen, von wem dieser Antrag kommt und da muss einem verantwortungsvollen Abgeordneten im Sächsischen Landtag angst und bange werden; denn wenn man Ihre Absicht, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, kennt, gerade was die Aushöhlung unverzichtbarer Souveränitätsrechte im Zusammenhang mit der Föderalismusreform angeht, dann bekommt das freundliche, gutnachbarschaftliche Ansehen doch ein ganz anderes Gesicht. Wir kennen doch Ihre Stoßrichtung. Das Euregio-Konzept, das in gleiche Richtung geht, ist an sich ein lobenswertes Unterfangen nach dem Motto: mehr Subsidiarität, mehr Eigenverantwortung für die Re
Also frage ich Sie: Welche konkreten Kompetenzen sollen die Gebietskörperschaften bei den Verhandlungen mit den Nachbarregionen Ihrer Meinung nach erhalten?
Zum Schluss nochmals: Grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung, grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur und Bildung ist eine gute Zusammenarbeit. In der vorliegenden Form ist der uns hier vorgelegte Antrag zu unpräzise, insbesondere was Aussagen über die verbleibenden Kompetenzen von Bund und Ländern betrifft. Deshalb wird meine Fraktion dem Antrag nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, hier Grenzen in den Vordergrund zu stellen. Ich glaube nicht, dass das der Sache gerecht wird. Herr Kosel, ich verstehe auch nicht ganz, warum man diesen Antrag, der doch recht einfach zu verstehen ist, zum Anlass nimmt, ausführlich das Verhältnis der drei Nachbarländer hier in dieser Breite und Tiefe zu erörtern.
Das Thema ist viel einfacher: Es geht darum, dass die Menschen in den Grenzregionen nicht unter dem, was wir als Grenze verstehen und verstehen mussten, Beeinträchtigungen hinnehmen sollen. Der Antrag ist überfällig. Es ist ein ganz einfacher Antrag. Es soll mit Hilfe eines Übereinkommens geregelt werden, dass die Kommunen und Verbände Dinge, wie sie in jeder Gemeinde zu regeln sind, untereinander und miteinander abstimmen können, zum Beispiel Abwasserbeseitigung – sprich, wenn einmal ein Kanalrohr 200 Meter über das Gebiet des benachbarten Landes geht.
Dieser Antrag ist überfällig. In der Tat, das Karlsruher Abkommen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Frankreich, der Schweiz und Deutschland ist hier ein Vorbild. Es funktioniert sehr gut. Auch mit Nicht-EU-Staaten, wie mit der Schweiz, ist es dringend notwendig, dass so etwas auf den Weg gebracht wird. Deswegen stimmen wir dem Antrag natürlich zu.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Fraktion begrüßt den Antrag der Koalitionsfraktionen. Wer einmal erlebt hat, wie schwierig sich im Einzelfall die transnationale Zusammenarbeit zwischen den Kommunen auch
Wir müssen dahin kommen, dass es zu einer Selbstverständlichkeit wird, dass zwischen den Kommunen und Gebietskörperschaften in Polen, Tschechien und Deutschland Planungen miteinander abgestimmt und beispielsweise Vereinbarungen über die gegenseitige Öffnung von Schulen und Kindergärten getroffen werden. Bei diesem Beispiel könnte Zweisprachigkeit in den Grenzregionen zur Selbstverständlichkeit und damit auch zu einem Wettbewerbsvorteil werden.
Meine Damen und Herren! Politisch wird Europa vom Bund und den Ländern gestaltet. Zusammenwachsen muss es aber von unten. Dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Kommunen in Sachsen schon jetzt funktioniert, dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Die gute Kooperation innerhalb der Europastadt Zgorzelec/Görlitz ist sehr bekannt. Auch von dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch an die Neiße und das zuständige Ministerium, dass die erste Bewerbungsrunde zur Kulturhauptstadt Europas erfolgreich gemeistert wurde.
Auch die Kooperation im kleinen Dreieck zwischen Zittau, Hradek und Bogatynia waren im letzten Jahr bei der Feier zur EU-Erweiterung weithin sichtbar.
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ermöglicht den Kommunen und Gebietskörperschaften, die Vorteile der EU-Erweiterung in vollem Umfang zu nutzen, gleich, ob an der Neiße, in der Sächsischen Schweiz, im Erzgebirge oder im Vogtland. Regionale Zusammenhänge, die über lange Zeiträume bestanden haben, werden jetzt wiederbelebt und beispielsweise von den Touristen auch wieder neu entdeckt.
Für diesen Ausbau einer tieferen Integration brauchen die kommunalen Gebietskörperschaften Rechtssicherheit und einen klar definierten rechtlichen Gestaltungsrahmen. Ich freue mich, wenn Bundesregierung und Landesregierung in dieser Angelegenheit dieselbe Sprache sprechen und an einem Strang ziehen.
Dass dem rechten Teil unseres Hauses jedwede Form der Zusammenarbeit in unserem europäischen Haus gegen die Hutschnur geht, das war ja klar. Wo Demokraten auf gute Nachbarschaft und Kooperation setzen, plädieren Sie für Abschottung. Sie wollen nicht, dass die Völker Europas miteinander reden und ihre Vorstellungen zum gemeinsamen Haus Europa in die Tat umsetzen.
Noch vorhandene Ressentiments und gegenseitige Vorurteile zwischen den europäischen Nachbarn möchten sie möglichst lange bewahren, um auf diesem Feuerchen ihre politische Suppe zu kochen.
Nein, ich möchte meinen Gedanken zu Ende bringen. Ich prophezeie Ihnen, dass diese Strategie nicht aufgehen wird.
Es war ein langer Weg, nach dem Zweiten Weltkrieg die so genannte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich abzubauen. Heute ist sie aus den Köpfen völlig verschwunden. Genauso werden noch vorhandene Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger zurückgehen, wenn die europäische Praxis zum gelebten Alltag wird.
Wird von den Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich bitte die Staatsregierung, Herrn Minister Dr. de Maizière.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist fast alles gesagt, aber noch nicht von allen. Deswegen erlauben Sie mir nur drei kurze Bemerkungen zu Sachverhalten, die noch nicht vorgetragen worden sind. Die erste Bemerkung bezieht sich auf den Abg. Kosel. Die Brücke, die Sie von dem Thema zu den Vertriebenen geschlagen haben, war ziemlich schmal. Ich möchte gern hervorheben, dass im Westen Deutschlands die Vertriebenenverbände großartige Leistungen zur Integration von Millionen Vertriebenen vollbracht haben
und dass nach der Wende die sich in Ostdeutschland herausbildenden Verbände der Vertriebenen große Leistungen im Blick auf Zusammenhalt und Versöhnung geleistet haben. Das wollen wir gern unterstützen.
Die zweite Bemerkung bezieht sich auf ein Abkommen, das dem Karlsruher Abkommen nachgebildet ist. Es gibt in der Tat diese Verhandlungen. Allerdings ist es so, dass die Verhandlungen mit der polnischen Seite im Moment wenig Erfolg versprechend sind. Die Polen sind nämlich Zentralisten und tun sich schwer mit dem Loslassen ihrer Regionen. Das war auch der Hintergrund der Zwischenfrage von Frau Weihnert. Das ist so. In Tschechien ist es ein bisschen besser. Die einzelnen Ressorts dort prüfen einen Entwurf, der eine Zusammenarbeit entsprechend dem Karlsruher Abkommen ermöglichen soll. Wir hoffen, dass es dort zu einem Abschluss kommt. Ich möchte aber dazu anregen, dass wir uns in Geduld üben. Das wird trotz der knappen Fristen in dem Antrag nicht so schnell gehen.
Deswegen hatten wir – drittens –, das heißt alle Länder, im Rahmen der Föderalismusreform – darauf hat die NPD-Fraktion schon angespielt – eine ganz andere Idee. Das Karlsruher Abkommen ist ein komplizierter Mecha
nismus. Die Nationalstaaten treffen eine Vereinbarung, dass Kommunen etwas gemeinsam machen dürfen. Deswegen hatten wir die Überlegung, ob es in einer ähnlichen Bestimmung wie im Artikel 23 eine generelle Ermächtigung geben sollte, in Teilbereichen der kommunalen Zusammenarbeit, wie Entwicklung von Gewerbegebieten, Entwicklung von Abwasserkonzepten, weit weg vom Verzicht auf Souveränitätsrechte, aber gemeinsame Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene, einen Rahmen abzustecken, in dem die Kommunen selbst, ohne irgendjemanden zu fragen und ohne andererseits die außenpolitische Kompetenz der Bundesrepublik infrage zu stellen, solche Zusammenarbeit vereinbaren zu können. Das war eine Position, die 16 Länder gern wollten, angeführt durch Baden-Württemberg (Karlsruher Abkommen) , durch Nordrhein-Westfalen und durch uns.
Die Bundesregierung sah sich dazu nicht imstande, weil sie den Eindruck hatte, dass ihr an den Grenzen dann die außenpolitische Kompetenz zerbröselt und die Sorge hatte, ob nicht zum Beispiel bei der Entwicklung gemeinsamer Gewerbegebiete durch Billigsteuergebiete plötzlich ein Wettbewerb in Gang kommt, den man möglicherweise nicht haben wollte, oder Vereinbarung anderer Kündigungsvorschriften oder Ähnliches.
Wir hatten den Vorschlag gemacht, einen Weg zu finden, der diese Bedenken ausgeschlossen hätte und das, worum es hier geht, eine Zusammenarbeit zwischen Kommunen, bei den Schulen, den Krankenhäusern, dem öffentlichen Personenverkehr, bei der Kultur, beim Tourismus, sicherzustellen, ohne immer die Außenminister fragen zu müssen. Das wäre sinnvoll. Wenn es, was nicht ganz ausgeschlossen ist, im Rahmen der Föderalismusreform zu einer Wiederauflage kommt, dann werden wir dies erneut aufgreifen oder unterstützen. Solange das nicht der Fall ist, drängen wir auf ein Abkommen in Berlin, das dem Karlsruher Abkommen nachempfunden ist.