Protocol of the Session on March 11, 2005

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Uwe Leichsenring, NPD: „Grenzen auf für Lohndrücker!“)

Wir sagen „Grenzen auf!“, aber nicht im Sinne der Joschka-Fischer-Methode.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die Europastadt Görlitz/ Zgorzelec, die im vergangenen Jahr durch eine neue Brücke noch enger verbunden wurde, bemüht sich darum, im Jahre 2010 europäische Kulturhauptstadt zu werden – ein Signal von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die gestern auf der Kultusministerkonferenz bekannt gege

bene Juryentscheidung hat das bekräftigt. Herzlichen Glückwunsch nach Görlitz und Zgorzelec!

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP, den GRÜNEN, ganz vereinzelt bei der PDS und bei der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir verstehen unter partnerschaftlicher grenzüberschreitender Zusammenarbeit nicht nur gegenseitige Sympathieerklärungen von Ministern, Woiwoden, Hetmännern, Landräten und Bürgermeistern, die sich bei gelegentlichen Treffen gegenseitig auf die Schulter klopfen – nein, unsere Zusammenarbeit muss von unten wachsen: zwischen Kommunen, Vereinen, Feuerwehren, Chören, Jugendklubs, Sportlern, Schulen und Kirchgemeinden, einfach zwischen den Menschen diesseits und jenseits von Neiße und Erzgebirge. Als Vorbild dafür dient uns der Verständigungsprozess zwischen den einstigen so genannten Erzfeinden Deutschland und Frankreich – eine Zusammenarbeit, die zur Keimzelle der europäischen Integration wurde. Als damals Konrad Adenauer und Charles de Gaulle zum Abschluss von Partnerschaften zwischen deutschen und französischen Städten und Gemeinden aufriefen, folgten Tausende Kommunen auf beiden Seiten des Rheins diesem Appell. Diese Partnerschaften dauern bis heute an, wie ich mich selbst überzeugen konnte.

Meine Damen und Herren, diesem Beispiel sollten wir Folge leisten. Wenn 14 % der sächsischen Kommunen Partnerschaften mit Städten und Gemeinden in Tschechien und fast 10 % mit Polen haben, so ist das ein hoffnungsvolles Zeichen angesichts unserer beiderseitigen historischen Erblast. Aber es sind noch zu wenige partnerschaftliche Verbindungen in einer Region, die einmal ein europäischer Wachstumskern war.

Was hindert uns, noch besser zu werden? Der Marschall der Woiwodschaft Niederschlesien, Pawel Wroblewsky, brachte es jüngst in einem Interview in der Monatszeitschrift „Schlesien heute“ auf den Punkt, indem er erklärte – ich zitiere: „Man muss Vertrauen zueinander aufbauen und gemeinsame Ziele erarbeiten. Die Kontakte Niederschlesiens mit Sachsen werden zum Teil durch die unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen erschwert, die die polnischen Woiwodschaften und die deutschen Bundesländer haben.“

Meine Damen und Herren, Gleiches gilt sinngemäß für die grenzüberschreitende Kooperation mit Tschechien, bei der trotz sichtbarer Fortschritte auf zahlreichen Gebieten immer wieder der Genehmigungsvorbehalt aus den Hauptstädten geltend gemacht wurde. Meine Damen und Herren, wenn man es in Berlin, Warschau und Prag mit der europäischen Integration ernst meint, sollte man den Handelnden vor Ort die notwendigen Kompe

tenzen einräumen, um die regionale Zusammenarbeit eigenverantwortlich gestalten zu können.

(Heinz Lehmann, CDU: Sehr richtig!)

Um einen substanziellen Qualitätssprung in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu erreichen, bedarf es eines Vertrages zwischen Deutschland, Polen und Tschechien nach dem Vorbild des Karlsruher Abkommens von 1996 zwischen Deutschland, Frankreich, Luxemburg und der Schweiz. Auf der Grundlage dieses Abkommens dürfen Gemeinden und Landkreise des Landes Baden-Württemberg mit Gemeinden, Departements und deren Verbänden im Elsass oder in bestimmten Schweizer Kantonen Vereinbarungen nichtvölkerrechtlichen Charakters über Vorhaben der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit treffen, soweit diese nach dem innerstaatlichen Recht in ihre Zuständigkeit fallen und auswärtige Belange und insbesondere internationale Verpflichtungen nicht entgegenstehen. Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung bereitet nach Angaben des Auswärtigen Amtes gegenwärtig nach dem Vorbild des Karlsruher Abkommens ein deutsch-polnisches Abkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von kommunalen Gebietskörperschaften vor. Die Staatsregierung sollte dieses Vorhaben im Bundesrat mit geeigneten Mitteln vorantreiben und dem Landtag über die Fortschritte berichten. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU, der Abg. Margit Weihnert, SPD, und der Staatsregierung)

Die SPD-Fraktion, bitte; Frau Abg. Weihnert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde soeben schon deutlich gemacht, in welchem Kontext wir eine weitere Fortschreibung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit möchten. Lassen Sie mich trotzdem noch einmal an einige Dinge erinnern, die bereits in Sachsen gelaufen sind und die bereits initiiert wurden. 1990 entstanden vielfältige Initiativen in den Grenzregionen – übergreifend, beginnend mit Vereinen, Schulen oder auch studentischen Möglichkeiten –, um tatsächlich die Verbindung zwischen unseren Nachbarländern zu vertiefen und aufzugreifen. 1990 und danach entstand auch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen der Euro-Regionen. Wir haben uns über die Aktivitäten der Euro-Regionen, die wir in Sachsen haben, hier sehr oft unterhalten, die wirklich erfolgreich völkerverbindend tätig gewesen sind – und dies auch noch heute. Welches Ergebnis ein solch intensiver Kontaktaufbau hat, ist soeben von meinem Kollegen genannt worden; es ist schon das Sahnehäubchen, wenn das Votum der KMK heißt „Kulturhauptstadt Europas 2010 Görlitz und Zgorzelec“ – das ist eine wunderbare Bewerbung. Und wir sollten dabei nicht vergessen, dass wir das zukünftig auch unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Aber nicht nur die Grenzregionen haben sich darum gekümmert. Lassen Sie mich kurz an Folgendes erinnern: Jedes Jahr im Mai findet eine Europa-Woche des Freistaates statt. Es gibt zahlreiche Veranstaltungen von IHK und Handwerkskammern. Aber auch die Verbände, die Kommunen, Landkreistag und Städte- und Gemeindetag laden alljährlich zum Europa-Tag ein, um grenzüberschreitend Kontakte zu knüpfen und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten.

Auch die Beteiligung Sachsens im Ausschuss der Regionen zeigt deutlich, dass wir mehr wollen. Wir möchten, dass die Verbindung nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch handlich gearbeitet wird. Hinzu kommen internationale Verbände wie EuroCitys, deren Vorsitz auch sächsische Städte haben. Erinnern möchte ich auch an den Deutschen Städtetag, an eine gemeinsame Konferenz deutscher und französischer Kommunalverbände. Warum kann eine entsprechende Tagung nicht auch einmal in Sachsen stattfinden, um deutsche und polnische bzw. tschechische Kommunalverbände zu vereinen? – Hier gibt es noch viele Betätigungsmöglichkeiten, die aufgegriffen werden können.

Auch daran sei erinnert: 1951 wurde in Genf von deutschen und französischen Bürgermeistern, die die Wurzeln der kommunalen Partnerschaftsbewegung aufgegriffen hatten, der Rat der Gemeinden und Regionen Europas gegründet. Seit 1955 gibt es eine deutsche Sektion mit zwei Ausschüssen, einem deutsch-französischen Ausschuss und, was sehr erfreulich ist, einem deutschpolnischen Ausschuss. Im vorigen Jahr erschien in „Europa Kommunal“ ein Artikel, in dem es hieß: Dieser Ausschuss hat seine Arbeit wiederaufgenommen. – Dies sollte fortgesetzt werden.

Die Beziehungen unserer Nachbarländer mit dem Freistaat Sachsen sind auf eine neue Ebene zu heben – zusätzlich zu dem, was heute Morgen der Wirtschaftsminister berichtet hat, und zusätzlich zu dem, was wir bereits an Zusammenarbeit der Innenministerien auf dem Gebiet der Sicherheit oder auch im Justizbereich haben.

Das Beispiel, das als Grundlage dienen kann, wurde bereits genannt: das Karlsruher Übereinkommen, nach dem für Gemeinden die Möglichkeit besteht, auf einer anderen qualitativen Ebene miteinander Entscheidungen zu treffen und miteinander zu arbeiten. Deshalb möchte ich noch einmal ausdrücklich für den von uns vorgelegten Antrag werben und mit folgenden Worten schließen, die auf dem Deutschen Städtetag zur gemeinsamen Konferenz der deutsch-französischen Kommunalverbände gesagt wurden:

„Die demokratische Ordnung in der Europäischen Union mit ihren 25 Staaten und 500 Millionen Einwohnern braucht ein solides Fundament. Das kann nur durch die lokale Ebene der Städte und Regionen geschehen.“

Dazu brauchen wir die Rahmenbedingungen. Deshalb bitten wir die Staatsregierung, in geeigneter Weise tätig zu werden, damit es für die Bürger, auch für die Bürgermeister, vor Ort möglich ist, noch effektiver an der Erreichung dieses Zieles zu arbeiten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Für die PDS-Fraktion Herr Abg. Kosel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schowtka, Sie haben die Freundschaft mit unseren tschechischen und polnischen Nachbarn zu DDR-Zeiten als „verordnet“ bezeichnet. Bei allen Defiziten, mit der sie behaftet war, sollten wir die Potenziale, die sie dennoch bei unseren Bürgerinnen und Bürgern für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit geschaffen hat, nicht vernachlässigen; denn das sind, wie gesagt, die Potenziale unserer sächsischen Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der PDS)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ohne Zweifel ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit das Wichtigste, soll das Werk der europäischen Integration im Alltag der Menschen verwurzelt werden und somit wirklich gelingen. Die Zusammenarbeit von unten ist schlichtweg die Wurzel der europäischen Integration, denn sie vollzieht sich auf gleicher Augenhöhe und in Sichtweite.

Nun sorgt sich die Koalition um die Förderung eben jener grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von unten, das heißt durch deutsche, polnische und tschechische Gebietskörperschaften. Spät kommt es, doch es kommt! Ist es gar ein Eingeständnis, dass Zeit vertan und Aufgaben verschlafen wurden? Denn das Karlsruher Übereinkommen, das nach der Antragsbegründung als Muster dienen soll, ist 1996 unter anderem mit der Schweiz als Nicht-EU-Mitglied geschlossen wurden und zeigt somit, dass in Berlin und Dresden nicht bis zur EU-Mitgliedschaft Polens und Tschechiens hätte gewartet werden müssen.

Hätte die Sächsische Staatsregierung in der Vergangenheit mehr Kreativität gezeigt, wären wir schon weiter. Und hätte sich der Sächsische Landtag in der vergangenen Legislaturperiode zu einem Kooperationsübereinkommen mit den Sejmiks unserer Nachbarwoiwodschaften und den Regionalparlamenten der nordböhmischen Bezirke durchringen können, wären wir viel weiter und konkreter in der Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn. Dass es anders geht, als es bisher gelaufen ist, hat – im Beisein des Landtagspräsidenten – die PDS-Fraktion im Juni vergangenen Jahres mit der Unterzeichnung einer sächsisch-polnisch-tschechischen Vereinbarung mit ihren Partnerfraktionen in den Nachbarwoiwodschaften und -bezirken bewiesen. Meine Damen und Herren! Die PDS sieht gerade in Bezug auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit akuten Handlungsbedarf. Es verdichtet sich der Eindruck, als sei die Politik von der Erweiterung der EU, von den sich damit eröffnenden neuen Möglichkeiten und von den neuen Anforderungen an die grenzüberschreitende Zusammenarbeit überrascht worden.

Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion wird dem Antrag zustimmen, obwohl er sich, zum Teil aus verständlichen Gründen, noch sehr vorsichtig und sich langsam vortastend verhält und obwohl wegen der spezifischen Unterschiede zwischen der deutschen, der polnischen und der tschechischen Rechtsordnung fraglich ist, ob in allen Bereichen die in ihn gesetzten Hoff

nungen erfüllt werden. Aber unter kreativer Anwendung der Instrumente und Regelungen des Europäischen Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften von 1980 und des Karlsruher Übereinkommens von 1996 wird zumindest in Teilbereichen Rechtssicherheit geschaffen, und sei es nur durch Klarstellung einer schon bestehenden, aber unübersichtlichen Rechtslage. Vernünftig sind insbesondere Schadensersatzregelungen.

Meine Damen und Herren! Rechtssicherheit schafft Vertrauen, und das Vertrauen ermuntert die Akteure zu grenzüberschreitender Zusammenarbeit.

Dabei darf man es aber nicht bewenden lassen. Als Erstes ist die Entscheidungsbefugnis dorthin zu geben, wo vor den Bewohnern die Entscheidungen zu rechtfertigen und mit ihnen gemeinsam zu verwirklichen sind. Das landespolitisch nach oben oft geforderte Subsidiaritätsprinzip muss auch nach unten ein allgemein gültiges Prinzip sein. Zum Zweiten ist eine Entbürokratisierung unerlässlich, also die Verwirklichung des Prinzips der kommunalen Selbstverwaltung auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Auch dies muss ein allgemein gültiges Prinzip sein. Auch hier ist der Freistaat gefordert. Drittens freilich ist unbestritten der Bund gefordert, in dessen Politik, von gelegentlichen Besuchen seiner hohen Repräsentanten in den Grenzregionen abgesehen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weder rechtlich noch planerisch, noch förderpolitisch, geschweige denn finanziell einen hohen Stellenwert hat. Die Unterzeichnung des Karlsruher Übereinkommens bezeichnete der damalige Bundesaußenminister als „Modell für die Zusammenarbeit im Europa des 21. Jahrhunderts“. Das 21. Jahrhundert haben wir, die erweiterte EU auch. Nur ist ein Übereinkommen mit Polen und Tschechen nicht in Sicht.

Man sage ja nicht, es liege an den beiden Nachbarländern. Dort hat man im Zusammenhang mit den Verwaltungsreformen der letzten Jahre Rechte und Kompetenzen der regionalen Ebene wie auch der Kreise und insbesondere der Gemeinden bedeutend gestärkt. Die Woiwodschaften können, wie dem Hohen Hause hinlänglich bekannt ist, im Rahmen der ihnen zugewiesenen Kompetenzen mit ausländischen Gebietskörperschaften Kooperationsverträge abschließen. Gleiches gilt für die polnischen Kreise, obwohl diese eher reine Verwaltungseinheiten sind. Den Gemeinden ist im polnischen Gesetz über die gemeindliche Selbstverwaltung, Artikel 7 Abs. 1 Nr. 20, die Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Körperschaften anderer Staaten ausdrücklich als Aufgabe zugewiesen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich.

Bitte, Frau Weihnert.

Lieber Kollege, sind Ihnen die zugewiesenen Möglichkeiten und Kompetenzen in den regionalen Gebietskörperschaften bei unseren Nachbarn bekannt?

Ja, ich führe sie eben aus. Wenn Sie weiter zuhören, werden vielleicht auch Sie das erfahren. Meine Damen und Herren! Ähnlich sieht es aufgrund der im Jahre 2000 erlassenen Gesetze Nr. 128 und 129 der Tschechischen Republik für die Bezirke und Gemeinden bei unserem südlichen Nachbarn aus. Die Rechtsgrundlagen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften sind also durchaus vorhanden. Sie werden auch bereits genutzt, ohne dass es jedoch ein Übereinkommen der Nationalstaaten gibt – Gott sei Dank, möchte man fast sagen! Denn wenn ich mir einige der vor neun Jahren aufgezählten Anwendungsbeispiele des Karlsruher Übereinkommens betrachte, so stelle ich fest: Ob Naturschutz, binationale Kindergärten und Schulen, länderübergreifender Hochwasserschutz, Müllentsorgung oder Regionalverkehr – da ist bereits einiges im Gange, freilich von unten, von den Kommunen und Euroregionen, in Gang gesetzt. So erklärten bereits vor mehr als einem Jahr die beiden Nachbarlandkreise Löbau-Zittau und Luban, man wolle enger zusammenarbeiten. Geplant sei unter anderem eine Kooperation zwischen Behindertenwerkstätten in Löbau und Luban. Vorgesehen seien auch engere Kontakte im Einzelhandel, wobei aus sächsischen Negativund Positiverfahrungen bei der Errichtung von Supermarktketten Schlüsse für Polen gezogen werden sollen.

In Frankfurt (Oder) ist gemeinsam mit dem polnischen Verband der Lubuskier Gemeinden für grenzüberschreitende Projekte eine Stiftung nach polnischem Recht gegründet worden.

Was in Görlitz/Zgorzelec alles auf den Weg gebracht ist, haben wir heute schon wiederholt gehört. Obwohl also ein entsprechendes Übereinkommen mit Polen und Tschechien noch nicht existiert, werden hier bereits die in Artikel 9 bis 11 des Karlsruher Übereinkommens normierten rechtlichen Instrumente der Zusammenarbeit genutzt.

Aber, meine Damen und Herren, mit Rechtsgrundlagen allein ist grenzüberschreitende Zusammenarbeit noch nicht zu erreichen. Ohne Verständnis füreinander und Vertrauen zueinander geht nichts. Zum Verständnis des Nachbarn gehört die Kenntnis seiner Sprache. Zu der unbefriedigenden Lage im Freistaat habe ich mich in diesem Hohen Hause wiederholt geäußert. Gestatten Sie mir daher, meine Damen und Herren, zwei Bemerkungen zum Thema Vertrauen.

Erstens. Mit deutschem Nationalismus, Rassismus und Revanchismus in Sachsen ist Vertrauen für gemeinsame Projekte bei unseren polnischen und tschechischen Nachbarn nicht zu erlangen. Das haben wir gespürt, als vor Jahr und Tag die Staatsregierung und die damalige CDU-Fraktion sich aus wahltaktischen Gründen zeitweise zu politischen Gehilfen des Revanchismus des Bundes der Vertriebenen machten.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Hört, hört!)

Das wird nunmehr mit dem Agieren der NPD innerhalb und außerhalb des Landtages deutlich. Die Bilder in polnischen und tschechischen Fernsehsendungen vom 21. Januar und 13. Februar dieses Jahres aus diesem Plenarsaal und von den Straßen Dresdens haben unter den Abgeordneten der Sejmiks, den Mitarbeitern der Mar

schallsämter, unter den nordböhmischen Bezirksobmännern und tschechischen und polnischen Bürgermeistern als erste Reaktion zu einem Schock geführt.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Machen wir durch unsere gemeinsame Arbeit unseren europäischen Nachbarn deutlich, dass in Sachsen der Ungeist der Vergangenheit keine Chance hat!

(Beifall bei der PDS)