Protocol of the Session on November 13, 2008

Breiten Raum nehmen Projekte zum Erhalt und zur Entwicklung ganzer Ökosysteme wie Gewässermoore und Grünlandtypen ein, denn mit der Verbesserung der Lebensraumqualität wird zugleich ein breites Spektrum von Arten gefördert. Einige der wichtigsten Projekte für die Artenvielfalt sind die Naturschutzgroßprojekte „Bergwiesen im Osterzgebirge“ und „Lausitzer Seenland“, aber auch das LIFE-Projekt „Doberschützer Wasser“.

Am 1. August dieses Jahres ist die Ökokontoverordnung in Kraft getreten; Herr Prof. Mannsfeld ist schon darauf eingegangen. Für den Naturschutz können so tatsächlich sinnvolle Maßnahmen entwickelt werden, die zum Zeitpunkt des Eingriffs bereits einen ökologischen Vorlauf haben. Außerdem ermöglicht es das Ökokonto, Kompensationsmaßnahmen so zu lenken, dass sie den größtmöglichen Effekt für die Biodiversität haben, indem zum Beispiel Flächen für einen Biotopverbund reaktiviert werden.

Eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit in Medien, Internet und Veranstaltungen, zum Beispiel bei den alljährlichen Frühlingsspaziergängen oder dem Tag der ökologischen Vielfalt am 4. April dieses Jahres, hat die Sensibilität für einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Natur verbessert.

Wir vermitteln auch der nachfolgenden Generation ihre Verantwortung für die Natur. In allen allgemeinbildenden Schularten und in dem berufsübergreifenden Bereich der berufsbildenden Schulen wurde das Thema „Biodiversität“ verankert. Im Sachunterricht und in Biologie werden Aspekte der Artenvielfalt, der Vielfalt innerhalb der Arten und der Vielfalt von Ökosystemen sowie der Erhalt der biologischen Vielfalt behandelt.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist für die Sächsische Staatsregierung eine unserer wichtigsten Aufgaben, denn der Reichtum der Natur ist unsere Lebensgrundlage.

Trotz aller Erfolge dürfen wir nicht aus dem Blick lassen, dass auch in Sachsen wie fast überall in der Welt die biologische Vielfalt bereits Verluste erfahren hat. Wir werden daher in unseren Anstrengungen zum Erhalt intakter Lebensräume nicht nachlassen. Wir wissen dabei viele engagierte Verbände und ehrenamtliche Helfer an unserer Seite. Ich möchte mich an dieser Stelle bei all diesen ehrenamtlichen Helfern ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Mit diesem Dank möchte ich meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass Sie uns auch weiter konstruktiv und im Sinne der Sache unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Gibt es nach den Ausführungen des Herrn Staatsministers noch einmal den Wunsch zu einer allgemeinen Aussprache? – Das sehe ich nicht.

Meine Damen und Herren! Wir sind ja bei einer Großen Anfrage. Es gibt einen Entschließungsantrag der einreichenden Fraktion GRÜNE in der Drucksache 4/13827. Herr Lichdi, Sie möchten diesen Entschließungsantrag noch einmal einbringen und begründen; bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie notwendig unser Entschließungsantrag und seine Verabschiedung ist, hat gerade der Redebeitrag des Herrn Staatsministers gezeigt, denn er hat natürlich die Erfolge, die wir nie bestritten haben, wieder aufgezählt. Nur, er hat natürlich genau am Punkt vorbeigeredet. Er hat nämlich wieder auf die Frage, ob wir denn eine Landesbiodiversitätsstrategie brauchen, damit geantwortet, dass wir das FFH- und SPA-Netz umsetzen. Das ist zweifellos richtig und erforderlich, meinetwegen auch vorrangig, aber es erschöpft das Problem nicht. Da kann ich es Ihnen nicht ersparen, daraus zu zitieren, wie Ihr Haus – Sie waren damals noch nicht im Amt – geantwortet hat, warum der Freistaat Sachsen eine Landesbiodiversitätsstrategie ablehnt. Da führen Sie aus: „Die Zielwerte der Bundesstrategie“, mir scheint, da ist auch die CDU an der Regierung, „seien unrealistisch und der notwendige Konsens mit den Nutzergruppen sei nicht hergestellt.“ Deswegen verzichten Sie lieber auf eine Landesstrategie. Genau das ist der falsche Ansatz.

Ich habe versucht, es in meinen einleitenden Worten zu sagen, es nützt nichts mehr, es ist nicht der entscheidende Punkt, dass wir das eine oder andere Habitat oder den einen oder anderen Vogel schützen. Das müssen wir tun. Warum müssen wir das tun? Wir müssen es tun, weil sie für die natürlichen Prozesse stehen, weil sie Indikatoren dafür sind, dass natürliche ökosystemare Prozesse funktionieren. Das ist in den Großräumen nicht mehr der Fall. Hier reicht Ihr Ansatz nicht aus. Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren im Hause, uns zuzustimmen, dass wir diese Landesstrategie brauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Ich bin eigentlich im Grunde auch den Fachpolitikern der Koalition dankbar – auch Frau Kagelmann –, denn ich kann ja über die Nicklichkeiten hinaus, die Sie sich, Herr Prof. Mannsfeld, gern leisten, wie ich zugegebenermaßen auch, nur Einigkeit feststellen. Ich bin Ihnen, Herr Prof. Mannsfeld, besonders für den Hinweis auf die Biotopver

bundplanung dankbar. Die steht natürlich aus, ist aber von zentraler Bedeutung. Diese Biotopverbundplanung muss natürlich auch darüber hinausgehen, was bezüglich Natura 2000 gemacht wird. Das ist etwas anderes. Das wissen wir. Das ist etwas diffiziler und unterschiedlicher. Da können Sie sich auch nicht auf die Natura-2000Debatte allein beschränken. Nein, wir müssen uns hier tatsächlich dazu verständigen, dass wir Ziele für die gesamte Fläche des Freistaates Sachsen brauchen. Das ist ein fortschrittlicherer Ansatz in der Bundesstrategie, der Sie sich hier noch verweigern.

Wir haben in unserem Entschließungsantrag bewusst davon abgesehen, den Biotopschutz in der Agrarlandschaft hier zu behandeln, weil das morgen ausführlich Thema sein wird, sondern haben uns bewusst neben der Frage der Landesstrategie, die fehlt, auf die Frage der GVO-Verbote bezogen.

Ich appelliere noch einmal: Selbst wenn man der Meinung sein sollte, was wir ablehnen, dass es eine Koexistenz in der Landwirtschaft geben sollte, dann sollte Einigkeit darüber erzielt werden, dass zumindest nicht in Naturschutzgebieten dieser massive Eingriff, dieser nicht rückholbare Eingriff in natürliche Abläufe stattfinden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Deshalb glauben wir, dass wir einen sehr moderaten und sehr konsensfähigen Entschließungsantrag vorgelegt haben. Ich bitte um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Möchte noch jemand von den anderen Fraktionen zu diesem Entschließungsantrag sprechen? – Herr Prof. Mannsfeld, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht ist es ja berechtigt, am Ende der Debatte aus dem einseitigen Disput mit dem Redner der Fraktion GRÜNE herauszukommen. Trotz einiger kritischer Anmerkungen zur Zielgenauigkeit dieser parlamentarischen Drucksache hat die Diskussion noch einmal ergeben, dass wir durchaus Veranlassung haben, dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen, weil es aus der Sicht der Naturerhaltung wirklich eines der wichtigsten ist, das wir haben.

Vieles, was in der Diskussion geäußert worden ist, war in der Tat in gewisser Weise übereinstimmend, zumindest von den Grundsätzen her. Einiges hat sich mir nicht erschlossen, zum Beispiel, wenn man davon spricht, dass Hunderte von Hektar Grünlandumbruch stattgefunden haben – während das Naturschutzgesetz vorschreibt, nur bis 0,5 Hektar und danach ist es ein Verstoß –, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass die Behörden in Sachsen einem solchen Treiben, ganz egal, in welcher Region es

auftritt, untätig zusehen können. Das sind immer Dinge, die sich zunächst sicher sehr schön darstellen lassen, aber deren Exaktheit doch einer Nachprüfung bedarf.

Meine Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag hätte nicht sein müssen, Kollege Lichdi. Ich glaube, die in der Einleitung von mir verwendete Passage, dass wir doch trotz aller Unterschiede zu manchem Detail hier im Parlament festgestellt haben, dass die Dinge notwendig sind, dass wir auch die eine oder andere verstärkte Arbeit an den notwendigen Strategien und Maßnahmenplänen brauchen, hätte als positives Signal für mein Empfinden gereicht.

Wenn ich das jetzt Stück für Stück auseinandernehmen soll: „Der Landtag stellt fest, dass die Landesstrategie im Moment nicht vorliegt.“ Das wussten wir seit Mai vorigen Jahres, als der Minister Wöller an dieser Stelle gesagt hat, er wird bis Anfang 2009 eine erarbeiten. Da muss ich doch im November nicht sagen, ich stelle fest, es ist keine da.

Jetzt hat der Minister uns alle darüber informiert, dass er nach dem 5. Dezember 2008 auch das Parlament in das Ergebnis einbezieht. Da muss ich nicht mehr feststellen, es ist noch kein Plan da und der Freistaat Sachsen lässt es zu, dass in seinem Besitz befindliche FFH- und SPAGebiete nicht naturschutzgerecht bewirtschaftet werden. Ich kann Vermutungen aussprechen, aber in dieser Form kann das Parlament nicht feststellen, dass das die Regel in der Bewirtschaftung landeseigener Liegenschaften ist. Ich glaube das einfach nicht. Es sollte dann dementsprechend nicht in einen Beschluss münden.

Was die gentechnisch veränderten Substanzen in der Entfernung zu bestimmten Schutzgebieten betrifft, sage ich, solche Studien, die von 800 oder 1 000 Metern Abstand sprechen, stellen Regeln dar, die nur partiell hilfreich sind, denn allein durch die jeweilige Flächennutzung und die Landschaftsstruktur können es in einem erforderlichen Fall 1 200 Meter sein und im anderen kann es bei rund 150 Metern schon eine Beeinträchtigung benachbarter Lebewesen geben. Insofern ist auch der Teil 2 Ihres Wunsches mehr oder weniger ohne Grundlage.

Jetzt steht hier: Bis zum 30. Juni 2009 soll die Strategie vorgelegt werden. Das Ergebnis erhalten wir wahrscheinlich viel früher, wie der Minister in seiner Rede dargestellt hat. Ich glaube, auch die anderen Dinge sind politisch nicht umsetzbar. Deswegen will ich noch einmal daran erinnern, dass in der Drucksache 4/ 11671, Herr Kollege Lichdi, die Sie vorhin zitiert haben, das Ministerium schreibt: „Die Sächsische Staatsregierung unterstützt die Umsetzung der nationalen Strategie unter Beachtung der landesspezifischen Bedingungen und Potenziale.“

Das ist eine klare Aussage. Wir als Parlamentarier haben mit Anträgen oder auch solchen Redebeiträgen dafür Sorge zu tragen, dass diese Aussage in Maßnahmen und Taten umgesetzt wird. Es ist das sinnvolle Ergebnis dieser Debatte, dies noch einmal zu unterstreichen. Deswegen empfehle ich dem Hohen Hause, von der Zustimmung zu

diesem Entschließungsantrag Abstand zu nehmen. Der Minister hat sich nicht nur auf die Schulter geklopft und Erfolge dargestellt, sondern er hat beschrieben, dass die Situation besser ist als in der Darstellung. Ich ergänze noch: Wir haben mehrfach festgestellt, dass vieles zu tun bleibt, und darüber sind wir uns wohl im Klaren.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kagelmann, jetzt dürfen Sie sprechen.

Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Um es relativ kurz zu machen – die Linksfraktion wird dem Entschließungsantrag zustimmen. Im Teil I werden Feststellungen getroffen, die die Linksfraktion unterstützt. Ich glaube sagen zu können, dass wir das Ohr bei den Naturschutzverbänden haben. Herr Prof. Mannsfeld, für Sie war zum Beispiel Punkt 2, FFH- und SPA-Gebiete, die nicht naturschutzgerecht bewirtschaftet werden, ein Knackpunkt. Diese Information haben wir von den Leuten, die sich mit der Sache fachlich beschäftigen und die wir vor Ort beobachten können. Deshalb teilen wir die Einschätzungen, die im Teil I, Punkte 1 bis 4, festgestellt werden.

In Teil II kommen wir zu den Schlussfolgerungen, die daraus zu ziehen sind. Die Position der Linksfraktion ist hinreichend deutlich geworden. Ich möchte noch auf die Landesstrategie eingehen. Herr Prof. Mannsfeld, aus meiner Sicht ist das Handlungsprogramm, das Herr Staatsminister Kupfer zugesichert hat, ein großer Unterschied zu dem, was hier gefordert wird und was ich im Übrigen schon in einer Debatte im Januar 2007 angemahnt habe: dass der Freistaat Sachsen schon in der Entwurfsphase – Anfang 2007 war die nationale Biodiversitätsstrategie des Bundes noch nicht fertig – parallel mit der Erarbeitung einer Landesstrategie beginnen sollte. Eine Landesstrategie muss aus meiner Sicht wesentlich umfassender, nachhaltiger und langfristiger angelegt sein als ein Handlungsprogramm, das im Wesentlichen nichts anderes ist als ein Bündel verschiedener Schutzprogramme und Fördermöglichkeiten. Deshalb teilen wir nachdrücklich diesen Ansatz einer Strategie.

Zur grünen Gentechnik, der wir natürlich ausdrücklich zustimmen, habe ich bereits mehrfach ausführlich in diesem Haus gesprochen.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Frau Kagelmann, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie keine punktweise Abstimmung wollen?

Herr Lichdi, Herr Prof. Mannsfeld hat Ihnen empfohlen, den Entschließungsantrag zurückzuziehen. – Das ist nicht der Fall.

(Dr. Johannes Müller, NPD, meldet Redebedarf an.)

Herr Dr. Müller, Entschuldigung. – Herr Dr. Müller von der NPD-Fraktion zum Entschließungsantrag.

Kein Problem, Herr Präsident!

Zum Entschließungsantrag möchte ich Sie bitten, Herr Präsident, den Punkt II 4 separat abstimmen zu lassen. Ich möchte das wie folgt begründen: Auch wenn mein Fraktionskollege Despang vorhin sagte, dass klare Zielbenennungen sinnvoll sind, möchten wir nicht so klar benannt wissen, dass 5 % unbewirtschaftete Fläche Staatswald zur Totholzgenerierung geschaffen werden soll.

Wir haben in Sachsen seit Jahrhunderten forstwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen überwiegend mit Monokulturen, wie Fichte und Kiefer. Was ein abruptes Beenden der Bewirtschaftung für Risiken birgt, sieht man in Teilen der Kernzone des Nationalparks Sächsische Schweiz, wo begünstigt durch die derzeitige Witterung ein verstärkter Borkenkäferbefall entstanden ist, was erhebliche Probleme mit den Privatwaldbesitzern mit sich bringt. Ich denke, dass es sinnvoll ist, den Totholzanteil in den sächsischen Wäldern generell und speziell im Staatswald zu erhöhen; zusätzlich kann die Bewirtschaftung beschränkt werden, aber sie sollte nicht vollständig eingeschränkt werden. Es ist viel sinnvoller, einen längerfristigen ökologischen Umbau der Wälder vorzunehmen, wie es teilweise für den Nationalpark geplant ist. Das abrupte Beenden der Bewirtschaftung birgt aus unserer Sicht zu große Risiken. Deshalb möchten wir diesen Punkt separat abgestimmt wissen.