Vielen Dank. Sie sind ja, lieber Kollege, auch aktiver CDA-ler. Können Sie mir einmal sagen, wie denn die CDA-Position zum Mindestlohn ist?
Wir hatten im vorigen Monat eine ganz interessante Debatte mit den Gewerkschaften und unserem Bundesvorsitzenden Kollegen Laumann. Unsere Position? Es gibt unterschiedliche Meinungen. Das ist auch klar. Es gibt eine Meinung, die sagt, Mindestlöhne wären in Ordnung.
Ich gehöre zu denen, die sagen – wie auch der Bundesvorsitzende –, dass Mindestlöhne Jobs kosten würden und dass wir damit das Problem der Arbeitslosigkeit nicht lösen und den Arbeitern und Arbeitnehmern keinen Gefallen tun würden.
Ja, Herr Kollege Krauß, Sie wissen ja genauso gut wie ich, dass jeder Abgeordnete, der hier sitzt, eine Grundentschädigung von allein circa 4 400 Euro erhält plus zahlreiche Zulagen.
Finden Sie es da nicht etwas zynisch, wenn Sie gleichzeitig Arbeitslosen gegenüber behaupten, dass man von circa 400 Euro im Monat gut leben kann? Können Sie von diesem Geld gut leben?
Ich finde es immer schön, wie Sie versuchen, mir das Wort im Munde herumzudrehen. Ich habe schon einmal gesagt: Punkt 1, ein Arbeitsloser hat nicht nur 400 Euro.
So ehrlich muss man einmal sein. Es geht darum, dass jemand 351 Euro bekommt plus Kosten der Unterkunft, also seine Mietkosten.
Wie wird das berechnet, liebe Kolleginnen und Kollegen? Wie ist dieser Satz berechnet worden? Indem man sich anschaut: Was verdienen die Menschen im Durchschnitt?
Mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe schaut man bei 5 000 Haushalten nach, was sie verdienen. Dann sieht man sich die unteren 10 % von denjenigen an, die jeden Tag auf Arbeit gehen, 40 Stunden arbeiten, und sagt: Das, was die 10 % der unteren Einkommensbezieher haben, bekommt jemand, der Hartz IV bezieht.
Ich glaube, dass das sehr angemessen ist. Das heißt ja im Umkehrschluss auch: Es gibt eine ganze Menge Leute, die jeden Tag auf Arbeit gehen, früh um fünf oder um sechs Uhr aufstehen und am Monatsende nicht mehr haben als jemand, der Arbeitslosengeld II bezieht. Das ist auch die Wahrheit.
Herr Pellmann, das muss aber leider jetzt die letzte Frage sein, weil ich dann gern noch meinen letzten Satz zu Ende bringen würde.
Wir sind auch ganz gespannt auf Ihren letzten Satz, Herr Krauß. Aber dennoch möchte ich Sie gern fragen: Sie sprachen über die sogenannte Einkommensstichprobe. Geben Sie mir recht, dass diese Einkommensstichprobe aus dem Jahre
2003 stammt und dass wir inzwischen eine Mindeststeigerung bei den Verbraucherpreisen von 10 bis 12 % haben, was dazu führt, dass auch die Kaufkraft der Hartz-IVBetroffenen um ebendiesen Betrag gemindert wurde?
Herr Kollege Pellmann, wir haben ja in diesem Haus auch schon zum Ausdruck gebracht, dass es uns lieb wäre, wenn diese Einkommens- und Verbrauchsstichproben nicht alle fünf Jahre erhoben würden, sondern wenn der Rhythmus verkürzt würde. Wir sind doch einer Meinung, dass das sinnvoll wäre. In Richtung Bundesratsinitiative hat das der Freistaat Sachsen auch mit vertreten. Diesbezüglich ist, glaube ich, kein Streitpunkt vorhanden.
Gut, lassen Sie mich also zum Schluss kommen. Mir wäre es lieb, wenn wir uns alle darüber Gedanken machen würden, wie wir Leute in Arbeit bringen. Das wäre der beste Schutz vor Altersarmut. Langzeitarbeitlosen helfen wir am besten, wenn es uns gelingt, diese Menschen in Arbeit zu bringen. Da wünsche ich mir von der Linkspartei weit, weit mehr Aktivitäten, als sie bisher auf den Weg gebracht hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Frage Mindestlohn bin ich natürlich anderer Meinung als mein Vorredner. Sonst, lieber Kollege Krauß, würde ich auch Prügel von meinem Kollegen Brangs beziehen.
Aber ich sage das insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade wieder in der regionalen Presse der Erzgebirgsregion ganz deutlich gemacht wurde, wie dort die Zahl der Niedrigverdiener eben auch dazu führt, dass entsprechend aufgestockt werden muss und dass die Leute, die wirklich arbeiten, viel zu wenig bekommen. Gerade in Ihrer Branche, lieber Kollege Günther, wird das Wenigste verdient, und der Staat muss dann dafür eintreten.
Ja, das ist eine brisante Debatte. Ich möchte nur noch einmal daran erinnern, dass erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger, wie wir sie vor dem SGB II hatten, nicht in den Schutz der Kranken- und der Rentenversicherung einbezogen waren. Das sollte man wissen. Dies haben wir mit dem SGB II geändert. Für diese Menschen gilt jetzt auch der Schutz in der Sozialversicherung. Sie erhalten im Fall von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit die gleiche Leistung wie Arbeitnehmer. Ebenso sind sie voll in den Schutz durch die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen. Dies beinhaltet, wie Kollege Krauß schon sagte, Leistungen für den Fall der Erwerbsminderung oder im Reha-Fall, was für diese Menschen auch ganz wichtig
ist. Lücken im Versicherungsschutz werden durch die Beitragszahlung verhindert. Durch das SGB II sind die Zeiten während des Bezugs von Arbeitslosengeld II vollwertige Zeiten in der Rentenversicherung, wenn es zum Beispiel darum geht, bestimmte rentenrechtliche Zeiten zu erfüllen, bevor eine Rente zum Beispiel wegen des Alters beantragt werden kann.
Ja, die Höhe des Anspruchs, der durch die Zahlung von Beiträgen während des Bezugs von Arbeitslosengeld II entsteht, ist nicht groß. Dessen sind wir uns durchaus bewusst. Das hat damit zu tun, dass die Konstruktion des Arbeitslosengeldes II davon ausgeht, die Zeit der Arbeitslosigkeit möglichst kurz zu halten und einen Dauerverbleib im ALG II zu vermeiden.
Wir wissen sehr wohl, dass wir in der Wirklichkeit im Osten leider davon noch weit entfernt sind, auch wenn unter anderen die Beschlüsse der rot-grünen Regierung im letzten Jahrzehnt einen deutlichen Rückgang der Arbeitslosenzahl bewirkt haben. Ich sehe es eben auch so, dass die versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse nicht nur im Niedriglohnbereich entstanden sind.
Unser Ziel ist es auch, durch eine intensive Förderung und ein gezieltes Fallmanagement die Dauer der Arbeitslosigkeit möglichst kurz zu halten, um so eine Rente, von der man im Alter leben kann, zu ermöglichen. Die Jobperspektive für Menschen, die sonst keine Chance für eine Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt gehabt hätten, ist eine Möglichkeit, öffentlich geförderte sozialversicherungspflichtige Arbeit zu schaffen.
Eine wichtige Rolle für uns hier in Sachsen spielt der soziale Arbeitsmarkt. Dazu müssen wir uns bekennen. Auch er holt mit staatlichen Geldern Menschen aus der Arbeitslosigkeit. Damit reduzieren wir die Ungerechtigkeiten zwischen den Einkünften der sogenannten Geringverdiener und denen der Hartz-IV-Empfänger.
Eine Beitragszahlung, die in jedem Fall auf die Grundsicherung abzielt, würde dazu führen, dass mehr Entgelt versichert werden müsste, als möglicherweise als ALG II bezogen wird. Es würde sich dann aber auch die Frage stellen, ob Geringverdiener auch Beiträge zu zahlen hätten, um das Niveau der Grundsicherung zu erreichen.
Wir lehnen diesen Antrag ab, weil das Arbeitslosengeld II für uns eben nicht auf dauerhaften Bezug ausgerichtet ist und auch nicht ausgerichtet sein darf.
Es soll eine Übergangszeit sein, die sich allerdings nicht als Lücke – und deswegen eben die Beitragszahlung – oder geminderte Zeit in der Rentenversicherung auswirken soll. Wirklich zum Sicherungsniveau beitragende Rentenleistungen werden im Arbeitsleben erwirtschaftet. Das kann dort, wo es nicht genug Arbeit gibt, auch der soziale Arbeitsmarkt leisten. Ich nenne hier auch noch einmal das Stichwort Kommunalkombi, wofür wir uns
sehr engagiert haben. Das ist unser Ziel, nicht die Daueralimentierung von Nichtarbeit. Übrigens ist das auch das, was die Menschen wollen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wären als Nächste an der Reihe. Wir werden dem Antrag zustimmen. Den Redebeitrag, den ursprünglich Herr Apfel halten wollte, gebe ich zu Protokoll.
So, meine Damen und Herren, die NPD gibt ihren Redebeitrag zu Protokoll. Jetzt ist die FDP an der Reihe; Frau Abg. Schütz, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Altersarmut war lange Zeit zum Glück kein Thema in der Bundesrepublik. Noch vor ein paar Jahren konnten wir sagen: Rentnern wird es nie wieder so gut gehen wie heute. – Der Altersarmutsanteil lag in der Bundesrepublik unter 6 %.
Doch für die Zukunft müssen wir damit rechnen, dass es Senioren geben wird, die mit wenig Einkommen auskommen müssen. Vor allem in Ostdeutschland führen die Erwerbsbiografien in der Zukunft zu niedrigen Renten. Diesem Problem müssen wir uns stellen, und in der Analyse sind wir uns in diesem Haus ja auch einig. Auch die Stellungnahme des Sozialministeriums, damals noch unter der Leitung von Frau Orosz, geht auf diese Problematik ein.
Worüber wir uns aber nicht einig sind, das ist die Lösung des Problems. Die Linksfraktion will die Anhebung des Einzahlungsbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung der ALG-II-Bezieher.