Wir hatten in den vergangenen Jahren eine relativ gute Entwicklung. Seit der Wiedervereinigung gab es noch nie so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, noch nie so viele Jobs wie heute. Seit 2005 ist die Arbeitslosenquote in Deutschland von über fünf Millionen auf derzeit 3,2 Millionen gesunken. Also 1,8 Millionen Menschen sind weniger arbeitslos.
Vor drei Jahren, Herr Kollege Pellmann, hätte das niemand geglaubt. – Jetzt gebe ich Ihnen aber gern das Wort.
Herr Krauß, ich bedanke mich für die Möglichkeit. – Ich will Sie fragen: Sie sprechen zu Recht davon, dass es statistisch weniger Arbeitslose gibt. Aber können Sie mir vielleicht für die letzten zwei, drei Jahre, in denen wir diese Tendenz haben, beantworten, wie hoch der Anteil derer ist, die neu in Arbeit gekommen sind und die einen prekären Job haben, also solche, wie Sie es hier dargestellt haben, die von einem Niedriglohn existieren müssen oder lediglich – wie man so schön sagt – Minijobs haben? Wie hoch ist deren Anteil an den neuen Arbeitsplätzen? Um endlich einmal zu einer realistischen Statistik und Einschätzung zu kommen.
Jetzt könnte man sagen, Herr Pellmann: 1,8 Millionen Arbeitslose gibt es weniger; vielleicht hat man ein bisschen an der Statistik herummanipuliert, aber dann dürfte die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse nicht über 40 Millionen gestiegen sein. Das heißt, es gibt mehr Jobs. Jetzt habe ich die Zahl nicht im Kopf. Aber wir haben schon bei anderen Runden hier darüber gesprochen. Ich
denke daran, dass wir da auch ein kleines Zwiegespräch mit dem Kollegen Wirtschaftsminister hatten, aus dem deutlich geworden ist, dass es hier nicht nur um Minijobs geht, Herr Pellmann, sondern dass es sehr wohl auch um
Noch einmal schönen Dank. – Würden Sie mir zustimmen, da Sie die Zahl jetzt nicht parat haben, dass mindestens ein Viertel dieser neuen Arbeitsplätze, von denen Sie hier reden, genau solche prekären Jobs sind?
Also wenn Sie wissen, dass drei Viertel ordentliche Jobs sind, dann kann ich sagen, ist das eine sehr gute Quote. Dann freue ich mich, dass diese drei Viertel in ordentlichen Jobs sind und diese Menschen ordentlich verdienen.
Aber ich sage auch: Mir ist es lieber, dass jemand in Arbeit ist, als dass jemand arbeitslos zu Hause sitzt; egal wie gut der Job bezahlt wird. Eines weiß ich: Die Einzahlung in die Rentenversicherung ist auch beim Geringverdiener deutlich höher als bei jemandem, der gar keinen Job hat.
Ja, Herr Kollege Krauß, das ist ja alles schön und gut. Wir alle sind ja für die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit und freuen uns über jeden, der Arbeit findet. Die zentrale Fragestellung ist aber doch: Was machen wir mit denjenigen, die arbeitslos sind, die unverschuldet arbeitslos sind, die Arbeit suchen und seit Jahren keine Arbeit haben? Sind Sie nicht der Ansicht, dass wir als Parlamentarier Verantwortung dafür tragen, dass diese Menschen nicht auch noch im Alter in Armut leben müssen? Halten Sie es nicht für zynisch, wenn Sie sagen: Die haben eben Pech, wenn sie keine Arbeit haben, dann müssen sie eben Altersarmut erdulden?
Punkt 1: Ich habe so den komischen Eindruck, dass es der Linkspartei nicht darum geht, Menschen in Arbeit zu bringen, –
sondern dass man sehr froh ist, sich sozusagen immer um das Thema Arbeitslosigkeit drehen zu können, anstatt wirklich einmal die Frage zu stellen: Wie bringen wir Menschen in Arbeit? Diese Fragestellung vermisse ich bei der Linkspartei.
Für uns ist klar, dass wir uns um die kümmern, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sind, eine ordentliche Rente zu bekommen. Nur, dafür gibt es die Grundsicherung und dann müssen wir über die Grundsicherung reden. Wir reden jetzt über die Rente. Und die Rente ist etwas, das den Menschen zugute kommt, die in die Rentenversicherung eingezahlt und sich damit einen Anspruch erarbeitet haben.
Das ist kein Eimer, in den man irgendwelche Löcher hineinschlägt, damit das Wasser herausläuft, sondern die Leute haben einen Anspruch darauf, dass sie im Alter eine Rente bekommen, eben aus den Beiträgen, die sie selbst eingezahlt haben.
Kommen wir jetzt einmal zu dem Problem, das ich angesprochen hatte: Was sind die Konzepte der Linkspartei, wie Menschen in Arbeit kommen?
Wenn wir über das Thema reden, dann fällt mir immer auf, dass die Linkspartei eigentlich relativ wenige Konzepte hat.
Sie bringen immer zwei Dinge, wenn es um die Sozialpolitik geht: Das eine ist die Anhebung der Hartz-IV-Sätze.
Unsere Position kennen Sie, Herr Pellmann: dass die Beiträge oder die Zahlungen im Großen und Ganzen angemessen sind. Sie sind nicht zu hoch, aber eben auch nicht unbedingt zu niedrig.
Jetzt machen Sie den Vorschlag einer Anhebung der Hartz-IV-Sätze auf 420 Euro. Nun hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit einmal untersucht, welche Auswirkungen dieser Vorschlag auf die Zahl der Arbeitslosen hätte. Das IAB sagt, wenn das umgesetzt würde, was die Linkspartei fordert, dann hätten wir bis zu zwei Millionen Arbeitslose in Deutschland mehr als derzeit. Das wäre die Konsequenz.
Dann kommen wir einmal zu dem zweiten Vorschlag, den Sie immer als Allheilmittel für alles bringen: Das ist der Mindestlohn.
Wir haben das IFO-Institut hier in Dresden, das das bei 7,50 Euro durchgerechnet hat. Ich rede jetzt nicht über die 8 Euro, die die Linkspartei fordert. Bei 7,50 Euro hätte das den Wegfall von 1,1 Millionen Jobs zur Folge.
Das sind Ihre Konzepte, wenn wir über das Thema Arbeitslosigkeit reden. Ihre Vorschläge würden dazu führen, dass die Zahl der Arbeitslosen deutlich steigt. Mit diesen Konzepten werden Sie uns mit Sicherheit nicht gewinnen können.
Unsere Bitte an die Kollegen der Linkspartei: Schauen Sie nach, wie wir Leute wirklich in Arbeit bringen können. Es ist der beste Schutz gegen Altersarmut, wenn man selbst in die Rentenversicherung einzahlt. Das muss der Weg sein!