Protocol of the Session on March 9, 2005

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Aber kommen wir einmal zu den sachlichen Gründen, Herr Porsch.

(Lachen des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Ohne mögliche Risiken verharmlosen zu wollen, gibt es bisher keine ausreichenden Beweise dafür, dass durch den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen sonstige Anbauvarianten in einer überzogenen Weise negativ beeinflusst werden.

(Der Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Gleich, gleich. – Wenn Sie ehrlich sind, dann müssen Sie zugeben, dass die bisher vorhandenen Forschungsergebnisse sehr spärlich sind und die erzeugte Panik in keiner Weise rechtfertigen.

So paradox es klingen mag: Um Ergebnisse zu erhalten, muss zuerst einmal angebaut und erprobt werden. Aus diesem Anbau wird auch in Sachsen kein Geheimnis gemacht. Frau Lay, Sie sind ja selbst schon darauf eingegangen. Der Punkt 1 hat sich im Grunde damit erledigt. Im letzten Jahr war dies noch nicht veröffentlichungspflichtig. Aber auch das war ein Bundesgesetz.

(Caren Lay, PDS: Das haben wir der Bundesregierung zu verdanken!)

Alles klar, also haben wir da Übereinstimmung.

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Lichdi.

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass der Umweltrat in seinem Umweltgutachten 2004 vehement dafür eingetreten ist, dass Referenzflächen zur Beurteilung der Genanbauflächen eingerichtet werden sollen, um eben abschätzen zu können, wie die Risiken tatsächlich sind, und dass es sich damit in der Sache um gentechnikfreie Regionen handelt?

Ja, das habe ich gerade gesagt. Referenzflächen ist ja dann auch ein Anbau, um die Auswirkungen nachzuweisen. Das heißt ja nicht gentechnisch frei, wenn ich den Anbau untersuche. Das ist doch ein Widerspruch, was Sie jetzt gerade gesagt haben. Aber lassen Sie mich erst einmal weiterreden. Auch die anderen beiden Punkte sind für mich nicht haltbar. Wir können doch nicht im Ernst eine einseitige – jetzt komme ich noch einmal zu Herrn Porsch – Positionierung der Staatsregierung zugunsten einer Anbaumethode fordern. Wenn sich allerdings – da gibt es überhaupt keine Frage – einzelne Regionen und die dort produzierenden Landwirte dazu entschließen, den Anbau zu beschränken, dann steht natürlich dem auch in Sachsen nichts entgegen. Aber wie gesagt: freiwillig. Betrachten wir einmal diese Punkte 2 und 3 des Antrages aus Sicht der Gentechnikgegner. Was meinen Sie, was uns diese sagen würden, wenn die Sächsische Staatsregierung wirklich gentechnikfreie Regionen festlegen würde und diese Bedenkenträger zufällig nicht in solchen Gebieten leben oder wirtschaften?

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Nicht festlegen!)

Oder auch unterstützen würde. Was glauben Sie, was ein Landwirt, der Gentechnik ablehnt und außerhalb dieser Regionen wirtschaftet, der Staatsregierung sagen würde? Punkt 3 des Antrages ist nun wirklich das Sankt-Florians-Prinzip in Perfektion. Es ist doch kein seriöser Umgang mit dem Thema, Firmen aufzufordern: Baut an, wo ihr wollt, aber nicht in Sachsen! Zum FDP-Änderungsantrag: Liebe Kollegen, der ist mir in fachlicher Hinsicht eigentlich sympathisch. Da stimmen wir überein. Aber auch dort steht im Thema „För

derung gentechnikfreier Landwirtschaftsregionen in Sachsen“. Das widerspricht eigentlich dem Inhalt Ihrer Änderungsvorschläge. Deshalb ist er sachlich auch nicht richtig.

Lassen Sie uns zu dieser Sachlichkeit zurückkehren. Lassen wir ganz einfach die Verbraucher entscheiden, was sie wollen und was nicht.

(Caren Lay, PDS: Die haben entschieden!)

Der Anbau gentechnikfreier Pflanzen hat längst weltweit mit vielen Millionen Hektar in der Landwirtschaft Einzug gehalten.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Es ist naiv zu glauben, das global gesehen kleine Sachsen könnte diese Entwicklung aufhalten. Der Antrag ist rechtlich, sachlich und fachlich für uns nicht zustimmungsfähig.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und des Abg. Tino Günther, FDP)

Die SPD-Fraktion bitte. Frau Abg. Deicke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gentechnik ist zurzeit wieder einmal ein aktuelles Thema. Obwohl die Technologie breite Anwendungsmöglichkeiten eröffnet, gibt es zum Teil erhebliche Akzeptanzprobleme. Einige Anwendungen sind anerkannt. So ist zum Beispiel die so genannte rote Gentechnik im medizinischen Bereich nicht mehr wegzudenken. Sie begann vor zirka 20 Jahren und liefert heute eine große Anzahl von Medikamenten. Andere Anwendungsgebiete – wie etwa in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelindustrie – werden von den Verbrauchern oft sehr viel kritischer gesehen. Wie bei jeder Technik gibt es auch hier ernst zu nehmende Risiken. Diese gilt es zu erforschen.

In diesem Zusammenhang ist der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen im Freiland wichtig, um entsprechende Kenntnisse über das Wachstum und die Entwicklung von transgenen Pflanzen unter realen Umweltfaktoren zu gewinnen. Weltweit befindet sich diese so genannte grüne Gentechnik auf dem Vormarsch. International wird sich diese Technologie sehr schnell etablieren. Warum nicht auch in Sachsen?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP)

In Sachsen wurden seit 1996 Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen durchgeführt. Dabei ist gerade die gentechnologische Sicherheitsforschung ein Kernbereich der Forschungsförderung. Weitere Schwerpunkte sind die Pflanzenzucht sowie das Monitoring von gentechnisch veränderten Produkten auf Mensch und Umwelt. Wegen der möglichen Gefahren der Gentechnik sind Gesetze und Spielregeln notwendig. So schreibt das Gentechnikgesetz Anmelde- und Genehmigungspflichten für gentechnische Anlagen und gentechnische Arbeiten

vor. Gesetzliche Kontrollmechanismen sind ebenfalls installiert.

Jedoch ist aufgrund der bestehenden Vorbehalte die Anzahl der Freilandversuche drastisch zurückgegangen. Im vergangenen Jahr wurden in Sachsen überhaupt keine Freisetzungsversuche durchgeführt.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Bravo!)

Das heißt, es wird bereits freiwillig auf einen Erprobungsversuch in Sachsen verzichtet. De facto ist Sachsen eine gentechnikfreie Landwirtschaftsregion. Ein Blick ins Internet hätte genügt, um dies festzustellen.

(Zurufe der Abg. Caren Lay, PDS, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Es wurde aber nichts angebaut, kann ich dazu nur sagen. Insofern meinen wir, dass dieser Antrag ins Leere läuft, und lehnen ihn ab.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die NPD-Fraktion, Herr Paul.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.“ – Dieses Zitat von Albert Schweitzer stammt aus einer Zeit, in der die so genannte grüne Gentechnik noch kein Thema war. Doch es ist heute meiner Meinung nach zutreffender denn je.

(Rita Henke, CDU: Das stimmt!)

Wir erleben aktuell einen globalen Wettbewerb zwischen Firmen, welche gleichzeitig auf die Herstellung von genetisch veränderten Pflanzenschutzmitteln einerseits und Schädlingsbekämpfungsmitteln andererseits spezialisiert sind. Die Folgen dieses Wettbewerbes lassen sich eigentlich nur erahnen.

Die so genannte grüne Gentechnik wird als zukunftsträchtig favorisiert, ohne dass die Folgen gänzlich absehbar sind. Die Freisetzungsversuche sind nur der Anfang einer Entwicklung, bei der die Lebensgrundlagen der Menschen unter die Kontrolle multinationaler Konzerne gebracht werden sollen mit dem einzigen Ziel der Gewinnmaximierung. Ein Großteil der deutschen Politiker macht sich mit der Zustimmung zur Genveränderung zum Erfüllungsgehilfen dieser Monopolisten. Die NPD stellt sich entschieden gegen die Manipulation unserer Lebensgrundlage und damit gegen diese Art der Monopolisierung.

(Andreas Heinz, CDU: Das haben wir alles schon mal gehört!)

In Zeiten, in denen Staatsbeamte, die mit der Risikobewertung von Freisetzungsexperimenten gentechnisch veränderter Organismen betraut sind, öffentlich in Werbevideos für Genmais auftreten oder Mitglieder des Gentechnik-Lobby-Vereins FINAB sind, scheinen unabhän

gige Entscheidungen in weite Ferne gerückt. Es entsteht sogar der Eindruck, dass sich der Staat – entgegen dem mehrheitlichen Willen seiner Bürger – schon in die Reihe der Gentechnik-Befürworter eingereiht hat.

Die Initiative der PDS-Fraktion für gentechnikfreie Landwirtschaftsregionen ist zu begrüßen, führt aber nicht weit genug, da zum Beispiel mit freiwilligem Verzicht auf den Anbau von BT-Mais in Sachsen das Grundproblem nicht gelöst wird.

Durch die Kampagne von Regierung und Industrie zum Anbau gentechnischer Produkte wird die Existenzgrundlage der konventionellen Landwirte massiv bedroht und es wird ein Kapitalisierungseffekt auf dem Agrarsektor stattfinden. Mein Vorredner von der CDU-Fraktion erwähnte vorhin, dass die CDU-Fraktion für einen Ausgleichsfonds für die Haftung der Landwirte für eventuell zu erwartende Schäden eintritt. Das heißt: Schäden, die eventuell zu erwarten sind, werden – laut Ihren Ausführungen – bereits einkalkuliert.

Solange die unabhängige Wissenschaft nicht in der Lage ist, die Risiken zu widerlegen, so lange sollte generell auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verzichtet werden. Die NPD lehnt deshalb so lange das InVerkehr-Bringen gentechnisch veränderter Organismen ab, bis neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die die Argumente der bisherigen Gegner stichhaltig widerlegen können.

(Beifall bei der NPD)