Vielleicht können wir dann eine offene und, wie meine Kollegin Kagelmann gesagt hat, nicht ideologische Debatte führen. Wir sind dazu bereit und darum haben wir uns mit all unseren parlamentarischen Initiativen zu diesem Thema im Sächsischen Landtag bemüht.
Es gab immer zwei Schwerpunkte. Der erste Schwerpunkt war, dass wir, wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnisse gegeben hat – aber auch nur dann, wenn davon Gefahren ausgehen könnten –, mit unserem Antrag die Initiative für ein Moratorium in Sachsen für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen ergriffen haben. Dieses beruhte ganz eindeutig darauf, dass voriges Jahr von Minister Seehofer für Deutschland der Anbau von MON810 verboten wurde, und zwar nicht nur wegen des fehlenden Monitoringplanes, den Sie, Herr Heinz, vorhin genannt hatten, sondern mit der Begründung, dass neue und zusätzliche wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen wurden. Diese Erkenntnisse liegen immer noch vor und trotzdem wird er dieses Jahr wieder zugelassen, obwohl das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit arge Bedenken und Kritiken am Monitoringplan von Monsanto vorgebracht hat. Diese Bedenken wurden von Minister Seehofer damit weggewischt, dass die Lücken im Plan von Monsanto nachträglich beseitigt werden könnten.
Der zweite Schwerpunkt für uns war immer, wenigstens in Sachsen eine wirkliche Wahlfreiheit für Landwirte und Verbraucher herzustellen, welche Lebensmittel die Landwirte anbauen und die Verbraucher kaufen wollen, ob gentechnisch verändert, ökologisch oder konventionell angebaut. Deswegen haben wir von Anfang an die außer
parlamentarischen Initiativen unterstützt, die sich für wirklich gentechnikfreie Zonen in Sachsen eingesetzt haben. Darauf zielte ein zweiter unserer Anträge.
Herr Minister Wöller, meine Frage an Sie, die ich auch in der letzten Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft erhoben habe, stelle ich auch heute noch einmal. Wir haben heute an dem Beispiel, das meine Kollegin Kagelmann gebracht hat, gesehen, dass so etwas auf regionaler Ebene durchaus möglich ist. Auch die Staatsregierung in Sachsen sollte sich dazu durchringen, gentechnikfreie Zonen zu unterstützen, wenn sie es so ernst damit meint wie wir mit der Wahlfreiheit zu diesem Thema.
Zum Schluss noch ein Wort zu Frau Deicke. Was das neue Gentechnikgesetz auf Bundesebene gebracht hat, reicht überhaupt nicht aus, um die Wahlfreiheit zu ermöglichen und gentechnikfreie Zonen zu schützen. Wie soll die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ dazu beitragen, dass solche Zonen erhalten bleiben? Wenn wir zu solchen Zuständen kommen wie in Kanada oder in den USA, dann wird es diese Kennzeichnung nicht mehr geben, weil es solche Produkte nicht mehr gibt.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich den Minister. – Herr Prof. Wöller, bitte.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Extreme Standpunkte, so wie Sie von der Fraktion der GRÜNEN vorgetragen haben, sind selten zutreffend. Das dürfte auch im Fall der Gentechnik so sein.
Wenn Sie hinter das Thema der Debatte „Genpflanzen in Sachsen – Risiko für Mensch und Natur“ ein Fragezeichen gemacht hätten, dann fände ich das noch in Ordnung; aber so machen Sie daraus eine Behauptung, die durch die Fakten nicht belegbar ist. Wenn Chancen der Gentechnik negiert werden und einseitig auf mögliche Risiken abgehoben wird, entsteht ein Zerrbild, das nicht der Realität entspricht. Verbraucher, Landwirte, Forscher und Unternehmen werden gleichermaßen verunsichert. Diese Verunsicherung wird von bestimmten Interessengruppen bewusst geschürt.
Unser Motto heißt dagegen: sachlich über die Chancen und möglichen Risiken der Gentechnik aufklären. Nach diesem Motto haben wir bisher gehandelt und das werden wir auch künftig so tun.
Der Bürger muss darüber informiert werden, dass gentechnisch produzierte Pflanzen und Lebensmittel vor ihrer Zulassung umfangreichen Prüfungen und Bewertungen
unterzogen werden. Nur solche Erzeugnisse erhalten eine Zulassung, deren Unbedenklichkeit für Mensch, Tier und Umwelt erwiesen ist. Für die einzige derzeit in Deutschland zugelassene Gentechnikpflanze – Bt-Mais der Sorte MON810 – liegt diese gentechnikrechtliche Genehmigung vor. Nach Angabe der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA gibt es zurzeit keine neuen Erkenntnisse, die eine Aufhebung dieser Genehmigung rechtfertigen würden. Bleiben wir daher bei den Genpflanzen auf dem Boden der Tatsachen. Genehmigungen sollten auf der Grundlage wissenschaftlicher Fakten und nicht auf der Grundlage politischer Stimmungen oder Ideologien erteilt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren der GRÜNEN! „Tatsachen muss man kennen, bevor man sie verdrehen kann.“ Auch dieser Satz von Mark Twain ist wahr. Betrachten wir doch erst einmal einige Fakten zur grünen Gentechnik. Weltweit wurden 2007 auf 114 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Die Tendenz ist weiter steigend. In der EU werden jährlich 35 bis 40 Millionen Tonnen Sojarohstoffe für Futtermittel eingeführt. Der Großteil davon ist gentechnisch verändert. Zahlreiche Zusatz- und Aromastoffe und LebensmittelEnzyme werden mithilfe der Gentechnik hergestellt. Circa 60 % aller in der EU vermarkteten Lebens- und Futtermittel kommen schon heute im Laufe des Herstellungsprozesses mit der Gentechnik in Berührung.
Fast jeder von uns nimmt regelmäßig Lebensmittel zu sich, die gentechnisch hergestellte Zutaten enthalten. Schokolade, Speiseeis, Margarine, Bier und Käse sind mit Enzymen hergestellt, die mithilfe von gentechnisch veränderten Organismen im Labor entstanden sind. Belastbare Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen der Verbraucher durch die Gentechnik gibt es nach meiner Erkenntnis nicht. Die zuständigen Genehmigungsbehörden stellen regelmäßig fest, dass zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen genauso sicher für Mensch und Umwelt sind wie konventionelle Pflanzen. Wollen Sie angesichts dieser Tatsachen wirklich glaubhaft machen, dass der Anbau von etwa 1 000 Hektar gentechnisch veränderter Pflanzen in Sachsen Mensch und Natur bedrohe? Wollen Sie ernsthaft behaupten, der Einsatz der Gentechnik in der Lebensmittelherstellung wäre grundsätzlich ein Risiko für die Gesundheit der Verbraucher?
Warum wird verschwiegen, dass Gentechnik in Lebensmitteln längst Tatsache ist und dass dies mit Vorteilen verbunden ist? Auch Ihre Argumentation ist nicht schlüssig, wenn Sie scheinbar zwischen roter und weißer Gentechnologie unterscheiden wollen. Ich greife die Argumentation angesichts der Debatte heute gern noch einmal auf. Ein Viertel der auf dem Weltmarkt befindlichen Arzneimittel sind gentechnisch hergestellte Präparate, 150 allein in Deutschland, meine Damen und Herren. Und diese Mittel wirken.
Das Gleiche trifft für den Umweltschutz zu. Herr Lichdi hat uns blumig erklärt, dass Sie das Monopol beanspru
chen, alleinig für den Umweltschutz einzutreten. Dazu muss ich sagen: Wenn es nicht gentechnisch veränderte biologische Mechanismen geben würde, die alltäglich in Kläranlagen eingesetzt werden, dann würden wir gar keine Fortschritte im Umweltschutz machen können. Umweltschutz ohne gentechnisch veränderte Organismen ist überhaupt nicht möglich. Meine Damen und Herren, das entlarvt schon Ihre sehr windige Diskussion, die Sie heute geführt haben.
Es ist eher wahrscheinlich, dass die grüne Gentechnik an Bedeutung gewinnt, und zwar unabhängig davon, ob oder wann es in Europa zu einem großflächigen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen kommt. Europa kann sich als Teil des globalen Marktes dieser Entwicklung nicht entziehen. Ein gentechnikfreies Europa, wie es manche fordern, ist eine Illusion.
Meine Damen und Herren, wenn wir die grüne Gentechnik ganz nüchtern betrachten, ist Folgendes festzuhalten. Sie ist per se weder umweltfreundlich noch umweltschädlich. Sie ist per se auch nicht wirtschaftlich oder unwirtschaftlich. Sie ist per se weder von Vorteil noch von Nachteil für den bäuerlichen Betrieb und die ländliche Entwicklung. Es kommt eben auch bei der Gentechnik darauf an, wie, wo und zu welchem Zweck diese Technologie eingesetzt wird. Es sind also in jedem Einzelfall Vor- und Nachteile sowie mögliche Risiken zu prüfen. Die Behauptung, sie wäre grundsätzlich ein Risiko für die Natur, ist nicht belegbar.
Die grüne Gentechnik ist aber – und das ist der feine Unterschied – nicht frei von Restrisiken. Restrisiken sind aber auch kein Alleinstellungsmerkmal der Gentechnik, sondern kennzeichnen alle Technologien.
Um möglichen Risiken der Gentechnik zu begegnen, hat die EU eines der weltweit restriktivsten, wenn nicht sogar das restriktivste Gentechnikrecht überhaupt eingeführt. An erster Stelle steht dabei das Vorsorgeprinzip. Dem Schutz von Mensch und Umwelt wird dabei bei der grünen Gentechnik oberste Priorität eingeräumt. In Kürze wird das novellierte Gentechnikrecht in Kraft treten. Über Details dieser Novelle kann man sicher geteilter Meinung sein. Zumindest werden dabei aber auch keine rechtlichen Vorgaben für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen präzisiert.
Es werden klare Mindestabstände zwischen Feldern mit und ohne Gentechnik eingeführt. Es wird verbindlich festgeschrieben, dass Landwirte, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen wollen, spätestens drei Monate vor dem Anbau ihre Nachbarn zu informieren haben. Das wird die Rechtssicherheit für die Landwirte verbessern.
Unabhängig davon müssen wir selbstverständlich auch darauf achten, dass der Einsatz der Gentechnik nicht zu Fehlentwicklungen führt. Ich denke dabei beispielsweise an die Abhängigkeit der Landwirte von wenigen Saatgutkonzernen oder an großflächige Monokulturen. Es wäre aber geradezu fahrlässig, die Möglichkeiten dieser Technologien ungenutzt zu lassen. Ein pauschales, ideologisch begründetes Nein zur grünen Gentechnik wäre dabei genauso falsch wie blinde Technologiegläubigkeit.
Unsere Devise lautet daher: die Chancen neuer Technologien verantwortungsvoll nutzen und die Risiken dabei nicht außer Acht lassen sowie die Wahlfreiheit von Verbrauchern und Landwirten sicherstellen. Deswegen macht es auch keinen Sinn, über gentechnikfreie Zonen zu diskutieren, sondern wir müssen darüber diskutieren, die Wahlfreiheit sowohl der Verbraucher als auch der Landwirte sicherzustellen. Nicht blockieren, sondern gestalten, nicht verunsichern, sondern sachlich informieren – dies, meine Damen und Herren, gilt eben auch, aber nicht nur für die Grüne Gentechnik.
Meine Damen und Herren! Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Frau Altmann, wollten Sie noch einen Redebeitrag bringen?
Meine Damen und Herren! Damit ist auch die 2. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion GRÜNE zum Thema „Genpflanzen in Sachsen – Risiko für Mensch und Natur“, beendet.
Ihnen liegen die eingereichten Fragen der Mitglieder des Landtages als Drucksache 4/11385 vor. Diese Fragen wurden auch der Staatsregierung übermittelt. Gleichzeitig ist Ihnen die Reihenfolge der Behandlung der eingereichten Fragen bekannt gemacht worden. Wir beginnen jetzt und ich bitte, dass Herr Dr. Jähnichen, CDU-Fraktion, seine Frage an die Staatsregierung stellt; Frage Nr. 1.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe eine Frage an die Staatsregierung bezüglich der grenzüberschreitenden Förderprogramme.
2. Wie ist der Stand der Wirksamkeit dieser grenzüberschreitenden Förderprogramme im neuen Jahr 2008?
In den Jahren 2007 und 2008 überlappten sich bekannterweise zwei Förderperioden. Auch wenn mit dem 1. Januar 2007 eine neue Förderperiode begonnen hat, in der die Ziel-3-Programme Freistaat Sachsen – Tschechische Republik und Sachsen – Polen an die Stelle der bisherigen Interreg-3-A-Programme treten, können bis Ende 2008 noch Interreg-3-A-Projekte bewilligt und umgesetzt werden.
Im Jahr 2007 wurden in der Gemeinschaftsaufgabe Interreg 3 A Freistaat Sachsen – Tschechische Republik insgesamt 73 Großprojekte und 84 Kleinprojekte bewilligt. In der Umsetzung befanden sich 130 Großprojekte und 36 Kleinprojekte. Zu nennen sind hier das Projekt „Konzeption Ferien im Umgebindeland“ des Landratsamtes Löbau-Zittau, das Projekt „Etablierung und Professionalisierung des Bereiches Umweltbildung im Internationalen Begegnungs- und Kommunikationszentrum Grüne Schule grenzenlos e. V.“ und das Projekt „Schkola Oberland – Rumburk gemeinsam Lernen, Begegnen, Verstehen“ der Schkola gGmbH, deren Projektlaufzeit jeweils bis zum 30. Juni 2008 andauert.