Protocol of the Session on May 13, 2020

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 16/1298. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 16/1298 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Aus

(Abg. Baltes (SPD) )

schuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 16/1298 einstimmig mit den Stimmen aller Abgeordneten angenommen worden ist.

Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung

Erste Lesung des von der AfD-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Schulpflichtgesetzes (Drucksache 16/1307)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Josef Dörr das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir bringen hier eine Gesetzesvorlage zur Schulpflicht ein. Es ist keine Änderung; es ist eine Ergänzung. Nach § 17 wollen wir, dass § 17a eingeführt wird. Der Satz heißt: „Es besteht die Möglichkeit des Heimunterrichts.“ Es gibt noch einen zweiten Satz: „Der Heimunterricht muss angemeldet werden.“

In einem Satz habe ich das einmal so begründet: „Mehr Freiheit und mehr Erfolg für das Schulwesen.“ Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen Einschub. Die Bildungsministerin hat im Augenblick einen schweren Stand. Das muss man ihr zugestehen. Sie soll demnächst Lösungen finden, die für alle Bildungseinrichtungen im ganzen Land gut sind. Obwohl ich sie als fleißig und gescheit einschätze, glaube ich, dass sie diese Aufgabe nicht wird schaffen können.

Sie hat in der letzten Ausschusssitzung unter anderem Folgendes ausgeführt. Sie vertraut sehr stark auf die pädagogischen Entscheidungen vor Ort. Sie hat gesagt, sie strebt maximale Flexibilität an. Sie hat gesagt, sie setzt auf den Digitalpakt. Das sind drei grundlegende Sätze, die wir von der AfD allesamt unterstreichen und begrüßen. Wir haben das auch immer schon so gefordert: Die selbstbestimmte Schule vor Ort, radikaler Abbau der hemmenden Bürokratie und natürlich - das sollte ursprünglich heute ein Tagesordnungspunkt sein - die Möglichkeit der Bildung einer Fernschule, also digital.

Was hat das mit unserem Antrag zu tun? - Das ist ein Schritt hin zu mehr Möglichkeiten für die Schule. In dieser Zeit der Corona-Krise sehen wir das ja. Viele Kinder sind zuhause unterrichtet worden. Hätte man einen solchen Heimunterricht schon zugelassen, hätte man Erfahrungen sammeln und jetzt schon auswerten können und hätte darauf aufbauen können.

Allerdings muss ich sagen, dass der Heimunterricht, so wie wir ihn uns vorstellen - das kann auch so sein, wie ich ihn gerade dargestellt habe -, im Grun

de aber eine andere Sache ist. Es betrifft nämlich die Möglichkeit, dass Eltern ihre Kinder grundsätzlich zuhause selbst unterrichten. Warum haben wir das nicht schon im Gesetz? - Da muss man etwas länger in der Geschichte zurückgreifen, nämlich bis zur Bildung der Grundschulen, die wir heute noch haben. Sie ist seinerzeit eingerichtet worden, damit alle Mitglieder der Gesellschaft und des Volkes in die gleiche Schule gehen und alle das Gleiche lernen und es keine Ausnahmen gibt für Fürstensöhne oder Leute, die es sich geldlich leisten können, wie das immer üblich war. Fürstensöhne oder -töchter sind nämlich im Einzelunterricht zuhause ausgebildet worden. Das einfache Volk hat in der Schule gesessen. Dementsprechend sind die Schulen vielleicht auch nicht so gefördert worden. Das war der Grundgedanke der Grundschule. Obwohl es sehr lange her ist, gilt der Grundgedanke noch, er wird inzwischen aber längst unterlaufen. Es wird niemand ein Kind in einer bestimmten Grundschule festhalten können, so wie es in unseren Gesetzen nach den Schulbezirksgrenzen aufgeteilt ist. Keine Schule wird jemanden halten können, der sein Kind nicht in dieser Grundschule unterrichtet haben möchte. Eltern finden Wege, das zu verhindern.

Warum dann jetzt also Heimunterricht? - Es gibt sehr viele Leute, die nicht möchten, dass ihre Kinder nach bestimmten ideologischen Ausrichtungen in öffentlichen Einrichtungen unterrichtet werden. Sie möchten ihre Kinder zu Hause nach ihrem eigenen Erziehungsauftrag selbst unterrichten.

(Sprechen.)

Es gibt schon seit Jahrzehnten Kämpfe. Den Leuten wird gedroht, wer vorsätzlich und wiederholt gegen das Schulpflichtgesetz verstößt, kann bis hin zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. Es gibt Leute, die aus Deutschland auswandern, weil ihnen die Möglichkeit des Heimunterrichts hier nicht gegeben ist.

Ist es eine Idee, die in Deutschland aufgekommen ist und die nur hier gefordert wird? - Nein. Es ist in anderen Teilen der Welt selbstverständlich. Heimunterricht gibt es zum Beispiel in Italien, wo diese Möglichkeit eine Selbstverständlichkeit ist. Das Ziel ist, dass das Kind gebildet werden muss. Ob das tatsächlich stattfindet, wird jährlich geprüft. Wie das Kind gebildet wird und wer es macht, ist dort nicht vorgeschrieben. Ich frage mich: Warum sollen wir unseren Eltern und Kindern das vorschreiben, wenn sie es nicht wollen? - Ich muss zugeben, dass ich nicht glaube, dass es einen riesigen Andrang für diese Möglichkeit geben wird. Ich denke aber, dass man in einem demokratischen Land diese Möglichkeit bieten muss, wenn der Wunsch danach besteht. Deshalb stellen wir unseren Antrag. Wenn wir jetzt einige Kinder hätten, die im Heimunterricht unterrichtet würden, würden sie uns in der Organisation des Unterrichts keine Schwierigkeiten machen. Sie kosten erst einmal kein Geld und benötigen keine öf

(Vizepräsident Heinrich)

fentlichen Schulgebäude. Man hätte sie nicht nach Hause schicken müssen und man müsste auch nicht überlegen, ob sie wieder in die Schule kommen dürfen oder nicht. Es wäre jetzt also eine Erleichterung.

Dabei möchte ich es erst einmal belassen. Im Grunde ist es ein einfacher Antrag und es wäre ganz leicht, ihm zuzustimmen. Ich weiß aber natürlich, dass Sie das nicht machen werden. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD.)

Ich eröffne die Aussprache und rufe für die CDULandtagsfraktion den Abgeordneten Frank Wagner auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch heute geht es erneut um die Änderung eines Schulgesetzes. Es ist ein erneuter Versuch, das Schulpflichtgesetz zu ändern. An der Stelle möchte ich hervorheben, dass wieder auf eine Begründung, so wie wir sie normalerweise als Parlamentarier kennen, verzichtet wurde. Man musste sich zu Hause eigentlich hinsetzen und überlegen, was sich die AfD unter diesem Antrag vorgestellt hat. Ich möchte deshalb die Bitte aussprechen: Wenn Sie ein Gesetz ändern wollen, sollten Sie zumindest andeuten, worum es geht.

Ich bin allerdings froh, dass Sie so offen dargestellt und gesagt haben, was ich mir nur in kühnsten Träumen vorstellen konnte. Wir haben Sie live in Farbe dabei ertappt, in welche Richtung Sie hier steuern möchten. Ich möchte direkt am Anfang herausstellen, dass Sie von einer ideologisch motivierten Bildung sprechen. Ich möchte das Folgende ganz klar zum Ausdruck bringen: Wenn es ideologische Bestrebungen in eine Richtung gibt, waren das mit absoluter Sicherheit die Äußerungen, die Sie hier gerade zum Besten gegeben haben. Von diesen Äußerungen möchte ich mich - ich denke, ich spreche für eine große Gruppe - ausdrücklich distanzieren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Nach Art. 7 Abs. 1 Grundgesetz untersteht das gesamte Schulwesen der Aufsicht des Staates. Ein Modell des Heimunterrichts - von anderen „Homeschooling“ genannt - ist in der gesamten Bundesrepublik Deutschlands nicht vorgesehen. Dementsprechend ist die allgemeine Schulpflicht wie in allen anderen Bundesländern auch gesetzlich verankert. Auch verschiedene Gerichtsurteile haben hier eindrucksvoll unterlegt, warum das genau der richtige Weg in Deutschland ist. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat zum Beispiel im Jahr

2019 mit einer Entscheidung vom 10. Januar klar zum Ausdruck gebracht, dass es darum geht, soziale Kompetenzen wie Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Kontakt zu Menschen außerhalb der Familie in den Fokus zu stellen. Die Schulpflicht ist also nicht rein auf das Lernen von Wissen bezogen, sondern deckt auch viele Tugenden ab, die für uns sehr wichtig sind. Gerade an der Stelle möchte ich sagen, dass Kommunikation miteinander, das aufeinander Zugehen und selbstbewusstes Arbeiten in einer Gruppe in unserer heutigen Berufswelt unglaublich wichtig sind. Ich spreche für all unsere Schulformen hier im Saarland, wenn ich sage, dass die Schulen eine hervorragende Arbeit leisten.

Es liegt im Ermessensspielraum der einzelnen Länder, davon abzuweichen. Es gibt Spielräume für Heimunterricht wie zum Beispiel für Kinder, die krank sind, die keine Schule besuchen können oder die aufgrund von emotionalen Gründen nicht in einer Gruppe unterrichtet werden können. Für diese Übergangszeit kann der Unterricht zu Hause erfolgen. Demgegenüber steht definitiv eine pauschale Öffnung des Heimunterrichts. Ich frage mich auch, wie das kontrolliert werden soll. Sie haben eben das Beispiel Italien genannt. Ich glaube, wenn wir das so pauschal öffnen würden, wäre es ein Weg in die völlig falsche Richtung.

Ich möchte noch auf einen wichtigen Aspekt eingehen. Aus dem Grund, dass Bildung eine staatliche Aufgabe ist, sind Lehrkräfte Angestellte beziehungsweise Beamte des Staates. So können sie den Auftrag mit gutem Gewissen ausüben, sie halten sich an klare Richtlinien. Das hat gerade die aktuelle Situation gezeigt. Von daher können wir zu Recht sagen, dass wir stolz auf unsere Lehrerinnen und Lehrer sind. Sie machen einen tollen Job da draußen. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Ich möchte entlarven, wie abweichend Sie von Monat zu Monat immer wieder in den Themen gesprungen sind. Ich erinnere mich noch an das FebruarPlenum und die dritte Sportstunde. Damals wurde hier in Lobeshymnen - das freut mich als Sportler davon gesprochen, dass Bewegung und Sport in der Schule und im Unterricht wichtig sind. Wie das in einem angeordneten Heimunterricht ablaufen soll, ist mir ein absolutes Rätsel. Auch Themen wie musisch-ästhetische Erziehung wären zweifelsohne so nicht möglich.

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wir möchten solch ein Vorgehen mit Sicherheit nicht.

Zu Kindern, die benachteiligt sind oder mehr Zeit brauchen. Wir haben schon über das Thema Inklusion und Förderschulen gesprochen. Gerade für diese

(Abg. Dörr (AfD) )

Kinder - das zeigt die aktuelle Zeit - wird dort ein hervorragender Job gemacht. Ich habe mich mit vielen Lehrkräften unterhalten, die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in unseren Regelschulen betreuen. Es ist eine Mammutaufgabe, diese über Homeschooling zu unterrichten, weil es ein großes Problem ist. Auch die emotionale Komponente wird letztendlich in diesem Bereich benötigt. Mit solch einem Änderungsantrag wird dieses Thema ebenfalls zur Seite gewischt und spielt plötzlich keine Rolle mehr.

Kommen wir zur aktuellen Situation. Sie haben - das ist erfreulich - hervorgehoben, welch hervorragende Arbeit in unserem Bildungsministerium zurzeit geleistet wird. Wir haben in der vergangenen Woche sehr eindrucksvoll von unserer Ministerin gehört, welche vielfältigen Aufgaben dort absolviert werden. Außerdem wurde all dem sehr schnell Rechnung getragen, wie man mit dem Heimunterricht umgeht. Es wurden Lösungen gefunden, Leistungen zu beurteilen und die Versetzung anzupassen und vorzubereiten, sodass niemand einen Nachteil hat und diejenigen, die sich besonders motiviert zeigen, mitgenommen werden. Lehrkräfte können auch in diesem Bereich Überprüfungen auf den Weg bringen. In den letzten Wochen wurde im Ministerium eine erstklassige Arbeit umgesetzt.

Wir haben heute schon zu Beginn des Plenartages sehr vieles zum Thema Digitalisierung gehört, welches beim Homeschooling eine große Rolle spielt. Wir sind jetzt in der Situation, in der der Staat sagen kann, dass wir es zulassen. Wir haben eine Ausnahmesituation. Wir alle sind froh, wenn diese Ausnahmesituation hoffentlich bald beendet ist. Es wurden sehr schnell sehr vielfältige Möglichkeiten auf den Weg gebracht, sodass Lehrkräfte Kontakt zu ihren Schülern haben. Das Ministerium hat eine große vielfältige Plattform an den Start gebracht. Es hat sich gezeigt, wie vielfältig Schulen im Saarland denken, eben nicht nur in eine Richtung. Es wurden viele Möglichkeiten ausgeschöpft, um die Schülerinnen und Schüler zu Hause zu erreichen. Deshalb ist es ein gutes Zeichen, dass das Thema digitale Endgeräte vom Bund erkannt wurde und schnell Möglichkeiten auf den Weg gebracht wurden, um den Schülerinnen und Schülern, die benachteiligt sind, ein digitales Endgerät zur Verfügung zu stellen.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Ministerin letzte Woche gesagt hat, dass es nicht an eine Pauschale von 150 Euro gekoppelt ist, sondern dass die Gelder nach dem Königsteiner Schlüssel an den Digitalpakt angedockt werden - bei uns sind das etwa 6 Millionen Euro. So haben die Schulträger die Mittel zur Verfügung, um möglichst schnell den Schülern die digitalen Endgeräte zur Verfügung zu stellen. Ich betone noch mal, dass es unsere höchste Motivation sein muss, schnellstmöglich in den Präsenzunterricht zurückzukommen und ein harmonisches Mitein

ander zu haben. Auch ein Wechsel zwischen Präsenzunterricht und Homeschooling ist denkbar. Der Weg, der momentan vorbereitet wird, ist genau der richtige. Jede Schulform wird mitgenommen. Die Zielsetzung ist, dass alle Schülerinnen und Schüler über einen Zeitraum X Tage oder Wochen an der Schule verbringen werden, um die Themen, die ich eben angesprochen habe, wie Kommunikation, Toleranz und das Miteinander zu erfahren. Außerdem sollen sie auf das kommende Schuljahr vorbereitet werden. Deshalb müssen wir die Rahmenbedingungen im Bereich der Digitalisierung vorantreiben, sodass wir im nächsten Schuljahr den Wechsel zwischen Präsenzunterricht und digitalem Unterricht vollziehen können.

Neben den digitalen Endgeräten müssen wir dafür sorgen, dass die Schulen die entsprechende Infrastruktur haben, die Lehrer administrativ vor Ort unterstützt werden, jemand nicht nur die Geräte ausgibt, sondern auch wartet und die Lehrkräfte berät. Die Lehrerinnen und Lehrer sollen sich nämlich auf den Unterricht konzentrieren und von Dingen entlastet werden, die andere Fachkräfte übernehmen können. Dafür stehen wir ein, dafür werden wir uns einsetzen.

Ein weiteres Mammutthema ist die Betreuung. Wir haben heute Morgen schon gehört, dass die Notbetreuung im Kitabereich und in den Schulen sukzessive ausgeweitet wird. Das sind die dringlichen Themen, die im Moment auf der Agenda stehen. Dort setzt das Ministerium den richtigen Fokus, damit unsere Schülerinnen und Schüler entsprechend gut versorgt werden. Wir sind sehr guter Dinge, dass der eingeschlagene Weg auch im kommenden Schuljahr der richtige Weg ist. Von daher können wir guten Gewissens den vorliegenden Antrag ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Für die Landtagsfraktion DIE LINKE rufe ich die Abgeordnete Barbara Spaniol auf.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde eben schon angedeutet: Zum bildungspolitischen Dauerbrenner-Repertoire der AfD-Fraktion gehört auch das Schulpflichtgesetz. - Wie viele bildungspolitische Initiativen steht es zum wiederholten Mal auf der Tagesordnung. Meine Herren, ich kann zum wiederholten Mal einen guten Tipp geben: Es wäre vielleicht einfacher, wenn Sie alle gewünschten Änderungen aus Ihrer Sicht bündeln und in einem guten Änderungsgesetz zusammenfassen. - Das wäre professionell und es wäre eine gewisse Wertschätzung hier für uns als Parlament.

(Abg. Wagner (CDU) )

(Beifall bei den LINKEN.)

So ist es aber leider nicht. Heute steht ein weiterer Aspekt auf der Tagesordnung, es geht um die Möglichkeit des Heimunterrichts im Schulpflichtgesetz. Übersehen haben Sie dabei, dass Schulpflicht und Heimunterricht zwei Paar Schuhe sind. Ich will auch sagen warum. Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht - auch das habe ich in den letzten Debatten mehrmals gesagt - ist aus unserer Sicht eine große Errungenschaft im Sinne unserer Kinder. Sie haben letztens die Vergangenheit bemüht, das Jahr 1938 haben Sie angesprochen. Bis dahin war Hausunterricht erlaubt. Es galt als Privileg, sich einen Hauslehrer leisten zu können.

Sie sprachen in der letzten Debatte von einer vermeintlichen Überreglementierung. Herr Dörr, das stimmt nicht. Schulpflicht ist ganz klar definiert. Jedes Kind hat damit ein Recht auf Bildung, einen Anspruch auf Bildung - egal, aus welchem Elternhaus es kommt. Wir haben in unserem Land eine große Vielfalt an öffentlichen Schulen und Schulen in privater Trägerschaft. Dort gibt es für jedes Kind ein Angebot.

Auf der anderen Seite ist Heimunterricht Unterricht, der durch Eltern oder bezahlte Lehrer abseits der öffentlichen Schulen stattfindet. Das hat aus bildungswissenschaftlicher Sicht nichts mit Lernen daheim zu tun, wie es jetzt in der Krise stattgefunden hat und weiter stattfinden muss. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Form der Beschulung von zu Hause ist aus unserer Sicht ein ganz bemerkenswerter Beitrag zur Bildungsungerechtigkeit. Nur Eltern mit genügend Geld können sich Heim- oder Hausunterricht leisten. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Facette - ob sie selbst unterrichten oder nicht. Schon vor der Corona-Pandemie wurden bereits hohe Summen für Nachhilfe und zusätzliche Lernmaterialien von wohlhabenderen Familien ausgegeben, um einen höheren Abschluss für den Nachwuchs zu erreichen. Das ist auch nicht zu verdammen, das ist nachvollziehbar. Eltern wollen immer das Beste für ihr Kind. Aber das Gros der Eltern kann sich solche Wege eben nicht leisten.

Das Elternhaus ist keine Ersatzschule. Unsere Lehrerinnen und Lehrer absolvieren ein hochwertig qualifizierendes Studium. Wieso also sollten nun plötzlich die Eltern die besseren Pädagogen sein, wenn es um schulische Ausbildung und das Erwerben von Schlüsselqualifikationen und das Erlernen einer echten sozialen Kompetenz für den weiteren Lebensweg geht? Wieso sollte das Personal in unseren Schulen das nicht leisten können?