Protocol of the Session on April 29, 2019

Wenn das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist, sollten wir sowohl das Landtagswahlgesetz als auch das Kommunalwahlgesetz unter Beachtung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes und analog der Änderungen im Bundes- wie auch im Europawahlgesetz ändern. Wir sollten un

sere Gesetze so ändern, dass künftig Menschen mit einer Betreuung in allen Angelegenheiten sowie Straftäter, die wegen einer Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus sind, nicht mehr pauschal vom Wahlrecht ausgeschlossen werden.

Ein kurzer Blick auf unser Land. In unserem Land sind circa 850 Personen betroffen. Die Zahl ist im Vergleich zu anderen Bundesländern gering. Das wird uns von vielen gesagt und lässt sich nachlesen. Das hängt auch damit zusammen, dass die saarländischen Betreuungsrichterinnen und Betreuungsrichter gerade im Hinblick auf eine Betreuung in allen Angelegenheiten sehr fürsorglich arbeiten und diese nur mit Bedacht anordnen. An dieser Stelle kann man unseren Betreuungsgerichten danken, denn diese Handhabung ist meines Erachtens Ausdruck der Achtung des Wahlrechts der Bürgerinnen und Bürger. Sie wissen alle, dass das Betreuungsrecht dem Schutz und der Unterstützung erwachsener Menschen dient, die wegen einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst regeln können und deshalb auf die unterstützende Hilfe angewiesen sind. Das Wohl der Betroffenen steht stets im Vordergrund in Fragen des Betreuungsrechts.

Ich bitte Sie heute um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf, damit die im Saarland betroffenen Bürgerinnen und Bürger nach der Verkündung des Gesetzes, das morgen früh um 6.00 Uhr im elektronischen Amtsblatt veröffentlicht wird, ihre Anträge stellen oder zum Ausdruck bringen können, dass sie an der Wahl teilnehmen wollen, damit die Wählerverzeichnisse berichtigt werden können. Entsprechende Formblätter gibt es überall. Die Verbände sind entsprechend sensibilisiert und das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung zum Europawahlrecht auch schon darauf hingewiesen. Jeder kann mithelfen, damit diese Informationen auch weitergetragen werden.

Wir haben noch zwei entscheidende Daten vor uns: Bis zum 05. Mai gilt die Frist im Hinblick auf den Antrag zur Teilnahme an der Europawahl. Darüber hinaus haben wir noch die Frist des 10. Mai. Bis dahin können die Einsprüche gegen das Wählerverzeichnis zur Kommunalwahl erfolgen. Das ist ein Zeitraum, in dem noch sehr viel passieren kann. Helfen Sie mit, damit in der Öffentlichkeit eine Sensibilisierung stattfindet. Ich bitte Sie um Zustimmung.

Zum Abschluss: Das Wahlrecht ist eine höchst persönliche Entscheidung. Sie muss und kann nur von jedem Einzelnen getroffen werden. Stimmen Sie bitte zu, damit die betroffenen Bürgerinnen und Bürger ihr Wahlrecht, das vornehmste Recht des Bürgers im demokratischen Staat, wahrnehmen können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Abg. Heib (CDU) )

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Zur Begründung des Gesetzentwurfs der DIE LINKE-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Ralf Georgi das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist eine jahrzehntelange Ungerechtigkeit beendet worden. Das ist gut und war lange überfällig. Es ist gut, dass rund 81.000 Menschen nicht mehr vom Wahlrecht und damit von unserer Demokratie ausgeschlossen sind, weil sie eine Betreuung in allen Angelegenheiten zur Seite gestellt bekommen haben oder als Schuldunfähige in einem psychiatrischen Krankenhaus sind. Das Wahlrecht ist und bleibt ein unveräußerliches Menschenrecht. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl garantiert, dass jeder sein Wahlrecht in gleicher Weise ausüben kann, auch Menschen mit Behinderung. Das hat das Verfassungsgericht klargestellt.

Für die Europawahl hat der Bundestag eine Regelung gefunden, um dieses Urteil umzusetzen. Allerdings ist es eine Regelung, die man auch als Wahlrecht zweiter Klasse bezeichnen könnte, denn die Betroffenen dürfen nur wählen, wenn sie einen Antrag stellen, in das Wählerverzeichnis aufgenommen zu werden. Das müssen alle anderen Menschen ohne Behinderung nicht extra tun.

Im Innenausschuss ist diese Regelung von den Vertretern der SPD eindeutig kritisiert worden. Jetzt legen SPD und CDU für die Kommunalwahlen einen Entwurf vor, der genau diese Regelung übernimmt: Wahlrecht nur auf Antrag. Wir finden, das ist kein inklusives Wahlrecht für alle. Denn es bedeutet für die Betroffenen, dass sie eben doch eine zusätzliche Hürde nehmen müssen, um zu ihrem Wahlrecht zu kommen. Inklusion bedeutet nun mal - das muss man leider auch nach über zehn Jahren UN-Behindertenrechtskonvention immer wieder sagen -, Hürden abzubauen. Auch Karl Finke, der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft „Selbst aktiv“, nennt es im „vorwärts“ eine erhebliche Hürde.

Kolleginnen und Kollegen, wir haben deshalb einen Entwurf vorgelegt, der die verfassungswidrigen Wahlrechtsausschlüsse einfach komplett aus dem Gesetz streicht und damit gleiches Recht für alle schafft, dies ohne erhebliche Hürden für Menschen mit Behinderungen. Das sehen auch die kommunalen Behindertenbeauftragten des Saarlandes und die Beauftragte des Landes für die Belange der Menschen mit Behinderungen sowie der BSK-Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Saarland

so. Sie bestätigen in ihren Stellungnahmen unsere Ansicht.

Die Eile, die jetzt an den Tag gelegt werden muss auch mit dieser Sondersitzung -, wäre gar nicht nötig gewesen, wenn die politisch Verantwortlichen früher gehandelt hätten. Vor rund einem Jahr hat der Landtag die Landesregierung einstimmig aufgefordert, sich sowohl auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass künftig Menschen mit einer Betreuung in allen Angelegenheiten nicht mehr pauschal vom Wahlrecht ausgeschlossen werden, als auch auf Landesebene das Landtagswahlgesetz und das Kommunalwahlgesetz entsprechend abzuändern. Passiert ist seitdem nichts. Kolleginnen und Kollegen, jetzt bitte keine halben Sachen, denn nur ein wenig Gleichberechtigung gibt es nicht. Entweder gleiche Rechte für alle ohne erhebliche Hürden oder ungleiche Rechte.

Wie es gehen kann, haben andere Bundesländer bereits bewiesen. In Rheinland-Pfalz beispielsweise wurden die Wahlrechtsausschlüsse für den betroffenen Personenkreis durch die Novellierung des Kommunalwahlgesetzes gestrichen. In Baden-Württemberg wurde durch das Gesetz über das Wahl- und Stimmrecht von Personen, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer bestellt ist, geregelt, dass Wahlrechtsausschlüsse bei der anstehenden Kommunalwahl keine Anwendung finden, und zwar automatisch, ohne dass man es beantragen muss. Das ist der elementare Unterschied zum vorliegenden Gesetzentwurf von CDU und SPD, weswegen wir diesem auch nicht zustimmen können. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Entwurf. Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

So weit die Begründung zu den beiden Gesetzentwürfen. Ich eröffne nun die Aussprache. - Für die SPD-Landtagsfraktion hat die Abgeordnete Petra Berg das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein besonderer Tag, weil der saarländische Landtag zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengekommen ist, um ein sehr wichtiges Gesetz zu verabschieden. Es ist wichtig, weil es unmittelbar das Wahlrecht für die Kommunal- und Europawahlen betrifft, die in vier Wochen stattfinden werden. Es gilt aber auch über diesen Zeitpunkt hinaus.

Deshalb entscheidet heute der saarländische Gesetzgeber über zwei Gesetzentwürfe, eingebracht von den Koalitionsfraktionen und von der Fraktion DIE LINKE. Herr Georgi hat recht. Bereits im Mai

(Abg. Heib (CDU) )

2018 hat sich der saarländische Landtag in einem Antrag für ein inklusives Wahlrecht ausgesprochen und hat die Landesregierung aufgefordert, das Landtagswahlgesetz und das Kommunalwahlgesetz so abzuändern, dass es eben keinen pauschalen Wahlrechtsausschluss enthält. In der Debatte hat der Kollege Sebastian Thul darauf hingewiesen, dass es möglich ist, zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik ein fortschrittliches Zeichen zur Kommunalwahl 2019 zu setzen.

Der saarländische Landtag fasste damals den Beschluss, dem das Bundesverfassungsgericht acht Monate später folgen und bestätigen sollte. An dieser einstimmigen Beschlussfassung war die AfD allerdings nicht beteiligt. Die Umsetzung dieses Beschlusses wurde durch die Staatshoheitsabteilung der Landesregierung nicht vollzogen.

Genau deshalb muss der saarländische Gesetzgeber heute handeln und selbst entscheiden - nicht wie im Beschluss vom Mai 2018 intendiert über eine Gesetzesnovelle der Landesregierung, sondern aufgrund der Dringlichkeit über einen Gesetzentwurf der Fraktionen selbst in Erster und Zweiter Lesung zugleich. Damit erreichen wir zwar unser Ziel, das inklusive Wahlrecht jetzt doch noch zu implementieren. Aber man muss auch sagen, dass es die Fortschrittlichkeit, wie von Sebastian Thul anvisiert, nur mit einem zeitnahen Vollzug im Mai 2018 hätte geben können.

Aber in Sachsen hat die dortige Staatsregierung den sächsischen Verfassungsgerichtshof am 17. April dieses Jahres angerufen mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, damit dem Bundesverfassungsgericht gefolgt werden soll. Damit hat sich die dortige Regierung selbst und den Gesetzgeber aus der Verantwortung gezogen. Das machen wir im Saarland nicht. Hier handelt der Gesetzgeber so, wie es seine Verantwortung ist. Das ist gut so.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Warum ist das so essenziell wichtig und duldet keinen Aufschub? Weil das Wahlrecht die Statik unserer Demokratie ist. Wir leben in einer freiheitlichen Demokratie, in der die Legitimation der Staatsgewalt allein von der Bevölkerung - von den Wählerinnen und Wählern - ausgeht und zwar vom Ortsrat bis zum Europaparlament. Sie ist eine offene Demokratie und muss deshalb ständig durchdacht, kontrolliert, organisiert werden. Sie ist niemals - und wird es niemals sein - weder Selbstläufer noch Selbstzweck. Die Freiheitlichkeit beinhaltet den Hinweis auf das Menschenbild in einer offenen, wirklichen Demokratie, denn Freiheit ist die Autonomie des Einzelnen. Die Fremdbestimmung im Denken und im Handeln ist ausgeschlossen. Sie hat dort keinen Platz.

Deshalb muss sich staatliches Handeln unterordnen. Staatliches Handeln ist subsidiär. Die Freiheit aller Menschen ist vorrangig. Die Freiheit, zur Wahl zu gehen und unbestimmt zu wählen, ist die Statik der Demokratie. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl - wir haben es gehört - gewährleistet jedem Bürger und jeder Bürgerin gleichen Zugang zur Wahl. Dieser Grundsatz verbietet es, bestimmte Personengruppen auszuschließen.

Genau deshalb wollen wir ein inklusives Wahlrecht. Genau deshalb haben wir den Antrag vor einem Jahr in diesem Haus verabschiedet. Er hatte zum Gegenstand, den automatischen Entzug des Wahlrechts aufzuheben. In diesem Haus haben wir uns damit ausdrücklich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion DIE LINKE zu dem Verbot bekannt, Menschen wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen. Menschen mit und ohne Behinderung haben die gleichen Rechte. Dieser Gleichheitsgrundsatz bekräftigt eben das Menschenbild in einer offenen Demokratie. Menschen mit Behinderung dürfen niemals über vermeintliche Defizite oder ihr Anderssein definiert werden. Deshalb haben alle Menschen in einer inklusiven und freiheitlichen Demokratie grundsätzlich auch das Wahlrecht.

Im Saarland lebten im Dezember 2016 - das sind die letzten Zahlen, die ich gefunden habe 156.000 Menschen mit einer Schwerbehinderung und 90.000 Menschen mit einer Beeinträchtigung. Von den Wahlrechtsausschlüssen, die wir heute beseitigen, sind im Saarland 850 Menschen betroffen. Also, Herr Georgi, sind nicht alle Menschen mit einer Behinderung von einem Wahlrechtsausschluss betroffen. Es sind 850 Menschen im Saarland betroffen. Ich weiß, das haben Sie nicht gemeint, aber es wurde in Ihrer Pressemitteilung genau so benannt. Das ist nicht richtig. Ich glaube, es bedarf an dieser Stelle einer Klarstellung.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Diese Menschen werden in allen ihren Angelegenheiten von einem Betreuer vertreten oder sie befinden sich aufgrund einer strafrechtlichen Anordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Es verstößt gegen unsere Verfassung, diese Menschen pauschal von ihrem Wahlrecht auszuschließen. Das Wahlrecht ist nämlich die Statik der Demokratie und ein höchstpersönliches Recht, das jedem Bürger und jeder Bürgerin zusteht. Es ist ein höchstpersönliches Recht, das nur von jedem Menschen selbst ausgeübt werden kann. Deshalb ist es notwendig, dass sich die Wähler ihren Willen frei bilden und diesen äußern können. Ich vergleiche es immer gerne mit der Ehe. Das Eingehen der Ehe ist auch ein höchstpersönliches Recht. Auch da muss jeder Mensch sagen: Ja, ich will.

(Abg. Berg (SPD) )

Nur wenn diese Kommunikationsfähigkeit nicht mehr besteht oder auch nie bestanden hat, kann ausnahmsweise - so das Bundesverfassungsgericht ein Ausschluss verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Wir werden das Landtagswahlgesetz und das Kommunalwahlgesetz novellieren, sobald der Bundesgesetzgeber sein Wahlrecht an die verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasst hat.

Frau Heib hat schon gesagt, dieses Gesetz hat den Bundestag bereits in der Ersten Lesung passiert. Man hat in diesem Gesetzentwurf die Überlegung abgelehnt - auch das muss an dieser Stelle gesagt werden -, eine Ausweitung der Wahlrechtsausschlüsse auf alle gleichermaßen betreuungsbedürftigen Personen vorzunehmen. Auch das wurde überlegt. Aber auch das käme im Saarland schon seit über einem Jahr nicht infrage.

Zentraler Punkt dieser Regelung ist die zulässige Assistenz bei der Wahlrechtsausübung. Wenn klargestellt wird, dass eine Hilfsperson hinzugezogen werden kann, darf sie mit in die Wahlkabine gehen. Diese Hilfsperson muss mindestens 16 Jahre alt sein. Begrenzt ist diese Hilfestellung allerdings auf eine rein technische. Sie darf den eigenständig getroffenen und geäußerten Willen, also die Wahlentscheidung des Wahlberechtigten, nur umsetzen. Sie darf sie nicht verändern, sie darf sie nicht ersetzen. Wenn die Hilfsperson einen Interessenkonflikt hat, dann darf sie diese Tätigkeit nicht ausüben. Das ist im Prinzip nichts Neues. Das gilt heute genau schon so, es wird aber nach der Novellierung im Gesetz normiert und konkretisiert.

Die gänzliche Streichung der Wahlrechtsausschlüsse ohne Regelung einer solchen Assistenz bei der Ausübung des Wahlrechts und ohne Regelung von Grenzen und ohne strafrechtliche Absicherung - wie im Gesetzentwurf der LINKEN gefordert - sieht der Gesetzentwurf des Bundestages nicht vor. Das war auch nicht die Absicht des Bundesverfassungsgerichts. Es ist nämlich gerade Aufgabe des Gesetzgebers, also auch dieses Hauses, einen Ausgleich herzustellen zum einen zwischen der Allgemeinheit der Wahl - das heißt, dass jeder wählen darf - und zum anderen der Höchstpersönlichkeit der Wahl. Das heißt, die Freiheit der Wahl und der Charakter der Wahl als Integrationsvorgang bei der politischen Willensbildung sind zu sichern.

Genau aus diesen Gründen legen wir heute diesem Haus unseren Gesetzentwurf vor, der die Höchstpersönlichkeit sichert. Jeder betroffene Mensch, der sagt, ich will wählen, darf auch wählen. Das gilt für die Europawahl und für die Kommunalwahl. Dabei gibt es Fristen zu beachten. Aber auch beim inklusiven Wahlrecht wird es auch bei einem unverschuldeten Fristversäumnis bis einen Tag vor der Wahl möglich sein, Wahlscheine zu beantragen und zu wählen. Auch das ist heute schon so. Das geht si

cherlich, das kann ich an der Stelle auch sagen, erleichtert für Menschen mit einer Behinderung.

Auch die Gemeindewahlleiter sind instruiert, auch sie werden helfen. Sie werden auch darauf achten, dass die Intension, also dieses materielle Recht, das ohne Wahlrechtsausschlüsse für die betroffenen Personen eben gilt, auch so angewandt wird und nicht durch formalisierte Hürden konterkariert wird. Auch die Landeswahlleitung wird beratend zur Verfügung stehen und helfen, insbesondere auch den Behindertenverbänden, mit denen sie jetzt schon in intensivem Kontakt ist. An dieser Stelle möchte ich auch den Behindertenverbänden, an ihrer Spitze auch der Landesbehindertenbeauftragten, Frau Christa Rupp, einen ganz herzlichen Dank aussprechen für ihre Begleitung in dieser Diskussion und auch für die schon zugesagte Hilfestellung für die betroffenen Personen, für die Verbände und die Angehörigen, die sich jetzt darum bemühen, dass eben dieses inklusive Wahlrecht durchgesetzt werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns doch überlegen, was wäre denn die Folge, wenn die Wahlrechtsausschlüsse jetzt einfach so gestrichen würden, wie von der Fraktion DIE LINKE gefordert? Dann wären zwar diese 850 betroffenen Menschen materiell wahlberechtigt, sie hätten aber noch lange keinen Wahlschein. Das heißt, man müsste von Amts wegen jetzt die Wählerverzeichnisse korrigieren. Bis wann? Es sind noch vier Wochen. Auch das wäre nicht einfach, denn es muss ja eine Wahlbenachrichtigung zugehen. Wem geht sie zu? Die Menschen, die in allen Angelegenheiten betreut werden, können im Regelfall nicht für sich selbst sorgen, sie brauchen eine intensive Hilfestellung, das heißt, die Wahlbenachrichtigung müsste dem Betreuer, der Betreuerin zugehen. Diese Adressen haben aber die Meldebehörden nicht, sie stehen auch in keinem Wählerverzeichnis und sind eigentlich nur über das Gericht zu erlangen. Der Betreuer müsste dann, wenn er korrekt vorgeht, eine Verständigung mit dem Betreuten über das Wahlrecht herbeiführen. Dazu ist er im Übrigen, meine Damen und Herren, auch nicht verpflichtet.

Also, was würde das helfen, heute diesen Ausschluss gänzlich aus dem Gesetz zu streichen? Ich glaube, das wäre wirklich eine Hürde, denn es wäre nicht sichergestellt, dass die Menschen, die wählen dürfen, auch rechtzeitig ihre Wahlunterlagen bekommen. An dieser Stelle möchte ich auch meinen Dank an die Betreuer, Betreuerinnen aussprechen und auch an die Angehörigen, die betreuen und eben auch bei solchen Dingen, bei dem Wahlrecht, Hilfestellung leisten, die den Willen der wahlberechtigten betroffenen Menschen aufnehmen und umsetzen helfen. Auch das ist nicht immer eine einfache Arbeit. An dieser Stelle einen herzlichen Dank an die

(Abg. Berg (SPD) )

Menschen, die diese Entscheidungen zum Wohle der betroffenen Menschen umsetzen helfen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ihr Gesetzentwurf kann nur vorläufig sein, weil das Bundesverfassungsgericht etwas mehr verlangt. Es muss anschließend von einem solchen Gesetzentwurf, wie Sie ihn hingelegt haben, wieder abgerückt werden. Dann ist ein Vertrauenstatbestand geschaffen, Menschen vielleicht ein Wahlrecht gegeben worden, das nachher wieder eingeschränkt werden muss, wieder unter einen Vorbehalt gestellt werden muss und das eben keinen Ausgleich zwischen der Freiheit der Wahl und einem wirklich inklusiven Wahlrecht gewährt. Menschen würden irritiert, würden schlimmstenfalls enttäuscht werden. Ich denke, mit einem solchen Gesetzentwurf würde das höchstpersönliche Wahlrecht, die Statik unserer Demokratie, zu einem Spielball eines falsch verstandenen Parlamentarismus gemacht. Deshalb sagen wir Nein.

Wir sagen ja zu unserem Gesetzentwurf, der ein inklusives Wahlrecht gewährt, und zwar jetzt und sofort. Dieses Wahlrecht kann von den betroffenen Personen ausgeübt werden. Es reicht aus, wenn die betroffene Person sagt, dass sie wählen will - das kann sie selbst tun, das kann sie durch eine Hilfsperson tun, das kann sie durch ihren Betreuer tun und gegenüber der Gemeindewahlleitung erklärt: Ja, ich will wählen. Dann darf sie wählen, dann kann sie wählen, sie kann an allen Wahlen über den 26. Mai, über den 09. Juni hinaus ohne ein zusätzliches Verfahren teilnehmen. Das ist gut so. Deshalb bitte ich, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die nächste Wortmeldung kommt von der AfD-Landtagsfraktion. - Ich erteile ihrem Vorsitzenden Josef Dörr das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Ich werde zuerst ein paar Ausführungen zum Inhalt machen und dann ein paar Ausführungen zu dem Verfahren.

Menschen, für die ein Gericht eine Betreuung in allen Angelegenheiten angeordnet hat, sowie Straftäter, die wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind, sind bisher vom Wahlrecht ausgeschlossen. Diese 850 erwachsenen Saarländer - und das hat Frau Berg eben richtiggestellt - sind nur ein ganz kleiner Bruchteil unserer Behinderten. Wenn man hier Fragen stellt, stellt man also keine Fragen, was die Behinderten betrifft. Die Zahlen sind ja bekannt, wir haben fast eine viertel Million behinderte Menschen im Saarland,