Protocol of the Session on February 15, 2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Cattenom ist für mich ein Beleg dafür, dass Energiefragen selbstverständlich wichtige nationale Fragen sind, aber es ist eben auch ein Beleg dafür, dass diese Energiefragen letztendlich nicht nur national beantwortet werden können, sondern dass sie vor allem auch in einem europäischen Kontext gesehen werden müssen. Letztendlich haben wir es geschafft, den Ausstieg aus der Atomenergie hier in Deutschland zu organisieren, die Rolle rückwärts hinzubekommen zu einer sicheren Energieversorgung, die ohne Gefährdung der Bevölkerung möglich ist. Aber gerade für die saarländischen Bürgerinnen und Bürger stellt sich eine andere Frage, nämlich was passiert denn mit uns, wenn in 20 Kilometer Entfernung das Atomkraftwerk Cattenom irgendwann nicht nur ein Ereignis der Sicherheitsstufe 2 hat, sondern ein Ereignis einer höheren Sicherheitsstufe? Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier wird deutlich, dass Energiefragen nicht nur national zu beantwor

ten sind, sondern dass sie vor allem in einem europäischen Kontext zu beantworten sind.

(Beifall bei der SPD.)

Das geht mit einer Positionierung, wie wir sie hier am heutigen Tage vornehmen. Damit ist die Arbeit allerdings nicht getan, sondern es geht natürlich vor allem darum, mit Nachdruck einen ständigen Dialog mit unseren französischen Freundinnen und Freunden zu führen und darauf hinzuweisen, dass es auf saarländischer Seite große Ängste gibt, was den Sicherheitsstandard dieses Atomkraftwerks angeht. Die Ereignisse, Störfälle und Zwischenfälle - egal welchen formalen Ausdruck man dafür jeweils benutzen möchte - liefern hinreichend Beleg dafür, dass das, was dort abläuft, aus saarländischer Sicht völlig inakzeptabel ist. Gerade das letzte Ereignis, das hier in der Presse diskutiert worden ist und das wir auch bereits im Ausschuss diskutiert haben, ist dafür ein mehr als eindringlicher Beleg. Hier fehlt ein sicherheitsrelevantes Ventil. Seit über zwanzig Jahren ist nicht entdeckt worden, dass es nicht eingebaut worden ist. Das heißt, dieser Reaktor hätte überhaupt nicht ans Netz gehen dürfen. Wenn dieses Ventil fehlt, könnten sich beim Leerlaufen des Behälters die Brennstäbe erhitzen und es könnte dann auch zum Austritt von Radioaktivität kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist schlichtweg Schlamperei, dieser Reaktor muss nicht nur vom Netz, sondern er hätte erst gar nicht ans Netz gehen dürfen, wenn man die Vorschriften beachtet hätte.

(Beifall bei der SPD.)

Und wenn dann in einem engen zeitlichen Zusammenhang dieser Sachverhalt bekannt wird und Sarkozy in Fessenheim vor Ort erklärt: „Wir setzen in Frankreich weiterhin auf Atomstrom“, dann muss ich sagen, ist das Bewusstsein hierfür bei Herrn Sarkozy offenbar nicht ausreichend ausgebildet und man kann aus saarländischer Sicht an dieser Stelle offensichtlich nur noch auf einen Politikwechsel in Frankreich hoffen, der uns an dieser Stelle hoffentlich weiterbringen möge. Es ist in der Tat so, dass Cattenom eine reale Gefahr für die Großregion darstellt. Das ist nicht nur ein politisches Getöse, sondern das ist hinreichend belegt durch die Vorfälle, die es dort gegeben hat. Es ist sicherlich auch so, dass wir mittlerweile sagen können, Cattenom ist ein Pannenreaktor. Die Anzahl der Pannen, die sich dort in den letzten Jahren ereignet haben, würde ein abendfüllendes Programm darstellen, wenn man sie im Einzelnen aufzählen würde. Auch die Ergebnisse, die der Stresstest jetzt noch einmal hervorgebracht hat, zeigen ganz deutlich, dass dieser Reaktor eben nicht gewappnet ist, irgendwelchen besonderen Naturereignissen oder möglicherweise terroristischen Anschlägen standzuhalten. Und noch viel schlimmer ist, dass wir mittlerweile tatsächlich den Eindruck ge

(Abg. Heinrich (CDU) )

winnen müssen, dass es auch kein hinreichendes Sicherheitsbewusstsein auf französischer Seite bei den Betreibern gibt. Das ist etwas, was uns noch mit viel größerer Sorge erfüllen muss. Und deshalb muss es auch ein Umdenken auf französischer Seite geben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD.)

Schlussendlich kann das allerdings nur eine Forderung sein auf dem Weg hin bis zu der ultimativen Forderung, die wir als notwendig ansehen, nämlich diesen Pannenreaktor einfach abzuschalten. Cattenom gehört vorzeitig abgeschaltet im Sinne der Sicherheit der Saarländerinnen und Saarländer. Das ist die Botschaft des heutigen Tages.

(Beifall bei der SPD.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Dagmar Ensch-Engel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann die Reden meiner Vorredner allesamt nur unterschreiben, vor allen Dingen auch die flammende Rede von Herrn Ulrich. Allerdings wundere ich mich ein bisschen darüber, wieso Sie, als Sie in der Verantwortung in der Jamaika-Koalition standen, doch eine eher sanftere Kritik geübt haben. Wenn Sie sich recht erinnern, waren es die Abgeordneten der LINKEN, die beim Besuch in Cattenom die kritischen Fragen gestellt haben und Herrn Dupré-la-Tour in Verlegenheit gebracht haben. Das ging dann so weit, dass es Kolleginnen und Kollegen aus diesem Parlament gab, die sich darüber mokiert haben, wir würden Herrn Dupré-la-Tour zu sehr in Schwierigkeiten bringen und wir sollten das bitte unterlassen. Solange wir diese Einstellung haben, meine Damen und Herren, werden wir in diesem Punkt nicht weiterkommen.

In der letzten Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Energie haben wir von dem letzten großen Mangel, dem Fehlen einer Öffnung in einer Leitung, die den Wasserstand in diesem Abklingbecken anzeigen soll, erfahren. Es handelt sich um ein geschlossenes System mit demineralisiertem Wasser. Das wurde durch Zufall entdeckt, denn die Überprüfung der vorhandenen beziehungsweise in diesem Fall eben nicht vorhandenen sicherheitstechnischen Anlagen in Cattenom ist nicht Gegenstand des Stresstestes. Vielmehr geht die Betreibergesellschaft davon aus, dass das ursprünglich vorhandene Sicherheitssystem in Cattenom ausreichend ist und keiner erneuten Überprüfung bedarf. Dieser irrigen Annahme kann die Fraktion DIE LINKE absolut nicht folgen. Aus unserer Sicht müsste die vor knapp 30 Jahren erteilte Betriebsgenehmigung der Anlage

aufgrund der fehlenden Sicherheitseinrichtungen zurückgenommen werden und das Kraftwerk sofort stillgelegt werden.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn die nötige Wasserüberdeckung der gelagerten Brennelemente nicht gegeben gewesen wäre. Dieser Lagerraum ist, wie Sie wissen, außerhalb des Containments. Das heißt, dass es dort keine Sicherheitshülle gibt. Diese Halle verfügt lediglich über ein ganz normales Industriedach aus Sickenblechen auf normalen T-Trägern. Käme es dort zu einer Kernschmelze, würde diese Blechbude innerhalb weniger Minuten in die Luft fliegen.

Das Gefahrenpotenzial für die Bevölkerung in der Großregion ist einfach zu groß. Es gibt daher nur einen gangbaren Weg: das Abschalten von Cattenom! Wir stimmen dieser Resolution zu. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der LINKEN und bei der SPD.)

Das Wort hat für die FDP-Landtagsfraktion Herr Kollege Karl-Josef Jochem.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Wochen hat sich die Ministerpräsidentin mit dem Luxemburger Regierungschef getroffen und sich anlässlich dieses Treffens auch schon zu Cattenom geäußert. Mir als dem Vorsitzenden des Umweltausschusses im saarländischen Landtag oblag es, dafür zu sorgen, dass in dieser Frage nun auch das Parlament eine geschlossene Haltung zeigt und gegenüber der Öffentlichkeit deutlich macht, dass wir die Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger, insbesondere auch der Bewohner des Raumes Perl, bezüglich der Sicherheit des Atomkraftwerks Cattenom ernst nehmen.

Im Mai des vergangenen Jahres konnte sich der Ausschuss davon überzeugen, wie es um die Sicherheitsbestimmungen in Cattenom bestellt ist. Es ist in der Tat so, wie das Kollegin Ensch-Engel schon dargestellt hat: Über dem Abklingbecken gibt es lediglich ein Blechdach. Dieses wird zwar durch Eisenträger gehalten, bietet aber wohl keine Sicherheit. Niemand, der das vor Ort gesehen hat, wird die Aussage, dass dort nichts passieren kann, ernst nehmen. Die Pannen und Zwischenfälle im Kraftwerk haben sich seit seiner Inbetriebnahme gehäuft; meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen. Das nun festgestellte Fehlen einer Sicherheitsvorrichtung im Becken mit den Brennstäben stellt einen Höhepunkt in der Serie der Zwischenfälle dar.

(Abg. Rehlinger (SPD) )

Wir alle haben Fukushima vor Augen. Wir sollten daher nicht länger zuwarten und unsere Stimme deutlich erheben, damit die Öffentlichkeit weiß: Auch das Parlament nimmt dieses Anliegen sehr ernst. Mit der vorgelegten Resolution tun wir das. Wir hoffen, dass dieses Anliegen weiterhin so konsequent verfolgt wird, und wir müssen auch im Interregionalen Parlamentarierrat diesbezüglich am Ball bleiben. Denn wir brauchen mehr Europa, und „mehr Europa“ meint auch „mehr Verständigung“, gerade auch in solchen sicherheitsrelevanten Fragen. In diesem Sinne äußern wir uns heute als Parlament. Mit unserer Resolution zeigen wir, dass wir in dieser Frage für Klarheit sorgen wollen. Betreiben wir die Abschaltung dieses Atomkraftwerks! Das ist das Beste für die Sicherheit in unserer Region. - Vielen Dank.

(Beifall.)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Helma Kuhn-Theis.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass wir heute hier ein einstimmiges Votum aus dem saarländischen Landtag insbesondere an unsere Freunde in Lothringen senden. Darüber freue ich mich. Das könnte einen wichtigen Schritt in unserer gemeinsamen Arbeit für die Zukunft darstellen.

Es ist hier hinlänglich über das Risiko, über die versäumten Sicherheitsvorkehrungen gesprochen worden. Ich möchte den Fokus nun auf zwei, drei Lösungsansätze legen. Denn die Forderungen, die wir erheben, sind nur ein Aspekt. Wir müssen uns ja auch überlegen, wie wir mit den aufgezeigten Mängeln und all dem, was um Cattenom herum geschehen ist, umgehen sollen. Hierzu möchte ich nun den ein oder anderen Lösungsvorschlag unterbreiten.

Wir erinnern uns alle an den vielfach diskutierten Stresstest. Wir alle waren im Grunde übereinstimmend der Meinung, dass dieser „Stresstest“ kein wirklicher Stresstest war, sondern eher, wie es in der Saarbrücker Zeitung einmal formuliert wurde, ein Ritual. Dieser „Stresstest“ verdient allein schon deshalb seinen Namen nicht, weil es keine Kriterien gibt, die klar aussagen, ob das Kraftwerk Cattenom diesen Test bestanden hat oder nicht. Ich weise in diesem Zusammenhang auf die internationalen Regeln hin. Es gibt das „cahier des charges“, das Lastenheft, nach dem der „Stresstest“ eigentlich hätte ausgelegt werden müssen. Nichts davon ist geschehen!

Erinnern wir uns an das, was vor zwei Wochen zutage trat: Bei diesem Defizit ging es um die Möglich

keit der Kernschmelze! Im EU-Lastenheft ist aber eben dieser Punkt beschrieben; es geht um die Risikoanalyse mit Blick auf die Kernschmelze. Genau dieses Risiko ist also in Cattenom doch nicht überprüft worden! Angesichts dessen müssen wir darauf hinwirken, dass künftig Stresstests internationalen Regeln entsprechen - auch in Cattenom. Das ist der erste Vorschlag, den ich einbringen möchte.

Mein zweiter Vorschlag. Die Formulierung der Resolution klingt zwar schön und alle sind zufrieden, doch sind wir alle uns auch bewusst, dass es uns nicht gelingen wird, für die Abschaltung des Kraftwerks Cattenom morgen oder übermorgen oder auch binnen eines halben Jahres zu sorgen. Das ist hier ehrlicherweise auch zu sagen. Deshalb müssen wir der Phase, in der es uns gelingen kann, für die Abschaltung des Kraftwerks zu sorgen, einige Schritte vorschalten. Ich vertrete dazu die Meinung, dass es uns in einem gemeinsamen Bemühen gelingen muss, dafür Sorge zu tragen, dass die festgestellten gravierenden Mängel unverzüglich behoben werden. Diesbezüglich können wir nicht bis 2015 warten, wie das ja Herr Dupré-la-Tour angekündigt hat. Ich lege großen Wert darauf, dass wir alle gemeinsam auf die Mängelbeseitigung hinwirken. Dieser Schritt ist ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, jedenfalls umsetzbar und sorgt dafür, dass die Gesundheit der Saarländerinnen und Saarländer und der 18 Millionen Menschen in der Großregion konkret geschützt wird.

Ich möchte noch einen dritten Punkt ansprechen, der mir besonders am Herzen liegt. Wir leben im Herzen Europas, in einer Grenzregion, die sich zunehmend auch europäisch entwickelt. Ich meine, es sollte gelingen, Sonderrechte für Grenzregionen einzufordern, auch für unsere Region. Ich möchte auch unsere Ministerpräsidentin bitten, sich im Rahmen der von ihr ausgeübten Funktionen auf europäischer Ebene dafür einzusetzen. Es sollte für die Zukunft erreicht werden, dass in dem Fall, dass solche Anlagen, die einen hohen Risikofaktor haben, an der Grenze errichtet werden, nicht mehr allein der am Errichtungsort zuständige Nationalstaat bestimmen kann, was geschieht. Es ist wichtig, dass künftig auch die Menschen im Umfeld einer solchen Anlage ein Mitspracherecht haben. Das sollten wir gemeinsam einfordern, in diese Richtung sollten wir gehen. Also: Sonderrechte für die Grenzregionen, wenn es um Gefahren für die Gesundheit der Menschen in diesen Regionen geht. Das zu erreichen, sollte uns gemeinsam gelingen.

(Beifall von der CDU und bei B 90/GRÜNE.)

Ich weiß, dass das kein einfaches Unterfangen sein wird. Aber auch das gehört zur künftigen Struktur einer Modellregion in Europa.

(Abg. Jochem (FDP) )

Viele Kolleginnen und Kollegen waren am 02. Dezember in Metz anwesend, als in einer Resolution beispielsweise festgestellt wurde, dass die Laufzeitverlängerungen nicht mehr hinnehmbar sind, dass die festgestellten Schäden umgehend behoben werden müssten. In der Resolution wurde auch das Ziel formuliert, dass Cattenom abgeschaltet wird. Wir haben uns dazu in Lothringen, insbesondere auch von unseren lothringischen Kollegen, sehr vieles anhören müssen, weil wir es mit der Resolution gewagt haben, uns in nationalstaatlich verstandene Dinge einzumischen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, nach dem aktuellen Vorfall müssten auch diejenigen Kollegen, die unsere Resolution abgelehnt haben, noch einmal in sich gehen, noch einmal neu über die Sachverhalte nachdenken.

Ich hoffe hier auch auf Unterstützung durch unsere Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die auch Mitglied des Gipfels der Großregion ist. Ich gehe davon aus und bin mir dessen auch sehr sicher, dass Sie, liebe, verehrte Frau Ministerpräsidentin, jetzt das Zepter in die Hand nehmen werden, um auch Ihre Kollegen aus der Großregion davon zu überzeugen, dass hier etwas geschehen muss. Einen ersten wichtigen und positiven Schritt in diesem Sinne, liebe Ministerpräsidentin, sehe ich auch in dem konstruktiven Gespräch mit Jean Claude Juncker. Ohne nun vermessen sein zu wollen, kann man, so meine ich, sagen: Das sind zwei Schwergewichte in der Exekutive der Großregion, damit sind wir auf einem guten Weg.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Da sind wir glücklich. - Sie sollten das aber geschlechtsneutral formulieren.)

Ich vertraue auf Sie, verehrte Ministerpräsidentin, da ich davon ausgehe, dass Sie dieses Anliegen aufnehmen werden. In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch mal: Das ist ein guter Tag für das Parlament. Wir sind uns einig, wenn es um die Sicherheit und die Gesundheit von 18 Millionen Menschen in der Großregion geht. Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg beschreiten. - Vielen Dank.

(Beifall von der CDU.)

Das Wort hat die Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Debatte heute und die Resolution, die ja von allen Fraktionen in diesem Hause getragen wird, zum Anlass nehmen, mich ganz herzlich zu bedanken für dieses gemeinsame Zeichen des Landtages, das heute von dieser Resolution ausgeht. Es hat seinen

Vorlauf gehabt in den zahlreichen Sitzungen des Umweltausschusses nicht nur in den letzten Tagen, sondern auch in der Vergangenheit, und auch in dem Bemühen der Kolleginnen und Kollegen aus diesem Haus, die sich insbesondere in den regionalen interparlamentarischen Gremien für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger nicht nur im Saarland, sondern in der gesamten Region, einsetzen.

Das, was in dieser Resolution zum Ausdruck kommt, ist eine der großen Gemeinsamkeiten der saarländischen Landespolitik seit vielen Jahren. Seitdem Cattenom geplant und gebaut wurde, seit es am Netz ist, haben wir alle immer wieder gesagt, dass uns dieses Atomkraftwerk beunruhigt, weil es nicht unseren Sicherheitsvorstellungen entspricht und weil dort die Kontrollen nicht so ablaufen, wie wir uns das vorstellen. Es hat gerade in der Vergangenheit Probleme mit der Informationsweitergabe durch die zuständigen Stellen gegeben. Gerade nach den Ereignissen von Fukushima haben wir gesehen, dass auch in hochtechnologisierten Ländern die Atomenergie nicht beherrschbar ist und dass das, was wir als Restrisiko bezeichnen, dann, wenn es sich realisieren würde, nichts anderes bedeuten würde für diese Region, als dass dieser Landstrich nicht nur auf einige Jahre, sondern für Generationen nicht mehr bewohnbar wäre. Das ist die Realität rund um Cattenom.

Deswegen ist es guter Brauch und gute Tradition, dass es zu diesem Thema eine große Übereinstimmung gibt. Diese Resolution heute stärkt natürlich auch der saarländischen Landesregierung - so wie das auch bei den Vorgängerregierungen war - den Rücken, um diese Positionen auf nationaler Ebene in Deutschland, aber auch auf internationaler Ebene bei den französischen Nachbarn deutlich zu machen und durchzusetzen.

Ich darf Ihnen in dem Zusammenhang sagen, dass ich unmittelbar im Umfeld des Bekanntwerdens der neuesten Sicherheitsmängel in Cattenom die Gelegenheit hatte, mich bei einem Arbeitsbesuch mit dem Premierminister von Luxemburg über diese Frage auszutauschen. Wir waren beide einer Meinung, dass die Kernforderung für die gesamte Region nach wie vor sein muss, dass Cattenom unverzüglich und so schnell wie möglich vom Netz genommen wird. Wir haben in diesem Zusammenhang verschiedene Ebenen, auf denen auch die saarländische Landesregierung agieren kann. Um unsere Interessen sowohl auf der deutschen als auch auf der französischen Seite deutlich zu machen, habe ich gestern zwei Briefe veranlasst, zum einen an den französischen Staatspräsidenten Sarkozy und zum anderen an die deutsche Bundeskanzlerin, in denen ich noch mal auf die Positionen des Saarlandes und auf die letzte Serie von Pannen im Kernkraftwerk Cattenom hingewiesen habe, noch einmal

(Abg. Kuhn-Theis (CDU) )

die Sicherheitsbedenken genannt habe. Diese Briefe werden, nachdem sie nach der Verabschiedung der Resolution auf den neuesten Stand gebracht worden sind, heute die Staatskanzlei verlassen.

Ich will in dem Zusammenhang eines ganz deutlich sagen, ohne mich in den französischen Wahlkampf einmischen zu wollen - ich glaube, das gehört mit zur ehrlichen Diskussion. Unabhängig davon, wer in den beiden anstehenden Wahlkämpfen in Frankreich am Ende die Mehrheit haben wird und unabhängig davon, ob sich die Vorstellungen der ein oder anderen Partei mit Blick auf die Atomkraft realisieren wird, müssen wir eines zur Kenntnis nehmen: Es wird auch nach einem möglichen Regierungswechsel in Frankreich keine nationale französische Politik geben, die ähnlich wie in Deutschland den kompletten Ausstieg aus der Kernenergie in den nächsten Jahren zur Realität werden lässt. Diese Realität müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Deswegen ist es wichtig, dass wir neben der Hauptforderung, Cattenom vom Netz zu nehmen, auch alle anderen Möglichkeiten einfordern und ergreifen, die die Sicherheitssituation verbessern.

Ich habe in diesen Briefen, die, wie gesagt, heute noch die Staatskanzlei verlassen werden, deutlich gemacht, dass wir hier im Saarland mit großer Sorge die Diskussion um die mögliche Entscheidung auf der französischen Seite sehen, die Laufzeiten der Atomkraftwerke noch über den jetzigen Bestand hinaus zu verlängern. Das wird die Lösung der Sicherheitsfrage nicht einfacher machen. Ich habe in zahlreichen Gesprächen unter anderem auch mit dem französischen Botschafter dafür geworben, dass bei der Behebung der Mängel, die jetzt durch den Stresstest - was immer man von der Vollständigkeit des Tests halten mag - festgestellt wurden, die beiden Kraftwerke, die sich in Grenznähe befinden, Fessenheim und Cattenom, ganz oben auf der Prioritätenliste der Modernisierung stehen müssen. Man muss wissen, dass es vom Typ Cattenom zirka 20 baugleiche Kraftwerke in ganz Frankreich gibt. Es kann aus unserer Sicht nicht sein, dass Kernkraftwerke an anderer Stelle in Frankreich modernisiert werden, aber das Kernkraftwerk, das hier mehrere Staaten und die Menschen der gesamten Großregion im Herzen Europas bedroht, bei der Modernisierung ganz ans Ende gerückt wird. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Das muss immer die zweite Forderung sein, die wir erheben.