Protocol of the Session on September 21, 2011

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Wir, die FDPFraktion, sagen Ja zum Girokonto auf Guthabenbasis für jeden Menschen. Das Girokonto ist von hoher sozialer Bedeutung. Es ist eine wichtige Voraussetzung für die Teilnahme der Menschen am Wirtschaftsleben. Nein sagen wir zum jetzigen Zeitpunkt zu einem Anspruch auf ein Girokonto, der gesetzlich verankert ist, denn wir haben es eben vom Kollegen Wegner erfahren: Ende des Jahres wird die Bundesregierung dem Bundestag ihren turnusmäßigen Kon

(Abg. Wegner (CDU) )

trollbericht vorlegen. Erst dann liegen verlässliche Zahlen vor, mit denen wir anschließend die Diskussion neu beginnen sollten.

Sollte sich dann herausstellen, dass die Banken ihre Selbstverpflichtung nicht oder nur teilweise wahrnehmen, müssen weitere Maßnahmen folgen. Dann muss die Weiterentwicklung der Selbstverpflichtung angestrebt werden. Erst dann, wenn dazu keine Bereitschaft besteht, dürfte sich die Einführung eines gesetzlich verankerten Anspruchs gegenüber allen Kreditinstituten auf ein Girokonto auf Guthabenbasis als unumgänglich erweisen, denn für uns Liberale gilt: Eine gesetzliche Regelung sollte per se immer Ultima Ratio sein, das heißt, die letzte Möglichkeit. Für die saarländischen Sparkassen - das wurde bereits angesprochen - ist schon heute festzuhalten, dass sie ihrer Verantwortung nachgekommen sind.

(Abg. Schumacher (DIE LINKE) : Nein, sind sie nicht.)

An das Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft als Sparkassenaufsichtsbehörde sind in den letzten Jahren keine Beschwerden in puncto Girokonto für jedermann herangetragen worden. Beim Sparkassenverband gingen im Jahr 2010 drei Beschwerden ein. Zwei davon haben sich erledigt. Im verbleibenden Fall war die Kontoführung unzumutbar. Wir haben eben die Gründe für eine Unzumutbarkeit bereits gehört. Bis August 2011 lagen keine Beschwerden vor. Schon aus diesem Grund ist eine sofortige Änderung des Saarländischen Sparkassengesetzes nicht möglich. Frau Kollegin Ries hat auch gesagt, bei den Sparkassen funktioniert es. Sie hat uns dann, sage ich einmal, den Grund bestätigt, warum wir den Gesetzentwurf der LINKEN ablehnen. Denn im Bereich der saarländischen Sparkassen liegt momentan keine Notwendigkeit vor.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Woher wissen Sie denn das? Haben Sie eine Umfrage gemacht? Abg. Kugler (DIE LINKE): Die Schuldnerberatungen sagen etwas anderes.)

Sie haben die Zahlen selbst in der Antwort gelesen. Da können Sie gerne noch einmal nachlesen, Herr Linsler, falls Sie sich überhaupt mit dem Thema so intensiv beschäftigt haben.

Aber zwei Dinge können wir heute schon machen. Wir können die Landesregierung auffordern, sich für die Beibehaltung und Optimierung der Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft zum Girokonto für jedermann einzusetzen und wir können sie dazu auffordern, sich für die Weiterentwicklung der derzeit unverbindlichen ZKA-Empfehlung zu einer rechtlich verbindlichen Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft einzusetzen. In diesem Zusammenhang muss deutlich gemacht werden, dass es konkreter Maßnahmen der Kreditwirtschaft bedarf. Auch hier wurden bereits mögliche Sanktionsmaßnahmen ange

sprochen, um gegen Kreditinstitute vorgehen zu können, die sich dieser Selbstverpflichtung nicht unterworfen haben.

Ich fasse zusammen: Wir warten den Bericht der Bundesregierung Ende des Jahres ab. Sollte es dann negative Ergebnisse geben, stehen wir einer gesetzlichen Regelung jederzeit offen gegenüber.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Na also!)

Girokonto für jedermann ja, gesetzliche Regelung leider, Herr Linsler, es tut mir leid - zum jetzigen Zeitpunkt nein. Deshalb werden wir sowohl den Gesetzentwurf der LINKE-Fraktion als auch den der SPD ablehnen. - Danke.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich eigentlich nur dem anschließen, was meine Vorredner aus der Regierungsmehrheit schon gesagt haben. Wir reden heute über ein Thema, bei dem wir eigentlich einer Meinung sind.

(Abg. Schumacher (DIE LINKE) : Dann kann man ja zustimmen.)

Jeder Mensch braucht ein Girokonto. Die Regelungen, die wir in Deutschland insgesamt haben, sind da nicht vollends befriedigend. Das ist so. Deshalb muss man vonseiten der Politik entsprechende Vorstöße unternehmen, um die Situation an dieser Stelle zu verbessern.

Auch wir GRÜNE haben das immer gefordert. Wir haben im Jahr 2006 in diesem Hause als Oppositionspartei zusammen mit den Sozialdemokraten einen entsprechenden Antrag eingebracht. Dieser Antrag hatte allerdings schon damals zum Inhalt, das Kreditwesengesetz auf Bundesebene zu ändern, um eben nicht eine gewisse Ungleichbehandlung zwischen den Sparkassen und den Privatbanken im Gesetz zu verankern. Genau das wäre der Fall, wenn wir den Vorstoß der LINKEN aufgreifen würden, nur das Saarländische Sparkassengesetz zu ändern und somit die saarländischen Sparkassen zu verpflichten, auf jeden Fall ein solches Konto einzurichten, was sie aber offenkundig ohnehin schon tun. Auch dies scheint relativ unstreitig zu sein in diesem Hause, dass das bei den Sparkassen jetzt schon recht gut funktioniert.

Es gibt nur sehr wenige Fälle, die umstritten sind. Eben wurden drei Fälle genannt, die in der Tat umstritten sind. Aber es würde natürlich für die Privat

(Abg. Kühn (FDP) )

banken bedeuten, dass sie die Fälle, die ihnen nicht so genehm sind, ganz legal auf die Sparkassen abschieben könnten. Ich denke, so sollten wir nicht vorgehen. Wir sollten auch an dieser Stelle den Privatbanken nicht einen Vorteil einräumen, der den Sparkassen zum Nachteil gereicht, auch wenn es kein besonders großer Nachteil wäre. Aber es wäre einer, und das muss nicht sein.

Dann ist zu Recht angeführt worden, dass zurzeit eine bundesweite Studie laufe, die uns eine bessere Zahlengrundlage bringen soll, um eben einen Vorstoß auf Bundesebene zur Änderung des Kreditwesengesetzes entsprechend zu unterfüttern. Wenn wir einen solchen Vorstoß machen - ich glaube, auch in diesem Punkt herrscht in diesem Hause Einigkeit -, sollte dieser Vorstoß auch Aussicht auf Erfolg haben. Wir wollen ja als GRÜNE auf jeden Fall, dass das Kreditwesengesetz auf Bundesebene geändert wird, dass es ähnliche Regelungen gibt wie in Frankreich, Belgien und Dänemark. Das ist ja sinnvoll und richtig, da sind wir völlig einer Meinung. Aber wir sollten diesen Vorstoß nicht zur Unzeit unternehmen. Im Moment ist es ganz einfach noch zu früh.

Wir brauchen diesen Bericht, um eine bessere Datengrundlage zu haben und erst dann einen entsprechenden Vorstoß zu starten. Vor diesem Hintergrund sind wir einer Meinung mit unseren Koalitionspartnern. Wir sollten das zunächst zurückstellen, sollten diese Studie abwarten und dann auf Bundesebene versuchen, eine positive Änderung im Sinne der betroffenen Menschen zu erreichen. Denn es ist vollkommen klar - ich will das noch einmal betonen -: Heute brauchen Menschen ein Girokonto. Das ist eine grundlegende Voraussetzung, um am Wirtschaftsleben und am sozialen Leben teilzunehmen. Das muss einfach sein. Darum geht es aber heute nicht. Heute geht es nur um den Zeitpunkt. Aus diesem Grunde werden wir den Antrag der LINKEN, aber auch der SPD ablehnen - nicht in der Sache, sondern weil der Zeitpunkt noch zu früh ist. Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Dr. Magnus Jung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann den Ausführungen des Kollegen Wegner zustimmen. Herr Wegner, Sie haben im Wesentlichen den Antrag der SPD-Fraktion begründet, und zwar sehr gut begründet. Daher wäre es für Ihre Fraktion eigentlich ganz einfach, unserem Antrag heute zuzustimmen. Sie wollen das nicht tun, weil Sie ebenso

wie der Kollege Ulrich argumentieren, es sei noch nicht der richtige Zeitpunkt, man müsse noch etwas abwarten.

Dazu möchte ich Ihnen zwei Dinge sagen. Erstens. Offensichtlich war es für eine Vielzahl der Bundesländer in der Vergangenheit schon möglich, die entsprechenden gesetzlichen Entscheidungen zu treffen, ohne auf eine erweiterte Studie des Bundes zu warten. Deshalb verstehe ich nicht, warum Ihnen die Erkenntnisse, die wir in den letzten Jahren zu dem Thema gewinnen konnten, heute noch nicht ausreichen.

Der zweite Punkt. Es ist immer wieder zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Sparkassen bislang freiwillig etwas tun, was andere Banken nicht tun, dass wir eigentlich sogar einen Wettbewerbsnachteil für die Sparkassen feststellen müssen und dass es deshalb sinnvoll sei, das Gesetz auf Bundesebene zu ändern. Genau das ist der Vorstoß, den wir als SPD-Fraktion mit unserem Antrag unternehmen. Nur, wenn das Saarland im Bund aktiv werden soll, dann wird man natürlich fragen, was wir denn im Saarland selbst gemacht haben. Wenn dabei herauskäme, wir hätten unsere eigenen landesgesetzlichen Regelungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, dann wäre eine solche Initiative auf Bundesebene sicher unglaubwürdig. Deshalb ist es genau der richtige Weg zu sagen: Erst machen wir das, was wir bei uns im Land tun können, und dann gehen wir den nächsten Schritt und versuchen, auf Bundesebene entsprechende Regelungen zu erreichen.

(Beifall bei der SPD.)

Ich möchte kurz begründen, warum wir der Gesetzesinitiative der Linkspartei heute nicht zustimmen können. Herr Kollege Linsler, Sie haben hier gesagt, die Sparkassen hätten eine besondere gesellschaftliche Verantwortung,

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Einen Auftrag)

sie seien nicht nur dazu da, Gewinn und Rendite zu erzielen. Herr Kollege Linsler, Sie haben recht. Genau das tun die Sparkassen im Saarland. Sie verfolgen eine andere Geschäftspolitik als manche Privatbank. Die Sparkassen sind in der Fläche mit Geschäftsstellen vertreten. Die Sparkassen werden ihrer Verantwortung auch heute schon in ganz anderer Weise gerecht als viele andere Banken. Insofern braucht man gar nicht so auf die Sparkassen zu schimpfen, wie Sie das heute getan haben.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Wir haben nicht geschimpft.)

Deshalb wollen wir auch nicht die Gebühren abschaffen, denn das würde die Sparkassen schwächen. Die Sparkassen übernehmen jetzt schon, indem sie freiwillig das Konto für jedermann und jede

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) )

Frau zur Verfügung stellen, eine Aufgabe, die sie Geld kostet. Die Sparkassen verdienen dort nichts, sie legen drauf. Das ist in Ordnung, das ist Teil ihrer Verantwortung. Aber das sollte man zumindest mal zur Kenntnis nehmen.

Man sollte auch zur Kenntnis nehmen - das müssten Sie als Mitglied eines Verwaltungsrates wissen -, dass die Gewinne, die die Sparkassen im Saarland erwirtschaften und die im Vergleich zu ihrer Bilanzsumme ja doch bescheiden sind, sich in nicht unwesentlichem Umfang gerade auch aus den Einnahmen der Kontoführungsgebühren generieren. Das heißt, wenn man denen die Gebühreneinnahmen wegnimmt, dann ist auch ein nicht unerheblicher Teil der Erträge der saarländischen Sparkassen dahin. Ich frage Sie, wollen Sie jetzt im Wettbewerb gerade diejenigen schwächen, die wir als die öffentliche Stütze im deutschen Bankensystem eigentlich nach vorne entwickeln könnten? Ich glaube, Sie würden gerade diejenigen bestrafen, denen wir im Bankenbereich politisch etwas Gutes tun müssen.

(Beifall bei der SPD.)

Weil ich denke, dass Sie das wissen, muss man die Frage stellen, was Ihre Motivation ist, was Sie antreibt, über die Forderung nach einem Girokonto für jedermann und jede Frau hinaus auch noch die Gebührenfreiheit für rund 100.000 Menschen im Saarland bei den Sparkassen zu fordern.

(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Nur drei haben sich beschwert.)

Warum wollen Sie die Menschen von Gebühren ausnehmen? - Nicht weil Sie den ersten Punkt Ihres Antrages zum Erfolg führen wollten. Wenn Sie in der Sache etwas erreichen wollten, hätten Sie heute auf den zweiten Punkt verzichtet. Dann wäre eine Einigung hier im Hause einfacher gewesen. Aber es ging Ihnen nicht um die Sache, es ging Ihnen nicht um die Menschen, für die Sie was erreichen wollten, sondern es ging Ihnen um eine Pseudopolitik. Das ist Schaufensterpolitik, wo diejenigen, für die man angeblich etwas erreichen will, gar nicht in den Mittelpunkt gerückt werden. Vielmehr will man einfach zeigen: Wir gehen immer noch ein Stück weiter als die anderen. Das halte ich nicht für einen sonderlich seriösen Politikstil. Wir verfolgen hier, glaube ich, den richtigen Weg. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Heike Kugler.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Eine Änderung der Gesetzeslage - das haben

eigentlich alle beteuert - ist längst überfällig. Warum also schieben wir das Ganze vor uns her und gehen es nicht an? Also bitte!

(Beifall bei der LINKEN.)

Wollen wir abwarten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist? Die Sparkasse hat einen Auftrag, und zwar nicht den der Gewinnmaximierung. Darin sind wir uns doch einig - oder, Herr Meiser?

(Sprechen bei der CDU.)

Sie soll eigentlich einem sozialen Aspekt Rechnung tragen. Der wäre an der Stelle in höchstem Maße fällig. Im Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Empfehlungen des Zentralen Kreditausschusses zum Girokonto für jedermann aus dem Jahr 2008 ist festgestellt worden, dass die Situation für kontolose Bürger nicht verbessert worden ist. Wir haben hier dringenden Handlungsbedarf. Das Problem besteht unvermindert fort. Man kann auch nicht sagen, wir haben keine Zahlen von den Banken oder irgendwelchen Ombudsmännern, denn die Leute, die schon einmal weggeschickt worden sind und die immer noch kein Konto haben, gehen nicht drei- oder viermal betteln, bis sie endlich Gehör finden. Außerdem werden sie nicht immer darauf hingewiesen, dass es diese Schlichtungsstelle überhaupt gibt.