Ich unterstelle einmal, dass die Unterschriften zu diesem Zeitpunkt für diejenigen, die ich genannt habe, eher Wahlkampfthema waren als ernsthaft gewollt. Man könnte auch fragen, hat man nur unterschrieben, weil die Wählerinnen und Wähler darauf eingestimmt werden sollten, dass man in diesem Bereich sozialer denkt? Die GRÜNEN haben in ihrem Wahlprogramm umfassende Regelungen für Mindestlohn und Mindestarbeitsbedingungen versprochen. Kollege Ulrich, mit einer anderen Koalition wäre das sicherlich gelungen; jetzt wird es sehr schwer. Im Koalitionsvertrag hat Jamaika eine grundsätzliche Offenheit zu einem Tariftreuegesetz versprochen und sich gegen Dumpinglöhne ausgesprochen. Aber der Gesetzentwurf, den Jamaika jetzt vorgelegt hat, verdient diesen Anspruch nicht. Im öffentlichen Nahverkehr - das ist vorhin schon gesagt worden - soll nur einer der im Saarland in dieser Branche geltenden Tarifverträge angewendet werden. Im Zweifel heißt das also: immer der niedrige Tarifabschluss. Das verschärft das Klima zwischen DGB und Christlichen Gewerkschaften. Das sorgt dafür, dass Tarifabschlüsse, die nur für einen kleinen Teil der Beschäftigten gelten, für alle bindend werden. Die Arbeitnehmer sind dabei dann die Dummen.
Die tariflichen Arbeitszeitregelungen, was den Öffentlichen Nahverkehr angeht, werden in dem Antrag von Jamaika gar nicht erwähnt. Gerade da geht es um Lenkzeiten, Ruhezeiten und Arbeitszeiten, die beim jetzigen Stand teilweise nicht zu verantworten sind. Arbeitszeitregelungen, um Leib und Leben zu schützen, müssen Bestandteil dieses Tariftreuegesetzes sein, meine Damen und Herren. Das Gesetz
soll außerdem erst ab einem Auftragswert von 50.000 Euro gelten. Darüber kann man streiten, aber ich frage mich, warum wird die Grenze bei 50.000 Euro gezogen und nicht bei 30.000 Euro? Dann fallen natürlich mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter diese Regelung. 2015 soll schon wieder Schluss sein. Dann soll das Gesetz auslaufen. Da fragt man sich natürlich, soll das Tariftreue auf Probe sein? Warum wird gesagt, 2015 läuft das Gesetz, das wir hoffentlich heute verabschieden, wieder aus? Die zuständige Ministerin sollte hier einmal erklären, was damit gemeint ist, warum ein Gesetz, das jetzt auf den Weg gebracht wird, eine so kurze Laufzeit haben soll.
Dabei haben der Staat, das Land und die Kommunen eine Vorbildfunktion. Wenn hier Verträge mit Firmen abgeschlossen werden, die ihre Mitarbeiter auspressen, die wenig Lohn für viel Arbeit zahlen, kann man von privaten Firmen kaum erwarten - in der Regel ist das so -, dass sie anders handeln, als der Staat es vorgibt. Nötig ist ein Gesetz, das die Beschäftigten wirklich vor Lohndumping schützt. Der von den LINKEN und der SPD eingebrachte Antrag erfüllt dies. Er sieht unter anderem vor, dass nicht irgendein Tarifvertrag, sondern, was das Verkehrsgewerbe angeht, ein für das Saarland repräsentativer Tarifvertrag angewendet werden muss, ein Tarifvertrag also, hinter dem die Mehrheit der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht. Deshalb muss ein solcher Tarifvertrag auch Anwendung finden und nicht irgendein Billigtarifvertrag, mit dem Lohndumping Tür und Tor geöffnet wird.
Dass ein Unternehmen bei mehreren Verstößen bis zu 5 Prozent des Auftragswertes als Strafe zahlen muss, das ist ja schon mal ein Gedanke, der in die richtige Richtung geht. Wir verlangen 10 Prozent, CDU, FDP und GRÜNE wollen die Hälfte haben. Das sollte einmal erklärt werden. Hat man möglicherweise Angst, dass die Arbeitgeber zu viel bezahlen müssen, wenn sie den vom Gesetz vorgegebenen Weg verlassen? Ich denke, für diesen Fall kann man durchaus 10 Prozent vorsehen.
Billiglöhne sind für dieses Land kein Wettbewerbsvorteil. Das weiß, so denke ich, mittlerweile ein großer Teil. Ministerpräsident Müller hat im Laufe seiner Amtszeit das Land in Sachen Billig-Jobber an die Spitze getrieben. Nirgendwo sonst gibt es so viele Minijobs wie im Saarland. Der Anteil der Leih- und Zeitarbeit ist erschreckend hoch. Deshalb müssen, worauf mein Kollege Roth eben schon hingewiesen hat, unbedingt auch die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in diesem Gesetz berücksichtigt werden. Meine Damen und Herren, sie sind es doch, die geschützt werden müssen!
Wer gut arbeitet, der hat auch ein Recht auf gute Bezahlung; das wurde in der heutigen Debatte schon einmal erwähnt. Deshalb sind wir der Auffassung, dass der von der LINKEN und von der SPD eingebrachte Gesetzentwurf der im Interesse der Arbeitnehmer bessere Entwurf ist. Wir schließen uns aber der hier schon vertretenen Linie an, beide Gesetzentwürfe in den Ausschuss zu überweisen. Ich gehe davon aus oder hoffe, dass bei dem einen oder anderen noch die Vernunft einkehren wird, damit ein Tariftreuegesetz geschaffen werden kann, das den Interessen der Arbeitnehmer wirklich gerecht wird. Ich hoffe, dass nicht nur etwas gemacht wird, weil man unbedingt etwas vorzeigen möchte. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Zunächst kurz zu den Ausführungen des Kollegen Linsler. Sie sprachen eben den Schwellenwert von 50.000 Euro an. Über diesen wollen Sie sich, mit wem auch immer, streiten. Das ist Ihr eigener Schwellenwert! Vielleicht möchten Sie sich also mit sich selbst streiten? Das wäre ja mal eine ganz neue Alternative.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Erweiterung der Europäischen Union, die bevorstehende Ausweitung der Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern innerhalb der EU sowie das kontinuierliche Zusammenwachsen zu einem gemeinsamen Binnenmarkt stärken den Wettbewerb, können aber auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass der Gesetzgeber Rahmenbedingungen schafft, die einen fairen Wettbewerb ermöglichen.
Diese Rahmenbedingungen schaffen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, indem die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Zahlung von Tariflöhnen gebunden wird und Tariftreueregelungen festgeschrieben werden, die eine Bindung an die nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz und dem Mindestarbeitsbedingungengesetz fixierten Löhne vorsehen. Besonders möchte ich in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Einhaltung menschenwürdiger Bedingungen bei der Produktion betonen. Hierfür hat der Gesetzgeber eine besondere Verantwortung, die wir mit diesem Gesetz auch explizit wahrnehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir gewährleisten darüber hinaus den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen ausreichenden so
Insgesamt treten wir so möglichen Wettbewerbsverzerrungen entgegen, ohne dabei die Tarifautonomie zu gefährden. Damit ist ein Punkt angesprochen, über den wir im Ausschuss sicherlich noch lange und heftig diskutieren werden. Die Tarifautonomie würde nämlich gefährdet, folgten wir dem Vorschlag der Opposition, der vorsieht, dass der Gesetzgeber den zu beachtenden Tarifvertrag vorgibt. Es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers, Tarifverträge, das jeweilige Für und Wider, gegeneinander abzuwägen und einen Tarifvertrag als den besseren oder den weniger guten Vertrag zu charakterisieren. Damit würde, was nicht vorgesehen ist, der Gesetzgeber zu einer dritten Tarifpartei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben den angeführten Argumenten, die für unseren Gesetzentwurf sprechen, möchte ich drei weitere Aspekte erwähnen. Erstens, das Saarland nimmt eine Vorreiterrolle ein. Zweitens, der Bürokratieaufwand wird so gering wie möglich gehalten. Deshalb ist auch der Schwellenwert von 50.000 Euro vorgesehen. Drittens ist zu sagen, dass ausreichend Nachweispflichten, Kontrollrechte und Sanktionsmaßnahmen im Gesetz vorgesehen sind.
Abschließend kann ich feststellen, dass unser Gesetzentwurf den fairen Wettbewerb gewährleistet, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen ausreichenden sozialen Schutz bietet und, wichtigster Aspekt, heimische Arbeitsplätze sichert. Wir von der FDP-Fraktion schließen uns aber dem von den Vorrednern angekündigten Vorgehen an und werden auch dem von der SPD und der LINKEN eingebrachten Gesetzentwurf in Erster Lesung zustimmen und ihn in den Ausschuss überweisen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mich auf die heutige Debatte sehr gefreut habe. Ich habe mich auf die Debatte gefreut, weil ich noch im Ohr habe, was der Kollege Roth, der Kollege Commerçon und auch der Kollege Bierbaum am 20. Januar dieses Jahres an diesem Rednerpult gesagt haben. Es wurde gesagt, alles, was wir machten, sei nicht ehrlich gemeint. Es würde ein Termin vorgeschoben, an dem irgendwelche Gespräche geführt würden. Wir wollten das Tariftreuegesetz in eine Warteschleife schicken.
Der Kollege Linsler hat eben im Grunde schon deutlich gemacht, dass sich der damalige Minister Klaus Meiser, der damalige Minister Professor Vigener und unser Ministerpräsident in jeder Phase dafür ausgesprochen haben, ein Tariftreuegesetz zu machen. Sie haben aber immer auch gesagt, dass ein nach dem EU-Recht gültiges und rechtssicheres Gesetz geschaffen werden sollte, weil alles andere den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nichts bringt. Ein solches Gesetz legen wir heute hier vor.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf mich ganz herzlich bei der Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bedanken für die Schnelligkeit, mit der sie dieses Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht hat. Ich darf Sie erinnern: Am 20. Januar führten wir die Debatte über die Vorlagen, die von Ihnen gekommen sind. Für den 8. Februar war das Gespräch auf der Arbeitsebene angesetzt.
Nicht nur Arbeitsebene! Auch der rheinland-pfälzische Minister und andere waren beteiligt. Es ist also keineswegs nur die untere Ebene gewesen, wie Sie, Herr Roth, das eben dargestellt haben. Es waren durchaus sehr qualifizierte Leute beteiligt. Man hat aber gesehen, dass es so nicht ginge, zumindest nicht mit einem gemeinsamen Gesetz. Daraufhin hat die Ministerin gehandelt und das, was im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, ein mit dem EU-Recht konformes und machbares Gesetz, hier vorgelegt. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.
Eigentlich, lieber Eugen Roth, hätte ich erwartet, dass auch von deiner Seite Beifall kommt. Herr Linsler hat es so beschrieben und auch in deinem Redebeitrag ist angeklungen, als hätte das alles wahnsinnig lange gedauert. Wie aber sehen die Tatsachen aus? Im Januar 2008 haben wir hier darüber debattiert. Das Rüffert-Urteil wurde im April 2008 gesprochen. Wir haben - ich war damals Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses - in der Folgezeit zwei Anhörungen durchgeführt, weil sich die Rechtssituation stets aufs Neue als recht unsicher dargestellt hat. Wir hörten Herrn Prof. Dr. Hanau und viele andere, die divergierende Meinungen vorbrachten. Jetzt erst, im Dezember des vergangenen Jahres, hat die EURichtlinie EG-VO 1370/2007 Rechtsgültigkeit erlangt. Vor dem Hintergrund all dessen war es überhaupt nicht möglich, schneller ein Tariftreuegesetz vorzulegen.
Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass der Kollege Commerçon gesagt hat, er traue der CDU nicht und auch nicht dem Herrn Wegner, der sich da hinten verstecke. Er glaube, dass von dieser Seite ein Tariftreuegesetz überhaupt nicht gewollt sei. Ich möchte für die Koalition festhalten: Wir wollen ein
Tariftreuegesetz, wir wollen ordentliche Rahmenbedingungen für unsere Leute und wir wollen Auftragsvergaben machen, die sich auf ordentliche Grundsätze, wie sie in diesem Gesetz formuliert worden sind, beziehen.
Abg. Roth (SPD) mit einer Zwischenfrage: Herr Kollege Wegner, erklären Sie mir bitte etwas. Sie sagen, es sei wegen der EU-Verordnung, die im Dezember erst in Kraft getreten ist, nicht möglich gewesen, so ein Gesetz zu machen. Erklären Sie mir bitte, wieso dann immerhin die Freie Hansestadt Bremen mit den Stimmen der CDU bereits im November 2009 ein solches Gesetz verabschiedet hat. Und erklären Sie mir bezüglich der Zeitschiene bitte, wieso der Gesetzentwurf von Rheinland-Pfalz vor dem Gesetzentwurf der sogenannten Jamaika-Koalition bereits im öffentlichen Raum diskutiert wurde, wenn das angeblich nicht möglich war.
Herr Kollege Roth, der Hinweis aus der Runde hier ist eindeutig und klar. Das hätte ich Ihnen auch gesagt. Diskutieren kann man über sehr viele Dinge, aber die Einbringung einer Vorlage in einem Parlament ist die Art und Weise, wie man ein Gesetz macht, nicht etwas im Vorfeld diskutieren, vielleicht nochmals verschieben, nochmals ändern und sich vielleicht auf überhaupt keinen Vorschlag einigen. Das, was in Rheinland-Pfalz in dieser Sache passiert, ist meines Erachtens nicht vergleichbar mit der Qualität dessen, was wir gemacht haben. Wir legen hier einen Gesetzentwurf vor, der demnächst, wie ich glaube, beraten und verabschiedet wird.
Dass Bremen im November etwas verabschiedet hat, möchte ich nicht vergessen. Sie sollten sich ein bisschen in der Fachpresse kundig machen und lesen, dass Bremen das Gesetz von Berlin für nicht verfassungskonform und EU-Recht-tauglich hält. Die Berliner wiederum sagen umgekehrt das Gleiche von Passagen aus dem Bremer Gesetz. Solche Dinge wollten wir nicht haben. Wir gehen den sicheren, den sauberen Weg. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Nach den Einlassungen, die ich von Herrn Linsler und von Ihnen eben gehört habe, ist Ihr Gesetzentwurf eigentlich auch nicht diskussionswürdig.
Da sind einige EU-rechtliche und bundesrechtliche Fehler drin, Dinge, die nicht umzusetzen sind. Trotzdem haben wir signalisiert, dass wir uns bei Ihrem Antrag enthalten werden und dass wir beide Gesetze beraten werden, weil wir es für richtig halten, dass man die ganze Breite hört. Wir möchten in der Anhörung auch gerne die Bestätigung dafür haben, dass das, was wir vorgelegt haben, das Richtige ist.
Herrn Linsler, das, was Sie eben vorgelesen haben, zeugt für mich von wenig Sachwissen und wenig Substanz.
Sie haben noch mal die Zeitschiene kritisiert, nicht wissend, wann das Rüffert-Urteil war, Sie haben irgendwelche Dinge eingefordert, die längst erfüllt worden sind.
(Abg. Linsler (DIE LINKE) : Ich dachte, Sie wären von der Handwerkskammer. Sie sind aber Oberlehrer.)
Wenn Sie über Arbeitszeiten reden - Sie sind ja beruflich durchaus in einem Bereich gewesen, der sich mit diesen Dingen befasst hat -,