Protocol of the Session on June 16, 2010

Es gibt aber auch den Fall, dass Beamte innerhalb des Saarlandes den Dienstherren wechseln. Diese Fälle wollen wir ebenfalls in das neue System einbeziehen. Es ist im Grunde genommen der zweite große Bereich des Gesetzentwurfes, den wir heute vorlegen. Wir passen das jetzt gültige Beamtenversorgungsgesetz an, das heißt wir wechseln auch hier vom früheren Erstattungsmodell auf das pauschalierte Abfindungsmodell, sodass wir ein neues, einheitliches System der Versorgungslastenteilung haben werden. Das Ganze soll am 01. Januar 2011 in Kraft treten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf in Erster Lesung zuzustimmen und ihn an den zuständigen Ausschuss zu überweisen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. Es

wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Inneres und Datenschutz zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 14/202 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Datenschutz ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf in Erster Lesung einstimmig, mit der Zustimmung aller Abgeordneten, angenommen und zur weiteren Beratung an den zuständigen Ausschuss überwiesen ist.

Wir kommen zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der CDU-Landtagsfraktion, der FDP-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Saarländischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes (Drucksache 14/211)

Erste Lesung des von der SPD-Landtagsfraktion und der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Saarländischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes (Drucksache 14/212)

Zur Begründung des Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen erteile ich Herrn Abgeordneten Hermann Scharf das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der bevorstehenden Ausweitung der Freizügigkeit von Arbeitskräften innerhalb der Europäischen Union, der Liberalisierung bestimmter Wirtschaftssektoren auf europäischer Ebene sowie generell dem kontinuierlichen Zusammenwachsen des gemeinsamen Marktes kommt es insbesondere im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge über Bau-, Liefer- und Dienstleistungen zu starken Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen, die ihre Arbeitskräfte nach den in ihrem Bereich geltenden Tarifverträgen entlohnen, und Unternehmen, die teilweise deutlich geringere Entgelte zahlen.

Im Öffentlichen Personennahverkehr ist angesichts der bevorstehenden Liberalisierung auf europäischer Ebene eine ähnliche Entwicklung zu befürchten. Das zur Bekämpfung dieser Problematik und damit zur Sicherung unserer einheimischen Arbeitsplätze erlassene Saarländische Bauaufträge- und Vergabegesetz vom 23. August 2000 wurde in seinen wesentlichen Regelungen zur Tariftreue nach Inkrafttreten des Rüffert-Urteils des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2008 per Erlass vom 16. April 2008 bis auf Weiteres für nicht anwendbar erklärt.

Im Koalitionsvertrag für die 14. Legislaturperiode des Landtages des Saarlandes hat die saarländische Landesregierung zur Sicherung der einheimischen Arbeitsplätze die grundsätzliche Offenheit zu einem Tariftreuegesetz erklärt und in erster Linie eine länderübergreifende Lösung angestrebt. Die in diesem Zusammenhang geführten Sondierungsgespräche haben jedoch gezeigt, dass die Länder Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg sowie Nordrhein-Westfalen eine vom Saarland initiierte, kurzfristig in Kraft tretende gesetzliche Regelung nicht mittragen würden. Wir, die Landtagsfraktionen der CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben uns daher entschlossen, eine eigene Regelung auf den Weg zu bringen.

Mit dem Saarländischen Vergabe- und Tariftreuegesetz sollen umfassende Regelungen zum saarländischen Vergabewesen und den bei Ausschreibungen zu beachtenden Grundsätzen geschaffen werden, und zwar nicht nur im Bereich des ÖPNV, sondern auch für den Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge über Bau-, Liefer- und Dienstleistungen. Die vorgesehenen Tariftreueregelungen schreiben zum einen die Einhaltung eines im Bereich des ÖPNV im Saarland geltenden Tarifvertrages vor, zum anderen wird die Bindung an die im Arbeitnehmerentsendegesetz sowie im Mindestarbeitsbedingungengesetz fixierten Entgelte festgeschrieben und die Einhaltung menschenwürdiger Bedingungen bei der Produktion sowie die Einhaltung ökologischer Gesichtspunkte bei der Beschaffung betont.

Es ist unser Ziel, einen fairen Wettbewerb bei öffentlich zu vergebenden Leistungen im Sinne von § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie im Sinne der einschlägigen EG-Richtlinien und der EG-Verordnung Nr. 1370/2007 zu gewährleisten, um hierdurch in arbeitsmarktpolitisch sensiblen Bereichen Arbeitsplätze erhalten zu können, die einen ausreichenden sozialen Schutz und ein angemessenes Einkommensniveau gewährleisten.

Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf in § 3 Abs. 1 bis 3 verschiedene Formen von Tariftreueregelungen vor. Die weitestgehenden Regelungen waren unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in Sachen Rüffert-Urteil und der einschlägigen EG-Verordnung beziehungsweise Richtlinien im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs möglich. Hier erstreckt sich der Anwendungsbereich des Gesetzes sogar auf kommerzielle Verkehre, soweit diese vom Geltungsbereich der EG-Verordnung Nr. 1370/2007 erfasst werden. Es handelt sich hierbei um einen nicht unerheblichen Teil der Linienverkehre, wo zukünftig mit circa 110 Verkehren landesweit gerechnet wird.

Anlässlich der konkreten Ausgestaltung der Tariftreueregelungen war zu berücksichtigen, dass im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs mehre

(Präsident Ley)

re Tarifverträge zwischen unterschiedlichen Tarifpartnern vereinbart wurden. Mit Blick auf die grundsätzliche verankerte Tarifautonomie, die für uns einen hohen Stellenwert bei der Aufrechterhaltung der Wirtschaftsordnung unseres Landes einnimmt, haben wir in unserem Gesetzentwurf die Einhaltung eines im Saarland für diesen Bereich geltenden Tarifvertrages gefordert und nicht die Einhaltung eines bestimmten Tarifvertrages vorgegeben.

Bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge über Bau-, Liefer- und Dienstleistungen wurden unter Beachtung des bereits genannten EuGH-Urteils in Sachen „Rüffert“ die derzeit rechtlich unproblematischen Tariftreueregelungen in § 3 Abs. 1 und 3 aufgenommen. Diese Aufnahme führt allerdings in Verbindung mit den vorgesehenen Nachweispflichten, Kontrollrechten und Sanktionsmöglichkeiten dazu, dass die Bestimmungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes und des Mindestarbeitsbedingungengesetzes im Saarland zukünftig nicht nur auf der Ebene arbeitsrechtlicher Verfahren, sondern auch innerhalb der Vergabeverfahren überprüft werden. Die genannten Rechte und Pflichten gelten im Übrigen auch im Bereich des ÖPNV. Die Sanktionen reichen von der Vertragsstrafe bis hin zum Ausschluss von Vergabeverfahren und berücksichtigen die Sonderregelungen der in Bezug genommenen Bundesgesetze.

Des Weiteren wurde festgeschrieben, dass die öffentlichen Auftraggeber alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nicht diskriminierend zu behandeln haben und anlässlich der Auftragsvergabe in transparenter Weise vorgehen müssen. Bei begründeten Zweifeln an der Angemessenheit des Angebotes hat die Vergabestelle das Recht, sich die Kalkulationsunterlagen vorlegen zu lassen, und bei einer Weigerung des Bieters diesen von dem weiteren Verfahren auszuschließen.

Für den Fall, dass der Auftragnehmer Nachunternehmer einsetzt, ist die Abgabe einer Tariftreueerklärung auch für diesen verpflichtend. Im Gesetz werden ein Schwellenwert für Auftragsvergaben von Leistungen im Sinne von § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und ein Schwellenwert bezüglich der Notwendigkeit der Abgabe der Tariftreueerklärung durch ein vom Auftragnehmer beauftragtes Nachunternehmen festgelegt. Dadurch soll ein unangemessen hoher Bürokratieaufwand vermieden werden.

Außerdem wurde in § 11 der Gesichtspunkt der umweltverträglichen Beschaffung in den Gesetzentwurf aufgenommen. Damit wird hervorgehoben, dass uns auch der Umweltschutz ein wichtiges Anliegen ist.

Durch die Neufassung des Gesetzes wird ein Außerkrafttreten des Gesetzes über die Vergabe von Bau

aufträgen im Saarland vom 23. August 2000 erforderlich.

Meine Damen und Herren, ich bitte um Überweisung des Gesetzentwurfes der Koalition an den zuständigen Ausschuss und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Zur Begründung des Gesetzentwurfes der Oppositionsfraktionen erteile ich Herrn Abgeordneten Eugen Roth das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Präsident! Wir, die Fraktionen von SPD und LINKE, haben den Gesetzentwurf, den wir bereits in der Plenardebatte am 20. Januar dieses Jahres eingebracht haben, erneut eingebracht, weil wir der Auffassung sind, dass es wichtig ist, ein Tariftreuegesetz für das Saarland zu verabschieden, das insgesamt rund ist und eine möglichst weitgehende Kontrolle bei Vergabe öffentlicher Aufträge erlaubt, also Aufträge, die mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler finanziert werden.

Wir stellen fest, dass Bewegung in die Debatte kommt. Das schreibe ich zu einem nicht unwesentlichen Teil uns zu, auch unserem beharrlichen Nachfassen. Ich schreibe das auch den Gewerkschaften zu, die beharrlich und begründet immer wieder ein solches Tariftreuegesetz gefordert haben. Ich darf aber auch anerkennend sagen - und das dürfte auch in meiner Fraktion so gesehen werden -, dass die sogenannten Jamaika-Fraktionen sich in dieser Frage erheblich bewegen.

Das Ganze hat einen längeren Vorlauf, den ich nicht mehr groß beleuchten will. Es begann bereits Ende 2007. Anfang Januar 2008 hatte Ministerpräsident Müller sich im Prinzip auch für ein Tariftreuegesetz ausgesprochen. Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass diese Debatte etwas früher und zügiger gelaufen wäre; denn wir haben unserer Meinung nach leider Zeit verloren. Ein wichtiger Grund für ein solches Gesetz ist die ab 01. Mai des kommenden Jahres geltende völlige Freizügigkeit innerhalb Europas. Hätte man auf unsere Hinweise, auf unsere qualifizierten Vorlagen hin schneller gehandelt, hätten wir das Gesetz bereits in der Umsetzung. Wir hätten bereits die entsprechenden Erfahrungen. Hier wurde leider etwas Zeit vergeudet. Aber es ist nie zu spät. Ich hoffe, dass wir jetzt endlich die Kurve kriegen, damit diese Sub-Sub-Subauftragsvergabe unterbleibt, die dazu führt, dass man auf einer Baustelle im Saarland kaum noch verstanden wird, wenn man jemandem „Guten Morgen“ sagt. Das muss ein Ende haben und deshalb muss jetzt entschlossen ge

(Abg. Scharf (CDU) )

handelt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren:

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich möchte die beiden Gesetzentwürfe überschlägig miteinander vergleichen, überschlägig deshalb, weil bereits durch die vorangegangenen Anhörungen zu dem Gesetzentwurf 2008 der SPD-Fraktion und dem Gesetzentwurf 2009 der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE einige Expertenmeinungen eingeflossen sind. Ich muss feststellen, dass bei den Generalzielen beider Gesetzentwürfe zumindest im Großen und Ganzen eine Gemeinsamkeit besteht, und zwar die Vermeidung nicht hinnehmbarer Wettbewerbsverzerrungen sowie der Schutz einheimischer Arbeitsplätze. Ich kann darüber hinaus feststellen, dass in beiden Gesetzentwürfen ein relativ hoher Schwellenwert der Auftragsvergabe festgelegt ist, ab 50.000 Euro. Ich kann feststellen, dass in beiden Gesetzentwürfen als maßgebliche Serviceleistung angeboten wird, dass die Landesregierung, das zuständige Ministerium den maßgeblichen Tarifvertrag mitteilen will. Ich kann schließlich feststellen, dass die Sanktionen in etwa vergleichbar sind. Das heißt, dass jemand im Extremfall, bei beharrlichen Zuwiderhandlungen, dauerhaft von dem Bieterwettbewerb ausgeschlossen werden kann.

Wodurch sich der Gesetzentwurf der CDU-, FDPund BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Fraktion von dem Entwurf der SPD- und LINKE-Fraktion unterscheidet, ist Folgendes. Zum einen - das hat Kollege Scharf gerade begründet - gibt es bei den Regierungsfraktionen den Hinweis, dass man sich nicht auf einen repräsentativen Tarifvertrag im Öffentlichen Personennahverkehr festlegen will, sondern auf einen im Saarland anzuwendenden Tarifvertrag. Hier sehen wir natürlich eine gewaltige Schwachstelle im Entwurf der die Regierung tragenden Fraktionen, weil damit - ich sage es mal frei Schnauze dem Tarnen und Täuschen Tür und Tor geöffnet wird, weil gerade in diesen Bereichen nachweislich sehr oft Scheingewerkschaften antreten. Wir hatten das Phänomen, dass es leider auf dem Markt vom Arbeitgeber gegründete - man kann sagen: korrumpierte - Gewerkschaften gibt, Stichwort Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsräte, damals von Siemens gesponsort. Es gab auch schon einmal Ansätze im Kleinen bei einem Nahrungsmittelhersteller und so weiter. Wenn Sie sagen, wir wollen so die Tarifautonomie stützen, halte ich das für einen Widerspruch in sich, weil Sie dadurch dem Unterlaufen der Tarifautonomie in der Praxis eine Hilfestellung geben. Deshalb bitten wir darum, das noch einmal zu überdenken.

(Zuruf.)

Der Rolf sagt, wir bitten nicht, wir fordern das. Das ist richtig. Es steht auch in unserem Gesetzentwurf

drin, dass wir für einen repräsentativen Tarifvertrag sind. Das könnte das Ministerium sicher feststellen.

Eine weitere Frage ist die der Verfallsklausel. Ich kenne die Debatte noch vom Personalvertretungsgesetz. Wenn wir jetzt so lange gebraucht haben, etwas auf den Weg zu bringen, wenn wir die Zeit seit Anfang 2008 ungenutzt haben verstreichen haben lassen, verstehe ich nicht, warum man zum 31.12.2015 schon wieder ein Verfallsdatum setzen will. Damit zum Ausdruck zu bringen, dass man Bürokratie abbauen will, ist eine Scheindebatte. Man baut nicht Bürokratie ab, sondern man baut Diskontinuität auf. Insofern müsste auch das unserer Auffassung nach noch einmal überdacht werden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich will noch einmal ein paar Kernpunkte aus dem Gesetzentwurf von SPD und LINKE hervorheben. Zum einen ist bei uns der Geltungsbereich noch erheblich weiter angelegt als in dem Entwurf von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir sagen, das Gesetz soll für alle öffentlichen Aufträge gelten, für alle Aufträge, die aus dem Geld der Steuerzahler finanziert werden.

Wir haben in § 1 Abs. 1 konkretisiert, wer nach unserer Auffassung alles öffentliche Auftraggeber sind, weil es durch Verlagerungen der Beauftragung dazu kommen könnte, dass man dieses Tariftreuegesetz umgeht. Man muss sich diesen Katalog noch einmal genau ansehen. Wir glauben aber, dass wir damit eine wesentliche Konkretisierung erreicht haben, um Umgehungsmöglichkeiten zu begrenzen.

Für den repräsentativen Tarifvertrag sprechen wir uns insbesondere im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs noch einmal ausdrücklich aus. Wir haben in § 3 - im Gegensatz zu dem Entwurf von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/GRÜNE - expressis verbis, extra und nach gründlicher Überlegung einbezogen, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in diesen Prozess eingebunden sind, also auch dieser Tariftreueregelung unterfallen, im Hinblick auf dieses Problem Sub-Sub-Sub, für das angeblich am Ende keiner etwas kann.

Ich glaube, man sollte es schon etwas konkreter machen, um jegliche Verwechselung auszuschließen, weil wir leider feststellen müssen, dass das Instrument der Leiharbeit, entgegen seiner angeblich ursprünglichen Zielsetzung, in der Praxis völlig ausgeufert ist. Man muss prüfen, wo es durchaus Gemeinsamkeiten gibt und wo es unterschiedliche Pointierungen gibt. Deshalb darf ich hier folgenden Verfahrensvorschlag unterbreiten: Wir bitten darum, dass beide Gesetzentwürfe in die zuständigen Ausschüsse für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport sowie den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Grubensicherheit - es muss so geregelt werden, dass beide Ausschüsse damit beschäf

(Abg. Roth (SPD) )

tigt werden - überwiesen werden, um daraus ein Tariftreuegesetz zu beraten und zu konstruieren, das seinen Namen auch verdient hat. Insbesondere wird Wert darauf zu legen sein, wirkungsvolle Kontrollmechanismen einzubauen. Das muss von Anfang an festgelegt werden. Wir haben mittlerweile mehrere Bundesländer, die Gesetzentwürfe entweder beschlossen oder aber in der parlamentarischen Debatte haben und die - bei aller Anerkennung, dass sich die drei Fraktionen nicht unerheblich bewegt haben - doch weit über das hinausgehen, was Sie hier vorgelegt haben. Ich nenne stellvertretend Bremen, das das bereits beschlossen hat. Ich nenne auch Berlin, Brandenburg und Rheinland-Pfalz, wo bereits mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ein Gesetzentwurf diskutiert wird, der unter anderem auch den repräsentativen Tarifvertrag zum Gegenstand hat. Letzteres erwähne ich deshalb und bitte, dem Verfahrensvorschlag zu folgen, weil die Hauptbegründung für die Ablehnung unseres Gesetzentwurfs von SPD und LINKEN im Januar dieses Jahres war, man wolle keinen Schnellschuss, sondern man wolle sich mit den Nachbarländern, insbesondere mit Rheinland-Pfalz, wegen des ÖPNV und SPNV abstimmen.

In der Gesetzesbegründung heißt es, dass in diesen Ländern nichts passieren würde. Meine Erkenntnisse sind anders. Es ist damals auf eine Besprechung auf Arbeitsebene, nicht auf der politischen Entscheidungsebene, abgestellt worden. Bei dieser Besprechung gab es über bestimmte Details keine einheitliche Auffassung. Es handelte sich allerdings nicht um eine entscheidungsbefugte Ebene. Insofern wurde das am 20. Januar nach meiner Kenntnis im Plenum falsch dargestellt. Rheinland-Pfalz macht ein solches Gesetz. Ich durfte sogar schon darüber diskutieren. Ich weiß, dass die Arbeitgeberverbände bereits darüber diskutieren. Also ist der Grund, der damals zur Ablehnung führte, weggefallen. Ich bin überzeugt, dass das, was BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebracht haben, nämlich die Frage der Nachhaltigkeit und die Frage der Umweltverträglichkeit, diskutiert werden sollten. Das ist ein Punkt, den ich für sehr wichtig halte. Also, lassen Sie uns bitte gemeinsam aus dieser Geschichte etwas Ordentliches konstruieren! Deshalb bitte ich um Überweisung beider Gesetzesanträge in den zuständigen Ausschuss unter Hinzuziehung des Wirtschaftsausschusses. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Rolf Linsler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ringen um ein Tariftreuegesetz in der Vergangenheit in unserem Land könnte man nach meiner Auffassung mit einem politischen Eiertanz vergleichen. Ministerpräsident Müller hatte schon Ende 2007 sinngemäß gesagt, man müsse das Tariftreuegesetz ausweiten. Anfang 2009 hat er versprochen, einen entsprechenden Antrag der SPD zu prüfen. Im Mai 2009 hieß es dann: nicht mehr in dieser Legislaturperiode. Im Juni 2009, also mitten im Landtagswahlkampf, haben unter anderem führende CDU-Politiker einen Gewerkschaftsaufruf von DGB und Verdi unterzeichnet, in dem vom Tariftreuegesetz, aber auch von der Verhinderung von Dumpinglöhnen die Rede war. Unterschrieben haben das Ministerpräsident Müller, der damalige Minister Vigener, der damalige Innenminister Klaus Meiser und die Kollegen Hubert Ulrich und Claudia Willger-Lambert von den GRÜNEN. Die FDP hat nach meinem Kenntnisstand nicht unterschrieben. Aber das ist auch nicht verwunderlich. Mit freundlichen Gesetzen für die Arbeitnehmer hat die FDP sich bisher immer schwer getan.

Ich unterstelle einmal, dass die Unterschriften zu diesem Zeitpunkt für diejenigen, die ich genannt habe, eher Wahlkampfthema waren als ernsthaft gewollt. Man könnte auch fragen, hat man nur unterschrieben, weil die Wählerinnen und Wähler darauf eingestimmt werden sollten, dass man in diesem Bereich sozialer denkt? Die GRÜNEN haben in ihrem Wahlprogramm umfassende Regelungen für Mindestlohn und Mindestarbeitsbedingungen versprochen. Kollege Ulrich, mit einer anderen Koalition wäre das sicherlich gelungen; jetzt wird es sehr schwer. Im Koalitionsvertrag hat Jamaika eine grundsätzliche Offenheit zu einem Tariftreuegesetz versprochen und sich gegen Dumpinglöhne ausgesprochen. Aber der Gesetzentwurf, den Jamaika jetzt vorgelegt hat, verdient diesen Anspruch nicht. Im öffentlichen Nahverkehr - das ist vorhin schon gesagt worden - soll nur einer der im Saarland in dieser Branche geltenden Tarifverträge angewendet werden. Im Zweifel heißt das also: immer der niedrige Tarifabschluss. Das verschärft das Klima zwischen DGB und Christlichen Gewerkschaften. Das sorgt dafür, dass Tarifabschlüsse, die nur für einen kleinen Teil der Beschäftigten gelten, für alle bindend werden. Die Arbeitnehmer sind dabei dann die Dummen.