Protocol of the Session on January 28, 2010

(Heiterkeit und Beifall bei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Ich finde, die Debatte über die Frage, ob wir die Schuldenbremse wollen oder nicht, ist „relativ Banane“. Letztendlich ist auch die Frage, was wir in die Landesverfassung schreiben, relativ unbedeutend, weil - das muss man sagen - wir ein Grundgesetz haben, das gilt. Wenn wir nicht ganz dicht am Grundgesetz unsere Landesverfassung ändern - es ist eine Illusion zu glauben, man könnte jetzt durch die Hintertür etwas anderes hineinschreiben, und es gäbe ein Entkommen -, wird klar, dass es kein Entkommen gibt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns nicht eng am Grundgesetz orientieren, bekommen wir Probleme mit dem Stabilisierungsrat. Wir verzichten auf 80 Millionen € jährlich. Das können wir uns überhaupt nicht leisten. Bei aller Leidenschaft der Ausformulierungen: Lassen Sie uns nach einer einvernehmlichen Lösung suchen! Nur dann ist es verantwortbar, gegen das Grundgesetz zu klagen. Gibt es die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Land nicht, müssen wir, wie im Grundgesetz vorgesehen, die Schuldenbremse umsetzen.

Frau Abgeordnete, achten Sie auf Ihre Redezeit!

Mein letzter Satz: Es gibt aber einen Punkt, warum mir eine Landeslösung wichtig ist, und das ist tatsächlich der Schutz der Kommunen vor dem weiteren Griff des Landes in die kommunalen Kassen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk vom SSW das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie die Kollegin Heinold glaube ich, es ist an der Zeit, auch einmal zu sagen, wo wir denn jetzt stehen. Darum drei Bemerkungen:

Die Zeit der Grundsatzdebatten, denke ich, ist vorbei. Wir haben die Argumente ausgetauscht. Die

(Monika Heinold)

Argumente sind zum Teil miteinander unvereinbar, und wir werden in der weiteren Beratung über die Schuldenbremse sehen, inwiefern wir uns aufeinander zu bewegen können.

Wir brauchen die Zweidrittelmehrheit, um eine eigene Regelung in die Landesverfassung schreiben zu können. Aber auch für diese Regelung gilt natürlich, dass wir schon eine Grundgesetzänderung auf Bundesebene haben. Das sind die Rahmenbedingungen. Darum möchte ich wiederholen: Aus unserer Sicht geht es jetzt nicht darum, zu sagen: Nur das eine - und nicht das andere! - Es geht darum, zu sagen: Wollen wir die kommenden Beratungen ernst nehmen, oder wollen wir sie nicht ernst nehmen?

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die zentrale Fragestellung. Wir vom SSW wollen diese Beratungen ernst nehmen. Darum habe ich in meinem Redebeitrag gesagt, dass die Gesetzentwürfe von SPD und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zwei Problemstellungen aufgreifen, die für alle in diesem Hause von äußerster Relevanz sind. Das sind auch keine neuen Problemstellungen; sie haben uns in all den letzten Jahren immer wieder beschäftigt. Ich rufe in Erinnerung, dass wir Diskussionen über die Eingriffe in den kommunalen Finanzausgleich gehabt haben, und ich rufe in Erinnerung, dass wir auch Diskussionen über die Einführung eines Konnexitätsprinzips auf Bundesebene gehabt haben.

Nun kann man natürlich sagen: Na gut, wenn man sich in der Opposition befindet, dann ist es einfacher, so etwas zu fordern, als wenn man jetzt auf Bundesebene oder Landesebene die Regierung stellt. Die CDU war damals Opposition, als die Debatte dort hochkam, und jetzt ist es umgekehrt. Aber das kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das eine sehr wichtige und relevante Problemstellung ist. Auch die Erfahrung, die wir mit der Steuergesetzänderung 2000 gesammelt haben, ist doch so, dass wir jetzt wirklich sagen müssen: Das kann nicht wieder geschehen, das darf nicht wieder geschehen! Die Steuererleichterungen, die es auf Bundesebene gegeben hat, machen es uns doch unmöglich, überhaupt weiterzukommen; da sollten wir uns nichts vormachen.

Darum: Wir stehen am Anfang dieses Prozesses. Wir vom SSW wollen wenigstens die kommenden Beratungen so ernst nehmen, dass wir sagen: Wir müssen sehen, dass wir uns aufeinander zu bewegen.

Eine letzte Bemerkung, die ich vorhin schon angeführt habe: Sollte die Bundesregelung greifen, weil wir uns nicht einig werden können, dann gilt trotzdem, dass wir ein realistisches Konzept brauchen. Wir können nicht sagen: Gut, dann nehmen wir einfach das, was der Bund beschlossen hat. Wir brauchen realistische Zahlen; wir brauchen realistische Konzepte; und wir müssen sehen, wie die Gesellschaft dann aussieht - nach dem, was dann vorgelegt wird -, ob es dann der sozialpolitische Kahlschlag wird oder wie denn das Land weiterentwickelt werden kann, ob es dann auch diesen wirtschaftspolitischen Aufbruch geben kann.

Frau Abgeordnete, achten Sie bitte auf die Redezeit!

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin! - Noch eines: Wenn über einen Altschuldentilgungsfonds neu verhandelt werden soll - da haben Sie, Herr Minister, den SSW an Ihrer Seite -, gebe ich noch einmal zu bedenken: Es ist viel zu einfach zu sagen, wir nehmen den Soli, weil: Der Soli gilt für alle!

Frau Abgeordnete Spoorendonk, formulieren Sie bitte Ihren letzten Satz!

Das tue ich, Frau Präsidentin. - Wir müssen auch da sagen: Die stärksten Schultern haben die größten Lasten zu tragen. Das muss die Maßgabe sein.

(Beifall bei SSW, SPD und der LINKEN)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort für einen Dreiminutenbeitrag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der von mir sehr geschätzten Kollegin Heinold sehr dankbar, dass sie den Realismus wieder in die Debatte eingeführt hat, weil wir uns drehen und wenden können, wie wir wollen: Wir haben bestimmte Vorgaben einzuhalten, ob es uns passt oder nicht. Die einzig entscheidende Frage ist, auf welchem Wege wir das machen. Deshalb, Frau Kollegin Heinold, ist ja gerade die Haushaltsstruktur

(Anke Spoorendonk)

kommission eingerichtet worden, weil nach Auffassung der FDP diese Top-down-Berechnungen wir müssen 125 Millionen € pro Jahr einsparen, und jetzt schlüsseln wir es einfach auf die Ministerien herunter, und dann sollen sie zusehen, wie sie das machen - für uns das Gegenteil von Politik ist.

Wir wollen zunächst wissen - daran arbeiten wir momentan -, was bringt was, um anschließend die politischen Entscheidungen treffen zu können, an welchen Dingen wollen wir festhalten und bei welchen Dingen glauben wir, dass wir sie aufgeben können. Darüber werden wir definitiv streiten, aber nicht mehr um die Größenordnung des Weges, den wir beschreiten müssen.

In dem Zusammenhang erlauben Sie mir eine etwas schärfere Bemerkung. An Ihrer Stelle würde ich auch sagen: Lasst uns nach vorn und nicht in die Vergangenheit blicken. Aber wenn die Sozialdemokraten dauernd sagen: Da haben wir Fehler gemacht. Übrigens sagen die damaligen Erklärungen der Oppositionsfraktionen: Wir waren anderer Auffassung, wir sind ja in gleicher Weise argumentativ bedrängt worden. Welches Vertrauen sollen wir jetzt darin haben, dass die jetzigen Vorschläge fehlerfrei sind?

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die Annahme, die Sozialdemokraten seien deshalb sakrosankt, weil das, was sie meinen, immer gut gemeint sei, muss ja nicht heißen, dass es gut ist. Wir sind auch anderer Auffassung. Die vergangene Legislaturperiode, Herr Kollege Stegner, hat belegt in wie vielen Fällen Sie Fehler wirklich zulasten dieses Landes begangen haben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Nur zwei Beispiele, weil Sie immer von der hervorragenden Politik der Sozialdemokraten reden. Man muss immer schauen, was am Ende herauskommt. Benchmarking ist so ein schönes Wort, das die Sozialdemokraten eingeführt haben.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: So ist es!)

Beim Benchmarking, beispielsweise bei wirtschaftlichem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts Schleswig-Holsteins, liegen wir nach wie vor im unteren Drittel. Da hat sich die Kluft in den letzten 15 Jahren zwischen dem westdeutschen Bundesdurchschnitt und Schleswig-Holstein zu unseren Lasten weiter verschlechtert. Das hat folgende Konsequenz: Die Steuereinnahmen pro Kopf der Bevölkerung von Schleswig-Holstein sind wegen des un

terschiedlichen Wachstums geringer als woanders. Ein Teil unserer Einnahmemisere besteht darin, dass sich Wachstum bei uns nicht so entwickelt hat wie in anderen Bundesländern.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt zu wenig Studienplätze!)

- Was haben Sie gerade gesagt?

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt zu wenig Studienplätze!)

- Ich kann sicher sagen, dass die FDP seit 1971 keine Verantwortung dafür trägt, dass es zu wenige Studienplätze gibt. Ich kann auch sicher sagen, dass die FDP keine Verantwortung dafür trägt, dass es nach 21 Jahren Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

in keinem anderen Bundesland so sehr vom Einkommen der Eltern abhängt, ob man einen Bildungsabschluss erreicht oder nicht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wenn das die Ergebnisse von Politik sind, muss man die Politik ändern und muss diejenigen, die dafür Verantwortung tragen, aus der Verantwortung entfernen.

Nach wie vor: 1,25 Milliarden € Finanzierungslücke heißt nicht, dass wir 1,25 Milliarden € einsparen müssen. Der Einspardruck wird in dem Maße geringer werden, in dem es uns gelingt, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes zu stabilisieren oder zu erhöhen. Wenn wir stärkere Wachstumsraten haben als im westdeutschen Bundesdurchschnitt, können wir uns mehr leisten als gegenwärtig.

(Zuruf des Abgeordneten Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Herr Tietze, wir sollten nicht darauf vertrauen, dass wir damit rechnen können, dass andere uns entgegenkommen. Wir müssen zunächst unsere eigenen Hausaufgaben machen. Wenn uns die anderen dann entgegenkommen, umso besser.

Aber solche Rechnungen wie beim „Jäger 90“ - haben die Sozialdemokraten früher auch gemacht; wir rechnen schon mal mit Einnahmen, die uns andere zur Verfügung stellen sollen -, sind wirklich unseriös. Wenn wir das erreichen, in Ordnung, umso besser, aber wir müssen zunächst jedes Jahr unsere eigenen Hausaufgaben machen, bevor wir auf die Hilfe anderer hoffen können.

(Wolfgang Kubicki)

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Kollegen Tobias Koch von der CDU-Fraktion.