Wolfgang Kubicki
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Last Statements
Herr Kollege Kalinka, ich weiß, dass Sie ein profunder Sachkenner sind. Herr Kollege Baasch hat moniert, dass es Manager wie Herrn Winterkorn von VW gibt, die 17 Millionen € im Jahr als Gehalt erhalten. Ist Ihnen bekannt, dass bei VW die paritätische Mitbestimmung gilt? Ist Ihnen darüber hinaus bekannt, dass die Ar
Frau Präsidentin, wir widersprechen diesem Antrag der SPD-Fraktion und möchten jetzt gern abstimmen.
Frau Präsidentin, ich bitte um einen Hinweis dazu, ob im ganzen Haus zur Abstimmung gerufen worden ist.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, bitte erlauben Sie mir, das zu sagen: Als ich den Ursprungsantrag der SPD zur Aktuellen Stunde zur Kenntnis genommen habe, habe ich mich gefragt, ob es zugelassen werden sollte, der schleswig-holsteinischen Öffentlichkeit hier zu vermitteln, dass es Ihnen, Herr Dr. Stegner, gar nicht um eine Auseinandersetzung in der Sache geht, sondern dass es Ihnen darum geht, nach außen zu dokumentieren, dass wir nichts Besseres zu tun haben, als diese relativ billigen Wahlkampfreden auszutauschen, die Sie heute wieder gehalten haben.
Ich glaube, dass Sie damit dem Parlamentarismus mehr schaden, als es die Piratenpartei oder andere je könnten. Das glaube ich wirklich, denn die Menschen haben nicht mehr das Gefühl, dass wir uns hier ernsthaft mit den Themen beschäftigen.
- Ich komme gleich noch dazu.
Die Menschen bekommen den Eindruck, dass wir hier Fensterreden halten und in der Sache nichts bewegen.
Der Antrag datiert vom 9. März 2012. Am 9. März 2012 wussten die Sozialdemokraten bereits, dass sie zum Ende der Koalition und eine Woche vor der Wahl eine Aktuelle Stunde beantragen wollten.
- So aktuell war er. Das ist Teil der Wahlkampfkampagne. Da dem Kollegen Stegner inhaltlich nichts Besseres einfiel, um dies zu begründen, hat er sich darauf rekurriert, Beratungsgegenstände aus einem Ausschuss zum Anlass zu nehmen, wohl wissend, dass es in beiden Fällen, also sowohl beim Tariftreuegesetz als auch bei der Kurabgabe, um die es ging, nämlich bei der Einrechnung in die Beherbergungspreise, erhebliche rechtliche Probleme
gibt, die noch einer differenzierteren und tieferen Betrachtung bedürfen, als wir sie zum Schluss der Legislaturperiode leisten können.
Der Kollege Callsen hat bereits etwas zum Tariftreuegesetz gesagt. Sie wissen, dass bei der Kurabgabe die Einrechnung in die Beherbergungspreise zu dem Problem einer höheren Umsatzsteuer führt, dass aber gleichzeitig die Vorsteuer nicht geltend gemacht werden kann. Bevor dieses Problem nicht auf Bundesebene gelöst ist, macht es tatsächlich keinen Sinn, die Betreiber der Beherbergungsbetriebe mit zusätzlichen Kosten zu belasten, die sie eigentlich gar nicht tragen müssen. - Der Kollege Tietze nickt. Ich freue mich, dass die Grünen das in gleicher Weise sehen.
Herr Kollege Dr. Stegner, nicht die Koalition ist am Ende. Die Opposition ist bereits am Ende. Das, was Sie hier machen, identifiziere ich mittlerweile als eine gewisse Form der Panik.
- Logischerweise. Herr Dr. Stegner, Sie stellen entgegen Ihrer vollmundigen Ankündigungen in den Umfragen und bei allen Wahlbörsen fest, dass RotGrün keine Mehrheit mehr hat.
- Ja, aber Rot-Grün hat keine Mehrheit mehr. Wie sind Sie denn in den letzten Wochen und Monaten aufgetreten? – Das geschah mit einer Überheblichkeit sondergleichen und in dem sicheren Gefühl, -
- Herr Kollege Habersaat, warten wir den Abend des 6. Mai ab. Ob Sie dann noch so lachen werden, weiß ich nicht. Wir werden das sehen. In jedem Fall hat Rot-Grün keine eigene Mehrheit mehr. Wenn Sie sämtliche Wahlbörsen und möglicherweise die neuen Umfragen, die am Wochenende kommen, zugrundelegen, dann sehen Sie, dass auch die Dänen-Ampel keine eigene Mehrheit mehr haben wird. Herr Dr. Stegner, was machen Sie denn nun mit Ihren großen und vollmundigen Ankündigungen, dass Sie alles zurücknehmen wollen, was wir geschaffen haben? – Das bleibt so sehr im luftleeren Raum hängen, wie es besser nicht geht.
Ich frage mich: Was haben wir eigentlich für eine Opposition, bei der der wahrscheinlich kleinere Partner der Opposition - in Relation zur SPD - bereits heute öffentlich erklärt, dass all das, was Sie
versprechen, gar nicht finanziert werden kann? Ich sage das einmal etwas untechnisch: Das ist möglicherweise Betrug am Wähler, denn Sie versprechen Dinge, die Sie gar nicht finanzieren können. Die Grünen erklären, sie werden keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem diese Zusagen enthalten sind, ohne dass entsprechende Finanzierungsmittel zur Verfügung stehen. Was ist das denn? - Das ist das Ende einer möglichen Koalition, bevor diese begonnen hat. Das zu dokumentieren, ist des Schweißes der Edlen wert.
Wir kommen im Verlauf dieser Tagung noch bei einigen Sachthemen dazu, uns mit dem Spitzenkandidaten der SPD zu beschäftigen. Herr Albig erklärt, dass er das Blindengeld gar nicht vollständig wieder auf die ursprüngliche Höhe zurückführen will, nämlich auf 300 €. Das sind 100 € weniger, als Herr Dr. Stegner hier vollmundig ankündigt. Herr Albig erklärt mittlerweile, dass er im Zusammenhang mit dem Glücksspielgesetz definitiv eine positive Stellungnahme dahin gehend erwartet, dass das alles in Ordnung ist. Damit beschäftigen wir uns noch.
Herr Dr. Stegner, Ihr eigener Spitzenkandidat stellt Sie regelmäßig in den Senkel. Umgekehrt versuchen Sie, Ihren Spitzenkandidaten in den Senkel zu stellen, weil der auf dem Weg ist, die Herzen der Menschen in Schleswig-Holstein erobern zu wollen, weil Sie es nicht schaffen, den Verstand der Menschen zu erobern.
Ich will mit einem wunderschönen Satz des Kollegen Neugebauer schließen, dem Traditionslenker der SPD. Er hat gestern im „sh:z“ erklärt: Viele Menschen begegnen ihm auf den Marktplätzen und anderswo, die gern wieder die SPD wählen würden, davon aber abgehalten werden, da Herr Dr. Stegner noch sein Unwesen in der SPD treibt.
Mein Gott! Herr Dr. Stegner, aus unserer Sicht kann ich nur sagen: Weiter so! Gehen Sie auf die Marktplätze, und reden Sie dort wie heute Morgen hier von diesem Pult aus, und ich bin sicher, dass die SPD ein herausragend schlechtes Ergebnis erzielen wird, und das hat sie verdient.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt manchmal tatsächlich Augenblicke im politischen Leben, im Parlamentarierleben, da muss man sich etwas zurücknehmen und besinnen und sich fragen, was der Begriff Würde bedeutet. Wenn der Ministerpräsident dieses Landes nach mittler
weile siebenjähriger Tätigkeit seine letzte Rede hält, Herr Oppositionsführer Dr. Stegner, dann sollte man die Größe aufbringen, das auch einmal stehen zu lassen und nicht relativieren zu wollen.
Sie können sich Debatten liefern, Sie können sich in der Sache streiten, Sie können der Auffassung sein, dass die Politik falsch gewesen ist, aber Sie können weder dem Ministerpräsidenten noch irgendjemandem in diesem Hause absprechen, dass er aus seiner inneren Überzeugung heraus versucht hat, das Beste zu erreichen, nicht nur für sich selbst, sondern für das Gemeinwesen. Diese Form wechselseitigen Respekts ist es, die die politische Debatte ausmachen sollte. Die Menschen erwarten von uns, dass wir uns in der Sache streiten, aber nicht den Respekt voreinander absprechen.
Ich erinnere mich daran, Herr Dr. Stegner, als Heide Simonis hier in diesem Plenarsaal in die Wahlgänge geschickt wurde, haben wir uns selbstverständlich darüber gefreut, dass es Ihnen nicht gelungen ist, eine eigene Mehrheit herzustellen. Aber das war keine Freude über das Schauspiel, das Sie Ihrer Ministerpräsidentin zugemutet haben: sie in vier Wahlgänge zu schicken und damit öffentlich komplett zu demontieren. Das muss man einfach wissen.
Das waren Sie und niemand sonst.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei dem Ministerpräsidenten dieses Landes wirklich für die gute Zusammenarbeit zu bedanken. Peter Harry, ich kann mich erinnern - das darf ich sagen -, dass, als wir begonnen haben, die Kolumnisten überall schrieben, der Ministerpräsidentin habe unter Stegner schon gelitten, Kubicki werde noch einen drauflegen: Die beiden werden sich fetzen wie nichts Gutes. - Das genaue Gegenteil war der Fall. Unser persönliches Vertrauensverhältnis - Johannes, du weißt es, andere auch - war mit eine der Grundlagen dafür, dass wir wirklich schwierige, auch zwischen uns schwierige Fragen haben schließlich einvernehmlich regeln können und hier im Parlament umsetzen können. Dafür will ich dir ausdrücklich danken.
Ich finde - das habe ich auch öffentlich gesagt: Du hast deinen Job verdammt gut gemacht, was ich nicht von jedem aus der Union sagen möchte, wenn ich das einmal sagen darf.
- Ich gucke dich dabei gar nicht an, Rainer.
Jedenfalls hast du deinen Job wirklich gut gemacht, du warst ein guter Ministerpräsident für das Land. Die Geschichtsbücher werden das sicherlich - mehr als Herr Dr. Stegner - zu würdigen wissen.
Herr Kollege Stegner, ich habe gehört, als wir angefangen haben, dass diese Koalition kein halbes Jahr halten werde. Herr Dr. Stegner, beim Sparkassengesetz haben Sie öffentlich erklärt, die Koalition werde keine eigene Mehrheit hinbekommen. Bei den Haushaltsberatungen - das war wirklich nicht einfach, sondern sehr schwierig, mit einer Einstimmenmehrheit bei so schwierigen Entscheidungen wirklich vielen Menschen aus ihrer subjektiver Sicht wehzutun - haben Sie erklärt, der Haushalt werde nicht verabschiedet. Wir haben es geschafft.
Bei allen Gesetzgebungsvorhaben, die wir umgesetzt haben, haben wir es geschafft. Am Anfang haben Sie erklärt, die Regierung tue gar nichts. Heute beklagen Sie, wir hätten zu viel getan, weil Sie so unglaublich viel von dem, was entschieden wurde, wieder zurücknehmen wollen. Das entlarvt Sie eigentlich, Herr Kollege Dr. Stegner, wie Sie sich auch in Ihrem Beitrag in der Antwort auf den Ministerpräsidenten entlarvt haben: Sie haben nicht nur kein Benehmen, Sie haben auch wirklich keine Würde.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass der Turnus zwischen den bildungspolitischen Grundsatzdebatten im Landtag immer kürzer wird, ist einerseits nachvollziehbar, weil Bildungspolitik eine der wichtigsten landespolitischen Aufgaben ist. Ob jedoch die kurze Frist zwischen diesen parlamentarischen Auseinandersetzungen dem Thema insgesamt hilft, darf man mit gutem Grund bezweifeln. Es ist nämlich ziemlich fraglich, ob es seit der letzten grundsätzlichen bildungspolitischen Debatte im März zu grundlegend neuen Erkenntnissen gekommen ist bei allen Beteiligten. Ich habe da meine Zweifel.
Wir können jetzt schon voraussagen: Es wird hier und heute keine überparteiliche Einigung über die bildungspolitische Gestaltung der schulstrukturellen Zukunft geben; denn es wird heute tatsächlich nicht darum gehen, wie wir es schaffen können, unseren Kindern die bestmögliche Ausbildung anzubieten, wie wir es schaffen können, dass sich jeder junge Mensch nach seinen Fähigkeiten, seinen Möglichkeiten und seinen Bedürfnissen frei entfalten kann, und wie wir es schaffen können, das Wissen, die Ideen, Wünsche und Konzepte der Eltern, Lehrer und Schüler möglichst breit in diese Entwicklung einfließen zu lassen.
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Einen echten Schulfrieden wird es in diesem Lande solange nicht geben, wie es jede Form von Besserwisserei und Bevormundung durch die Politik in Kiel gibt.
Wenn wir die Wünsche und Vorstellungen der Menschen vor Ort nicht angemessen berücksichtigen, dann geht die Diskussion endlos weiter, und das kann kein verantwortlicher Politiker ernsthaft wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spätestens seit der großen schulpolitischen Auseinandersetzung im Sommer 2010 in Hamburg wissen wir doch, dass die Wünsche der Lehrer, Eltern und Schüler Berücksichtigung finden müssen. Besonders die Grünen sollten dies noch in guter Erinnerung haben. Das war ein Lehrbeispiel dafür, wie ein Hinweggehen über die Menschen vor Ort zum politischen Schiffbruch führen kann.
Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Umfragezahlen von Infratest dimap sollte sich mancher Landespolitiker fragen, ob er noch glaubt, für die Menschen in diesem Lande etwas zu tun, oder ob er aus anderen Gründen handelt. Wenn sich 78 % der
Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner für G 9 an Gymnasien aussprechen und lediglich 16 % dagegen, dann stellt sich unweigerlich die Frage, warum sich die oppositionellen Parteien, angeführt von den Sozialdemokraten, hierüber einfach hinwegsetzen.
Wir sehen doch, dass sich die Menschen vor Ort anders entscheiden als zum Beispiel die Elternvertretung der Gymnasien, die sich ihrerseits für ein flächendeckendes G 8 ausspricht. Insofern wird jeder Runde Tisch, sei es einer der Grünen oder sei es einer der SPD, nicht funktionieren, solange den Menschen vor Ort nicht die Entscheidungsfreiheit zugestanden wird. Das Einfrieren von G 9, wie es die Grünen wollen, oder das Verbot von G 9, wie es die SPD will, wird man auf Dauer nicht durchhalten können, zumal der Druck aus anderen Bundesländern in dieser Frage immer mehr steigt. In vielen anderen Bundesländern wird G 9 stets mit Beteiligung von SPD und Grünen nämlich auch jetzt durchgesetzt.
Herr Kollege Habersaat, Sie mögen ja die hessische SPD für konservativ halten, aber die spricht sich ausschließlich für die Einführung von G 9 aus. Sie mögen möglicherweise auch Herrn Ude für einen mächtig konservativen Menschen halten; denn der spricht sich gerade für G 9 und G 8 an Gymnasien nach dem Elternwillen aus, wie es das Modell vorgeführt hat. Lernen Sie doch einfach dazu: Selbst ein langjähriger sozialdemokratischer Bildungssenator hat in der „Zeit“ formuliert, dass die Entscheidung ausschließlich für G 9 ein Fehler gewesen sei, weil es viele junge Menschen in ihrer Ausbildung überfordert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, G-9-Schulen haben in Schleswig-Holstein mittlerweile einen außergewöhnlichen Zulauf und zeigen zum demografischen Wandel eine gegenläufige Entwicklungskurve. Können oder wollen Sie nicht registrieren, dass die Eltern und Schüler sowohl in diesem als auch in anderen Bundesländern längst schon mit den Füßen abgestimmt haben?
Wer kann vor dem Hindergrund dieser Zahlen heute ernsthaft behaupten, dass die Entscheidung der FDP für die Wiederermöglichung von G 9 an Gymnasien falsch gewesen ist? Dies kann nur jemand behaupten, dem sein eigene Ideologie wichtiger ist als der überwiegende Elternwille.
Warum ist Ihre Meinung wichtiger als die aller schulischen Akteure vor Ort? Warum glauben Sie, dass Sie richtig liegen und knapp vier Fünftel der Menschen in diesem Land falsch? Wären Sie Mitglieder der Schulkonferenz der Domschule in Schleswig, des Gymnasiums Brunsbüttel oder der Carl-Maria-von-Weber-Schule in Eutin und hätten die freie Wahl, würden Sie für ein solches Vorgehen ein anderes Wort finden als „Anmaßung“, „Besserwisserei“ oder „Bevormundung“?
Warum lassen Sie die Schulkonferenzen nicht frei entscheiden? Liegt es vielleicht daran, dass Sie missliebige Ergebnisse vermeiden wollen? Wenn das Ihr Antrieb hinter dieser Bevormundung ist, dann kann ich Ihnen verraten, dass auch missliebige Ergebnisse zu einem demokratischen Prozess dazugehören. Beteiligung der Eltern, Lehrer und Schüler führt tatsächlich nicht immer dazu, dass die sozialdemokratischen Vorstellungen bejubelt werden.
Ich muss hier deutlich sagen: Es entspricht nicht meinem Verständnis von Teilhabe, von Mitbestimmung oder auch von Eigenverantwortlichkeit, wenn den Menschen vorgeschrieben wird, dass sie eine andere Schule haben sollen, als sie selbst es wünschen.
Liebe Sozialdemokraten, ich rate Ihnen deshalb dringend, sich von Ihrem Wahlversprechen, G 9 an den Gymnasien verbieten zu wollen, wieder zu lösen. Diesen Kampf gegen die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein werden Sie krachend verlieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Wiederermöglichung von G 9 spricht aber nicht nur die Tatsache, dass es von der Mehrheit der Bürger in Schleswig-Holstein gewollt wird. Es gibt auch klare sozial- und gesellschaftspolitische Argumente gegen ein flächendeckendes G 8 an Gymnasien.
Vor allem für den ländlichen Raum wirkt es sich mehr und mehr negativ aus, dass die Schülerinnen und Schüler von G-8-Gymnasien wegen der höheren wöchentlichen Stundenverpflichtung zum Teil bis zu zehn Stunden von zu Hause fernbleiben. Diese Kinder und Jugendlichen haben dann keine Zeit mehr, sich nach der Schule noch mit Freunden zu organisieren, sich ehrenamtlich zu betätigen, sich in der Kirche zu engagieren oder zum Sport oder Musikunterricht zu gehen.
Herr Kollege Dr. Stegner, Sie waren doch anwesend in der Nikolaikirche in Kiel bei der Diskussion, die wir geführt haben, wo der Bischofsbeauf
tragte mit wirklich bewegenden Worten erklärt hat, dass auch aus Sicht der Kirche es sinnvoll ist, G 9 an den Gymnasien wieder zuzulassen.
Die Musikschulen, die Sportvereine, die Feuerwehren klagen deshalb immer mehr über die negativen Auswirkungen von G 8.
Ein flächendeckendes G 8 führt also auf dem Land - das zeigt sich immer deutlicher - zu einer viel schnelleren gesellschaftlich-kulturellen Ausdünnung, weil die G-8-Kinder zeitlich und physisch kaum noch die Möglichkeit zur Teilhabe am örtlichen Leben haben. Es gibt mittlerweile Studien zu dieser Problematik, zum Beispiel der „Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009“ im Auftrag des Bundesfamilienministeriums, in dem ganz eindeutig in G 8 die Ursache für den Rückgang ehrenamtlicher Beteiligung von Jugendlichen gesehen wird. Dieser Studie zufolge sind 53 % der Schüler, die in neun Jahren auf dem Gymnasium ihr Abitur machen, ehrenamtlich aktiv. Unter den Jugendlichen, die dafür nur acht Jahre Zeit haben, finden mittlerweile nur noch 45 % Zeit für das Engagement in einem Verein oder anderen Ehrenämtern. Der Bericht schreibt hierzu, dies sei bei G 8 - ich zitiere - „ein Hinweis auf ein schwieriges Zeitregime für freiwilliges Engagement“.
Deutlicher kann man es kaum sagen: G 8 führt also eher zur reinen Karriereorientierung und lässt die Persönlichkeitsbildung, die ja auch durch ehrenamtliches Engagement gefördert wird, hinten herunterfallen. Dass sich in Schleswig-Holstein gerade Sozialdemokraten dafür einsetzen, dass wir mit G 8 auch weniger sozial engagierte Jugendliche bekommen, ist wirklich bemerkenswert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte das nicht für sozial. Halten Sie, liebe Sozialdemokraten, das Festhalten an G 8 ausschließlich an Gymnasien vor diesem Hintergrund weiterhin für richtig? Es ist doch auch Ihr Lieblingsland.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, am vergangenen Freitag hat die SPD ihr sogenanntes „Sofortprogramm“ für eine Regierungsübernahme vorgestellt. Es scheint mittlerweile Usus zu sein, neben dem eigentlichen Wahlprogramm auch noch ein weiteres aufzustellen, das sich inhaltlich mit dem Wahlprogramm beißt. Neben diesen Widersprüchen offenbart das Sofortprogramm der SPD aber noch interessante Aperçus. Hier erklärt die SPD nämlich feierlich: „Schleswig-Holstein soll bis 2022 Bildungsland Nummer eins in Deutschland werden.“
Historisch Interessierte könnten jetzt schon fragen: Warum kommt Ihnen diese Erkenntnis denn erst jetzt? Was haben Sie denn gemacht, als Sie zwischen 1988 und 2009 die Bildungspolitik in Schleswig-Holstein 21 Jahre allein bestimmt haben?
Hatten Sie da das Ziel, Schleswig-Holstein im Bildungsbereich rückständig werden zu lassen? Wenn das Ihr Ziel gewesen ist, dann haben Sie es ja teilweise geschafft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Vorstellung dieses Programms ließ sich dann der SPDLandesvorsitzende Dr. Stegner überraschenderweise zu einer konkreten Aussage hinreißen. In den „Kieler Nachrichten“ vom 21. April finden wir nämlich folgende Zeilen - ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten -:
„Das Sofortprogramm sieht vor, dass gleich nach der Sommerpause das Genehmigungsverfahren für neue Oberstufen an Gemeinschaftsschulen beginnt. Denkbar sei die Entstehung dieser Oberstufen in der nächsten Legislaturperiode an insgesamt 21 bis 23 Standorten, bekräftigte Stegner.“
Lieber Herr Dr. Stegner, jetzt, hier und heute, weil Sie doch so konkret sein wollen, haben Sie die einmalige Möglichkeit, diese 21 bis 23 Gemeinschaftsschulen auch namentlich zu benennen. Geben Sie den Schulen hiermit doch die konkrete Zusage, dass sie von Ihnen eine gymnasiale Oberstufe erhalten!
Sagen Sie zugleich, dass Sie die Handlungsanleitung von Frau Erdsiek-Rave aus dem Jahr 2007, die die Einrichtung von Oberstufen vom gymnasialen Angebot in der Nähe abhängig machte, wieder zurücknehmen! Geben Sie den Schulen, die Sie meinen, doch diese konkrete Zusage, damit sie Planungssicherheit bekommen! Und wenn Sie nicht 21 nennen können, nennen Sie vielleicht 15 oder wenigstens zehn! Haben Sie doch den Mut, Herr Dr. Stegner, statt uns allgemeine Phrasen hier vorzutischen, doch jetzt einmal konkret die Schulen zu benennen. Machen Sie das doch!
Benennen Sie konkret zehn Schulen - das würde ja schon reichen -, die sicher sein können, dass das Genehmigungsverfahren nach der Sommerpause für gymnasiale Oberstufen beginnt! Das können Sie nicht. Das wissen Sie, und deshalb werden die Menschen Ihnen auch kein Vertrauen schenken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich Ihnen sagen: Die Menschen werden in anderthalb Wochen in Schleswig-Holstein vor der Wahl stehen, ob sie bildungspolitisch bevormundet werden wollen oder ob sie die Wahlfreiheit behalten können, ob sie es sich gefallen lassen wollen, dass Finanzierungsversprechen gemacht werden, die nicht eingehalten werden können, oder ob sie wirklich, wie eingeleitet, von der Wahlfreiheit vor Ort Gebrauch machen wollen, das Beste für ihre Kinder zu erreichen, was das Schulsystem bieten kann.
Antworten von Ihnen helfen immer, Frau Kollegin Erdmann.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Thoroe hat behauptet, er habe mir zugehört, aber offensichtlich doch nicht. Denn wer nur für die
Einführung von G 9 an den Gymnasien ist, der hat nicht verstanden, dass wir die Wahlfreiheit wollen, das wir die Schulkonferenzen darüber entscheiden lassen wollen, ob sie G 9, G 8 oder beides haben wollen. Deshalb können wir Ihrem Antrag natürlich nicht zustimmen.
Aber, Herr Thoroe, ich sehe ein, man darf Sie ja auch nicht überfordern.
Herr Kollege Höppner - jetzt ist er wieder da -, ich war nicht draußen, weil ich mir Ihren Redebeitrag nicht anhören wollte, sondern ich habe eine leichte Bronchitis und wollte nicht nur etwas gegen Sie tun, die Sozialdemokraten, sondern wollte auch etwas gegen meine Bronchitis während der letzten elf Tage des Wahlkampfes tun.
Ich fand Ihren Beitrag aber besonders bemerkenswert, weil Sie wieder einmal mit einer wirklich darstellerischen Leistung das Szenario an die Wand gemalt haben: Was sollen Bundeswehrsoldaten aus Plön machen, die dann nach Wilhelmshaven oder nach Rostock umziehen, wenn ihre Kinder dann dort auf die Gymnasien und G 8 gehen müssen? Was sollen denn die Schüler von Gemeinschaftsschulen machen, deren Eltern in andere Bundesländer umziehen? Was sollen die denn in Wilhelmshaven oder in Rostock machen?
Bedauerlicherweise haben Sie das immer noch nicht verstanden, obwohl Sie von diesem Bereich ja Ahnung haben sollten. Das Problem ist doch nicht, dass wir unterschiedliche Zeiten haben, sondern das Problem ist, dass wir unterschiedliche Lehrpläne haben und eine unterschiedliche Ausstattung der Schulen. Erinnern Sie sich noch an das Interview eines Mädchens aus Hessen, das aus Hessen hierher kam und erklärt hat, sie wundere sich, mit welchem veralteten Lehrmaterial in Schleswig-Holstein noch Unterricht betrieben werde; das wäre ja steinzeitlich?
Das entscheidende Problem liegt doch darin, dass wir deutschlandweit eine völlig unterschiedliche Lehrplanstruktur haben und dass es darauf ankommen muss, Herr Kollege Höppner - das ist ja unsere Vorstellung -, Lernziele zu formulieren, die man für einen bestimmten Bildungsabschluss erreichen muss, und dass man es dann den Schulen überlässt, wie sie diese Lehrziele erreichen. Machen wir doch flächendeckend gemeinsame Abschlüsse, dann werden wir feststellen, welche Schulen in der Lage
sind, ihre Schülerinnen und Schüler zum Abschluss zu bringen und welche nicht. Das ist die Herausforderung der Zukunft und nicht das Festhalten an der Frage G 8 oder G 9.
Das zweite bemerkenswerte Argument, Herr Dr. Höppner, ist wirklich irre. Sie sagen, von allen Gymnasien, die wir in Schleswig-Holstein haben, hätten sich nur 15 dafür entschieden, G 9/G 8 anzubieten, jeweils gemeinsam oder nur G 9. Wissen Sie, wie das zustande gekommen ist? Das ist zustande gekommen, weil Sie und Herr Dr. Stegner nach der Verabschiedung des Schulgesetzes erklärt haben, das Erste, das Sie machen würden, sei es, dieses Gesetz wieder zurückzunehmen. Entscheidend war: Nachdem die Menschen mit der Aussage konfrontiert worden sind, dass sie am 6. Mai dieses Jahres neu wählen müssen, haben viele Schulkonferenzen damit gewartet, weil sie wissen wollen, ob das Schulgesetz Bestand haben wird. Ich kann Ihnen nur sagen: Mit uns in der Regierung wird es Bestand haben. Sie werden sehen, dass sich nach dem 6. Mai bei den nächsten Konferenzen - das ist ja jedes Jahr wieder möglich - deutlich mehr Schulen dazu verhalten werden.
Ich sehe ja ein, Herr Kollege Stegner, dass Sie mit den Betroffenen nicht reden. Sie machen ja Wattwanderungen und verteilen Brötchen. Aber immer mehr Schulleiter kommen zu mir und sagen: Wenn das Schulgesetz Bestand hat, dann werden wir uns vor Ort für diesen Weg entscheiden, weil wir den Druck der Eltern spüren und weil wir unsere pädagogischen Konzepte umsetzen wollen und weil wir wollen, dass möglichst viele Kinder einen möglichst guten Abschluss erhalten und nicht -
- Ach, Herr Dr. Stegner, Sie werden es nie lernen und haben es nie gelernt. Vorhin sagte jemand, dass er denen vertraue, die davon Ahnung hätten. Wenn das so ist, dann können Sie Herrn Stegner überhaupt nicht mehr vertrauen, weil ich gar keinen Bereich kenne, von dem er Ahnung hat. Aber das ist wieder etwas völlig anderes.
Wir werden das am 6. Mai sehen. Wir werden sehen, wie sich die Menschen entscheiden. Herr Kollege Dr. Stegner, Sie werden sehen, dass sich die Menschen gegen Ihre Vorstellungen von Schulpolitik entscheiden, genauso wie sie das bereits im Jahre 2009 gemacht haben. Da haben die Sozialdemo
kraten ihr schlechtestes Ergebnis eingefahren, das es jemals gegeben hat. Viel besser werden Sie angesichts Ihres Unwissens beim nächsten Mal auch nicht abschneiden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute bereits das zweite Mal ein Gesetz zur Aufhebung des Glücksspielgesetzes. Ein objektiver Zuhörer müsste nun die Erwartung haben, dass sich neue Tatbestände ergeben hätten, die die Regierungskoalition zwingen müssten, ihre bisherige Meinung zu überdenken. Für die Antragsteller scheint ein Grund die Stellungnahme der EUKommission zum Glücksspielstaatsvertrag der anderen 15 Bundesländer zu sein. Tatsächlich aber ist in diesem vonseiten der EU-Kommission nur eine höflich formulierte, aber eindeutige Absage erteilt worden.
Herr Dr. Stegner, dass Sie eine ungewöhnliche, teils geradezu bizarre Rechtsauffassung vertreten, war mir bekannt. Als Politologe sei Ihnen das gestattet. Mittlerweile zweifle ich aber an Ihren Englischkenntnissen. Sie haben im Plenum am 21. März 2012 erklärt, dass eine Befassung problemlos möglich sei, auch wenn die Mitteilung bis dahin nur in englischer Sprache vorlag. Nur weil die Mitteilung der EU-Kommission in diplomatisch höflichem Ton geschrieben ist, heißt das nicht, dass die EU-Kommission den Enturf positiv bewertet. Sie dürfen Höflichkeit nicht als Zustimmung auslegen. Die EU-Kommission sieht auch weiterhin die quantitative Anzahl der Lizenzen äußerst kritisch. Dazu zitiere ich aus der EU-Mitteilung:
„Die Kommission hat festgestellt, dass sie im Zusammenhang mit den von den deutschen Behörden angegebenen Hauptzielen (im Ein- zelnen die Kanalisierung der Verbraucher- nachfrage in ein gesteuertes System sowie die Bekämpfung von Kriminalität und Be- trug) nicht erkennen kann, inwiefern eine Beschränkung der Gesamtzahl der Konzessionen für das Angebot von Online-Sportwetten zur Erreichung der gesetzten Ziele geeignet ist.“
Statt möglichst hohe Standards gegen Geldwäsche und bei Spielerschutz zu setzen und damit die Probleme zu bekämpfen, wollen die anderen Bundesländer das Problem durch die quantitative Beschränkung der Anzahl lösen. Das wäre in etwa so, als wenn wir beschließen würden, dass wir die Qualität bei den Medizinberufen dadurch steigern wollen, dass wir die Zahl der Zulassungen bei den Ärzten beschränken. Da fordern wir doch auch qualitative Hochschulabschlüsse und lassen nicht jeden selbst ernannten Medizinmann die Lizenz erwerben.
Die EU-Kommission wird auf Seite 2 der deutschen Stellungnahme noch deutlicher, indem sie die 15 Bundesländer deutlich ermahnt:
„Die Dienststellen der Kommission möchten jedoch daran erinnern, dass derartige Beschränkungen zur Erreichung der avisierten Ziele geeignet sein und die Bedingungen in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit erfüllen müssen, welche in der Rechtsprechung des Gerichtshofs festgelegt wurden.“
Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass ein Mitgliedstaat alle Umstände darlegen muss, weshalb und wie er eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs in der EU durch nationale Maßnahmen begründen möchte. Denn nur dann ist eine Einschätzung möglich, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen tatsächlich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dieser Forderung sind die 15 Bundesländer nicht nachgekommen.
Die Kommission kritisiert in ihrer Mitteilung mehrfach die fehlenden wissenschaftlichen Erhebungen, welche die Maßnahmen aus dem Glücksspielstaatsvertrag rechtfertigen könnten.
Zudem zeigt sich, dass der Glücksspielstaatsvertrag nun auch unüberbrückbare beihilferechtliche Schwierigkeiten bekommen wird. In dem von dem Kollegen Arp zitierten Brief an den Finanzausschuss des Bundestags weist das Bundesfinanzministerium darauf hin, dass die vorgeschlagene Absenkung des Steuersatzes im Rennwett- und Lotteriegesetz europarechtswidrig ist. Die seit 1922 geltende Rückerstattung des Aufkommens aus der Besteuerung von Pferdewetten, mit denen die Pferdezucht finanziert wird, stellt eine Beihilfe dar. Dass dies bislang nicht beanstandet wurde, liegt an der Tatsache, dass der Kommission die Existenz dieser Vergünstigung vermutlich gar nicht bekannt
ist. Wenn nun durch den Glücksspielstaatsvertrag eine materiell-rechtliche Änderung des Steuergesetzes erfolgt, wird eine Notifizierung durch die EU-Kommission notwendig. Herr Dr. Stegner, das ist in Deutsch geschrieben, das können Sie selbst nachlesen, ohne dass Übersetzungsprobleme auftauchen.
Alle Beteiligten kommen zu dem Ergebnis, dass eine Änderung des Rennwetten- und Lotteriegesetzes auf Bundesebene dazu führen würde, dass die Pferdezucht und der Pferdesport in Deutschland komplett ruiniert würden, weil die EU-Kommission beihilferechtlich eine solche Rückerstattung gar nicht genehmigen darf. Deshalb versichere ich Ihnen, dass der Deutsche Bundestag eine solche Änderung nicht beschließen wird.
Herr Dr. Stegner, weil er sie nicht beschließen wird, ist der Vertrag der 15 inkohärent - in sich selbst. Das hat die Kommission am 18. Juli 2011 festgestellt. Das sollten Sie vielleicht zur Kenntnis nehmen und nicht dauernd mit ignorantia facti darüber hinweggehen.
Die EU-Kommission kritisiert weiter, dass ihr schleierhaft sei, wie man mit der „beschränkten Zahl“ - so das Zitat - „verfügbarer Konzessionen und mit einer sehr hohen Glücksspielabgabe in der Summe … ein wirtschaftlich tragfähiges und in der Folge stabiles und attraktives Online-Angebot für Sportwetten“ bereitstellen will.
Wer dem uns hier vorliegenden Gesetzentwurf der SPD zustimmt, zwingt den Landtag, einer europarechtswidrigen Regelung zuzustimmen.
- Wie schon häufiger durch Dr. Stegner und die SPD - nach der Devise: Wir beschließen etwas Rechtswidriges und lassen die Richter das dann aufheben,
wie Ihre Parteifreundin Kraft das in NordrheinWestfalen mit dem Haushalt vorgemacht hat: rechtswidriges Beschließen - dann sind die Richter schuld. Wir sind aber verpflichtet - jedenfalls verstehe ich das so -, dass wir uns an Recht und Gesetz halten und nicht versuchen, Recht zu brechen.
- Davon verstehen Sie wirklich nichts. Man kann sagen, dass bei keinem anderen Minister in Schleswig-Holstein in seiner Amtszeit so viele Urteile die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens festgestellt haben wie bei Ihnen, Herr Dr. Stegner. Deshalb sind Sie der schlechteste Ratgeber in dieser Frage.
Wer dem Gesetzentwurf der SPD zustimmen würde, würde auch keine zusätzlichen Einnahmen generieren, weder für den Haushalt, noch für den Sport im Land. Es reicht nicht, in Sonntagsreden immer nur die Bedeutung des Sports für Gesellschaft, Integration und Entwicklung anzupreisen. Es müssen auch Taten folgen. Herr Dr. Stegner, schauen Sie sich doch einmal an, wie Ihre Parteifreunde dort, wo Sie regieren, vor Ort mit der bisherigen Gesetzeslage umgehen.
Ich bin sofort fertig, das ist mein letzter Satz. - Da sehen wir Sportwettenwerbung als Bandenwerbung in den Stadien in Nordrhein-Westfalen. Ihre Ministerpräsidentin setzt sich auf die andere Seite, damit sie das nicht sehen und einschreiten muss. Da haben wir in Hamburg Veranstaltungen, die mit Sportwettenanbieter-Namen werben, die eigentlich verboten wären. Das ist die Heuchelei der Sozialdemokratie: andere denunzieren, aber das Geld einstreichen.
Herr Kollege Dr. Tietze, ich habe Sie vorhin richtig verstanden und jetzt wiederholt richtig verstanden, dass Sie davon ausgehen, dass die Mobilität etwas mit einem Antriebssystem Ottomotor/Dieselmotor - zu tun hat? Ist Ihnen bekannt, dass in Deutschland bis zum Jahr 2020 allein eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straßen gebracht werden sollen - Tendenz: weiter steigend - und dass man auch für Elektrofahrzeuge Brücken und Straßen braucht?
Herr Kollege Tietze, würden Sie, wenn Sie Mindestlöhne garantieren wollen, und zwar völlig egal und nicht branchen- oder regionalspezifisch, sondern flächendeckend über Deutschland hinweg, den Unternehmen, Handwerksbetrieben oder Selbstständigen freundlicherweise auch die Umsätze garantieren, die notwendig sind, um die Löhne zahlen zu können?
- Herr Kubicki, Sie wissen doch genauso wie ich, dass Deutschland seit Jahrzehnten ein Billiglohnland ist.
Sie wissen, dass die Gewinne, die in der Wirtschaft - Gott sei Dank - erzielt worden sind, nicht an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weitergegeben wurden. Wir haben in Deutschland immer noch die niedrigsten Löhne. Deshalb müssen wir endlich einmal akzeptieren, was in Europa Standard ist, dass sich unsere europäischen Freunde auf einen Mindestlohn einigen. Das macht Sinn, weil sie das aus der sozialen Gerechtigkeit heraus beantworten. Ich bin der festen Überzeugung, dass die wirt
schaftlichen Unternehmen von der Arbeitskraft, von der Würde, die dahintersteckt, profitieren. Deshalb ist es richtig, dass auch die Wirtschaft erkennt, dass 8,50 € ein Weg sind, der zu mehr Lohngerechtigkeit in diesem Land führt.
Lieber Herr Kollege Matthiessen, da wir ja keine Schuldzuweisungen betreiben wollen, sondern uns zukunftsgerichtet -
Ich will die Frage stellen. Ich höre ja seit Wochen in diesem Parlament immer wieder, auch von Herrn Dr. Stegner, dass Rot-Grün nach der Wahl regieren will. Die Wahl ist am 6. Mai. Würden Sie freundlicherweise uns und den Schleswig-Holsteinerinnen und SchleswigHolsteinern sagen, wie Sie denn nach dem 6. Mai mit dem Problem, das unzweifelhaft da ist, fertig werden wollen?
- Machen Sie doch mal einen Vorschlag!
Herr Kollege Matthiessen, das war ja nur die Frage. Wir können doch erwarten, dass Sie sagen, wie Sie mit dem Problem in sechs oder acht Wochen fertig werden wollen, wenn Sie regieren wollen. Die Probleme sind von Herrn Minister Schmalfuß beschrieben worden. Er hat gesagt, und das sagen wir auch: Wir werden uns an Recht und Gesetz halten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird seinen Grund haben, warum der Kollege Dr. Stegner bei einer, wie er formuliert hat, zentralen und wichtigen Frage zur Stärkung der Rechte des Parlaments den Saal verlassen hat, vielleicht weil er gewusst hat, dass man sich mit dem, was er in der Vergangenheit gesagt hat, auch einmal beschäftigen muss. Lassen Sie mich deshalb zu Beginn den Kollegen und Mitunterzeichner der uns heute vorliegenden Gesetzentwürfe zur Änderung der Landesverfassung Dr. Ralf Stegner zitieren:
„Die Verfassung ist doch kein Abreißkalender, mit dem man einfach so umgeht, wie es einem gerade gefällt.“
So Dr. Stegner im ARD-Morgenmagazin am 16. Juli 2009. Es kommt äußerst selten vor - das kann ich wirklich mit Fug und Recht sagen -, dass ich mit Dr. Stegner einer Meinung bin. Grundsätzlich sollte ich mir in einem solchen Fall auch Gedanken machen. Aber heute muss ich sagen: Er hat recht. Wenngleich diese weisen Worte in einem anderen Kontext gefallen sind - manch einer mag sich
noch an die Ereignisse im Sommer 2009 erinnern -, so muss sich mein geschätzter Kollege auch heute noch an ihnen messen lassen.
Lieber Kollege Weber - Sie wissen, ich schätze Sie wirklich sehr -, die Tatsache, dass Sie uns verfassungsändernde Entwürfe vorlegen und wissen, dass wir wegen der parlamentarischen Ferien über die Ostertage als Beratungszeit dafür maximal zwei Wochen haben und eine Anhörung mit Sachverständigen in dieser Zeit nicht durchzuführen ist, ist eine Unverschämtheit gegenüber denjenigen, die im Parlament sitzen.
Das zeigt mir, welchen Stellenwert Sie einer Verfassungsänderung beimessen. Das ist für Sie nichts anderes als eine Möglichkeit, einen politischen Aufschlag zu machen, ohne sich mit den tiefgreifenden und grundsätzlichen Fragen ernsthaft zu beschäftigen. Sie wissen, dass ich die Auffassung, die sich politisch dahinter verbirgt, die Rechte des Parlaments gegenüber der Regierung zu stärken, auch bei Entscheidungen, die auf Bundesebene und europäischer Ebene getroffen werden, teile. Aber so einfach hoppla hopp in das grundsätzliche Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland eingreifen zu wollen, ist gegenüber der Verfassung unseres Landes und auch des Bundes unangemessen.
Sie wissen, dass die Debatte nicht nur bei uns geführt wird. Der Landtagsdirektor darf mir das nachsehen, aber nicht jede seiner Auffassungen ist tragfähig, wie wir bei der Klage, die wir selbst angestrengt haben, gesehen haben. Es ist einfach so, dass wir sehen müssen, dass wir damit in die Verfassungsordnung des Bundes eingreifen.
Herr Kollege Dr. Weber, wir müssen uns selbstverständlich die Frage stellen, ob eine Klagemöglichkeit des Landtags oder der Landtage gegenüber dem Bundesverfassungsgericht nicht durch eine Änderung auf Bundesebene sinnvoller ergänzt wird als durch eine Bindung der Landesregierung an die Entscheidungen des eigenen Parlaments. Wir können das ja über eine Bundesratsinitiative in Marsch setzen. Selbstverständlich kann man im Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine Klagemöglichkeit einfachgesetzlicher Landtage verankern, soweit ihre Rechte berührt sind. Und selbstverständlich kann man auch das Grundgesetz über eine Bundesratsinitiative ändern.
Wir haben es hier mit Bundesorganen zu tun, in denen Länder vertreten sind. Stellen Sie sich einmal
die Frage der Bindungswirkung von Beschlusslagen der Landtage für Bundesratsentscheidungen vor. Wir haben 16 Landtage, die alle unterschiedlich entscheiden. Wozu wollen Sie im Bundesrat eigentlich kommen? Soll es eine unmittelbare Beteiligung der Landtage an den Diskussionen geben, oder gibt es die Möglichkeit -
- Darum geht es ja gar nicht. Im Bundesrat müssen Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, sich anders entscheiden zu können und das den Parlamenten wieder vorzulegen. Eine entsprechende Bindungswirkung durch die Parlamente würde dazu führen, dass Sie eine unmittelbare Beteiligung der Parlamente an Bundesratserörterungen bekommen wollen, die nach der bundesstaatlichen Ordnung bisher nicht vorgesehen ist. Das müssen Sie wissen. Es ist nicht vorgesehen, weil der Bundesrat ein Bundesorgan und keine Zusammenfassung der Vertretung der Länder ist.
- Herr Fischer, das ist ein sehr intelligenter Einwurf. Darüber muss man vielleicht ein bisschen länger diskutieren als im Rahmen eines Aufschlags, den Sie innerhalb von 14 Tagen abräumen wollen.
- Ich weiß, Sie haben in Ihrer Fraktion leider keinen Juristen mehr. Dazu würde ich gern einige Sachverständige hören. Für mich ist eine Verfassungsänderung nicht so einfach gemacht, wie Sie sich das vorstellen. Das hat für mich im Gegensatz zu Ihnen noch einen Wert. Im Gegensatz wahrscheinlich zu den LINKEN stehe ich zu dieser Verfassung. Deshalb haben Verfassungsänderungen für mich einen anderen Wert als für Sie.
- Das höre ich zum ersten Mal, dass die LINKEN die Verfassung verteidigen. Sie glauben doch andauernd, dass Sie an die Schuldenbremse nicht gebunden sind, weil Sie nicht mitgestimmt haben. Auch das ist ja ein Irrtum. Das macht deutlich, wie Sie die Verfassung verteidigen.
Kollege Weber, weil ich wirklich immer noch glaube, dass die Sozialdemokraten ernsthafte Debatten führen wollen, weil ich immer noch glauben will, dass die Grünen ernsthafte Debatten führen, ist der Appell des Kollegen Callsen richtig: Ziehen Sie das Ding zurück! Bringen Sie es in der nächsten Legis
laturperiode wieder ein! Dann können wir uns darüber länger unterhalten. Das innerhalb von 14 Tagen übers Knie zu brechen, ist mit uns nicht zu machen. Denn für uns ist die Verfassung ein höheres Gut als schlicht und ergreifend eine politische Deklamation.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin über den Ablauf der Debatte etwas erstaunt. Die gleichen Persönlichkeiten, Herr Kollege Eichstädt, die seit anderthalb Jahren hier regelmäßig erklären, Frau Kollegin Spoorendonk, dieser Landtag sei gar nicht legitimiert, überhaupt Gesetze zu machen, kommen jetzt und erklären, wir müssten hoppla hopp - die Verfassung ändern. Es ist schon interessant, dabei über die Wertigkeit nachzudenken.
Ein zweites Argument, das ich bemerkenswert finde: Frau Strehlau, Sie haben gesagt, wir müssen es jetzt machen, weil man nicht weiß, wenn sich etwas
ändert, ob beim nächsten Mal die Ministerin oder der Minister oder die Regierung es dann anders sehen sollten und die Fraktionen des Landtags, die dann vertreten sind, das genauso sehen wie Sie. Was will mir das sagen? Will mir das sagen, dass Sie nicht mehr damit rechnen, dass Sie in die Regierung kommen? Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Ihre Haltung ändern würde, nur weil Sie in der Regierung sitzen. Es wäre relativ merkwürdig, dass Sie jetzt eine Position vertreten, die Sie dann ändern, wenn es eine Veränderung -
- Kollege Eichstädt, wenn wir uns im Parlament einig sind, dass wir die Rechte des Parlaments durch eine Verfassungsänderung stärken, geht es ohnehin nur gemeinsam und nicht, nur weil einer es will, so wie Sie, und andere nicht.
Ich weiß wirklich, dass es hier einige Menschen im Parlament gibt, die ein gebrochenes Verhältnis zum Recht haben. Ich habe das nicht.
Beispielsweise haben Menschen, die „schottern“, definitiv ein gebrochenes Verhältnis zum Recht, weil das eine Straftat ist. Da können Sie machen, was Sie wollen.
Das wird auch nicht dadurch legitimiert, Herr Eichstädt, dass es aus gutem Willen geschieht. Eine Straftat hat mit der Motivation erst einmal nichts zu tun. Das können Sie bei der Strafzumessung machen, alles andere ist mir erst einmal egal.
Aber wenn wir bereits erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung, die Sie vorschlagen, haben - Herr Kollege, ich komme gleich noch einmal dazu -, dann brauchen wir mit Sicherheit mehr als 14 Tage. Was passiert denn? Es geht in den Ausschuss, und wir beschließen eine Anhörung. Definitiv werden wir das tun. Glauben Sie wirklich, dass wir in 14 Tagen die Antworten zu den Fragen bekommen, die wir stellen müssen? Jetzt komme ich zu einer entscheidenden Frage. Eine Bindung der Bundesratsmitglieder durch Landesparlamentsentscheidungen ist etwas, was momentan von den meisten als verfassungsrechtlich unzulässig angesehen wird.
Dafür gibt es bereits Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg. Der Staatsgerichtshof BadenWürttemberg hat beispielsweise ausgeführt: Die Unzulässigkeit der Einwirkung auf die Landesregierung durch eine rechtlich bindende Weisung des Landesparlamentes ergebe sich aber nicht nur aus der verfassungsrechtlichen Gewaltenteilungsstruktur der Landesverfassung, sondern ebenso aus der Stellung des Bundesrates im Rahmen der im Grundgesetz geregelten Bundesangelegenheiten. Es wäre ein Hinübergreifen in die Zuständigkeit des Bundes in Bundesangelegenheiten, und deshalb wäre das unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht hat vor gar nicht allzu langer Zeit erklärt:
„Die landesrechtliche Weisung an Bundesratsmitglieder, die das Grundgesetz im Bundesrat - anders als im Gemeinsamen Ausschuss … oder im Vermittlungsausschuss … - erlaubt, ist die der Landesregierung ….“
Deshalb halten überwiegend die Staatsrechtler eine solche Bindung durch das Parlament für rechtlich unzulässig, selbst wenn wir sie beschließen würden. Bevor dieses Landesparlament einen Beschluss fassen sollte, der von der überwiegenden Meinung in der Literatur und Rechtsprechung als unzulässig klassifiziert wird, sollten wir uns mit der Materie intensiver beschäftigen als so, wie Sie es hier vorhaben.
Ja.
Ist Ihnen in Erinnerung, dass es Gespräche zu dem Thema Schuldenbremse und Klagerecht des Landtags gegeben hat, ist Ihnen erinnerlich, dass wir uns inhaltlich einig waren, dass dieser Punkt zu Ende geführt werden soll?
- Frau Kollegin Spoorendonk, es ist mir erinnerlich, dass es Gespräche gegeben hat, aber Gespräche ersetzen kein konkretes Verfahren. Es hat auch bei diesen Gesprächen unterschiedliche Auffassungen gegeben. Ich halte es nach wie vor für sinnvoller, ein eigenes Klagerecht von Landesparlamenten im Bundesverfassungsgerichtsgesetz festzuschreiben, statt über den Weg zu gehen, die Landesregierung an einen Beschluss des Parlaments zu binden, wenn sie inhaltlich anderer Auffassung ist.
Auch das ist rechtlich problematisch. Wir verpflichten möglicherweise eine Regierung formal zu einem Verhalten, das sie selbst nicht tragen will. Das ist etwas, was vom Konstrukt her nicht funktioniert. Deshalb ist es nach meiner Ansicht sinnvoller, den Weg zu gehen, das Bundesverfassungsgerichtsgesetz zu ändern oder aber es über eine Bundesratsinitiative möglicherweise ins Grundgesetz zu schreiben, dass dann, wenn Landesparlamentsrechte tangiert werden, wir eine eigene Klagemöglichkeit bekommen und unabhängig von einem Kompetenzstreit zwischen Regierung und Parlament sind, der auch noch stattfinden kann, wenn die sich nicht daran halten wollen.
Ja.
- Jeder Mensch darf anderer Meinung sein als die Mehrheit im Parlament. Das ist sicher. Selbstverständlich kann es zu Konstellationen kommen - das ist das Tolle an der Demokratie -, dass im Parlament Mehrheitsverhältnisse für eine Klage bestehen.
- Wir machen es jetzt einmal technisch zum Nachvollziehen: Hier gibt es eine Einstimmenmehrheit
von Schwarz-Gelb. Stellen Sie sich vor, zwei Abgeordnete sind krank, und das Parlament beschließt mit der dann vorhandenen Einstimmenmehrheit -
- Das ist der technische Vorgang. Es geht um das Prinzip des Verfahrens. Ich weiß, dass Sie das nicht verstehen. Sie können selbstverständlich Organstreitigkeiten zwischen Parlament und Regierung bekommen. Das sieht das Gesetz vor, das sieht die Verfassung vor. Es kann unterschiedliche Auffassungen in der Frage der Vertretung geben.
Um das zu vermeiden, brauchen wir ein eigenes Klagerecht, das nicht davon abhängig ist, dass die Regierung das im Zweifel gegen ihren Willen vertreten muss. Das ist schon immer meine Auffassung gewesen, in allen Debattenbeiträgen. Das wäre sinnvoller als der Weg, den Sie hier vorschlagen. Allein anhand dieser Debatte wird klar, dass wir das nicht in 14 Tagen über die Bühne bekommen würden, es sei denn, wir haben keine Achtung vor der Verfassung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon erwartet, dass Herr Kollege Dr. Stegner im Zuge des Wahlkampfs Klamauk mit Politik verwechselt.
Herr Kollege Dr. Stegner, ich hätte mir gewünscht, dass jedenfalls die Grünen, die auf anderen Gebieten ein bisschen solider arbeiten, sich etwas mit der Materie beschäftigen, bevor sie einen solchen An
trag einbringen. Allein die Tatsache, Herr Dr. Stegner, dass Sie heute in der „Welt“ als Schlagzeile lesen können: „EU verweigert Persilschein für deutsches Glücksspiel“ -
- Nichts sagt die „Welt“, sondern sagt die EU-Kommission, sagt eine Sprecherin von Herrn Barnier. Wenn Sie das nicht glauben, lesen Sie doch nach, was in der dpa-Meldung steht.
Ihr Problem ist ein gewisses Maß an Realitätsverweigerung. Dafür ist das Parlament eigentlich nicht zuständig.
Allein die Tatsache, dass die Kommission acht Seiten braucht, um Ihnen zu erklären, wo nach wie vor die Mängel liegen und was man erwartet, was geändert werden muss, allein die Tatsache, dass dort steht - Sie können ja englisch lesen, Herr Beck möglicherweise nicht -, dass Sie bisher nicht erklärt haben, wie Sie willkürfrei jetzt 20 Lizenzen vergeben wollen, sollte Sie zum Nachdenken bringen über die Behauptung, hier sei von der EU-Kommission grünes Licht gegeben worden. Das ist mitnichten der Fall. Nicht alles, was Sie drängt, ist dringlich. Wir sind gern bereit, mit Ihnen im April darüber zu diskutieren, wenn Sie vielleicht verstanden haben, um was es geht. Aber Klamauk machen wir nicht mit. Deshalb werden wir die Dringlichkeit verneinen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich höre immer wieder, was Herr Dr. Stegner alles so machen will, wenn er regiert. Für den wirklich unwahrscheinlichen Fall, den Sie nicht akzeptieren wollen: Was machen Sie eigentlich, wenn Sie nicht regieren? Verlassen Sie dann das Parlament, Herr Dr. Stegner?
Es ist immer wieder witzig, eine Debatte auf einer Grundlage von Hypothesen zu führen, die noch nicht eingetreten sind. Was wir aber wissen, Herr Dr. Stegner, ist - das habe ich in den „Lübecker Nachrichten“ gelesen -, dass Sie als Bildungsminister für Schleswig-Holstein im Gespräch sein sollen. Gott bewahre unsere Kinder vor einer solchen Richtung.
Wir sind gern bereit, mit den Sozialdemokraten, mit den Grünen, mit allen über die Frage zu diskutieren, wie das Bildungsangebot in Schleswig-Holstein verbessert werden kann. Aber an einer Realität kommen wir nicht vorbei - Frau Heinold, das wissen Sie auch -, das ist die Frage der Finanzen. Sie können die Bildungsdebatte momentan nicht führen ohne die Frage der Finanzen parallel zu stellen. Ich finde es sehr schön, dass die Grünen beschlossen haben, sie wollen Rot-Grün, aber ohne SPD. Denn alles das, was die Sozialdemokraten aufgeschrieben haben, kostet ein solches Ausmaß an Geld, dass ich gern gewusst hätte, wie Sie das finanziell unterlegen wollen.
Wir haben das einmal seriös zusammengerechnet, und die Grünen haben das überprüft und sind zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Alle Ihre Vorschläge summieren sich auf strukturelle Mehrausgaben in der Größenordnung von über 300 Millionen €. Die Menschen dürfen schon erwarten, dass Sie sagen, in welchen Bereichen Sie etwas einsparen wollen, um es hier ausgeben zu können.
Wissen Sie, ich habe sehr viel Verständnis dafür, dass alle sagen, wir wollten keine Strukturdebatten führen. Wir führen sie doch jetzt schon wieder.
- Dann frage ich Sie jetzt, warum Sie sie führen. Die Sozialdemokraten wollen ihrem Lieblingsprojekt nacheifern, man habe sich mit der Union auf einen Kompromiss eingelassen, Regionalschulen und Gemeinschaftsschulen zu etablieren, aber eigentlich habe man gar keine Regionalschulen gewollt. Deshalb müssen die Regionalschulen nicht nur weiterentwickelt werden, sondern sie müssen zu Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden, ohne die Frage zu klären, ob das tatsächlich auch dem Elternwillen entspricht.
Der spielt gar keine Rolle mehr. Sie geben ein Bekenntnis ab zu den Gymnasien, obwohl Sie in Ihrem Programm haben, dass es auf mittlere Sicht eine Schule für alle geben soll. Das heißt, die Entwicklungstendenz ist doch klar.
- Ich kann auch „Endsicht“ schreiben. Ich zeige Ihnen gern - das mache ich sofort -, dass das da steht.
- Stufenlehrerausbildung. - Es gibt noch andere Dinge: Beendigung von G 9 an Gymnasien. Sagen Sie einmal, was haben Sie eigentlich dagegen, dass die Schulkonferenz vor Ort, dass die Eltern sich entscheiden können, dass ihre Kinder an einem Gymnasium auch nach neun Jahren Abitur machen können? Ich kann Ihnen sicher sagen, die einzigen, die das wirklich garantieren, weil es unsere Auffassung ist, ist die FDP.
Wir werden alles daransetzen, das auch den Eltern klarzumachen. Durch Abstimmung mit den Füßen dokumentieren sie, im Land überall, dass sie dringend den Bedarf haben, dass ihre Kinder auch nach neun Jahren Gymnasium Abitur machen können. Sie müssen schon einmal erklären, warum Sie diesem Elternwillen im Zweifel keinen Raum geben wollen. Ihre Behauptung, es sei teurer, ist schlicht und ergreifend Unsinn. Ihr Bekenntnis, Herr Dr. Stegner, zum Bestand des Gymnasiums hört sich ungefähr so an wie der Satz von Walter Ulbricht: Niemand soll denken, wir wollen eine Mauer bauen. Ich sage Ihnen, es geht genau in die Richtung: Sie wollen die Gymnasien entleeren, Sie wollen wieder zusätzliche Differenzierungsstunden an die Gemeinschaftsschulen geben, zulasten natürlich des Personaltableaus bei den Gymnasien.
Ich frage Sie, wie Sie das begründen wollen. Die erhöhten Differenzierungsstunden sind für die Übergangszeit eingeführt worden, um das System zu implementieren. In Ihrem eigenen Bildungsprogramm aus dem Jahr 2004 - ich habe es hier; ich habe es mir von Ihrer Seite heruntergeladen - steht zur Gemeinschaftsschule, dass man sie auch deshalb ins Leben rufen soll, weil es dort ein erhebliches Einsparpotenzial bei Lehrkräften gibt. Lesen Sie es nach, das steht bei Ihnen auf Seite 10, Herr Höppner. Wenn Sie das selbst formulieren, muss man doch irgendwann einmal fragen, wann Sie dieses Einsparpotenzial realisieren wollen. Dann können Sie nicht sagen: Wir wollen ein besseres Bildungsangebot durch Erhöhung der Differenzierungsstunden an Gemeinschaftsschulen wieder einführen. Das geht zulasten der Bildung an den Gymnasien, und das weiß in diesem Land jeder.
Frau Franzen hat recht: Ihr Spitzenkandidat kneift bei fast allen Veranstaltungen, erstens weil er sich
schon früher um Kopf und Kragen geredet hat. Wir haben gesehen, er weiß gar nicht, worum es in diesem Land geht. Ich habe es bei der letzten Debatte schon gesagt. Jemand, der erklärt, die Hauptschüler seien zu 95 % gar nicht ausbildungsfähig, weiß gar nicht, was er sagt, weil er den jungen Menschen, die die Hauptschule mit einem entsprechenden Abschluss verlassen haben, die künftigen Lebenschancen bereits ruiniert. Er hat sich zweitens bei der Frage der Finanzierung vergaloppiert. Deshalb verstecken sie ihn lieber, denn bei Diskussionen wird deutlich, er steckt nicht in der Materie. Aber das, was Sie hier bieten, Herr Dr. Stegner, ist, vor der Landtagswahl weiße Kreide zu fressen, um als Wolf im Schafspelz die Hürde zu schaffen. Ich sage Ihnen, die Menschen werden es identifizieren. So lange Sie keine Erklärung zu den zusätzlichen Kosten abgeben, so lange ist das, was Sie hier vorstellen, unglaubwürdig.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rede des Oppositionsführers lässt mich etwas ratlos, weil ich nun überhaupt nicht mehr weiß, wozu er eigentlich geredet hat, außer dass er mit einer Philippika von polemischen Äußerungen versucht hat zu dokumentieren - Herr Stegner, das haben Sie heute wirlich wieder getan -, warum Ihre eigenen Mitglieder Sie nicht zum Spitzenkandidaten wählen wollten. Wir müssen wirklich dafür Sorge tragen, dass diese Reden verbreitet werden, die er hält, weil ich wirklich sicher bin - so viel kenne ich die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner -, dass sie so etwas nicht wollen, wenn es um ein fundamentales Anliegen geht, wie wir unser
Gemeinwesen wieder auf einen soliden Weg bekommen.
Liebe Frau Heinold, Sie wissen, wie sehr ich Sie schätze und wie sehr ich Sie akzeptiere. Aber es macht bei einer gespaltenen Opposition wirklich keinen Sinn, dass Sie immer sagen - was ich richtig finde -, wir sollten uns mit dem Problem der Zukunft beschäftigen, und Kollege Dr. Stegner kommt immer nur mit der Vergangenheit und bewältigt im Zweifelsfall seine eigene Vergangenheit. Wir müssen schon auch fragen, ob diejenigen, die beteiligt waren, uns in die Situation zu bringen, in der wir jetzt sind, die klügsten Ratgeber dafür sind, da jetzt wieder herauszukommen. Ich bestreite das.
Selbstverständlich gestehe ich Ihnen zu, dass wir wirklich darüber nachdenken müssen, ob und wie wir hier den Konsolidierungspfad beschreiten und welche Freiräume, wenn wir sie denn haben, wir nutzen, um in bestimmten Bereichen zu investieren, um etwas zu erreichen, was für mich auch ein Teil von Bildungsgerechtigkeit ist, aber auch ein Teil von Wachstumsvoraussetzungen. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück. Sie müssen bei Ihrer Argumentation nach draußen aber auch eins erklären, weil es in sich nicht logisch ist. Wenn Sie sagen, Sie wollen höhere Schuldenobergrenzen als wir, Sie wollen sie aber nicht nutzen, dann müssen Sie sich fragen lassen, warum Sie sie überhaupt einrichten wollen. Wenn Sie sie nicht nutzen wollen, brauchen Sie sie nicht. Die Tatsache, dass Sie sie einrichten wollen, deutet mit Sicherheit darauf hin, dass, wenn Sie es nicht persönlich wollen, jedenfalls der Genosse Stegner der erste wäre, das kann ich Ihnen sicher sagen, der sie in voller Höhe in Anspruch nehmen würde
und damit dazu beitragen würde, dass das Problem, das wir haben, nicht minimiert, sondern verstärkt werden würde.
Der Finanzminister hat zu Recht darauf hingewiesen: Schauen wir uns doch einmal in Europa um! Was ist das Ergebnis einer verfehlten Staatsschuldenpolitik? Hohe Jugendarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit gerade für die jungen Menschen, nicht nur, weil sie Lasten abtragen müssen, sondern auch, weil ihnen wirtschaftlich keine Perspektive gegeben wird, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen, ihre eigene Existenz aufzubauen. Es erklärt, warum jetzt viele junge Griechen, Spanier und Portugiesen
nach Europa, heißt nach Deutschland, wollen oder nach Übersee, um wieder eine Chance zu bekommen. Wir wollen das nicht. Wir wollen, dass die jungen Menschen in unserem Land eine Chance behalten und hier genauso glücklich aufwachsen können, wie es uns vergönnt war.
Nun ist Sparen wirklich kein Selbstzweck. Aber ich darf einmal sagen: Dass wir sparen müssen, haben wir uns auch selbst zuzuschreiben. Es waren Ausgaben der Vergangenheit, wo die Leute wirklich gesagt haben: Völlig egal, was passiert, das machen wir künftig aus der Portokasse. - Wir müssen feststellen, das hat nicht funktioniert. An der Tatsache, dass wir uns eine Schuldenbremse gegeben haben, schärfer als im Bund, schärfer als in anderen Ländern, nämlich das strukturelle Defizit in zehn gleichen Jahresraten abzubauen, wird niemand vorbeikommen, es sei denn, er will die Verfassung brechen. Bei vielen Vorschlägen, die ich gerade von Herrn Dr. Stegner höre - ich unterstelle ihm das jetzt nicht -, geht das nur mit Verfassungsbruch, sonst funktioniert es nicht.
Das erklärt, warum Herr Albig sich in diesen Fragen immer stärker wegduckt. Er weicht wirklich jeder Diskussion aus. Wir haben einen Ministerpräsidentenkandidaten, der nicht in der Lage und bereit ist, sich wirklich einem Wahlkampf zu stellen. Er macht wunderbare Plakate, schreibt darauf: „Ich liebe dieses Land“. Toll, das Land möchte gern wissen, was er will, und nicht, was Herr Dr. Stegner hier dauernd vorträgt.
Jetzt komme ich zu der Aussage des Finanzministers. Auch das mache ich schon seit mehreren Jahren, Frau Heinold, ich weiß, ich bin dafür früher immer bekämpft worden. Manchmal finden Begriffe auch Eingang in andere Überlegungen. Wenn wir das Bruttoinlandsprodukt als Maßstab nehmen und sagen, es darf nur eine bestimmte Grenze geben, in der wir uns in Relation zum Bruttoinlandsprodukt verschulden dürfen, dann kann man das auf der einen Seite mit Sparen machen, auf der anderen Seite durch die Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts. Wir müssen uns doch die Frage stellen: Was sind denn die Bedingungen für besseres Wachstum, für mehr Wachstum? Das führt uns dann auch dazu, dass die Korsettstangen, die wir uns gegeben haben, nicht mehr so weh tun, weil wir mehr Möglichkeiten und Freiräume haben für Investitionen in andere Bereiche.
- Nein, nein, das ist mir zu billig. Ich komme nicht auf Feuchtgebiete. - Aber dann hören Sie einmal ganz genau zu. Die Sozialdemokraten erklären auch dauernd, sie wollten Wachstum, erklären uns aber gleichzeitig, die Deutschen sollten weniger exportieren, weil die Exporte der Deutschen die Schulden der anderen seien. Leute, wer erklärt, wir sollten weniger exportieren, der sagt gleichzeitig, die anderen sollten schlechtere Güter kaufen, als sie kaufen könnten, denn sie kaufen sie ja nicht, weil wir sie erpressen, sondern weil sie besser sind als die, die zuhause angeboten werden. Die wollen keinen Wettbewerb. Wer Wettbewerb verhindert, legt die Axt an Wachstumsvoraussetzungen. Wettbewerb ist eine Triebfeder für Wachstum.
Liebe Freunde auch von den Grünen, Sie müssen sich wirklich einmal fragen, wenn Sie in sich gehen: Was ist denn noch Voraussetzung für Wachstum? Eine ordentliche Verkehrsinfrastruktur. Ich höre immer wieder, dass man nicht mehr ganz so streng gegen die A 20 ist. Aber ich sage Ihnen sicher, dass, wenn Sie die Fehmarnbelt-Querung nicht bauen, Sie Wachstumschancen in SchleswigHolstein definitiv minimieren. Ich sage Ihnen sicher, wenn die A 20 noch länger auf sich warten lässt, werden die Wachstumschancen minimiert, denn Güter - das kann ich Ihnen garantieren - transportieren Sie nicht auf Fahrradwegen, sondern nur mit entsprechender Infrastruktur. Ansonsten nehmen wir an diesem Prozess nicht teil.
Dann müssen Sie selbstverständlich auch schauen: In welchen Bereichen der Bildung müssen wir investieren, wie können wir die Effizienz in diesem System steigern, wie können wir die Ergebnisse verbessern, mit welchen Maßnahmen und welchen Schritten? Selbstverständlich ist klar, dass wir, da wir kaum oder keine Bodenschätze haben, davon leben, was in den Köpfen unserer jungen Menschen entsteht und sich entwickeln kann. Das hängt mit Ausbildung und Bildung zusammen. Deshalb fand ich die Debatte von heute Morgen ein bisschen gestrig ausgerichtet. Wir hätten die Frage stellen sollen: Wie erhöhen wir die Effizienz, wie erreichen wir bessere Ergebnisse im System, auch mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben? Stattdessen liefern wir uns Debatten, wie gesagt, des letzten Jahrhunderts, was ich bedauerlich finde und was auch den jungen Menschen nicht weiterhilft.
Noch einmal, beides in gleicher Weise muss ins Werk gesetzt werden. Wir müssen konsolidieren, wir müssen sparen. Wir müssen sehen, dass wir nicht mehr so viele konsumtive Ausgaben in den öffentlichen Haushalten haben, auf allen Ebenen. Wir müssen gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass wirtschaftliches Wachstum möglich wird und verstärkt wird. Noch einmal: Hätte Schleswig-Holstein das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung von Baden-Württemberg oder Bayern, Frau Heinold, wir müssten uns nicht über Einschränkungen in diesem Bereich unterhalten, sondern wir könnten Geld für Kitas, Schulen und Hochschulen ausgeben, wie wir uns das vorstellen. Das deutet darauf hin, wie der Weg beschritten werden muss.
Ein Letztes, zur Frage der Finanztransaktionssteuer! Das ist mit Sicherheit kein Allheilmittel, mit Sicherheit sind die Erwartungen an das, was dadurch erzielt werden kann, unvergleichlich zu hoch. Aber darauf kommt es gegenwärtig nicht an. Auch meine Position ist bekannt. Wir werden schon erleben, dass wir eine Finanztransaktionssteuer nicht einmal in den Eurostaaten hinbekommen werden, weil Irland, Italien, Luxemburg aus naheliegenden Gründen dagegen sind. Deshalb finde ich dieses Gebrüll des Weltökonomen Stegner, die Sozialdemokraten werden mannhaft und massiv in Europa und wo auch immer die Finanztransaktionssteuer durchsetzen, ein bisschen neben der Spur.
Aber eines muss uns klar sein. Es hat auch einen symbolischen Charakter. Politik muss dokumentieren, dass das Primat der Politik wieder gilt. Deshalb, sage ich, ist es ein Baustein, auf den wir nicht verzichten sollten und für den wir kämpfen sollten. Aber er eignet sich jedenfalls nicht, Herr Stegner, zur Denunzierung, Sie seien der bessere Mensch und die anderen seien die schlechteren, die dieses Mittel nicht für das allein taugliche halten.
Liebe Freunde, lasst uns jetzt auch im Wahlkampf darum ringen - Frau Heinold, da gebe ich Ihnen recht -, wer die besseren Konzepte hat!
Ich sehe das, Frau Präsidentin. Es war mein letzter Satz, wenn ich das sagen darf.
Ich finde es immer sehr nett. Es war mein letzter Satz. Ich habe ihn mit „Liebe Freunde“ begonnen, und den darf ich bitte auch noch zu Ende führen.
Ich darf vielleicht einmal sagen, dass ich immer wieder erlebe, dass im Gegensatz zu anderen ich während eines Satzes unterbrochen werde. - Ich will den letzten Satz jetzt sagen: Lasst uns im Wahlkampf darum ringen, wer die besseren Konzepte hat. Die Menschen sind Polemik à la Stegner leid.
Herr Kollege Kalinka, ich frage Sie: Teilen Sie die Auffassung der Kollegin Heinold, dass die vier Verfassungsrichter, die bei der Patt-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Regelung des Bundestags als mit dem Grundgesetz für nicht vereinbar erklärt haben, Verfassungsfeinde oder Demokratiefeinde seien?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wäre vielleicht doch besser gewesen, Herr Dr. Stegner, Sie hätten sich nicht mehr zu Wort gemeldet.
(Beifall der Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP] und Katharina Loedige [FDP] - (Dr. Ralf Stegner)
Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Ich komme jetzt dazu. Frau Heinold, Sie müssen doch nur einmal nachlesen, was der Kollege Stegner twittert oder öffentlich erklärt. Wer ein 27-FußMotorboot im Hamburger Hafen bereits zur Luxusjacht macht, der zeigt, wie räumlich begrenzt sein Denken ist.
Genau darum geht es. Es geht nicht um Information, sondern um Denunziation.
Überlegen Sie einmal, warum kein Selbstständiger oder Freiberufler in Ihrer Fraktion sitzt.
- Okay, okay.
Bei denjenigen, die aus einem Angestelltenverhältnis kommen - auch das müssen Sie vielleicht einmal bedenken - ist es so, dass sie ein Rückkehrrecht in ihren Beruf nach Beendigung der Abgeordnetentätigkeit haben. Niemand von uns macht das hier ein Leben lang. Jemand, der aus einem freien Beruf kommt - jedenfalls wenn er in einer kleinen Kanzlei ist oder wenn er als Handwerker tätig ist oder wie Frau Sassen ein kleines Geschäft hat -, der hat keine Garantie, dass er nach der Tätigkeit, die er im Parlament ausübt, in sein Geschäft zurückkehren kann, es sei denn, er hat in der Zwischenzeit eine Vertretung, die er bezahlen muss. Wir reden momentan nicht von gleichen Rechten.
Wir reden momentan nicht von gleichen Rechten. Wenn wir das wollen, müsste das Parlament etwas ändern - ja logisch. Jeder, der hier sitzt, erhält eine Diät in voller Höhe und kann sie verbrauchen. Der andere, der aus einem freien Beruf kommt, braucht einen Vertreter, den er bezahlen muss, der erst einmal erwirtschaftet werden muss. Das ist schon eine Art Ungleichbehandlung.
Noch einmal: Wir können über alles reden. Ich selbst war auch lange im Deutschen Bundestag und habe mich an die Regeln des Deutschen Bundestages in den Jahren von 1990 bis 1992 gehalten.
Liebe Frau Heinold, ich bitte auch einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass vier Verfassungsrichter die Regelungen des Bundestags als mit dem Grundgesetz für nicht vereinbar erklärt haben - aus Gründen, über die man nachdenken kann. Deshalb ist das Argument, wer uns nicht zustimmt, ist demokratiefeindlich, eigentlich ein unzulässiges Argument.
Man kann die Argumente austauschen, aber zu sagen, wir sind auf der richtigen Seite und die anderen sind auf der falschen Seite, ist - mit Verlaub eine Anmaßung, von der ich nicht glaube, dass sie Ihnen zusteht; wie mir umgekehrt eine andere Anmaßung auch nicht zustehen würden, denn die vier Verfassungsrichter, die es für verfassungskonform erklärt haben, haben in ihrer Entscheidung auch einige Bedingungen genannt, die durchaus nachdenkenswert sind, nämlich bei der Frage, wozu die Information dient, wenn sie nicht gleichzeitig weiter interpretiert wird.
Liebe Freunde, auch in dieser Frage rate ich zu mehr Gelassenheit. Vielleicht kann sich der neue Landtag wirklich einmal mit der Materie beschäftigen, denn es stimmt ja, was der Kollege Kalinka gesagt hat: Der Antrag hat zwei Jahre völlig ohne Bearbeitung im Ausschuss gelegen. Das ist eine spannende Frage, warum jetzt unmittelbar in dem Wahlkampf, den wir jetzt führen, diese Diskussion so geführt werden muss, wie sie hier geführt wird.
Bringen Sie doch das in den nächsten Landtag, Herr Dr. Stegner und Frau Heinold, noch einmal ein. Wir diskutieren ihn dann. Auch hier kann ich Ihnen sagen: Es besteht ein fundamentaler Unterschied zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Landtag eines Bundeslandes.
Die nächste spannende Frage ist die, ob man es nicht auf die Kommunalparlamente auch noch ausweiten dürfte. Ich bin sicher, dass Sie erleben werden, dass immer weniger Menschen, die nicht aus Berufen kommen, bei denen sie angestellt sind, sondern die aus freien Berufen oder aus Handwerksberufen kommen, den Weg in die Parlamente finden werden, weil sie sich genau dieser Diskussion nicht aussetzen wollen. Aber das wäre ein Verlust für unsere Gesellschaft und auch ein Verlust für unsere Parlamente.
Frau Heinold, das ist es nicht. Ich habe gerade, dankenswerterweise unterstützt durch den Kollegen Koch, die Internetseite über die Nebentätigkeiten bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufgerufen. Dort steht, welche Nebentätigkeiten ausgeübt werden, aber es stehen keine Beträge dabei. Wären Sie so freundlich, den Abgeordneten zu erklären, was beispielsweise der Abgeordnete Voß neben den Abgeordnetenbezügen verdient?
- Ich würde gern gleich noch die zweite Zwischenfrage zulassen.