Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerechte Wirtschaftspolitik zeichnet sich durch gerechte Verteilungspolitik aus. Der Wohlstand des Landes ist in den letzten zehn Jahren inflationsbereinigt um 17 % gestiegen. Gehen Sie doch einmal raus, und fragen Sie die Menschen, ob die jetzt 17 % mehr in der Tasche haben als noch vor zehn Jahren!
Mit tätiger Beihilfe von Grünen und FDP haben CDU und SPD mit ihrer Wirtschaftspolitik das Land Schleswig-Holstein hinsichtlich der Niedriglöhne auf den allerletzten Platz unter den Bundesländern manövriert. Das ist der Skandal der Wirtschaftspolitik, dass heute fast jeder vierte Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein von Niedriglöhnen leben muss.
Auch die Sozialdemokratie hat im letzten Jahrzehnt immer dann, wenn sie etwas zu sagen hatte, nach dem Motto ihres ehemaligen Wirtschaftsministers Clement gehandelt. Dieses Motto lautete: Jede Arbeit ist besser als keine. So aber geht Wirtschaft nicht. SPD und Grüne haben durch die Einführung von Hartz IV und die Deregulierung der Leiharbeit den wachsenden Niedriglohnsektor auch hier in Schleswig-Holstein erst möglich gemacht. Auch die Gleichung der CDU, nämlich „Geht es der Wirtschaft gut, geht es allen gut“, ist im letzten Jahrzehnt durch die Realität überholt worden.
Der Wirtschaft geht es besser, den Menschen schlechter. Die Früchte der Arbeit fallen nach oben. DIE LINKE will weniger Ungleichheit und die Umverteilung von unten nach oben rückabwickeln. Wichtig dabei ist: Ein Mindestlohn schafft neue, besser bezahlte Arbeitsplätze, auch wenn schlecht bezahlte wegfallen. Niedrige Löhne dagegen erhöhen die Arbeitslosigkeit, weil Menschen mit niedrigen Löhnen mehr Arbeit nachfragen müssen, um genug zum Leben zu haben.
Meine Damen und Herren von CDU und SPD, Ihre Konzepte des Einwerbens von Konzernen, um Schleswig-Holstein zum vermeintlich wettbewerbsfähigsten Land zu machen, sind gescheitert. DIE LINKE will den Weg gehen: „Schleswig-Holstein Land für alle“.
Deshalb streiten wir für 10 € Mindestlohn, ein Verbot von Leiharbeit und die strikte Regulierung von Werkverträgen.
Deshalb diskutieren wir heute zum wiederholten Male über gute Arbeit in Schleswig-Holstein. Ich denke, es ist einmal Zeit für eine Bilanz, was DIE LINKE hier im Landtag erreicht hat. Mit der herzlosen Haltung von CDU und FDP möchte ich mich jetzt nicht weiter groß beschäftigen. Ich möchte aber die Debatte innerhalb der Opposition ein bisschen nachzeichnen.
Als wir zum ersten Mal hier im Landtag über Tariftreue diskutiert haben, lag ein Minigesetzentwurf des SSW vor. Da war noch nicht die Rede von Mindestlohn oder anderen sozialen oder ökologischen Vergabestandards. DIE LINKE setzte sich für beides ein.
Den nächsten Anlauf nahm dann die Sozialdemokratie und reichte das Tariftreuegesetz des Landes Bremen ein. Es fehlte nur der Mindestlohn als Kriterium für Vergaben in Schleswig-Holstein. Wir haben dann den Antrag gestellt, den Mindestlohn in dieses Tariftreuegesetz aufzunehmen. Aus der SPD-Fraktion wurde daraufhin noch mit juristischen Scheinargumenten argumentiert. Es hieß, Mindestlöhne im Tariftreuegesetz seien europarechtswidrig, das ginge alles nicht. Bei der Abstimmung hatten wir dann aber schon zwei Sozialdemokraten aus der Ablehnungsphalanx herausgebrochen, und heute, zehn Tage vor der Wahl, stimmen Sozialdemokraten wie selbstverständlich Mindestlöhnen als Kriterien für öffentliche Vergaben zu. Das ist ein Erfolg linken Drucks, meine Damen und Herren. Links wirkt!
Es geht noch weiter. SPD und Grüne bedienen sich aus unserem neu beschlossenen Bundesparteiprogramm und fordern langfristig Mindestlöhne von 60 % des Durchschnittseinkommens. Immerhin wären das zurzeit um die 12 €, ein weiteres Beispiel für den Erfolg unseres Wirkens hier.
Und es geht noch weiter. In der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses stimmten alle Oppositionsfraktionen unserem Antrag zur massiven Einschränkung von Werkverträgen und für das Verbot von Leiharbeit zu. Auch dies ein Zeichen dafür, was Druck von Links bewirken kann und wie wichtig Druck von Links in diesem Landtag ist. SchleswigHolstein braucht eine starke LINKE.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat ihre Spuren auch auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen, und daran haben wir immer noch zu knabbern. Ich will mir nicht ausmalen, wie wir heute dastehen würden, wenn nicht vonseiten des Landes und des
Bundes die Instrumente zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise auf den Weg gebracht worden wären, die auch der SSW unterstützt hat. Die ergriffenen Maßnahmen waren seinerzeit gut und richtig.
Nunmehr verzeichnen wir bereits seit Längerem eine positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Das ist erfreulich, jedoch kein Grund zum Jubeln. Denn schaut man genauer hin, so ist eine Ausweitung des Niedriglohnsektors eben doch festzustellen. Die Zahl der Zeit- und Leiharbeit hat sich in der Vergangenheit rasant entwickelt. Fakt ist: Die gezahlten Löhne in diesen Bereichen reichen häufig nicht einmal aus, um die Existenz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien sichern zu können. Diesen Menschen bleibt trotz Vollbeschäftigung nichts anderes übrig, als ihr Gehalt durch Arbeitslosengeld II auf das Niveau der Grundsicherung aufzustocken. Dies ist in der Tat kein Erfolg. Wir brauchen endlich arbeitsmarktpolitische Instrumente, die das Aufstocken überflüssig machen. Dafür, meine Damen und Herren, gibt es auch mehrere Ansätze.
Leiharbeit als Instrument, um Spitzen aufzufangen wirklich nur, um Spitzen abzufangen -, halten wir unter den derzeit geltenden Rahmen für sinnvoll. Aber der Spruch „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ muss endlich auch mit Leben gefüllt werden, denn Leiharbeiter dürfen nicht schlechter gestellt werden als die Stammbelegschaft. Darüber hinaus brauchen wir endlich ein Gesetz, das den Mindestlohn regelt. Denn auch hier gilt: Vollbeschäftigte müssen von ihrer Arbeit leben können, ohne dass sie am Ende des Monats auf staatliche Leistungen zugreifen müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen.
Für den SSW stelle ich fest: Wer an den derzeitigen Arbeitsmarktstrukturen festhält, hält an menschenunwürdigen Strukturen fest. Darüber hinaus ist es auch wirtschaftsfeindlich. Zum einen werden die Unternehmen subventioniert, die zu niedrige Löhne zahlen, und zum anderen führt dies zu einer Ungerechtigkeit im Wettbewerb den Unternehmen gegenüber, die vernünftige Löhne zahlen. Beides kann so nicht richtig sein, meine Damen und Herren.
Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld ist und bleibt die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Auf den ersten Blick ist es durchaus nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber seine Mittel zurückfährt, wenn die
Zahl der Arbeitslosen gesunken ist. Beim zweiten Hinschauen stellt man aber fest, dass das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit gerade damit nicht gelöst wird. Die ausgeprägten Vermittlungshemmnisse erfordern einen überdurchschnittlichen Mitteleinsatz, sprich: Wir brauchen neue Instrumente, um die Arbeitsuchenden für den Arbeitsmarkt wieder fit zu machen. Das heißt dann auch, dass wir diese Mittel nicht streichen dürfen, sondern dass wir sie umschichten müssen zugunsten der Langzeitarbeitslosen.
Deshalb sind die angebotenen Maßnahmen, die jetzt auf Kurzfristigkeit angelegt sind, eben auch nicht die richtigen Maßnahmen. Für Langzeitarbeitslose brauchen wir aber Maßnahmen, die stufenweise - so ehrlich muss man sein -, notfalls über Jahre angelegt sind, damit wir die Leute aus der Langzeitarbeitslosigkeit herausbekommen.
Aus Sicht des SSW sind Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen das zentrale Mittel, um arbeitsuchenden Menschen eine Perspektive zu geben. Dafür müssen den Vermittlungsstellen dann auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Das soll heißen: Wir brauchen gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter vor Ort und eine stabile finanzielle Grundlage für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik.
Auch die Jobcenter und ARGEn brauchen größere eigene Entscheidungsspielräume, um individuell angepasste und auf regionale Besonderheiten zugeschnittene Eingliederungskonzepte umsetzen zu können. Denn auch das ist derzeit noch nicht der Fall. In tourismusstarken Kreisen sieht die Welt nun einmal anders aus als in Kreisen, wo beispielsweise die Industrie vorherrscht. Da muss es auch passgenaue Maßnahmen durch die ARGEn und die Jobcenter geben. Deswegen glauben wir schon, dass man auch in diesem Bereich noch entsprechend ansetzen muss.
Meine Damen und Herren, nur so wird es gelingen, wirklich allen Arbeitsuchenden eine Chance auf Teilhabe in der Gesellschaft durch sinnvolle Beschäftigung zu geben. Das muss unser Ziel sein.
Alles in allem helfen aber auch die besten Arbeitsmarktinstrumente nichts, wenn weiterhin in weiten Teilen keine fairen Löhne gezahlt werden. Dies zu ändern ist die vordringlichste Aufgabe der Landespolitik für die nächste Wahlperiode.
Wir brauchen Tariftreue, wir brauchen einen flächendeckenden Mindestlohn, und wir brauchen Qualitätswettbewerb und keine Dumpinglöhne.
Es heißt ja immer, man soll Sie an Ihren Taten messen. Hier hat Schwarz-Gelb in der vergangenen Wahlperiode kläglich versagt, weil hier nichts passiert ist. Eine neue Mehrheit in diesem Hause wird dies anpacken.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man das Wahlkampfgetöse ein bisschen herausnimmt, dann wollen wir doch eines festhalten: Am Ende dieser verkürzten Legislaturperiode des Landtags können wir feststellen, dass es in Deutschland Mindestlohnregelungen geben wird. Das gehört auch zu einer Bilanz. Sie ist aus Schleswig-Holstein seit mehr als einem Jahr auf verschiedenen Bereichen intensiv begleitet worden. Wenn ich hier höre, es gebe ein Politikversagen bei diesem Thema - deswegen habe ich mich zu Wort gemeldet -, weise ich das nicht nur zurück, weil es dummes Zeug ist, sondern weil genau das Gegenteil der Fall ist. Auf diesem schwierigen Feld bekommen wir zum ersten Mal eine Chance, in Deutschland zu Regelungen zu kommen.
Herr Kollege Kalinka, wie würden Sie das denn nennen, wenn selbst die vorgeschlagenen Neuregelungen dazu führen, dass zum Beispiel eine Friseurin in Sachsen weiterhin 3 € pro Stunde verdient? Halten Sie das nicht für ein Politikversagen?
- Die neuen Regelungen, die kommen werden, die wir noch nicht genau kennen, die die beiden Tarifseiten aushandeln werden, werden mit Sicherheit nicht zu diesem Ergebnis führen.
Ich bin der Auffassung: Wenn 2,40 € pro Stunde bezahlt werden, sollte man dafür nicht arbeiten und dafür auch keine Ausbildung machen.