Wir fordern, dass betroffene Liegenschaften frei von Altlasten, zu fairen Preisen und mit verbindlichen Zeithorizonten der Konversion zugeführt werden. Wir fordern, dass es ebenfalls verbindliche Zusagen über substanzielle finanzielle Mittel gibt, mit denen sich der Bund an den Kosten der Konversion beteiligt.
Wir brauchen aber auch die Zusage - dabei sind wir völlig unterschiedlicher Meinung, Herr Ministerpräsident -, dass der Bundesminister für Verteidigung die militär- und finanzpolitischen Grundlagen für seine Entscheidungsfindung offen darlegt und am Ende die Standorte nicht einfach aufgegeben werden, bei deren Schließung die militär- beziehungsweise finanzpolitische Plausibilität überhaupt nicht besteht.
Lassen Sie mich das an drei Beispielen verdeutlichen. Das gilt vor allen Dingen für die von uns fachlich absolut nicht nachvollziehbaren Entscheidungen zum Beispiel beim Flottenkommando in Glücksburg und beim Marinearsenal in Kiel. Ich begrüße, dass Kolleginnen und Kollegen auf der Tribüne sich das anhören. Es gibt nicht einen einzigen vernünftigen Grund, das Marinearsenal in Kiel zu schließen.
Wenn wir über die Wirtschaftlichkeit reden, müssen gerade getätigte Investitionen ebenso berücksichtigt werden wie die Kosten der Zuschüttung von Bunkern. In Zeiten moderner Kommunikationsmittel sind räumliche Zusammenlegungen für eine bessere Koordination nicht mehr so zwingend wie in der Vergangenheit. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen müssen heute etwas komplexer als früher ausfallen.
Damit Sie mich nicht missverstehen: Ich trete nicht für das Sankt-Florians-Prinzip ein. Das überlasse ich gern anderen. An einigen Stellen ist eine Schließung sicherlich fachlich nachvollziehbar. Natürlich sind wir angesichts der Dichte betroffen. Manches ist fachlich aber überhaupt nicht nachvollziehbar.
Deshalb kann man nicht einfach sagen, dass man das aufgibt. Die Bundesregierung steht in der Pflicht, die Grundlagen ihrer Entscheidung darzulegen. Die Landesregierung steht in der Pflicht, dies einzufordern.
Wer kämpft, kann verlieren. Nur, wer nicht kämpft, hat schon verloren. Für mich sind die verkündeten Entscheidungen noch keineswegs unverrückbar. Was ist es übrigens für ein Demokratieverständnis, wenn man die Worte eines Ministers als unverrückbar bezeichnet? Mein Verständnis von parlamentarischer Demokratie ist ein anderes, meine sehr verehrten Damen und Herren. Mein Verständnis von parlamentarischer Demokratie ist, dass man sich einsetzen und Argumente vorbringen kann. Sonst brauchen wir nämlich weder Parlamente noch Landesregierungen.
Herr Abgeordneter Stegner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki?
Herr Kollege Dr. Stegner, da ich Ihre Worte wie immer aufmerksam verfolge: Würden Sie mir freundlicherweise mitteilen, wie sich die Mitglieder der SPD im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestags zu dieser Frage verhalten? Teilen sie Ihre Auffassung? Werden Sie Ihr Gewicht einsetzen, dass die Mitglieder der SPD im Verteidigungsausschuss das hier von Ihnen Vorgetragene auf Bundesebene umsetzen?
- Sie behaupten immer nur, dass Sie aufmerksam zuhören. Das haben Sie aber offenkundig nicht getan; denn es geht im Augenblick nicht um die Frage, was der Verteidigungsausschuss in Berlin diskutiert, sondern es geht um die Frage, was diese Landesregierung gegenüber der Bundesregierung und der Mehrheit im Deutschen Bundestag durch
Ein Mitglied des Verteidigungsausschusses sitzt übrigens auf der Tribüne und hat sich schon öffentlich zu dieser Frage geäußert, allerdings nicht in dem Sinne, dass das Marinearsenal aufgegeben werden könnte. So habe ich den Kollegen Dr. Bartels zumindest verstanden.
Sie müssen nicht immer nur in den Spiegel schauen, sondern hin und wieder auch in der Zeitung lesen, was andere sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass der Herr Ministerpräsident hier sagt, es lohne sich nicht zu kämpfen, da die Sache ohnehin entschieden sei, sagt wenig über die Bundeswehrreform, aber viel über die Landesregierung aus. Immer dann, wenn Sie die Interessen des Landes in Berlin vertreten sollen - egal ob beim Thema CCS, bei Steuerfragen oder bei der Bundeswehr -, bekreuzigen sich die Schleswig-Holsteiner, weil sie wissen, dass Sie im besten Fall mit leeren Taschen zurückkehren. Meistens ist es noch schlimmer.
Sie haben heute wieder starke Worte in Richtung des Verteidigungsministers de Maizière formuliert: Wir wollen. Wir fordern. Sie dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen. - Das waren Ihre Worte.
Wie wäre es denn einmal mit: Wir liefern? Ich weiß, dass dieser Begriff ein bisschen verbrannt ist, weil kleinere Parteien ihn benutzen und wir gesehen haben, was dabei herauskommt. Wie wäre es einmal damit? Natürlich geht es nicht um das Sankt-Florians-Prinzip. Logischerweise vertreten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags auch ihre regionalen Interessen. Das ist ganz normal. Das kritisiert hier übrigens niemand. Niemand fordert, dass Schleswig-Holstein nicht betroffen sein soll. Sie müssen aber zumindest in der Lage sein, dass man bei den Punkten, bei denen es weder fachlich noch wirtschaftlich sinnvoll ist, nicht sagt: Es ist eh alles gegessen. Dafür brauche ich mich nicht mehr einzusetzen. - Das ist doch keine Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das hat mit Sachlichkeit und Kompetenz nichts zu tun.
Entschuldigen Sie bitte, wenn ich das immer wieder sage. Ich gebe zu, dass das ein hoher Anspruch ist,
- An dieser Stelle fällt das aber schwer, weil die Bürgerinnen und Bürger des Landes SchleswigHolsteins das ausbaden, Herr Kollege Vogt.
Der Herr Wirtschaftsminister de Jager hat vor Kurzem erste Konversionsüberlegungen der Landesregierung skizziert und an die bestehenden Konversionsprojekte angeknüpft. Es ist manches dabei, was vernünftig ist. Vieles von dem, was Sie hier vorgetragen haben, wurde versucht und hat nicht geklappt. Das muss man ehrlicherweise auch sagen.
Neben den von Ihnen vorgestellten Best-PracticeBeispielen sollte auch eine Worst-Practice-Liste verteilt werden, anhand derer feststellbar ist, dass einige überdimensionierten und regional unabgestimmten Projekte, die nicht in der Bevölkerung verankert sind, zum Scheitern verurteilt sind. Die Leute haben doch die Nase voll davon, dass windige Investoren kommen, alles Mögliche versprechen, und dann geht die Sache in die Hose.
Die Kommunen brauchen übrigens weniger warme Worte, von denen es bei Ihnen viele gibt, sondern konkrete Konzepte. Manches klappt, vieles aber nicht. Port Olpenitz ist ein Beispiel für ein Projekt, das eine Pleite darstellt. Es gibt gute Beispiele wie in Albersdorf, aber eben auch sehr schwierige Beispiele wie in Eggebek. Wichtig ist dabei jedoch, die kommunale Kompetenz immer einzubeziehen. Man muss schauen, was regional passt. Man muss die bestehenden Chancen nutzen. Das gilt zum Beispiel für die Frage, was wir daraus machen können, wenn wir das Land an bestimmten Stellen energetisch umbauen. In welchen Bereichen kann man Arbeitsplätze schaffen, die auf Dauer Bestand haben?
- Dass Sie dazwischenrufen, Herr Mittelstandsbeauftragter, erstaunt mich nach Ihren gestrigen Ausführungen schon sehr. Dabei könnten Sie ein bisschen mithelfen.
Bei allem Dissens im Detail sollten wir alle von der Bundeswehrreform betroffenen Beschäftigten und Standorte aktiv unterstützen. Ich hoffe, dass wir uns bei allem Streit, den man im Parlament haben muss über die Frage, wie das eine oder andere angegangen werden muss, zumindest bei dieser Frage einig sind. Die Beschäftigten vor Ort können sich vom Parteienstreit nichts kaufen.
Die Beschäftigten wollen, dass wir über solche Konzepte so miteinander sprechen, dass etwas daraus wird. Deshalb ist der zentrale Punkt bei den Fragestellungen, die wir jetzt zu verhandeln haben, dass wir, wo immer das geht, und zwar gerade an den Standorten, von denen wir wissen, dass sie schwierig sind, Zeitpläne haben, mit denen man in Ruhe planen kann. Insofern ist manchmal schon etwas gewonnen, wenn der Zeitpunkt der Umsetzung hinausgeschoben wird.
Natürlich gibt es Orte, bei denen klar ist, dass von einem Weggang auch die Nachbarschaft betroffen ist. Wenn Boostedt wegfällt, wird auch die Kaufkraft von Neumünster und vieles andere mehr betroffen sein. Vielleicht bekommt man mit Blick auf die Altersstruktur der dort Beschäftigten noch das eine oder andere hin, sodass nicht das Haus mit großen Verlusten verkauft werden muss und die mühsam aufgebaute Alterssicherung dann in die Binsen geht. Das ist übrigens auch kein guter Umgang mit Lebensleistungen von Menschen, die sich für unser Gemeinwesen eingesetzt haben.
Da gibt es durchaus Dinge, über die man in der Sache miteinander reden kann und muss. Das wird man auch nicht über einen Leisten schlagen können. Die Verhältnisse sind an unterschiedlichen Standorten eben jeweils anders.
Worum wir Sie bitten, ist, dass wir bei dem, was jetzt in Gang gesetzt wird - insbesondere aus dem Wirtschaftsministerium -, ein transparentes Verfahren finden, eines, in das die Kommunen einbezogen werden, eines, mit dem seriöse Projekte vorangetrieben werden können und wir gemeinschaftlich zu Ergebnissen kommen können, von denen wir sagen können: Jedenfalls ein Teil der Folgerungen aus dieser schwierigen Bundeswehrreform haben wir abfedern und vielleicht doch noch in eine Perspektive verwandeln können, die für die Kommunen ein paar Chancen hat. Das jedenfalls sind wir den Betroffenen, sind wir deren Familien, sind wir den Kommunen schuldig. Meine Fraktion wird sich daran konstruktiv beteiligen.
(Beifall bei der SPD - Herlich Marie Todsen- Reese [CDU]: Davon haben wir nichts ge- merkt! Davon haben wir in der Regel null ge- merkt!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke im Namen der CDU-Landtagsfraktion dem Ministerpräsidenten für die heutige Regierungserklärung zu den Standortschließungen und Dienstpostenreduzierungen bei der Bundeswehr in Schleswig-Holstein.
Sie strahlt den Geist der Tat aus und nicht des Jammerns, wie Sie es eben getan haben, Herr Kollege Dr. Stegner.