Ich finde es, offen gesagt extrem schräg, dass alle Fraktionen - bis auf unsere Fraktion - so etwas in die Verfassung hineingeschrieben haben, wohl wissend, dass man diese Verfassungsregelung allein wird nicht einhalten können.
Herr Kollege Schippels, ist Ihnen bewusst, dass die Schuldenbremse für Schleswig-Holstein auch gegolten hätte, wenn wir die Landesverfassung nicht geändert hätten?
- Mir ist das bewusst, aber die Dopplung von etwas Falschem muss nicht bedeuten, dass es dadurch besser wird.
Aber vor allen Dingen wäre das dann eine Bundesregelung. Wir haben der ja auch widersprochen beziehungsweise haben dem hier im Landesparlament nicht zugestimmt beziehungsweise die Regierung
hat das nicht getan. Dazu hätten wir dann zumindest der Bundesregierung sagen können, jetzt müssen wir beispielsweise bei der Altschuldenregelung auch eine vernünftige Lösung finden, die es uns ermöglicht, tatsächlich ab 2020 zu strukturell ausgeglichenen Haushalten zu kommen. Dadurch, dass Sie das jetzt in die Landesverfassung hineingeschrieben haben, haben Sie uns alle verpflichtet unabhängig von der Bundespolitik -,
obwohl wir darauf gar keinen Einfluss haben, dass wir das selbst wuppen. Ich sage Ihnen aber: Wir können das nicht selbst wuppen. Das ist der Unterschied zwischen der Bundesregelung und der Landesregelung.
Herr Schippels, würden Sie freundlicherweise zur Kenntnis nehmen, dass meine Fraktion - und ich nehme an, die anderen Fraktionen ebenso, die das beschlossen haben - bei der Verabschiedung der Schuldenbremse für die Landesverfassung davon ausgegangen ist und nach wie vor davon ausgeht, dass wir die Regelung auch einhalten können, dass wir uns also nicht rechtswidrig verhalten haben?
Ihre Behauptung, wir alle hätten sehenden Auges etwas beschlossen, was wir nicht umsetzen können, ist jedenfalls aus Sicht meiner Fraktion und der Fraktion der CDU falsch.
- Na ja, da lese ich aber die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN etwas anders. Es mag aber sein, dass sich diese Sichtweise in der Regierung inzwischen etwas geändert hat.
Mal abgesehen davon haben die Grünen damals in ihrem Strukturkonzept, das sie vorgelegt haben, schon darauf hingewiesen, dass ohne Steuersatzveränderungen auf Bundesebene diese Schulden
bremse gar nicht einzuhalten ist. Das haben sie schon gemacht, bevor die Schuldenbremse hier verabschiedet worden ist. Sie haben darauf nicht gehört. Wir haben darauf gehört und das beherzigt, und deshalb konnten wir nicht zustimmen. So weit zu diesem Thema.
Herr von Boetticher, Sie verweisen immer darauf, dass wir so viele Schulden gemacht haben und dass die armen Schülerinnen und Schüler dort oben auf der Besuchertribüne das ausbaden müssen. Sie sagen, dass die Schuldenbremse jetzt dazu dient, ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Was Sie in Wirklichkeit machen, ist, dass Sie unsere Schulden - wobei wir politisch nicht für sie verantwortlich sind -, die jahrzehntelang aufgebaut worden sind, letztlich denen aufbürden. Sie tun das, indem Sie die Bildungsinvestitionen herunterschrauben, indem Sie die ganze Last auf sie abwälzen.
Lassen Sie uns doch finanzpolitisch einmal ein bisschen rechnen! Wir haben jetzt 1,5 Milliarden € durch die Steuerschätzung, die wir weniger ausgeben. Sie als Regierungsfraktion und auch der Minister möchten dieses Geld dazu nutzen, die Schulden zu reduzieren. Das strukturelle Ergebnis eines solchen Herangehens bei Zinsen in Höhe von 3 bis 4 %, die zurzeit auf dem Kapitalmarkt bezahlt werden müssen - wir haben ja gerade ein sehr gutes Geschäft gemacht, indem 500 Millionen € zu 3 % aufgenommen worden sind -, bedeutet, dass wir eine strukturelle Entlastung von 45 Millionen € beziehungsweise 60 Millionen € pro Jahr hätten. Wenn Sie gleichzeitig ÖPP-Projekte machen, die Sie fremd finanzieren, bei denen Sie wissen, dass diejenigen, mit denen Sie verhandeln, auf dem Kapitalmarkt Geld aufnehmen müssen und auch noch Profit machen - das bedeutet, die holen sich das später vom Land zurück -, dann frage ich mich: Wo ist da der ökonomische Sinn?
Es funktioniert einfach nicht, weil Sie die Schulden dann zwar nicht im Haushalt drin haben, aber über die Laufzeiten von 30 Jahren in die Zukunft verlagern.
Noch einmal: Es ist unserer Ansicht nach angesichts der heutigen Situation, angesichts der heutigen Zinssätze, allemal besser, das, was wir investieren können, tatsächlich in die Zukunft zu investieren, zum Beispiel in Bildung. Bildungsinvestitionen rentieren sich volkswirtschaftlich zu 8 % bei einer Belastung von 3 oder 4 % für die Schuldenaufnahme. Das ist ein Plus von 4 oder 5 %. Das ist
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zeitweise war mir nicht mehr ganz klar, welche Schmerzen größer sind, die durch die Folgen meines Unfalls oder die durch manche Redebeiträge.
Grundlage für die Steuerschätzung war die Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, im Wirtschaftsraum Europa und der Welt. Ich glaube deshalb, dass es von Bedeutung ist - für mich jedenfalls -, dass man zur Kenntnis nehmen kann - wenn man das will -: Deutschland erlebt ein kleines Wirtschaftswunder. Dass wir nach der stärksten Wirtschaftskrise, die die freie Welt je erlebt hat, in so kurzer Zeit, nach diesem Einbruch im Jahr 2009, der leichten Erholung 2010, heute mit Wachstumsraten in diesem Jahr von 2,6 %, im nächsten Jahr von knapp 2 % und dann immer geringer werdend, arbeiten können, dass wir auf dem Arbeitsmarkt eine Entlastung haben werden, dass die Arbeitslosenquote in diesem Jahr unter 3 Millionen sinkt, im nächsten Jahr etwa um weitere 10 % absinkt, dass wir die höchsten Beschäftigungszahlen haben, nämlich 41 Millionen Beschäftigte im kommenden Jahr, das ist die eigentliche wirtschaftliche Grundlage für das, worüber wir reden.
Dann wird sich in der Folge auch - wenn wir das richtig unterstützen - die finanzielle Entwicklung so einstellen, wie wir sie jetzt positiv bei der wirtschaftlichen Betrachtung sehen können. Deshalb steht am Anfang allen Tuns - das geben die Zahlen sehr deutlich wieder - die Frage: Wie können wir wirtschaftliches Wachstum, wirtschaftliche Dynamik unterstützen? Das gilt für Deutschland, Europa, aber auch für Schleswig-Holstein. Das heißt: Wie befördern wir unsere Infrastruktur - die wirtschaftliche Infrastruktur ebenso wie die soziale und auch die Bildungsinfrastruktur - so wie auch viele andere Aufgaben, die die Voraussetzung dafür bilden, dass
Wenn Sie sich die reinen Steuerzahlen ansehen und sie nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben betrachten, dann sehen Sie, dass wir in diesem Jahr gut 400 Millionen € mehr einnehmen, im nächsten Jahr 600 Millionen € mehr, als präzise heute vor einem Jahr noch angenommen wurde. Das heißt, wir haben eine Dynamik, die wir durch Ausgaben - und da bin ich völlig bei Ihnen, Kollege Habeck - niemals meistern könnten. Deshalb muss all unser Sinnen darauf gerichtet sein, das zu tun, was uns in der Zukunft Wachstum beschert und was hier die Möglichkeit zur Schaffung von Arbeitsplätzen bringt.
Da darf jeder auch gern einmal in die Vergangenheit gucken und seinen Teil der Verantwortung an der geringeren wirtschaftlichen Entwicklung Schleswig-Holsteins gegenüber anderen Ländern in den vergangenen 20 Jahren betrachten, Herr Kollege Stegner. Dazu gehört beispielsweise der Vorwurf, wenn man sich darüber auseinandersetzt, den Sie hier gegenüber CDU und FDP vorgebracht haben, einen Privatisierungswahn zu betreiben. Mein lieber Mann, das finde ich schon erstaunlich für einen ehemaligen Regierungsvertreter, der übrigens gemeinsam - Frau Heinold! - mit der grünen Fraktion von 1996 bis 2005 das gesamte Landesvermögen verscherbelt hat, das gesamte Landesvermögen.
Das Gebäude meines schönen Ministeriums, in dem Sie ja auch einmal gesessen haben, haben Sie verkauft. Den Verkaufserlös musste der Käufer am Kreditmarkt aufnehmen, das sind dann verdeckte Schulden des Landes gewesen. Das Geld ist dann auch gleich ausgegeben worden. Das gilt für alle Landesliegenschaften. Und dann reden Sie hier von einem Privatisierungswahn? - Mein lieber Scholli!
Steuerpolitik! Dass wir hier steuerpolitische Vorschläge von zwei Fraktionen erhalten, die es in den zehn Jahren, in denen sie gemeinsam regiert haben, nicht in einem einzigen Jahr geschafft haben, ihr eigenes Steueraufkommen, das Steueraufkommen des Landes Schleswig-Holstein, zu steigern - zehn Jahre lang eine gerade Linie, keine Steigerung, nur durch den Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen -, ist erstaunlich. Sie stellen sich hier hin und machen uns irgendwelche Vorschläge. Das ist geradezu eine Lachnummer!
Mehrwertsteuer! Einerseits beklagen Sie, dass offensichtlich keine Vorschläge kommen, diese ominöse Hotelsteuer abzuschaffen, andererseits beschimpfen Sie mich, dass ich vorgeschlagen habe, genau das zu tun, indem ich gesagt habe: Alle Ermäßigungen streichen! Dazu gehört auch die. Ich frage einmal: Wenn Sie dieser Steuerdiskussion um die Mehrwertsteuer eine besondere soziale Komponente beimessen, welche ist das denn?
Also, von den 24 Milliarden € Ermäßigungsvolumen aus dem 7-prozentigen Steuersatz fallen 21 Milliarden € auf die besser Verdienenden - solche wie Sie - und 3 Milliarden € auf die weniger Verdienenden. Und dann reden Sie von der sozialen Komponente? - Sie sollten einmal erklären, warum Sie eigentlich - als jemand, der 150.000 € im Jahr verdient - unbedingt darauf besteht, dass Sie weiterhin steuervergünstigt Brot, Butter, Milch und Käse kaufen können. Ich denke, das sollten Sie hier erklären.
Ich will eines, was wir in die nächste Diskussionsrunde gleich noch mit aufnehmen, hier deutlich machen: Sie haben zu Beginn Ihres ersten Redebeitrags gesagt, Schleswig-Holstein sei Haushaltsnotlageland. - Das ist falsch. Das ist definitiv falsch. Es gibt in Deutschland derzeit kein Haushaltsnotlageland, obwohl es drei Länder gibt - Bremen, Berlin und Saarland -, die es gern wären, weil sie dann möglicherweise Anspruch auf noch höhere Bundesmittel hätten als bereits derzeit. Es gibt aber einen Beschluss des Stabilitätsrats von dieser Woche, in dem festgestellt wird, dass vier Ländern die Haushaltsnotlage droht, wenn sie denn nicht das tun, was Schleswig-Holstein eingeleitet hat. Das ist der Beschluss. Das ist ein gewaltiger Unterschied, ob man sich in einer Haushaltsnotlage befindet oder ob man feststellt, dass sie droht, wenn man nichts dagegen unternimmt. Deshalb unternehmen wir etwas dagegen. Das ist der Unterschied zwischen unserer und Ihrer Politik.