Rainer Wiegard

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich sehr, dass Sie den Bericht, den ich Ihnen vor einem Jahr vorgelegt habe, so intensiv insbesondere auch mit den beteiligten Organisationen, Vereinen und Verbänden diskutiert haben und dass wir auch partei- beziehungsweise fraktionsübergreifend viele Übereinstimmungen erzielt haben, wie wir künftig die ehrenamtliche Tätigkeit erleichtern können, sei es im Steuerrecht, sei es im Sozialversicherungsrecht, sei es aber auch unter anderen Rahmenbedingungen, die wir schaffen. Ich glaube, dies ist für die Zukunft unseres Landes von außerordentlich großer Bedeutung.
900.000 Menschen in Schleswig-Holstein sind ehrenamtlich tätig. 900.000 Menschen, das ist fast jeder zweite über 14 Jahre, die für die Gemeinschaft im Durchschnitt 200 Stunden im Jahr aufbringen, um in Vereinen, Verbänden, Organisationen oder in der Feuerwehr, die ja einen erheblichen Teil der ehrenamtlichen Tätigkeit ausmacht, in Sportvereinen oder in sozialen und kulturellen Bereichen sich einbringen.
Wenn man einmal versucht, diese rund 200 Millionen Stunden, die insgesamt für ehrenamtliche Tätigkeit aufgebracht werden, in einen volkswirtschaftlichen Nutzen umzumünzen, dann hieße dies bei einem durchschnittlichen Erwerbseinkommen, dass wir etwa 4 Milliarden € aufbringen müssten, wenn die Menschen diese ehrenamtliche Tätigkeit nicht verrichten würden. Weil keine dieser Aufgaben verzichtbar ist, müssten wir das hauptamtlich finanzieren. Somit weiß jeder, welche auch finanzielle Bedeutung diese Tätigkeit hat.
Dabei ist die finanzielle Bedeutung für die Menschen selbst, die diese Tätigkeit ausüben, relativ zweirangig, im Übrigen auch manche Regel, über die wir diskutieren. Wir sollten aber anerkennen, dass das, was eigentlich der Einsatz ist, wenn Menschen in der Zeit, in der sie nicht berufstätig sind oder anderen Dingen nachgehen, ihre Fähigkeiten, ihre Kenntnisse einbringen in unsere Gesellschaft, etwas ist, was man nicht vergüten und nicht bezahlen kann. Leistung kann man vergüten, Aufgabenerfüllung kann man bezahlen. Aber Zeit, die man gegeben hat, kann man nie wieder zurückgeben. Deshalb ist dies wohl auch der größte Ansatz, den wir hier würdigen sollten.
In den Beiträgen zu diesem Thema, zu diesem Tagesordnungspunkt ist zu Recht auf verschiedene Aspekte hingewiesen worden. Andreas Tietze, Sie
haben gesagt: „Wir waren bei der Arbeitszeitrichtlinie hellwach.“ Das ist wohl richtig. Wir sehen daran aber auch, dass es sie im Entwurf gibt, dass man einige auch noch wecken muss andernorts. Das gilt auch für viele andere Bereiche.
Ich will noch auf einen Aspekt hinweisen, der mit der demografischen Entwicklung in unserem Land zusammenhängt. Wir wissen, dass die Zahl der erwerbsfähigen Menschen in den nächsten Jahrzehnten erheblich sinken wird, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen erheblich sinken wird, dass aber die Zahl derjenigen, die älter sind, erheblich steigen wird. Somit stellt sich nicht nur die Frage, wie wir junge Menschen für eine ehrenamtliche Tätigkeit gewinnen können, sondern diese Frage richtet sich auch an diejenigen, die nach dem Krieg geboren worden sind. Die erste Generation, die nach dem Krieg geboren worden ist, geht jetzt in Rente. Deshalb müssen wir auch an jene appellieren, die in den letzten 65 Jahren in Deutschland ohne Krieg in Frieden und Freiheit, in sozialer Sicherheit und in stetig wachsendem Wohlstand haben leben können und bisher vielleicht nicht die Gelegenheit gefunden haben, ehrenamtlich tätig zu sein, doch jetzt in der letzten Phase des Lebens einen Teil dessen an die Gesellschaft zurückzugeben, was diese Gesellschaft ihnen ermöglicht hat. Ich glaube, auch dies ist ein wichtiger Appell, den wir aussprechen sollten, wenn es um die Zukunft ehrenamtlicher Tätigkeit außerhalb aller wichtigen und richtigen Regelungen geht, die wir hier zu treffen haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei Ihnen für die sehr zügige und schnelle Beratung über das Ausführungsgesetz. Die Differenzen sind bekannt. Wir haben sie hinreichend ausgetauscht.
Zu den übrigen Anträgen will ich mich auf zwei Punkte konzentrieren, wobei Sie möglicherweise bemerken werden - vielleicht liegt es daran, dass Frühlingsanfang ist -, dass ich mir zwei Punkte herausgesucht habe, bei denen ich erkenne, dass wir möglicherweise - jedenfalls einigermaßen - in die gleiche Richtung tendieren.
Ich stelle mit Zufriedenheit fest, dass inzwischen auch die Sozialdemokraten den europäischen Fiskalpakt ausdrücklich begrüßen. Dazu hat es in der vergangenen Zeit ja auch schon andere Meinungstendenzen gegeben. Ich will mir allerdings nicht die Bemerkung ersparen, dass das nicht nur für andere gilt, sondern dass, wer Regelungen für andere begrüßt, sie zunächst auch selbst erfüllen muss. Da haben wir noch eine ganze Menge zu tun.
Der Anspruch auf Haushaltsdisziplin richtet sich gegen andere Länder. Da bin ich erstaunt darüber, in welcher Weise insbesondere aus Deutschland und manchmal auch aus Schleswig-Holstein über die Situation beispielsweise in Griechenland hergezogen wird. Ich kann schlicht und ergreifend nur die wenigen Zahlen addieren -
- Herr Stegner, lassen Sie das einmal weg! Sie haben ja gerade gemerkt, ich bin auf dem Wege, die wenigen Konsenspunkte herauszuarbeiten, die wir möglicherweise haben.
Wir sehen, dass Schleswig-Holstein 27 Milliarden € Altschulden aufgetürmt hat. Hinzu kommen 3 Milliarden € Schulden der Kommunen, wobei man sagen muss: Verglichen mit den Kommunen in Baden-Württemberg und auf Augenhöhe mit Niedersachsen haben die schleswig-holsteinischen Kommunen dankenswerterweise den niedrigsten Schuldenstand pro Einwohner. Das hängt auch ein bisschen mit der Landespolitik über viele Jahrzehnte hinweg zusammen. Wenn wir die 3 Milliarden € noch hinzunehmen, haben wir 30 Milliarden € Schulden.
Da der Bund nicht eigene Wirtschaftsbürger und eigene Steuerbürger hat, müssen wir die anteilige Bundesschuld auch noch auf uns herunterbrechen. Das sind noch einmal 45 Milliarden €. In der Summe sind wir dann bei 75 Milliarden €, die Schleswig-Holstein an Schulden durch die eigene Wirtschaftskraft zu bewirtschaften hat. Das entspricht ziemlich exakt, also zu 100 %, dem Bruttoinlandsprodukt von Schleswig-Holstein. Dabei ignoriere ich einmal die knapp 40 Milliarden € kapitalisierte Pensionsverpflichtungen, die wir in den letzten 60 Jahren gegenüber den Beamten eingegangen sind, für die in ihrer aktiven Dienstzeit keine entsprechenden Rückstellungen gebildet worden sind. 100 % Verschuldung zum BIP liegt weit über dem, was wir in Maastricht verabredet haben.
Nun gilt das für die gesamte Republik und nicht für ein einzelnes Bundesland. Guckt man einmal, wo Griechenland mit 100 % war - das war wenige Jahre vor der Finanzkrise -, stellen wir fest, dass wir keinen Grund haben, überheblich zu sein, sondern eher Anlass haben, besonders intensiv daran zu arbeiten, dass sich das ändert.
Damit komme ich zum zweiten Punkt. Ich glaube, dass wir eine gute und vernünftige Regelung vereinbart haben, indem wir gesagt haben, in absehbarer Zeit soll zu den vorhandenen Schulden nichts
Neues mehr oben draufkommen. Sie wissen aber auch, dass ich schon 2007 in der Diskussion um die Föderalismuskommission II den Versuch gemacht habe, den Bund und die Länder dazu zu bewegen, nicht nur bis zum Neuverschuldungsstand null zu denken, sondern darüber hinauszudenken und den aufgelaufenen Schuldenberg ins Visier zu nehmen. Ich stelle mit großer Zufriedenheit fest - verstehen Sie es bitte positiv, denn ich meine es positiv -: In diesem Haus schließt sich eine große Mehrheit diesem Gedanken durchaus an - die Grünen schon seit Längerem, andere erst seit Kürzerem.
Wenn wir uns ansehen, dass Deutschland - in all diesen Diskussionen immer als Musterschüler bezeichnet, sich selbst häufig auch als Musterschüler deklariert - inzwischen mit mehr als 2 Billionen € Bund, Länder und Gemeinden - verschuldet ist, dass diese 2 Billionen € Verschuldung über 80 % des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland ausmachen, wobei wir nur 60 % haben dürften, stellen wir fest: Es ist notwendig, darüber nachzudenken, wie wir mindestens auf diese 60 % herunterkommen. Sieht man die Zahlen 2 Billionen, 80 % an und weiß, man darf nur 60 %, dann weiß man, man hat 20 % zu viel. Ein Viertel von 2 Billionen € sind mal eben schlappe 500 Milliarden €. Deshalb ist mein Vorschlag, in der vergangenen Woche konkretisiert, dass wir uns in Deutschland auf den Weg machen sollten, diese 500 Milliarden € über einen Zeitraum von 20, 25 Jahren in einem gemeinsamen Altschuldentildungsfonds zu tilgen, wobei jeder seinen Anteil an Zinsen selbst trägt, aber sicherstellen, dass ein bestimmter Anteil vom Steueraufkommen, beispielsweise die rückläufigen, nicht mehr benötigten Mittel zum Solidarpakt II, Aufbau Ost, zur Tilgung herangezogen wird, um in einem überschaubaren Zeitraum zumindest diese 60 % zu erfüllen und nicht nur als Musterschüler dazustehen, sondern es auch tatsächlich zu sein.
Wenn wir sehen, wie die Diskussion dazu im Augenblick verläuft, sollten wir in allen Ländern, in denen wir dies gemeinsam tragen, in denen wir Mehrheiten haben - also auch Baden-Württemberg, Frau Kollegin Heinold, und anderen, sozialdemokratisch regierten Ländern -, diese Forderung unterstützen. Im Augenblick sind wir einsame Rufer in der Wüste. Die Tatsache, dass wir im Bundestag eine B-Mehrheit haben und im Bundesrat im Augenblick keine B-Mehrheit haben, sollte uns nicht dazu veranlassen, nichts zu tun. Das wäre die schwierigste Situation, die wir uns vorstellen könnten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lars Harms, ich bin immer wieder schwer beeindruckt, wenn ich von der einen Seite der Opposition höre, es handele sich um Sparorgien, von der anderen Seite dagegen: „Sie haben gar nicht gespart; Sie haben überhaupt noch nicht gesagt, wo Sie das machen wollen.“ Das ist höchst interessant. Vielleicht einigt ihr euch in der Opposition einmal darauf, welchen Vorhalt ihr machen wollt.
- Ja, unsere Vorschläge haben den Vorteil, dass sie nicht nur zu einem großen Teil bereits auf den Weg gebracht worden sind und ihre Wirkung gezeigt haben, sondern dass sie darüber hinaus auch die Zustimmung des Stabilitätsrates gefunden haben, der gesagt hat: Das ist der richtige Weg, damit erreicht ihr das Ziel, und jetzt müsst ihr das nur noch umsetzen.
Das ist der Unterschied zu dem, was Sie hier immer wieder vorgetragen und vorgeschlagen haben.
Frau Heinold, Sie müssen daraus gar keine Szene machen. Ich sage Ihnen noch einmal, was es für Differenzen gibt zwischen der Systematik, die ich übrigens dem Finanzausschuss seit zwei Jahren immer wieder mit dessen Zustimmung vorgetragen habe, und dem, mit dem Sie jetzt davon abrücken wollen. Ich habe das auch im Zusammenhang mit dem Konsolidierungsbericht des Landesrechnungshofes immer wieder dargestellt. Da ist zum einen die Systematik der Methode der Trendsteuereinnahmen, die ich befürworte und unserer Finanzplanung zugrunde lege, zum anderen die Regelung, wie sie der Bund für die Verwaltungsvereinbarung verlangt hat. Das ergibt in der Verschuldungsmöglichkeit für alle Jahre in dem Zeitfenster von 2010 bis 2020 einen Unterschied in Höhe von 1,1 Milliarden €. Das heißt, es gibt die Möglichkeit, mit dem System des Bundes auf dieser ganzen Strecke mehr Schulden zu machen.
Wir haben das immer wieder ausdiskutiert. Ich nenne Ihnen jetzt alle drei Varianten. Wenn Sie das für die restliche Zeit, die noch vor uns liegt, weil wir 2012 erstens schon eine Haushaltsphase hinter uns haben werden und auch noch eine Planungsphase vor uns haben - nämlich für dieses Jahr -, nämlich ab 2013, berechnen, kommen Sie ungefähr auf Ihre
knapp 600 Millionen € mehr Verschuldungsmöglichkeit als wir. Dann kommt die dritte Variante hinzu, das ist meine. Ich sage, gegenüber der Finanzplanung, die ich vorgelegt habe, ist das für die restliche Strecke ein Unterschied in Höhe von 1,8 Milliarden € Verschuldungsmöglichkeit. Ich mache darauf aufmerksam, weil immer wieder vergessen wird, welche Wirkung der Zinshebel hat. Würde man gegenüber meiner Finanzplanung Ihre Variante wählen und tatsächlich diesen Rahmen in Höhe von 1,8 Milliarden € Mehrverschuldung bis 2020 ausschöpfen, würde das allein bis zum Jahr 2020 500 Millionen € mehr Zinsen kosten, die Sie gar nicht hätten, die Sie von den 1,8 Milliarden € bezahlen müssten. Sehen Sie einmal, das ist genau der Punkt, auf den ich immer wieder hinweise.
Wir haben schon genug Schulden, wir brauchen nicht noch mehr.
Wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dass wir nicht durch eine höhere als unbedingt notwendige Verschuldung in den nächsten Jahren ein Zinsrisiko eingehen, das wir nicht mehr beherrschen können.
Nun haben wir von unserem „Marktschreier Ralf“ hier noch einen Vortrag gehört, der wieder darauf abgestellt hat, wir sollten nicht nur die Ausgaben im Auge haben. Das haben wir übrigens auch nicht. Ausgabedisziplin ist nur eine Seite der Medaille. Die Zukunftsfähigkeit zu befördern - auch in dem Sinne, wie das Wolfgang Kubicki gesagt hat; das können Sie sich ja einmal angucken -
- Ja, Herr Stegner, ich weiß, warum Sie da so abfällig grinsen. Gucken Sie sich einmal die Entwicklung des Bruttoinlandprodukts von Schleswig-Holstein und dem Rest der Republik in der Zeit an, in der Sie hier regiert haben. Dann werden Sie feststellen müssen, dass wir mit Ihrer Politik den Anschluss an alle anderen Länder, an den Rest der Republik, Anfang der 90er-Jahre verloren haben.
Es ist notwendig, dass wir diesen Anschluss wieder zurückgewinnen. Das bedeutet Haushaltskonsolidierung. Was Sie hier immer wieder als Eindruck erwecken wollen - übrigens Sie alle gemeinsam in der versammelten Opposition -, als sei Haushaltskonsolidierung ein Gegensatz zur Zukunftsfähig
keit, ist falsch. Ich sage Ihnen: Nein, das ist genau umgekehrt.
Haushaltskonsolidierung ist die Voraussetzung dafür, dass wir die Zukunftsfähigkeit überhaupt befördern können. Das ist die Situation.
Deshalb haben wir für die Jahre 2013/14 - Sie haben noch gar nicht gesagt, was Sie da machen wollen, außer dass Sie mehr Geld ausgeben wollen gesagt, dass wir 50 Millionen € in diese Zukunftsfähigkeit, in die Verbesserung unserer wirtschaftlichen Infrastruktur, in die Verbesserung der Unterrichtsversorgung stecken wollen. Wir wollen insbesondere auch - im Gegensatz zur rot-grünen Zeit die Landesmittel zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf von 60 Millionen auf über 120 Millionen € jährlich verdoppeln. Das ist unsere Leistung. Das erreichen wir nur durch Haushaltskonsolidierung - nur dadurch. Ohne diese Konsolidierung müssten wir nämlich mehr Geld für Zinsen aufwenden und hätten dann das Geld nicht mehr zur Verfügung, um es in die Infrastruktur zu stecken.
Dann kommt wieder Ihre Mär von den Steuermehreinnahmen, die Sie durch Steuererhöhungen und durch Wiedereinführung von Steuern, die es nicht mehr gibt, weil sie sich nicht bewährt haben, erreichen wollen. Außerdem wollen Sie neue Steuern einführen, die im Augenblick auf europäischer Ebene keine Mehrheit finden. Ich halte Ihnen noch einmal vor und kann Ihnen auch nur aus dem Gespräch im Rahmen der Finanzministerkonferenz aus der letzten Woche dazu berichten: Ich frage mich, warum Sie uns permanent veranlassen wollen, neue Steuern einzuführen, wenn Sie noch nicht einmal die Steuergesetze, die es derzeit gibt und für die es Vereinbarungen - beispielsweise mit der Schweiz im Rahmen eines Doppelbesteuerungsabkommens gibt, umsetzen.
Das ist - von einigen wenigen offenen Facetten abgesehen - abschlussreif. Mit ihm würde SchleswigHolstein allein bis 2020 etwa 350 Millionen € mehr erzielen, wenn es zu der in Deutschland angemessenen Versteuerung des Kapitalvermögens, das auf Schweizer Bankkonten liegt, käme. - Da brauchen
Sie nicht den Kopf zu schütteln. Das genau ist der Sachverhalt, 350 Millionen €!
Ich sage noch einmal, weil Sie auch in einem anderen Land derzeit dabei sind, genau den entgegengesetzten Weg zu gehen: Nordrhein-Westfalen bekäme aufgrund dieser Regelung 1,8 Milliarden €. Ich sage Ihnen: Ich finde das völlig unverständlich, und wir werden in der Öffentlichkeit einen erheblichen Druck auf Sie ausüben. Darauf können Sie sich schon freuen.
Sie haben es in der Zeit, als Sie dieses Land zu regieren versucht haben - was Ihnen kläglich misslungen ist -, in zehn Jahren, nicht geschafft, das eigene Steueraufkommen anzuheben - in zehn Jahren nicht. Immer 4,9 bis 5,1 Milliarden € - zehn Jahre lang! Wir liegen heute 2 Milliarden € darüber. Wir haben noch nicht das Niveau dessen erreicht, das wir erwartet haben, aber wir haben 2011 das höchste Steueraufkommen aller Zeiten in SchleswigHolstein gehabt. Ich denke, wir müssen vorsichtig sein, dass wir nicht das, was wir mit viel Mühe an wirtschaftlicher Infrastruktur entwickeln, gleich wieder mit Ihren Steuererhöhungsparolen kaputt machen.
Deshalb machen Sie endlich den Weg in den Ländern, in denen Sie regieren - das gilt auch, Frau Heinold, für die Grünen in Baden-Württemberg -, dafür frei, dass wir dieses Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz abschließen und endlich die Mittel bekommen. Im nächsten Jahr würden wir allein daraus gut 200 Millionen € Nachzahlungen für zurückliegende Steuerbelastungen bekommen. Das ist der richtige Weg.
Dann können wir sehr wohl darüber diskutieren, an welcher Stelle uns diese strukturellen Mehreinnahmen in der Zukunft behilflich sein können.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Ich wusste nicht, dass es jetzt üblich werden soll, dass wir jedes Jahr die Gesetze, die wir in diesem Hause verabschieden, noch einmal aufrufen. Wenn das gewünscht ist, können wir das natürlich tun.
1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage 1 bei
Die Veränderungen, die wir am Mitbestimmungsgesetz in Zusammenhang mit dem Haushaltsbegleitgesetz vorgenommen haben, haben keine qualitative Veränderung der Mitbestimmung in Schleswig-Holstein zur Folge. Dies war ausdrücklich auch Gegenstand der Beratungen, die wir mit den Personalräten durchgeführt haben. Natürlich sind die Personalräte nicht erfreut, wenn bei Regelungen Einschränkungen vorgenommen werden. Aber wir waren uns einig, dass dies nicht geschehen soll, und es ist auch nicht geschehen.
Meine Damen und Herren, es ist selbstverständlich - das mag eine Kleinigkeit sein -, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Personalräten angehören, die voll bezahlt werden, auch wenn sie logischerweise als für diese Tätigkeit freigestellte Personalräte die Personalratstätigkeit ausführen, weiterhin ihre Bezüge erhalten. Dass sie darüber hinaus aber auch noch ein Sitzungsgeld erhalten, ist - mit Verlaub - schon eine sehr fragwürdige Angelegenheit. Ich meine sogar, wir waren das einzige Land, das noch eine solche Regelung hatte. Deshalb haben wir uns im Zusammenhang mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011/2012 zu diesem Schritt entschieden. Wir haben damit keinerlei qualitative Einschränkungen der Mitbestimmung vorgesehen, ausdrücklich nicht. Es war auch nicht unsere Absicht, es zu tun. Von daher glaube ich, dass wir angesichts der Situation, in der sich unser Land befindet, einen angemessenen Beitrag auch von den Personalräten eingefordert haben, die dies auch akzeptiert haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren!
- Okay. Vielen Dank. Es wäre einem alten Feldwebel aber auch gelungen, hier ohne Mikrofon durchzudringen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich hätte es mit den beiden Tagesordnungspunkten heute nicht besser kommen können. Einerseits können wir die erfolgreiche Konsolidierungspolitik der Landesregierung für das letzte Jahr und ihre Auswirkungen auf die künftige Finanzplanung darstellen, andererseits geht es um den soeben verteilten Änderungsantrag der Opposition, mit dem Sie zu der charakterlosen Schuldenpolitik früherer Jahre zurückkehren wollen.
Deshalb lassen Sie mich einigermaßen genüsslich mit dem ersten Teil beginnen. Wir haben im vergangenen Jahr - - Lars Harms, hör genau zu, davon kann man etwas lernen.
- Ja, passen Sie einmal auf! Wir haben im vergangenen Jahr gegenüber den Vorjahren den Fehlbetrag in der Erfolgsrechnung halbiert. Wir haben die Neuverschuldung - ich komme gleich darauf, warum das so ist - gegenüber dem Vorjahr um 820 Millionen € reduziert.
Wir haben den Nachweis erbracht, dass man mit den eigenen Einnahmen auch die laufenden Ausgaben des Landes finanzieren, also bezahlen kann, und dabei sogar noch einen leichten Überschuss erwirtschaften kann. Das ist anders als in früheren Jahren. Das hat es über 22 Jahre hinweg in Schleswig-Holstein nicht gegeben. Ich glaube, dass wir deshalb auf einem ausgesprochen guten Weg sind.
Wir haben bei den Verwaltungsausgaben 40 Millionen € weniger verbraucht als im Vorjahr. Wir haben bei den übrigen Ausgaben - wenn man die zusätzlichen Einnahmen von Dritten einmal abzieht weitere 60 Millionen € auf der Ausgabenseite reduzieren können. Damit haben wir präzise den Spiel
raum erwirtschaftet, um Schwerpunkte, die für das Land in der Zukunft wichtig sind, finanzieren zu können, beispielsweise die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung in den nächsten beiden Jahren mit etwa 30 Millionen € und darüber hinaus auch den weiteren Ausbau unserer wirtschaftlichen Infrastruktur, mit dem wir den verloren gegangenen Anschluss an die Entwicklung anderer Länder in Deutschland wiederherstellen wollen.
Dies alles sind Punkte, die belegen, dass der Konsolidierungsweg richtig ist. Wenn Sie allein die gegenüber der Planung nicht gemachten Schulden in Höhe von 720 Millionen € in der Finanzplanung fortrechnen, nämlich wie viel Zinsen dafür auf Dauer eingespart werden, sind das jährlich etwa - je nachdem, mit welchem künftigen Entwicklungszins Sie rechnen, zum Beispiel 4 % - 30 Millionen €, die weniger an aufsteigenden Zinsen gebraucht werden. Hinzu kommt - das ist das Glück des Tüchtigen - die Entwicklung an den Kapitalmärkten, die für deutsche Schuldanleihen und damit auch für schleswig-holsteinische Schuldanleihen im Augenblick einen guten Weg aufzeigt.
Demgegenüber, nämlich dass wir in der Fortführung dieser Konsolidierungspolitik Ihnen ein Ausführungsgesetz vorgelegt haben, mit dem wir die in den letzten Jahren geübte Praxis des Aufstellens der Finanzplanung mit einer bestimmten Methodik, die Einnahme an dem langfristigen Durchschnitt zu orientieren und gravierende steuerrechtliche Veränderungen dabei zu berücksichtigen, steht nun, dass Sie hier einen Antrag vorgelegt haben, mit dem Sie eben diesen Korridor zur Aufnahme neuer Schulden deutlich erweitern wollen. Das ist ein fatales Spiel mit dem Feuer. Wir brauchen nicht mehr neue Schulden,
das ist nämlich das einzige, von dem wir in Schleswig-Holstein wahrlich genug haben. Wir sind das nach dem Saarland am höchsten verschuldete Flächenland pro Einwohner in Deutschland.
Wir haben in den vergangenen 40 Jahren, mit besonderer Dramatik in den letzten 20 Jahren, eine Aufhäufung von Schulden erlebt, mit der wir heute kaum noch fertig werden. Wir haben im vergangenen Jahr 940 Millionen € aufwenden müssen, um die Zinsen für diese alten Schulden zu bezahlen, und wir können nur froh sein, dass wir durch den Überschuss in dem eigenfinanzierten Haushalt in der Lage waren, dies zu bewältigen, indem wir bei
940 Millionen € Altlastenbelegung „nur“ 550 Millionen neue Schulden machen mussten.
Man mag sich gar nicht vorstellen, was es bedeuten würde, wenn wir in eine Situation kommen würden, dass wir nicht mehr wie in diesen Monaten unsere 3,5 Millionen € Bruttokreditaufnahme zu etwa 1,6 %, 1,7 % oder 2 % Zinsen bewältigen müssten, sondern dass wir dafür 5 % aufwenden müssten. Deshalb muss die Lehre aus diesen Erfahrungen in der Vergangenheit sein, dass wir konsequent damit aufhören, immer wieder neue Schulden auf die alten draufzupacken.
Wir waren hier schon viel weiter, als wir das heute sind, insbesondere nach dem Vorschlag, den Sie uns heute auf den Tisch gelegt haben. Überschlägige Berechnungen zwischen der Finanzplanung, die wir insbesondere gestern durch die Eckwerte bis 2014 festgelegt haben, und dem, was Sie sich an Korridor für neue Verschuldung ermöglichen wollen bis 2020, sind das etwa 1,8 Milliarden € zusätzlich.
Da Sie diese ja nicht haben, sondern am Kapitalmarkt aufnehmen müssen, müssen Sie, wenn es ganz normal mit der Zinsentwicklung in den nächsten Jahren kommt, noch einmal 500 Millionen € für Zins und Zinseszins allein bis 2020 draufpacken.
Deshalb, meine Damen und Herren, sage ich: Die Katze ist aus dem Sack. Sie haben deutlich gemacht, wohin Sie wollen. Sie wollen zurück zu der Schuldenpolitik, die Sie hier in früheren Jahren schon betrieben haben.
Wissen Sie, das, was mich an diesem Punkt ganz besonders auf die Palme bringt, ist, wenn ich jeden Monat hier von Ihnen die Forderung nach neuen Steuern höre, nach der Wiedereinführung allseits bereits nicht mehr praktizierter Steuern, nach Steuererhöhungen, jetzt nach der Möglichkeit, die Kreditaufnahmezulässigkeit zu erhöhen, während Sie gleichzeitig in den Ländern, in denen Rot und Grün regieren, im Bundesrat die Zustimmung dazu verweigern, dass wir die deutschen Steuergesetze da anwenden, wo wir bereits vorliegende Vereinbarungen haben, beispielsweise in der Schweiz.
Sie haben dazu heute sogar einen Antrag vorgelegt. Ich finde es schon einigermaßen dramatisch: Da
gibt es bestehende deutsche Steuergesetze, und die Schweiz ist bereit, diese deutschen Steuergesetze anzuwenden, das heißt, die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge an uns abzuführen einschließlich des Solidaritätszuschlags.
Wenn Sie nur oberflächlich die Zahlen zugrunde legen, die in allen Zeitungen stehen, nämlich etwa 100 Milliarden € - andere, ich glaube, Sie selbst auch, sprechen von 160 bis 200 Milliarden € -, dann können wir daraus allein in Schleswig-Holstein mit laufenden Steuereinnahmen von 17 Millionen bis 20 Millionen € pro Jahr rechnen, und wir würden für die zurückliegenden Zeiträume einen Einmalbetrag von mehr als 200 Millionen € erzielen, bis zum Ende des Jahres 2020 ein Volumen, das etwa 350 Millionen € ausmacht. Und da sagen Sie einfach Nein! Stattdessen wollen Sie die mögliche Verschuldung des Landes wieder erhöhen. Deshalb sagen wir dazu Nein, meine Damen und Herren!
Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen, dass Sie heute die Katze aus dem Sack gelassen haben, sodass Schleswig-Holstein weiß, wohin Ihr Weg führt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mehrere Redner haben immer wieder betont, dass alle Länder ein solches Ausführungsgesetz hätten und alle Länder diese Berechnungsmethode anwendeten. Das hat Lars Harms gesagt, Robert Habeck hat das gesagt, und auch Jürgen Weber hat das wiederholt. - Mit Verlaub: Das ist ziemlicher Unsinn. Es gibt nur ein einziges Land, das ein solches Ausführungsgesetz zu einer landesverfassungsrechtlichen Regelung hat beziehungsweise auf dem Weg ist,
ein solches zu verabschieden, das ist das Land Schleswig-Holstein. Denn die anderen Länder haben eine solche Regelung gar nicht, für sie gilt die grundgesetzliche Regelung.
- Lars Harms, das bringt uns auch nicht weiter. Rheinland-Pfalz fällt gar nicht unter diese Regelung.
- Nein, sie müssen nicht die Schuldenbremse einhalten. Die Schuldenbremse gilt für RheinlandPfalz gar nicht, sondern für Rheinland-Pfalz gilt wie für alle Länder die Schuldengrenze: ab 2020 null Neuverschuldung. Aber die Schuldenbremse auf dem Weg dahin gilt nur für die fünf Konsolidierungshilfeländer. Das ist der Unterschied. Deshalb haben wir auch nur in diesen fünf Ländern die Verwaltungsvereinbarung zur Feststellung, ob die Konsolidierungshilfe gezahlt wird, nur zu diesem einen Zweck. Das wollte ich sachlich klarstellen.
Zu den anderen Fragen werden wir jetzt nicht mehr kommen, das können wir aber gern noch einmal im Finanzausschuss erörtern.
Herr Kollege Habeck, weil Sie wieder einmal mit dem moralischen Zeigefinger insbesondere auf mich gezeigt haben, will ich Ihnen nur eines sagen:
Wir haben diese Regelung beraten, nicht der Bund, Frau Heinold, hat sie uns verordnet. Sie wissen, wir haben eine Föderalismuskommission gehabt. Diese bestand paritätisch aus Vertretern von Bund und Ländern. Wir haben gemeinsam, und zwar mit besonders intensiver Mitwirkung aus Schleswig-Holstein, daran gearbeitet, dass wir diese Schuldenbegrenzungsregelung neu bekommen.
Seit wir sie haben, Herr Habeck, wenden wir genau dieses Verfahren an, das wir jetzt im Ausführungsgesetz festgeschrieben haben. Seitdem haben wir das, ich möchte sagen, mindestens in einem Dutzend Sitzungen im Finanzausschuss erörtert. Wenn wir berichtet haben über Finanzplan, über Haushaltsplanaufstellung, über Steuerentwicklung und so weiter, haben wir immer wieder auch die Unterschiedlichkeit zu dem Verwaltungsvereinbarungsverfahren mit dem Bund dargestellt und niemals und zu keiner Zeit von Ihnen dazu Widerspruch erhalten. Im Gegenteil, Sie haben uns immer zuge
stimmt, dass unser Verfahren das bessere ist, das transparentere ist
und dass unser Verfahren - das haben wir sogar gestern noch einmal so miteinander erörtert - das einzige ist, mit dem man überhaupt eine Finanzplanung jedenfalls einigermaßen auf Sicht machen kann, weil uns der Bund ja immer höchstens für zwei Jahre im Voraus irgendwelche Prognosen zur BIP-Entwicklung darstellt. Ob diese dann nachher zutreffend sind, ist ja noch eine ganz andere Frage. Das haben wir in diesen Gesetzentwurf hineingeschrieben.
Ich habe gestern die finanzpolitischen Sprecher zu einem Gespräch eingeladen, um mit Ihnen, weil dies eine sehr komplexe Materie ist, noch einmal die Details dieses Gesetzes zu erörtern. Gestern wurde mir in der Sitzung angedeutet, dass Sie vielleicht eine andere Überlegung haben. Gestern habe ich das erfahren, und heute haben Sie Ihren Änderungsantrag auf den Tisch gelegt. Nicht wir haben unseren Kurs verändert, wie Sie hier der Öffentlichkeit weismachen wollen, sondern Sie haben umgesteuert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ob OECD, die Deutsche Bank oder Wirtschaftsforschungsinstitute; die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung, den Arbeitsmarkt und die Steuereinnahmen waren Anfang 2009 ausgesprochen düster. Es ist gut, wenn man sich bei einer sich langsam, aber stetig verbessernden Entwicklung noch einmal daran erinnert, wie die Situation vor drei Jahren gewesen ist und welche Entwicklungen etwas in die eine oder andere Richtung bewegt haben.
Die Bundesagentur für Arbeit hat damals 400.000 zusätzliche Arbeitslose im Jahr 2009 befürchtet. Kurz darauf stieg die Prognose auf über eine Million an zusätzlichen Arbeitslosen. Die Deutsche Bank und die OECD waren sich darin einig, dass wir Ende 2010 wieder fünf Millionen Arbeitslose haben würden. Wenn Sie sich erinnern: Die Steuerschätzer haben für Schleswig-Holstein Anfang des Jahres 2009 prognostiziert, in den nächsten fünf Jahren jährlich etwa 1 Milliarde € weniger an Steuereinnahmen zu haben. Wie wir heute wissen, haben die Institute einmal mehr ihre Prognosefähigkeit unter Beweis gestellt. Mit der tatsächlichen
Entwicklung hatte dies Gott sei Dank relativ wenig zu tun. Statt über fünf Millionen Arbeitslose haben wir die höchste Erwerbstätigkeit in Deutschland und die höchste Zahl an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Bundesrepublik, die wir je hatten.
In Schleswig-Holstein hatten wir Ende 2011 mit 98.700 Arbeitslosen den niedrigsten Stand seit 1992. Für diese vergleichsweise positive Entwicklung, das heißt im Vergleich zu anderen Staaten in Europa und der Welt, gibt es im Wesentlichen - natürlich neben anderen Gründen - drei Gründe: Erstens. Die Tarifpartner haben mit einer moderaten und verantwortungsvollen Lohnpolitik maßgeblich zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland beigetragen. Zweitens. Die Wirtschaft in unserem Land hat sich in der Krise sehr verantwortungsvoll gezeigt. Sie hat die Instrumente, die die Politik ihr angeboten hat, genutzt. Im Übrigen war die Struktur der deutschen Wirtschaft und insbesondere in Schleswig-Holstein ein besonderer Trumpf, denn unser starker Mittelstand zeigte sich sehr robust und war maßgeblich für die rasche Überwindung der Rezession des Jahres 2009 verantwortlich. Unternehmern und Arbeitnehmern gilt daher unserer besonderer Dank. Sie alle haben Deutschland mit ihrem Einsatz und mit ihrem Handeln auf Kurs gehalten, und das gilt auch für Schleswig-Holstein.
Der dritte wesentliche Grund für die vergleichsweise positive Entwicklung war das aktive Handeln der Politik. 2009 wurde ein für die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik beispielloses Konjunkturpaket geschnürt. Darin wurden bundesweit sinnvolle und äußerst wirksame Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 50 Milliarden € vereinbart. Es beinhaltete unter anderem eine Entlastung der privaten Haushalte, Kredit- und Bürgschaftsprogramme für die Wirtschaft, Qualifikationsoffensiven für die Arbeitnehmer und ein Zukunftsinvestitionsprogramm mit einem Umfang von 14 Milliarden € insgesamt. 10 Milliarden € entfielen dabei auf die Länder und die Kommunen.
Der Ihnen vorliegende Bericht beschreibt die entsprechenden Maßnahmen und ihre Wirkungen in Schleswig-Holstein. Auf uns entfielen von den 10 Milliarden € 323 Millionen € an Bundesmitteln. Zusammen mit den Mitteln des Landes, der Kommunen und anderer stand somit im öffentlichen Bereich ein Finanzierungsvolumen von fast 500 Mil
5920 Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 69. Sitzung - Donnerstag, 26. Januar 2012
lionen € zur Verfügung. Hinzurechnen muss man noch die privaten Investitionen, die in diesem Zusammenhang getätigt wurden. Land und Kommunen haben ihren Kofinanzierungsanteil darüber hinaus über das erwartete Volumen von 433 Millionen € ausgedehnt. Das ist eine hervorragende Leistung, für die ich an dieser Stelle insbesondere den Kommunen meinen Dank aussprechen möchte.
Das Ziel der Zukunftsinvestitionen war es in erster Linie, Umsatzrückgänge im privaten Sektor und dabei insbesondere die Auftragslage im Handwerk und im Baugewerbe auszugleichen und mittelständische Unternehmen zu stabilisieren. Das ist gelungen. Der größte Teil der Aufträge ist an Firmen aus Schleswig-Holstein gegangen. Arbeitsplätze konnten so gesichert und mögliche krisenbedingte Unternehmensinsolvenzen verhindert werden. So stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2009 gegenüber dem Boomjahr vor der Krise 2008 um lediglich 89.
Aber nicht nur die kurzfristigen Überlegungen für die Stabilisierung der Konjunktur standen im Fokus dieses Programms. Die Zukunftsinvestitionen sollten vor allen Dingen ihre Wirkung nachhaltig entfalten. Auch das ist gelungen. Durch den Ausbau der Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur wurden die Chancen auf eine bessere Bildungsqualität für unsere Kinder dauerhaft gestärkt. Investitionen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben den Forschungsund Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein gestärkt und geholfen, den entstandenen Rückstand aufzuholen. Durch zahlreiche Maßnahmen zur energetischen Sanierung werden die Energiekosten von Land, Kommunen und privaten Trägern dauerhaft gesenkt.
Im Bereich der frühkindlichen Betreuungsinfrastruktur wurden 349 Vorhaben mit 51,2 Millionen € gefördert, und es wurden 450 Vorhaben zur Verbesserung der Schulinfrastruktur durch 192 Millionen € gefördert. Hinzu kommen 86 Millionen € für Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Insgesamt ist dies angesichts der finanziellen Enge in den Haushalten auch für diese Aufgaben ein bedeutender Betrag. Insgesamt wurden 337 Millionen € zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur eingesetzt, 161 Millionen € für die Versorgungsund Verkehrsinfrastruktur.
Von den insgesamt 1.300 Maßnahmen, die durch dieses Programm gefördert wurden, haben alle Kreise und kreisfreien Städte anteilig profitiert, wobei geringe strukturpolitische Effekte gewünscht waren und auch erzielt wurden. Wir haben mit den genannten Investitionen nicht nur die Konjunktur
stimuliert. Konjunkturpakete und Zukunftsinvestitionen haben einen maßgeblichen Beitrag zur Überwindung der größten Wirtschaftskrise geleistet, die die freie Welt je erlebt hat. Gleichzeitig ist die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und damit unsere Zukunftsfähigkeit gestärkt worden. Politik hat in Zeiten der Krise ihre Handlungsfähigkeit unterstrichen und mit den richtigen Entscheidungen mögliche Fehlentwicklungen korrigiert. Deutschland ist gestärkt aus der Krise hervorgegangen, Schleswig-Holstein ebenfalls.
Im abgelaufenen Jahr haben wir auch deshalb rund 350 Millionen € Steuern mehr eingenommen als im Vorjahr. Diese Mehreinnahmen müssen wir jetzt nutzen, um die zusätzliche Verschuldung zurückzuführen, die zur Bewältigung der Krise geplant und eingesetzt wurde.
Das Zukunftsinvestitionsprogramm ist seinem Namen gerecht geworden. Es war die richtige Antwort der Politik auf die entscheidenden, aktuellen Zukunftsfragen. Kommunen und Träger von Einrichtungen haben die Maßnahmen angemessen - auch in angemessener Zeit - umgesetzt. Dieses Programm war ein Erfolg für Schleswig-Holstein und für Deutschland.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Man kann sich auch über wichtige Dinge streiten. Ich habe selbstverständlich - so wie zugesagt und wie es sich auch gehört; das war nicht immer so, aber Stilfragen haben ja doch eine besondere Note - unmittelbar, nachdem ich gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister und dem Vorsitzenden des Stabilitätsrats, Thomas Schäfer, die Vereinbarung über das Sanierungsprogramm unterschrieben habe, diese dem Finanzausschuss zugeleitet. Ich meinte, damit den notwendigen schriftlichen Bericht auch rechtzeitig vorgelegt zu haben.
Der Stabilitätsrat hat nach Vorlage der Stabilitätsberichte des Bundes und der 16 Länder Anfang des Jahres anhand von vier Kennziffern für vier Länder eine drohende Haushaltsnotlage festgestellt, auch für Schleswig-Holstein. Bei Schleswig-Holstein hat er insbesondere festgestellt, dass hier die vergangenheitsbezogenen Kennziffern, nämlich der Schuldenstand je Einwohner und das daraus folgende Verhältnis von zu hohen Zinsausgaben zu den Steuereinnahmen, die eigentlichen Probleme des Landes sind.
Im Jahr 2011 werden wir wieder nur neue Schulden aufnehmen müssen, um damit die Zinsen für die Altschulden zu bezahlen. Die Vergangenheit hat unser Land fest und unerbittlich im Griff.
Deshalb sind wir genauso wie die drei anderen Länder verpflichtet, ein Sanierungsprogramm vorzulegen, das wir im Oktober 2011 dem Stabilitätsrat zugeleitet haben. Die gegenwarts- und zukunftsbezogenen Kennziffern zeigen sich positiv. Das Fi
Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 67. Sitzung - Freitag, 16. Dezember 2011 5781
nanzdefizit wie auch die Kreditfinanzierungsquote liegen unterhalb der festgelegten Schwellenwerte. Deshalb ist der Ausblick des Stabilitätsrates hierzu positiv.
Und diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr und nicht von allein. Denn die Begrenzung der Ausgaben erfolgt nach einer klaren Struktur. Die im langfristigen Durchschnitt erzielbaren Steuereinnahmen, die Verwaltungseinnahmen, und die jährlich abnehmende maximal zulässige Neuverschuldung stellen für uns die absolute Ausgabengrenze dar. Das gibt - wenn ich an die Diskussion von gestern erinnern darf - auch Sicherheit, diese klare Finanzstruktur gibt Sicherheit auch in Jahren mit geringeren Einnahmen als im langfristigen Durchschnitt. Sie ist allerdings vor allem auch eine klare Ansage für Jahre mit überdurchschnittlich hohen Einnahmen, wie auch in diesem Jahr 2011. Überdurchschnittliche Einnahmen stehen nämlich nicht für Ausgaben zur Verfügung, sondern reduzieren die Verschuldung. Damit wird das Hauptproblem des schleswig-holsteinischen Haushalts angegangen: der zukünftige Zinsaufwand. Vor allen Dingen wird der Zinsaufwand aus künftigem Zinsrisiko reduziert.
Klar ist für uns, neue Aufgaben können nur aus ersparten Ausgaben finanziert werden. Dies zeigt die Finanzplanung sehr eindeutig auf. Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 haben wir das strukturelle Defizit im ersten von fünf Schritten von 1,3 Milliarden € auf 850 Millionen € abgesenkt. Das entspricht einer Reduzierung um 450 Millionen € innerhalb von nur zwei Jahren. Im Rahmen des Sanierungsprogramms führen wir diesen Kurs bis 2016 konsequent fort.
Auf der Ausgabeseite erfahren unsere Kommunen und das Land über die eigenen Anstrengungen hinaus ausnahmsweise auch einmal Entlastung durch den Bund. Der übernimmt ab 2014 vollständig die Lasten der Grundsicherung. Das bedeutet für die Kommunen Schleswig-Holsteins eine Entlastung um 120 Millionen € pro Jahr, für das Land Schleswig-Holstein, für den Landeshaushalt, jährlich eine Entlastung in Höhe von 35 Millionen €.
Ich denke, das ist eine deutliche Entlastung, die nicht aus eigener Kompetenz erwächst, sondern die durch die Neuverteilung von Aufgaben durch den Bund erfolgt.
Wir verbessern auch strukturelle Einnahmen auf der Einnahmeseite durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 Prozentpunkte ab Januar 2012.
Das Sanierungsprogramm zeigt ebenso wie der Finanzplan, dass sich Schleswig-Holstein auf einem guten Weg befindet. Wir gehen das Thema Konsolidierung konsequent an. Die geplante Kreditaufnahme für die Jahre 2013 bis 2015, also die nächste Periode der mittelfristigen Finanzplanung, liegt jeweils pro Jahr etwa 200 Millionen € unter der zulässigen Höchstgrenze, die der Stabilitätsplan festgestellt hat. Dies gibt uns auch bei konjunkturell schwankender oder wechselhafter Entwicklung die Sicherheit, dass wir uns innerhalb des vorgegebenen Rahmens bewegen.
Wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung verstetigt, wenn die Zinsentwicklung und die Finanzmärkte moderat bleiben, haben wir bei strikter Ausgabedisziplin eine gute Chance, früher als bisher geplant ohne neue Schulden einen Haushalt aufstellen und ausgleichen zu können. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir auch früher als geplant mit dem Abbau des Schuldenbergs beginnen können.
Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass der Stabilitätsrat die Konsolidierungsanstrengungen des Landes hervorhebt. So heißt es in der Bewertung des Evaluationsausschusses:
„Das Sanierungsprogramm Schleswig-Holsteins ist eine geeignete Grundlage für das Überwinden einer drohenden Haushaltsnotlage und das Erreichen eines ausgeglichenen Haushalts 2020.“
Bitte sehr.
- Herr Kollege Habeck, wir werden das strukturelle Defizit bis 2020 vollständig abbauen. Meine Aussage, die ich eben getätigt habe und in der wir völlige Übereinstimmung haben - ich hoffe, dass wir darüber auch in diesem Hause völlige Übereinstimmung haben -, ist, dass wir das tatsächliche Defizit bei anhaltender, stetiger wirtschaftlicher Entwicklung, wie sie derzeit ist, tatsächlich früher auf null reduzieren können und deshalb auch früher damit beginnen können, den Schuldenberg zu reduzieren. Das strukturelle Defizit, das wir davon unterscheiden müssen, werden wir wahrscheinlich erst 2020 abgebaut haben. Das ist der kleine, aber feine bescheidene Unterschied.
Der Stabilitätsrat begrüßt die im Sanierungsprogramm vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen ausdrücklich und empfiehlt, diese konsequent umzusetzen. Das können Sie alles nachlesen; die Formulierungen sprechen für sich und sind Beleg für die erfolgreiche Arbeit der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen.
Im Sanierungsprogramm wird aber nicht nur deutlich, dass wir die Vorgaben zum Defizitabbau einhalten, sondern auch, dass es kein blindes Sparen an allen Ecken und Kanten geben kann. Die voraussichtliche Einnahmeentwicklung in diesem Jahr macht deutlich, dass eine stetige wirtschaftliche Entwicklung die eigentliche Voraussetzung für ausgeglichene Haushalte ist.
Deshalb sage ich noch einmal als Konsequenz daraus ganz deutlich: Keine neue Steuer, keine realisierbare Steuererhöhung, auch keine Ausgabekürzung welcher Art auch immer kann die Einnahmeentwicklung ersetzen, die wir durch stetiges wirtschaftliches Wachstum erzielen. Dies zu stärken ist unsere erste Herausforderung.
Deshalb geht es natürlich zuerst um Ausgabedisziplin - überhaupt keine Frage -, aber neben konsequenter Ausgabedisziplin geht es vorrangig um den Ausbau der wirtschaftlichen Infrastruktur, um notwendige Verkehrswege, um schnelle Datennetze und um sichere und bezahlbare Stromversorgung. Zugleich gilt es, Forschung und Entwicklung im Land zu stärken und die Bildungschancen unserer Kinder durch mehr Qualität im Bildungssystem zu verbessern, damit sie im weltweiten Wettbewerb um die besten Jobs mithalten können. Und wir müs
sen den jungen Familien ermöglichen, ihre familiären Pflichten und ihre beruflichen Aufgaben besser miteinander vereinbaren zu können. Das sind unsere vorrangigen Aufgaben für die Zukunft.
Ich will das kurz an drei, vier Beispielen aufzeigen. Noch nie flossen so viele Mittel wie in den letzten Jahren in den Ausbau unserer Infrastruktur - ob Verkehrswege, Breitband, Straßenbau, Schienenwege, Wasserwege. Noch nie wurde so viel Geld für Kindertagesbetreuung ausgegeben wie in diesen Jahren: fast 700 Millionen € allein im Finanzplanungszeitraum bis 2015. Ganz nebenbei schließen wir trotz Personaleinsparung und Stellenreduzierung die strategische Lücke bei der Polizei, die viele Jahre vor sich hergeschoben wurde. Die Unterrichtsversorgung - darüber haben wir gestern diskutiert - ist auf einem sehr hohem Niveau, wenn man dies einmal mit der Entwicklung in den letzten 20 Jahren vergleicht. An der Qualität von Bildung werden wir ständig arbeiten müssen.
Das alles legen wir Ihnen im Finanzplan und im Sanierungsprogramm transparent und schonungslos dar. Jeder kann das nachlesen. Nur durch Konsequenz und Transparenz werden wir unseren Teil dazu beitragen, das Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit zu stärken. Das war nicht immer so. Der Rückblick auf die Vergangenheit zeigt das ebenso wie ein Ausblick auf ungedeckte Ausgabeversprechungen im vor uns liegenden Wahlkampf.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der Fraktion der SPD, der hier heute von Herrn Stegner eingebracht wurde, versucht offensichtlich ein Problem zu lösen, ohne es zu benennen. Denn an keiner Stelle dieses Antrages wird auch nur im Ansatz auf das eigentliche Problem, auf die Ursache dieser Finanzkrise, eingegangen. Deshalb will ich sie hier noch einmal hinzufügen.
Die derzeitige Finanzkrise ist eine Staatsschuldenkrise. Sie ist die Folge einer jahrzehntelangen Schuldenpolitik. Herr Stegner, dafür sind zunächst einmal nicht die Banken und auch nicht die Finanzinvestoren verantwortlich,
- man merkt ja, wie aufgeregt Sie an dieser Stelle sind -, sondern diejenigen sind dafür verantwortlich, die über Jahrzehnte hinweg in ihren staatlichen Haushalten regelmäßig mehr ausgegeben als eingenommen haben. Zu einem großen Teil haben sie dann auch noch - das holt sie jetzt wieder ein staatliches Vermögen veräußert, um dies auch noch aufzubringen. Das ist die eigentliche Ursache. Ohne diese jedes Jahr wieder neu umzuwälzenden großen staatlichen Schulden gäbe es diese Finanzmärkte überhaupt nicht, dann gäbe es nur Finanzmärkte, denen nur tatsächliche Werte gegenüberstünden, nämlich die, die in der Wirtschaft benötigt werden.
- Herr Stegner, dass Sie das nicht verstehen! Man ist versucht zu hinterfragen, was eigentlich der Unterschied zwischen den gefälschten Haushaltsdaten ist, mit denen Griechenland den Weg in die EuroZone eröffnet wurde, und den von Ihnen hier vorgelegten Haushaltsdaten, als Sie Finanzminister waren.
Der Unterschied ist ganz eindeutig zu erklären: Die griechische politische Führung hat es verstanden. Das ist der Unterschied. Sie sind noch weit davon entfernt.
Es wird beklagt, dass immer noch kein umfassendes Finanzgesamtkonzept vorliegt. Ja, in der Tat, es gibt keine einheitliche Wirtschaftspolitik. Ja, es gibt keine einheitliche Sozialpolitik, und ja, es gibt auch keine einheitliche Finanzpolitik. Ich wüsste auch gar nicht - wenn ich sehe, wie wir uns über diese einzelnen Facetten dieser Politikbereiche im Landtag von Schleswig-Holstein schon auseinandersetzen -, wie es gelingen sollte, dies zu erreichen.
Was es jetzt gibt, ist ein Weg zu einer Fiskalunion, der bedeutet, dass es eine gemeinsame Verantwortung der Länder in Europa, in der Europäischen Union, gibt. Es gibt eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass mittelfristig die öffentlichen, die staatlichen Haushalte in ihren Einnahmen und Aus
gaben ausgeglichen sind und nicht mehr auf Kosten noch nicht geborener Generationen heutiges Leben organisiert wird. Das ist die Verabredung auf dem Weg zu einer Fiskalunion, die jetzt von 26 Ländern unterstützt wird. Deshalb weiß ich auch gar nicht, weshalb von einer Zersplitterung die Rede ist. Großbritannien hat sich schon häufiger einmal auch in anderen Fragen „vom Acker gemacht“.
Die Fragen, die Sie hier angesprochen haben, sind teilweise zweifellos geeignet, dazu auch einen Beitrag zu leisten, Herr Stegner. Das ist überhaupt keine Frage. Wenn wir uns allein in diesem Raum umsehen, wird deutlich, wofür wir alles technische und sonstige Prüfungen festgelegt haben. Jede Steckdose ist mehrfach mit Zertifikaten belegt, damit sie keinen Schaden anrichtet. Aber Finanzmarktprodukte sind immer noch - obwohl sie meist viel größere Schäden anrichten können - ungeprüft. Deshalb ist es sicherlich sinnvoll und richtig, diesen Weg zu gehen.
Ich sage Ihnen aber, wenn Sie jetzt das Primat der Politik einfordern, dass wir doch hoffentlich nicht zu den Primaten der Politik zurück wollen, die es schon gegeben hat. Es war doch Primat der Politik, Leerverkäufe zuzulassen. Es war doch Primat der Politik, Hedgefonds zuzulassen.
Es war doch Primat der Politik, Griechenland in die Reihe der Euroländer aufzunehmen - und das alles von derselben Regierung, die es damals gegeben hat. Dies heute zu beklagen, ist wirklich ein Problem.
Deshalb sage ich noch einmal: Wenn SchleswigHolstein jedes Jahr 4 Milliarden € braucht, um die fällig werdenden alten Schulden wieder durch neue zu ersetzen, wenn dasselbe für Deutschland in der Größenordnung von 400 Milliarden € gilt, für Frankreich in Höhe von 370 Milliarden € und für Italien in Höhe von 350 Milliarden €, dann muss man sich nicht wundern, dass es Märkte gibt, auf denen damit gehandelt wird. Deshalb gilt es zunächst einmal, eine ganz klare Ansage zu machen, dass man bereit ist, das Wachsen dieser Märkte dadurch zu beenden, dass man künftig nicht mehr endlos neue Schulden auf die alten draufpackt, sondern dass man damit beginnt, gezielt und geordnet in dem Maße, in dem dieser Schuldenberg nicht für die jeweiligen Beteiligten finanzierbar ist, dafür zu sorgen, dass er reduziert wird und auf ein erträgli
ches Maß zurückgeführt wird. Das sind die Ziele, auf die wir uns gemeinsam verständigen sollten.
Deutschland - ich will sogar noch weiter gehen -, auch das kleine Schleswig-Holstein, das an Deutschland nur einen Anteil von etwas mehr als 3 % hat, jeder, kann in seinem Verantwortungsbereich das Notwendige tun und den notwendigen Beitrag dazu leisten, um Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Dazu einen Beitrag zu leisten, das ist alle Mühe wert.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Zu den voraussichtlichen neuen Eigenkapitalvorschriften von Basel III hat der Schleswig-Holsteinische Sparkassen- und Giroverband Probeberechnungen durchgeführt. Bei den derzeitigen Bilanzstrukturen der schleswig-holsteinischen Sparkassen würden demnach drei der 14 Sparkassen die künftigen Eigenkapitalanforderungen, Kernkapitalquote und Gesamtkapitalquote, noch nicht erfüllen. Drei von 14. Diese Institute müssen also ebenso wie manche anderen Kreditinstitute - Anpassungsmaßnahmen vornehmen.
Unabhängig davon sinkt künftig die regulatorische Anerkennung bestimmter Kapitalbestandteile, unter anderem eben der stillen Einlagen. Aus diesem Grund besteht bei sechs Sparkassen Handlungsbedarf. Diese sechs Institute müssen - so der Sparkassen- und Giroverband - jährlich einen wesentlichen Teil des Jahresergebnisses den Rücklagen zuführen oder andere geschäftspolitische Maßnahmen ergreifen, um den Status quo zu erreichen und die Bedingungen zu erfüllen. Die Restriktionen durch die Rücklagenzuführung werden danach geschäftspolitisch wohl die bedeutendste Rolle in den nächsten Jahren spielen.
Als weitere Kennzahl soll durch Basel III eine Verschuldungsquote eingeführt werden. Dazu führt
der Sparkassen- und Giroverband aus, dass diese Kennzahlen durch die schleswig-holsteinischen Sparkassen gut erfüllt werden können. Lediglich eine Sparkasse sei relativ dicht an der geforderten Grenze und werde daher geschäftspolitische Maßnahmen einleiten müssen.
Zu beachten ist, dass künftig Kommunalkredite in voller Höhe in die Verschuldungsquote einzurechnen sind. Dieses ebenso sparkassentypische wie margenarme Geschäftsfeld wird damit für alle Banken und Sparkassen nicht gerade attraktiver werden.
Schließlich geht der Verband auch auf die neuen Liquiditätsanforderungen unter Basel III ein. Die Liquiditätskennziffern würden derzeit von elf Sparkassen nicht erfüllt. Um dies langfristig ändern können, würden die Sparkassen zusätzlich unter Ertragsdruck gesetzt. Davon könnte die Fristentransformation betroffen sein, also die Deckung mittel- bis langfristiger Kredite durch kurzfristige Einlagen. Die Sparkassen werden voraussichtlich diese Fristentransformation einschränken und Umschichtungen im Anlagebestand vornehmen müssen.
Das ist die reale Welt nach Basel III, so wie sie derzeit vom Sparkassen- und Giroverband auf der Grundlage der derzeitigen Geschäftssituation der Sparkassen eingeschätzt wird.
In der zweiten Frage will der Antragsteller wissen, ob die Landesregierung die Bedenken des Sparkassen- und Giroverbandes teile. Dazu können wir kurz und knapp sagen: Die Landesregierung geht selbstverständlich davon aus, dass der Sparkassenund Giroverband eine sachgerechte Prognose nach dem heutigen Kenntnisstand für die Mitgliedssparkassen abgegeben hat. Insofern teilen wir auch manche Sorge, die hier zum Ausdruck kommt, in Bezug darauf, einige dieser Bedingungen in Zukunft erfüllen zu können.
Frage drei: Wird sich die Landesregierung im Sinne der Sparkassen für eine Nachbesserung und Konkretisierung einsetzen? - Die ist ebenfalls klar zu beantworten. Wie bisher ist die Landesregierung davon überzeugt, dass das deutsche Drei-SäulenSystem in der Kreditwirtschaft sich bewährt hat. Die drei Säulen aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und privaten Geschäftsbanken zeichnet sich in Bezug auf Größe, Geschäftsmodelle und Risikopotenzial durch sehr heterogene Kreditinstitute aus.
Es wäre außerordentlich wünschenswert, wenn Basel III per Richtlinie ins europäische und letztlich nationale Recht umgesetzt würde und eben nicht
durch EU-Verordnung, wie das derzeit die Kommission anstrebt.
Deshalb hat sich die Landesregierung bereits auch wiederholt für Änderungen bei der Umsetzung des derzeitigen Entwicklungsstands von Basel III ausgesprochen, zum Beispiel in Länderarbeitskreisen, zum Beispiel gegenüber der Bundesregierung, zum Beispiel durch Wirtschaftsminister Jost de Jager als Vorsitzenden der Wirtschaftsministerkonferenz, und zum Beispiel im September durch den Beschluss eines umfangreichen Änderungsantrags im Bundesrat.
Die Landesregierung weiß um die Bedeutung der Sparkassen auch oder insbesondere als Finanzierer des Mittelstands und der privaten Haushalte. Deshalb sind wir hier auch bereits in der Vergangenheit aktiv geworden, und deshalb haben wir dieses Thema fest im Blick. Um auch das sehr deutlich zu sagen, damit das nicht aus den Augen verloren wird, dass wir auch eine andere Sicht der Dinge auf diese Fragen fokussieren müssen: Eine stärkere und zielsichere Regulierung des Bankensektors ist zweifellos notwendig. Das haben beide Finanzmarktkrisen der letzten Jahre deutlich gezeigt. Die Regulierung muss dabei aber so erfolgen, dass wir auf die tatsächlichen, die reale Wirtschaft beeinträchtigenden Risiken der Finanzmärkte, angemessen reagieren und dabei genau und vor allem die realwirtschaftlichen Bezüge berücksichtigen - nicht nur, aber auch durch Basel III.
Lassen Sie mich abschließend noch kurz zur ergänzenden Frage zu den Presseberichten Stellung nehmen, nach denen das Bundeskartellamt möglicherweise eine Beteiligung der HASPA Finanzholding am Stammkapital der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg nicht genehmigen wird. Der Sparkassen- und Giroverband hat in einer ersten Stellungnahme bereits eine solche Möglichkeit und vor allen Dingen deren Konsequenzen bedauert. - Das ist auch eine wichtige Nachricht in dem Zusammenhang, die man vor geraumer Zeit so noch nicht erwartet hätte.
Zurzeit liegt einzig der Entwurf einer Stellungnahme der Vierten Beschlussabteilung des Kartellamts vor, zu dem auch die Landesregierung zu einer Stellungnahme aufgefordert worden ist. Das Spar
kassengesetz ist bekanntlich kein Einzelfallgesetz, es regelt also nicht die Kapitalmaßnahme für die Sparkasse Herzogtum Lauenburg und die HASPA, sondern es regelt das für alle öffentlich-rechtlichen Institute in Schleswig-Holstein. Ohne auf einzelne Sparkassen einzugehen, kann ich sagen: Sie haben gehört, wie viele Institute möglicherweise durch Basel III bei ihrer Eigenmittelausstattung dem Verband zufolge noch Bedarf haben, hier und da durch geeignete Maßnahmen nachzusteuern. Das Sparkassengesetz bietet hierfür eine ausgezeichnete Grundlage.
Es wäre schlicht unvernünftig, wenn diese generelle Option - selbst wenn sie in bestimmten Einzelfällen aus ganz anderen Gründen nicht anwendbar wäre, beispielsweise weil sich die privaten Geschäftsbanken aus diesen Regionen völlig zurückgezogen haben; was die Grundlage und Ursache dafür ist - in einem solchen Einzelfall auch kritisch gewürdigt würde. Eine gute Eigenkapitalausstattung ist für alle Kreditinstitute essenziell, erst recht durch Basel III. Kluge Optionen werden dabei helfen, und das neue Sparkassengesetz ist auch nach Auffassung des Sparkassen- und Giroverbandes eine kluge Option.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte schon immer sehr großen Respekt vor der Kommunalpolitik und den Kommunalpolitikern. Insofern glaube ich, dass die Entscheidung, die der Kreistagsabgeordneter Eichstädt richtigerweise und gut getroffen hat, sich qualitativ deutlich von dem abhebt, was der Landtagsabgeordnete Eichstädt hierzu gesagt hat.
Man ist ohnehin manchmal einigermaßen überrascht wenn man feststellt, was aus einem guten Bericht gemacht werden kann. Herr Fürter redet über Basel, ohne zu wissen, wo das liegt und was das ist.
Herr Rother, Ihr letzter Satz hat mich ein bisschen vom Hocker gehauen. Sie sprachen davon, Basel III zu verhindern. Mit Verlaub, ich kann mich daran erinnern, dass wir hier ein paar Jahre lang darüber diskutiert haben, dass Basel II die Ankündigung des Weltuntergangs für die deutsche Wirtschaft und insbesondere für die schleswig-holsteinische Wirtschaft sei. Ich kann nur sagen, dass wir froh sein können, dass wir Basel II in Deutschland und in Europa nicht abgewendet haben. Was wäre in den letzten beiden Finanzkrisen wohl passiert, wenn wir Basel II nicht gehabt hätten?
Ich glaube, das, was ich in dem Bericht, der von Klaus Schlie erarbeitet worden ist, als Positionsund Problembeschreibung des Sparkassen- und Giroverbandes von Schleswig-Holstein dargelegt habe, hat sehr deutlich gemacht, dass die Regelungen, wenn sie so in Kraft treten, wie sie derzeit diskutiert werden, sich sehr wohl differenziert auf die schleswig-holsteinischen Sparkassen auswirken. Deshalb geht es auch nicht darum, Basel III zu verhindern, sondern im Gegenteil. Es geht nur darum, den Versuch zu machen, logisch zu differenzieren, beispielsweise zu differenzieren, ob nun alle Regeln gleichermaßen gelten - sowohl für die Deutsche Bank in Frankfurt als auch für die Sparkasse in Hohenwestedt, deren Geschäftsstelle wahrscheinlich von der Größe und Ausdehnung her in das Büro des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank passen wird. Die Frage ist, ob das Regelwerk für beide gleich sein muss oder ob man hier nicht differenzieren muss.
Zweitens ist eigentlich keine Frage, ob man differenzieren muss, sondern man muss differenzieren zwischen solchen Finanzgeschäften, die keinen Bezug zu realwirtschaftlichen Gegenwerten haben und solchen Geschäften, die eben einen solchen Bezug zu realwirtschaftlichen Gegenwerten haben, die dann ihrerseits mit Finanzgeschäften belegt sind. Das sind die Fragen, über die wir mit großer Sorgfalt diskutieren müssen, nicht darüber, ob wir Basel II oder Basel III verhindern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wundere mich schon, mit wie viel Schaum vorm Mund hier kraftvoll Gesetzentwürfe bekämpft werden, die noch gar nicht auf dem Tisch liegen und die Sachverhalte regeln, die weder in diesem noch im nächsten Jahr, sondern erst im übernächsten und überübernächsten Jahr in Kraft treten.
Aber man kann ja schon einmal kräftig Schaum herauslassen. Der wird allerdings immer weniger, je näher man die Sachverhalte betrachtet.
Nun hat die Kollegin Heinold gesagt, es sei unsere Aufgabe, Schaden vom Land abzuwenden. Ich will Ihnen nur kurz sagen, dass wir seit sechseinhalb Jahren sehr viel Schaden dadurch von diesem Land abgewendet haben, dass Sie nicht mehr in der Regierung sind. Sie können sich darauf verlassen: Das hat ganz erheblich gewirkt.
Herr Kollege Habeck, Sie haben mich mit den Worten zitiert, wir müssten endlich mit diesem Unsinn aufhören. Ich meine, ich habe sogar „Wahnsinn“ gesagt. Aber ich habe das auf die charakterlose Schuldenpolitik bezogen, die in den letzten 20 Jahren hier in Schleswig-Holstein gemacht worden ist. Diese ist im Wesentlichen von Ihnen zu verantworten.
Wir werden in diesem und im nächsten Jahr wahrscheinlich rund 800 Millionen € mehr einnehmen als noch vor einem Jahr geschätzt. Wir werden in der Zeit der mittelfristigen Finanzplanung bis 2015 gegenüber der Mai-Schätzung etwa 900 Millionen € mehr einnehmen. In diesem Jahr sind es gut 2 Milliarden € mehr, als wir im Jahr 2005 an eigenen Steuereinnahmen hatten. Es sind übrigens auch 2 Milliarden € mehr, als Schleswig-Holstein im Jahr 1996 hatte.
Ich will damit sagen, dass Sie es in den zehn Jahren, in denen Sie hier regiert haben, nicht geschafft haben, das eigene Steueraufkommen SchleswigHolsteins überhaupt zu erhöhen. Zehn Jahre lang keine Weiterentwicklung! Und jetzt stellen Sie sich hier hin und verlangen von uns Aufkommensneutralität, und das bei über 2 Milliarden € höherem Steueraufkommen und in diesem Jahr dem wahrscheinlich höchsten Steueraufkommen, das das Land je gesehen hat, das wir nicht vermutet haben
und wofür wir uns alle herzlich bei jenen bedanken, die das erwirtschaftet haben und erwirtschaften werden, nämlich bei den Unternehmen und Arbeitnehmern. Sie haben in der Zeit, in der Sie hier regiert haben, für nichts Aufkommensneutralität dargestellt.
Deshalb, meine Damen und Herren, sage ich noch einmal: Wenn wir jetzt aufzeigen würden, wir hätten nicht 900 Millionen €, sondern 850 Millionen € Steuermehreinnahmen, dann wäre die Nachricht noch genauso gut wie jetzt; denn es wäre immer noch ein deutliches Mehr.
Der Grundfreibetrag sichert das Existenzminimum und wird aus Mehraufkommen finanziert. Nur der zarte Einstieg in die Abflachung der kalten Progression, die übrigens von allen Parteien und sehr lautstark und insbesondere von den Grünen verlangt wird, ist die einzige steuerermäßigende Maßnahme, die sich bereits in dem Augenblick, in dem sie in Kraft tritt, selbst finanziert hat, weil sie sich aus dem inflationsbedingten Zuwachs selbst finanziert.
Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. Ich möchte lieber auf die vielen Vorhalte eingehen, die hier von den Rednern in der Zwischenzeit gemacht worden sind.
Hier wird immer dargestellt, dass diejenigen, die wenig verdienen und wenig Steuern zahlen, wenig Entlastung bekommen. Sie reden permanent den Steuererhöhungen bei den hohen Steuersätzen das Wort. Meine Damen und Herren, nehmen Sie zur Kenntnis: Die oberen 10 % der Einkommensteuerzahler tragen 50 % zum Steueraufkommen bei, die oberen 20 % tragen 70 % zum Steueraufkommen bei. Ich glaube schon, dass dies eine Umverteilung ist, die gerecht ist und die auch angemessen ist, die aber von Zeit zu Zeit auch einer Nachbesserung bedarf. Deshalb, glaube ich, sind diese beiden Maßnahmen richtig und besonders wichtig. Und wenn der Bund von den etwa 6 Milliarden € - wir wissen es ja noch nicht genau; das muss der Gesetzentwurf erst ergeben - 4 Milliarden € trägt, so ist das eine ordentliche und gerechte Verteilung der Mittel.
Ich will noch einen Satz zu den, wie ich finde, diffamierenden Begriffen wie „Fernhalteprämie“ und „Herdprämie“ sagen.
Sie werden sich erinnern, Herr Stegner: Als wir die Regierung der Großen Koalition begonnen haben, gab es in Schleswig-Holstein praktisch keine Betreuung für Kinder unter drei Jahren. Es gab null. Den Landeszuschuss zu den Betriebskosten in der Kinderbetreuung für die über Dreijährigen hatten Sie seit Jahren gedeckelt und nicht an die tatsächliche Entwicklung angepasst.
Wir werden in diesem Jahr bei den Betreuungsplätzen für unter Dreijährige einen Deckungsgrad haben, der bei etwa 25 % liegt. Das ist dem Ziel noch nicht ganz angemessen, aber wir werden im Jahr 2013 im Land Schleswig-Holstein im Durchschnitt eine Deckung von etwa 35 % erreicht haben. Das heißt allerdings - 100 minus 35 -, dass trotz dieses erheblichen Einsatzes von Land, Bund, Kommunen und auch der betroffenen Eltern zwei Drittel aller Familien ihre Kinder allein - zu Hause, selbst, in eigener Verantwortung, ohne Rückgriff auf das öffentliche System - betreuen. Diese zwei Drittel in dieser Art und Weise zu diffamieren, wie Sie das machen, ist wirklich unerträglich.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Demografische Entwicklung, wachsende Verkehrsströme, sichere und bezahlbare Energieversorgung, ein härterer Wettbewerb um die klügsten Köpfe, wachsender Wettbewerb der Wirtschaftsregionen, neue Lebensmodelle der Bürgerinnen und Bürger und zudem eine Haushaltslage, bei der große Teile der verfügbaren Einnahmen zur Bewältigung der Vergangenheit aufgewendet werden müssen und für die Zukunft zumindest auf lange Sicht nicht zur Verfügung stehen, das, meine Damen und Herren, sind die Herausforderungen, vor denen unserer Land in den nächsten Jahrzehnten steht.
Der Finanzplan 2011 bis 2015 und vor allen Dingen seine Fortschreibung für die nächsten zehn Jahre zeigen, in welchem finanziellen Korridor diese Aufgaben erfüllt werden können, um den Wohlstand in Schleswig-Holstein zu sichern, wenn der begonnene Konsolidierungskurs zielstrebig fortgesetzt wird.
Das finanzpolitische Leitmotiv der Landesregierung bleibt weiterhin unumstößlich: Niemand hat das Recht - keine Regierung und kein Parlament -, heute noch nicht geborene Generationen mit Schulden zu belasten, um sich selbst jetzt ein angenehmeres Leben gestalten zu können, indem man die Erfüllung von Aufgaben von heute einfach mit Schuldverschreibungen bezahlt.
Dieses Leitmotiv wurde in den vergangenen Wochen und Monaten täglich durch die aktuelle internationale Finanzentwicklung bestätigt. Man mag es bedauern, aber nicht die desaströse Finanzentwicklung in den vergangenen 20 Jahren in einigen deutschen Ländern - nach Berlin, Bremen und dem Saarland gehört auch Schleswig-Holstein dazu - hat den Menschen die Augen geöffnet, was übermäßige Staatsverschuldung anrichtet. Offensichtlich erst die absehbare Zahlungsunfähigkeit von Griechenland hat einem großen Teil der Menschen in Deutschland sichtbar vorgeführt, was übermäßige Staatsverschuldung bewirkt. Bei manchen Politikern steht das Öffnen der Augen aber noch aus.
- Ich höre gerade einen Zwischenruf, der auf bemerkenswerte Weise deutlich macht, dass manche Zusammenhänge noch nicht verstanden worden sind.
Das alles hat viel mit Offenheit und Transparenz des politischen Handelns der Verantwortlichen zu tun. Das hat auch zu tun mit der wahrheitsgemäßen Erläuterung der Lage und der Entwicklungen, die zu dieser Lage geführt haben. Das hat auch viel zu tun mit der Klarheit und Wahrheit über die Folgen von Entscheidungen und auch über die Folgen unterlassener Entscheidungen.
Ich erinnere mich noch an manche Debatten in diesem Haus aus den Jahren 2004 und 2005, in denen noch regierungsseitig erklärt wurde, SchleswigHolstein habe nur ein vorübergehendes Einnahmeproblem. Von einem strukturellen Defizit war manchem Regierenden offensichtlich noch nichts bekannt.
Deshalb warne ich davor, heute schon wieder den Menschen Sand in die Augen zu streuen mit der Behauptung, die Finanzmärkte, die Banken, die Finanzhändler und die Anleger seien schuld an den Problemen von Staaten und Ländern. In jedem Fall waren es also andere, aber nicht die politisch Verantwortlichen.
Dazu sage ich sehr deutlich, dass das Quatsch ist. Für manche Zeitgenossen wird es also wirklich Zeit zu erkennen, dass die charakterlose Schuldenmacherei auf Kosten ungeborener Generationen der alleinige Verursacher dieses Problems ist. Ohne die gewaltige öffentliche Nachfrage nach Krediten gäbe es diesen gewaltigen Finanzmarkt überhaupt nicht.
Meine Damen und Herren, deshalb - ich komme zurück zu unserem Leitmotiv - werden wir das strukturelle Defizit konsequent abbauen und schnellstmöglich - ich sage deutlich, dass ich glaube, dass dies vor 2020 möglich sein muss - mit dem Abbau der Altschulden beginnen.
Der vorliegende Finanzplan gibt Ihnen wie sein Vorgänger aus 2010 eine vollständige Transparenz über die Entwicklung der wesentlichen Einnahmeund Ausgabegrößen, 20 Jahre rückwärts und 10 Jahre vorwärts, bei den wesentlichen Positionen auch mit unterschiedlichen Szenarien unterlegt. Nachdem beim Haushalt und beim Landesvermögen lange Zeit in Schleswig-Holstein getrickst wurde, haben wir die Schattenhaushalte beseitigt und die notwendige Haushaltstransparenz hergestellt.
Damit hat jeder Mann, jede Frau, jede Partei und jede Fraktion einen umfassenden Blick auf die aus
heutiger Sicht für die anstehenden Aufgaben zur Verfügung stehenden Einnahmen und die erkennbar feststehenden Ausgaben. Und jeder ist aufgefordert, seine Sicht der Dinge danebenzustellen.
Die wahrscheinlich schwerwiegendste Erkenntnis der vorliegenden Finanzplanung ist, dass der für die Haushaltsplanung zur Verfügung stehende Einnahmezuwachs im Jahr 2020 gegenüber 2010 von etwa 2,4 Milliarden € vollständig von den Lasten der Vergangenheit aufgezehrt wird: 1,2 Milliarden € für die Rückführung des strukturellen Defizits und jeweils etwa 600 Millionen € für wachsende Zinsausgaben, für alte Schulden und für steigende Pensionsleistungen für ehemalige Beamte, für die in deren aktiver Zeit keine Vorsorge getroffen wurde. Dies macht deutlich: Vergangenheit frisst Zukunft.
Das ist die bittere Erkenntnis aus der Schuldenpolitik in unserem Land, die ergänzt wurde um den vollständigen Verzehr des Landesvermögens und vor allem die desaströse Vernachlässigung des Ausbaus unserer Infrastruktur in nahezu allen Lebensbereichen.
Nun endet Politik nicht damit, dass man feststellt: Die früher Regierenden haben die Zukunft verbaut. Aber klar ist danach: Alle neuen Aufgaben müssen aus der Umschichtung im Haushalt und aus Verzicht auf bisherige Ausgaben bewältigt werden. Sonst geht die Rechnung schlicht nicht auf.
Die Aufgaben liegen alle offen vor uns. Wir müssen insbesondere unsere wirtschaftliche Infrastruktur ausbauen, um wieder Anschluss an die wirtschaftliche Entwicklung in anderen Ländern zu finden. Dazu gehören die wichtigen Verkehrsadern ebenso wie schnelle und sichere Daten- und Stromnetze. Damit schaffen wir die Rahmenbedingungen, um Beschäftigung in der Wirtschaft zu fördern und wirtschaftliches Wachstum zu stimulieren.
Zugleich gilt es, Forschung und Entwicklung in unserem Land zu stärken, die Bildungschancen unserer Kinder stetig zu verbessern, damit sie im weltweiten Wettbewerb um die besten Jobs mithalten können. Wir müssen den jungen Familien ermöglichen, ihre familiären und beruflichen Pflichten miteinander zu vereinbaren. Auch hier geht es schlicht um das Bereitstellen einer öffentlichen Infrastruktur, die die Voraussetzung dafür ist.
Es wird Zeit, meine Damen und Herren, dass wir uns zunehmend intensiver mit drei schwerwiegenden Zukunftsfragen beschäftigen.
Erstens. Die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter wird in den nächsten 15 Jahren um fast 100.000 sinken. Wer erwirtschaftet also künftig unser Inlandsprodukt, von dem wir sogar noch eine stetige Steigerung erwarten?
Zweitens. Die Zahl der Menschen im bildungsrelevanten Alter sinkt in den nächsten 15 Jahren weiter um etwa 110.000 Menschen. Wie organisieren wir also künftig Schule und Hochschule in unserem Land, in dem es ja unterschiedliche Strukturen zwischen Nord und Süd, Ost und West gibt? Woher kommen die Leistungsträger, die schließlich erwirtschaften sollen, was wir ihnen an Lasten hinterlassen haben?
Und drittens. Die Zahl der Menschen im Rentenalter steigt als einzige Altersgruppe im selben Zeitraum um 130.000 Menschen. Wie stellen wir uns also darauf ein im täglichen Lebensumfeld bei Wohnraum, Städtebau, bei den sozialen Diensten und Leistungen?
Meine Damen und Herren, aus all diesen Gründen heißt Haushalt konsolidieren für uns nicht, plump nur sparen an allen Ecken und Kanten, und heißt auch nicht, noch plumper Steuern erhöhen ohne Sinn und Verstand. Keine neue Steuer und auch keine Steuererhöhung kann die Einnahmesteigerung ersetzen, die wir durch stetiges wirtschaftliches Wachstum erzielen.
Allein in diesem Jahr werden wir aufgrund der konjunkturellen Entwicklung etwa 500 Millionen bis 600 Millionen € mehr einnehmen als im Vorjahr und mehr einnehmen, als wir geplant haben. Das ist weder allein durch Ausgabekürzung noch allein durch Steuererhöhung möglich zu erwirtschaften.
Deshalb heißt unser Weg: Schluss mit der Schuldenpolitik, konsequenter Abbau des strukturellen Defizits, Stärkung unserer zukünftigen Wirtschaftskraft, Infrastruktur ausbauen, Forschung und Entwicklung stärken, Bildungschancen unserer Kinder verbessern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Das sind die Aufgaben, die vor uns liegen, und wir zeigen den Weg, sie zu lösen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einen ergänzenden Hinweis. Herr Schippels war in seinem Beitrag der Meinung, wir sollten in jedem Jahr jeweils an die Grenze der zulässigen Neuverschuldung gehen, um damit weitere konsumtive Ausgaben zu finanzieren.
Wir werden am Jahresende vermutlich wieder einmal nur deshalb neue Schulden machen müssen, weil wir davon Zinsen für alte Schulden zahlen müssen - wieder einmal.
Ohne Zinsen für alte Schulden würden wir in diesem Jahr wahrscheinlich wieder einen Überschuss ausweisen.
- Jetzt stellen Sie wieder die Frage nach der Verantwortung. - Damit könnte man viele, viele schöne Dinge machen. Wir haben es in den vergangenen 20 Jahren erlebt, jedes Jahr an die Höchstgrenze dessen zu gehen, was zulässig ist, und zum selben Zweck zusätzlich auch noch die Veräußerung von Landesvermögen. Das hat uns nicht richtig vorangebracht. Deshalb sage ich: Je schneller wir davon wegkommen,
immer neue Schulden für Aufgaben zu machen, die wir eigentlich aus unserer eigenen Leistungsfähigkeit bezahlen müssten, desto besser ist es für unser Land. Wir müssten dann nicht Ausgaben für Zinsen tätigen, sondern für Bildung, für Forschung und für Infrastruktur. Das ist der richtige Weg, den wir gehen müssen.
Mein Vorstoß zu den gemeinsamen Bund-LänderAnleihen ist von allen guten wie schlechten Seiten inhaltlich umfassend beleuchtet worden. Vor der Abstimmung setze ich Sie darüber in Kenntnis, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mir einen Brief geschrieben hat, der mir diese Woche zuging, indem er - wie auch seine Vorgänger - gemeinsame Bund-Länder-Anleihen nach wie vor ablehnt. Er hat allerdings seine Begründung reduziert, nicht auf die vielfältigen Punkte, die ich den finanzpolitischen Sprechern schon einmal erläutert habe, sondern er hat sich lediglich darauf kapriziert, dass er davon ausginge, dass diese Anleihen dann für den Bund teurer würden.
Für uns ist dieses Argument überhaupt nicht nachvollziehbar, weil ein Land nach der deutschen Finanzverfassung nicht pleitegehen kann.
- Herr Kollege Schippels, das gilt für Europa in diesem Sinne eben nicht. Denn es gibt kein Einstands
gebot. Es gibt sogar derzeit noch ein absolutes Verbot, für die Schulden anderer Länder aufzukommen. Das gibt es in Deutschland nicht.