Auch die im Gesetzentwurf geforderte Berichtspflicht ist nichts Neues. Ich spreche hier für meinen Kollegen, der leider erkrankt ist, aber aus der Region Flensburg kommt. In Flensburg, dem Zentrum der dänischen Minderheit im Lande, gab es bereits im vergangenen Jahr auf Initiative des SSW hin einen Kompromiss zwischen allen Fraktionen, der auch von der Stadtverwaltung unterstützt wurde. Er beinhaltet genau jene Berichtspflicht, die hier festgeschrieben werden soll. Flensburg zeigt also schon, wie es durchgeführt werden kann. Und doch geht der Gesetzentwurf des SSW noch einen Schritt weiter.
Lassen Sie mich ein paar Worte über das Romani verlieren, die Sprache der Sinti und Roma. Romani ist beinahe 2.000 Jahre alt und hat sich in den letzten 800 Jahren in Europa in vielen Dialekten oder Teilsprachen weiter entwickelt und dabei auch unsere Sprache beeinflusst. Nicht nur das oft zitierte Rotwelsch ist hierfür ein Beleg. Auch wenn wir „Bock“ auf etwas haben, oder wenn wir eine Kneipe als „Kaschemme“ bezeichnen oder von „Schund“ reden, dann nutzen wir Lehnwörter aus dem Romani. Wir haben in diesem Moment Teil an dem reichhaltigen kulturellen Erbe der Sinti und Roma. Gerade bei dieser Sprache merken Sie aber auch, wie schwierig sich der Schutz einer Sprache gestalten kann. Viele Sinti erheben gegen die Erforschung ihrer Sprache Einwände, denn anders als bei anderen Romagruppen ist die Weitergabe der Sprache an Nicht-Roma bei traditionellen Sinti tabuisiert. Dies gilt als Schutz. Ein wesentliches Distanzmotiv ist die Erfahrung des Missbrauchs der Sprachkenntnisse bei der Erfassung, Verfolgung und Vernichtung im Sozialsozialismus. Diese Einstellung gilt es zu respektieren. Schutz kann also auch bewusste und gezielte Nichtbeschäftigung mit dem Thema bedeuten.
Nun werden sich nicht jede Gemeinde, jeder Kreis oder jedes Amt im Land mit diesem Thema befassen müssen, aber ein regelmäßiger Bericht über den bekannten Stand der Nutzung von Minderheiten- und Regionalsprachen wie dem Plattdeutsch wird uns in die Lage versetzen, den Schutz der Sprache zukünftig noch besser zu organisieren.
Um zum Schluss zu kommen: Der Schutz und die Förderung der Sprachen der nationalen Minderheiten und der Regionalsprachen ist für DIE LINKE nicht Selbstzweck, sondern ein Baustein zum Erhalt und Ausbau der kulturellen Vielfalt unseres Landes. Diese Sprachen machen unser Land im wahrsten
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil wir zumindest bei einigen Rednern feststellen konnten, dass sie nicht genau gesehen haben, was wir gemeint haben. - Ich formuliere das einmal so. Herr Kalinka hat gesagt, das sei etwas, was nur in ganz bestimmten Kreisen eine Rolle spielen sollte. Der Kollege Brodersen sagte das auch, weil nur dort Minderheiten beheimatet seien. Unser Ansatz ist, dass wir uns um die Minderheiten- und Regionalsprachen kümmern wollen. Regionalsprache im Lande Schleswig-Holsteins ist Niederdeutsch. Auch das wird von der Berichtspflicht umfasst, sodass der Gesetzentwurf für alle Kreise und Kommunen gedacht ist. Wir machen kein Gesetz dafür, dass wir es als Minderheiten besser haben. Uns geht es vielmehr darum, die kulturelle Vielfalt in unserem Land, die hier Tradition hat, den Charakter des Landes und die Landeskultur zu schützen und zu fördern. Das haben wir für unsere Kommunalverfassung in Buchstaben gegossen.
Deshalb glaube ich auch nicht, dass die Schuldenbremse glaubwürdig für die Argumentation ist. Wir fangen jetzt schon damit an, sie zu missbrauchen. Ich habe in der Debatte dazu extra gesagt: Es geht hier darum, dass man zumindest versucht, die von der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein gegebenen Ziele zu erfüllen. Dazu zählen nach Artikel 5 die Minderheiten und nach Artikel 9 Absatz 2 die niederdeutsche Sprache.
Wir haben in unserem Gesetzentwurf bewusst darauf verzichtet, irgendwas hineinzuschreiben, was Kosten auslösen würde. Wir haben ein Konnexitätsprinzip, und wir wissen genau, was das bedeutet. Das Gesetz ist auf Freiwilligkeit ausgelegt.
Wir wollen die Zielsetzung, die schon in der Verfassung steht, in die Kommunalverfassung schreiben. Wir wollen eine Berichtspflicht festlegen. Was im Bericht steht und was die jeweilige Kommune
oder der jeweilige Kreis zum Wohle der Minderheiten- und Regionalsprachen tut, ist jedem selbst überlassen; so ist es auch jetzt schon. Uns geht es darum, ein Controlling aufzubauen, wie wir es auch auf Landesebene gewohnt sind. Wir kriegen unseren Sprachenbericht, und wir kriegen unseren Minderheitenbericht. Anhand der Entwicklung, die sich so ergeben hat, können wir sehen, ob wir Fortschritte gemacht haben oder nicht. Ich glaube, dass ist bei politischen Entscheidungen sehr hilfreich.
Eine letzte Bemerkung, weil die Kosten in der Argumentation vieler immer eine große Rolle spielen. Genau darum geht es nicht. Eine Sprache zu gebrauchen, kostet nichts. Es geht darum, eine Verwaltung zu animieren und zu sagen: Wenn es Menschen gibt, die Dänisch können, wenn es Menschen gibt, die Romanes können, wenn es Menschen gibt, die Friesisch können, wenn es Menschen, die Plattdeutsch können, dann kommuniziert das bitte nach draußen. Benutzt diese Sprachen, bietet sie an. Das kostet kein Geld, aber es bringt unheimlich viel für Sprache und Kultur in diesem Land. Es gibt natürlich viele andere Initiativen und Projekte, die anlaufen undbei denen man unter dem Gesichtspunkt der Sprachenpolitik mitdenken kann. Wenn man ein neues Schild aufhängt, dann muss es nicht zwangsläufig nicht nur in deutscher Sprache sein, sondern es kann auch etwas in einer Minderheiten- und Regionalsprache darauf geschrieben sein. Das kostet nicht mehr, aber es bringt unheimlich viel.
Um es noch einmal ganz, ganz deutlich zu machen: Es geht uns nicht darum, Bürokratie zu erhöhen; es geht uns nicht darum, die Kosten zu erhöhen, sondern es geht uns darum, dieses politische Themenfeld Mehrsprachigkeit in den Kommunen zu implementieren, damit man auf kommunaler Ebene dann über den besten Weg reden und kluge Beschlüsse fassen kann.
Vorhin wurde schon gesagt, dass in Flensburg politisch beschlossen worden ist, einen entsprechenden Bericht zu erstellen. Vorher wurde die Erstellung auch schon in Nordfriesland beschlossen. Der Bericht wird dort demnächst vorgelegt. Nordfriesland ist immer noch ein ganz normaler Kreis, der funktioniert. Die Welt ist dort bei uns im Westen auch immer noch nicht untergegangen.
Die Minderheitenpolitik wird durch diesen Bericht garantiert besser werden, das gilt auch für die Sprachenpolitik.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Harms, über Ihr Zurückrudern jetzt, indem Sie davon sprachen, dass Sie einen Bericht politisch beschließen wollten - so sinngemäß -, mag man diskutieren. Wenn Sie hier von Freiwilligkeit sprechen, muss ich feststellen, dass das bei Ihrem Vorstoß gerade nicht der Fall ist. Sie verlangen eine Veränderung, Sie haben eine Gesetzesinitiative gestartet, um die bestehende Rechtslage für die Kreise, die Gemeinden, die Kommunen zu verändern. Das hat Folgen und Konsequenzen. Dann können Sie hinterher doch nicht sagen, es sei freiwillig, ob man einen Bericht vorlegt oder nicht. Natürlich ist das dann nicht mehr freiwillig, sondern es wird dann verpflichtend vorgeschrieben sein, dass dieser entsprechend vorgelegt wird.
Das verursacht dann natürlich auch Kosten. Hier zu sagen, es sei jedem selbst zu überlassen, ob er das tut oder nicht, ist schlichtweg falsch. Wenn Sie ein Gesetz ändern, das für die Kommunen gilt, können Sie nicht verlangen, dass sich die Kommunen dem entziehen. Das dürfen Sie gar nicht. Insofern ist das Argument, es sei freiwillig, schlichtweg falsch.
Herr Kollege Kalinka, ist Ihnen gerade aufgefallen, dass ich von der Freiwilligkeit bei politischen Maßnahmen gesprochen habe, die zugunsten der Minderheiten, der Minderheitensprachen oder der Regionalsprachen ergriffen werden könnten, und nicht über die Freiwilligkeit, einen Bericht vorzulegen? Der Bericht ist selbstverständlich verpflichtend. So haben wir das vorgeschlagen. Aber alles, was man umsetzt
- das habe ich gesagt; und ich hoffe, Sie haben das gehört -, unterliegt dem politischen Diskurs, nicht der Freiwilligkeit. Ist Ihnen das so zugänglich geworden?
Nach Ihrer Argumentation müssen Sie zumindest zugestehen, dass die Tatsache, dass solche Berichte erstellt und eine solche Förderung stattfinden soll, auch mit Kosten und Ausgaben verbunden ist. Das werden Sie wohl nicht in Abrede stellen können. Sie können nicht jeder Kommune das vorhalten und sagen, das geschehe kostenneutral. Dafür einen halben Tag als Ansatz zu nehmen, ist sicherlich noch eher untertrieben.
Wir diskutieren über die Frage, ob dieser Gesetzentwurf Auswirkungen auf Kosten hat oder nicht. Sie können alles als kleinlich darstellen. Jeder wird bei seinem Thema sagen: Nicht bei mir! Sie müssen schon auch an den Kernpunkt herangehen.
Das Zweite ist: Wenn Sie die Zielsetzung bekunden, die wir auch schon in unserer Landesverfassung stehen haben, warum überlassen Sie es dann nicht der Freiwilligkeit? Sie haben gesagt, die Sprache zu gebrauchen, koste nichts. Das ist richtig. Aber deshalb muss man das doch nicht hinterher noch per Bericht abfragen. Wenn Sie einen Bericht verlangen, haben Sie die Konsequenz, das eingeklagt wird: Haben Sie etwas getan, oder haben Sie es nicht getan? Das ist doch ganz klar, dass das die Konsequenz sein wird. Das ist auch richtig so, sonst müsste man das auch nicht tun.
Sie müssen sich über diese Konsequenz im Klaren sein. Deswegen habe ich mir diese Hinweise auf die Kosten und den Aufwand erlaubt. Der ist auch richtig.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, dass ich Ihre Geduld strapaziere. Ich will aber nicht, dass der Kollege Kalinka in dieser Debatte das letzte Wort behält.
(Heiterkeit und vereinzelter Beifall bei SSW und SPD - Johannes Callsen [CDU]: Das hät- te er aber verdient!)
Aber ich muss noch einmal daran festhalten: Wir können nicht behaupten, wir wollten eine vorbildliche Minderheiten- und Sprachenpolitik in diesem Land, wenn dann, wenn es darauf ankommt, einen kleinen Schritt weiterzukommen, dies alles nicht zählt.
Ich will gar nicht auf den Beitrag des Kollegen Brodersen eingehen. Der war eine mittlere Katastrophe. Das möchte ich lieber ein anderes Mal aufgreifen.
Ich will bei diesem Antrag, bei unserem Gesetzentwurf, bleiben. Mein Kollege Lars Harms hat schon die Fakten dargelegt. Ich komme noch einmal auf das Berichtswesen zu sprechen. In der Kommunalverfassung steht, dass ein Berichtswesen existieren muss. Wir sagen, dieses Berichtswesen soll um einen Punkt erweitert werden. Das heißt ja nun wirklich nicht, dass Romane geschrieben werden sollen. Das heißt, dass angemessene Informationen zu geben sind. Diese Informationen stellen für die Kommunalpolitik ein Werkzug dar, um vor Ort Maßnahmen ergreifen zu können.
Das heißt, dieser Gesetzentwurf kostet erst einmal kein Geld. Er stellt Rahmenbedingungen dar - im Sinne der Landesverfassung und im Sinne dessen, was wir uns alle immer in die Hand schwören, wenn es um Sonntagsreden geht. Das ist der Inhalt dieses Gesetzentwurfs, und darum bitte ich: Bleibt auf dem Teppich, guckt euch an, was dort steht und seht es auch als einen konstruktiven Beitrag dazu, dass Minderheitenpolitik, Sprachenpolitik und nicht zuletzt die Umsetzung der Sprachencharta für die Minderheitensprachen und für die Regionalsprache Niederdeutsch in erster Linie vor Ort umgesetzt werden, wo die Menschen leben! Wir wollen nicht Neues aufbauen, wir wollen nur deutlich machen, dass endlich „Butter bei die Fische“ kommen muss, wenn es darum geht, die Sprachencharta und auch die Landesverfassung ernst zu nehmen.
Frau Kollegin Spoorendonk, ich habe nichts gegen das Anliegen. Ich frage mich allerdings auch, wenn Sie auf die Landesverfassung Bezug nehmen, warum alle anderen Staatsziele bei dieser Berichterstattung, die von der Anlage her zunächst einmal eine haushaltärische, eine haushaltstechnische, ist, nicht auch mit auftauchen. Warum wird nur dieses eine Staatsziel herausgenommen und werden nicht alle anderen 35 Staatszielbestimmungen auch mit aufgenommen, zu denen die Gemeinde dann auch einen Bericht vorlegen muss?