Das ist gerade in der Ostseeregion, die vor der enormen Herausforderung steht, das große sozioökonomische Gefälle zwischen östlichen und westlichen Ostseeanrainern zu verringern, eine wichtige und nicht zu vernachlässigende Befassung. Die wachsende Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wirft neue Fragen im Bereich der Portabilität von Sozial- und Arbeitslosenversicherung auf, die geklärt werden müssen. Diese Fragen können nur geklärt werden, wenn die Mitglieder auch in diesem Bereich stärker zusammenarbeiten und ihre Erfahrungen austauschen.
Gute Bildung und Ausbildung, gute Arbeit - das bedeutet auch, dass man von seiner Arbeit leben können muss - und Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt sowie die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wichtige sozialpolitische Herausforderungen, denen sich alle Ostseeanrainer stellen müssen, um den erreichten Wohlstand der Menschen in der Ostseeregion und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Region zu sichern. Dazu gehören auch die Unterstützung des sozialen Dialogs und der Mitbestimmung, die Eindämmung der Leiharbeit und der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit ist nachhaltig nur durch soziale Gerechtigkeit zu erreichen und zu erhalten. Der Austausch von Erfahrungen kann dazu beitragen, Modelle zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, zur Förderung des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes und zur sozialen Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erarbeiten. Er sollte deshalb fortgeführt und ausgebaut werden. So kann die Ostseeregion auch zu einer Modellregion für die Ausgestaltung eines sozialen Europas werden.
Bereits bei den Diskussionen über die integrierte Meerespolitik haben wir das Ziel benannt, die Ostsee zu einer maritimen Modellregion Europas zu entwickeln. Auch im Bereich Klimawandel und Energiefragen soll enger zusammengearbeitet werden. Das ist auch ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer Modellregion Ostsee in Europa.
Ich danke der Frau Abgeordneten Astrid Höfs. - Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es wirklich kurz machen, denn Herr Kollege Hamerich und Frau Kollegin Höfs haben die Inhalte, um die es auf der Ostseeparlamentarierkonferenz in Visby auf der Insel Gotland ging, hier eingehend dargelegt. Ich möchte bekräftigen, dass wir als Mitantragsteller der gemeinsamen interfraktionellen Resolution die Ziele der Ostseeparlamentarierkonferenz unterstützen. Abschließend möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass die isländischen Kollegen in der Lage sein werden, auch an der im kommenden Jahr stattfindenden Ostseeparlamentarierkonferenz teilnehmen zu können.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen die Resolution der Ostseeparlamentarierkonferenz und freuen uns, dass die Konferenz der Ostseeanrainerstaaten in Visby so produktiv und mit gutem Ergebnis verlief. Die Beschlüsse der Kolberg-Konferenz des Parlamentsforums Südliche Ostsee wurden in den wichtigsten Teilen übernommen.
Dass im Bereich des Klimaschutzes dringend gehandelt werden muss, wurde von der Konferenz einmütig erkannt. Die von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen müssen in signifikantem Maße reduziert werden. Wenn wir auf dem derzeitigen Level verbleiben, verbrauchen wir innerhalb von drei Generationen sämtliche fossilen Energievorräte dieser Welt. Unsere Vorräte sind begrenzt. Die atomaren Abfälle und der Klimawandel bedrohen als Ewigkeitskosten kommende Generationen. Die im Zusammenhang mit diesen Emissionen verbundenen Kilowattstunden Strom werden dann verbraucht sein, wenn sie die kommenden Generatio
nen belasten. Es ist völlig klar, dass die nach uns kommenden Generationen ihre Energie nicht mehr so erzeugen können, wie wir das tun. Da helfen keine Kohlekraftwerksneubauten und auch keine AKW-Restlaufzeitverlängerungen.
Nach der Bundestagswahl 2005 vereinbarten die Koalitionsparteien das Folgende, das ich mit Ihrer freundlichen Erlaubnis zitiere, Frau Präsidentin:
„CDU/CSU und SPD bekennen sich zur nationalen Verantwortung für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle und gehen die Lösung dieser Frage zügig und ergebnisorientiert an. Wir beabsichtigen, in dieser Legislaturperiode zu einer Lösung zu kommen.“
Heute, am Ende des dritten Jahres der Legislaturperiode, müssen wir feststellen, dass die Große Koalition, die im Bundestag über eine Zweidrittelmehrheit und im Bundesrat ebenfalls über eine entsprechende Mehrheit verfügt, in der Frage der Entsorgung abgebrannter Brennelemente nicht einen einzigen Schritt vorangekommen ist. Dies gilt allerdings für die Ostseeregion insgesamt. Daher ist es sehr zu kritisieren, dass für das Gebiet Kaliningrad ein neues Atomkraftwerk projektiert wird. Nirgendwo auf der Welt ist die atomare Endlagerung bisher sicher in einem Modell dargestellt.
Auch für die Ostseeregion gilt: Wir brauchen die ökologische Energiewende. Der erste und entscheidende Schritt dabei ist die Einsparung von Energie. Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Für uns nenne ich nur ein Beispiel, nämlich den Ersatz von alten Umwälzpumpen in unseren Heizsystemen durch hocheffiziente Modelle. Dies allein würde zwei oder mehr Großkraftwerke einsparen. Der Hersteller sitzt in Trappenkamp. Die Firma Grundfos stellt diese modernen Pumpen her, die wenig teurer sind als die normalen Pumpen. Im Ostseeraum warten insbesondere die ehemaligen Ostblockländer auf Thermostatventile für die Heizkörper und auf Wärmeschutzglas in neuen Fenster. Hier hat die Konferenz - wie ich finde - wegweisende Grundsätze beschlossen. Wir empfehlen der Regierung, diese zu übernehmen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile für den SSW im Landtag Frau Anke Spoorendonk das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schwerpunktthema der diesjährigen Ostseeparlamentarierkonferenz war die Ostsee selbst. Fast symbolisch wirkte daher der Austragungsort der Konferenz Visby auf der schwedischen Insel Gotland. Man befand sich sozusagen im Herzen der Ostsee. Leider konnte ich in diesem Jahr nicht selbst an der BSPC teilnehmen. Der Grund war ein anderer schöner Anlass, nämlich die Einweihung des neuen dänischen Gymnasiums in Schleswig. Dennoch wäre ich gern dabei gewesen, weil das gesprochene Wort auf solchen Konferenzen - und damit meine ich nicht nur Statements und Referate eine ganz andere Qualität hat als nachzulesende Texte.
Die verabschiedete Resolution macht deutlich, dass wir es bei den angepackten Arbeitsaufgaben mit dicken Brettern zu tun haben. Dabei ist es aus Sicht des SSW wichtig, daran festzuhalten, dass die Umsetzung - also die eigentliche Politik - in den Parlamenten der Ostseeanrainerstaaten erfolgen muss. Dort müssen Beschlüsse gefasst und Gesetze auf den Weg gebracht werden. Mit guten Absichten allein ist die Ostsee nicht zu retten.
Konkret gilt es unter anderem, den Ostseeaktionsplan von HELCOM in die nationale Gesetzgebung zu implementieren. Als Berichterstatterin für die BSPC-Arbeitsgruppe „Eutrophierung“, die sich seit 2006 mit der Verschmutzung der Ostsee auseinandersetzt, stellte die finnische Abgeordnete Christina Gestrin einen Fragenkatalog vor, den zu beantworten sowohl die Parlamente als auch die Regierungen der Ostseeländer aufgefordert waren. Damit verbunden war die Bitte um Rückmeldung bis März 2008.
Die zentrale Frage lautete: Was haben die Parlamente und Regierungen konkret getan, um den HELCOM-Aktionsplan in ihrem eigenen Land umzusetzen? - Wenn ich ihr Referat richtig gelesen habe, dann gibt es noch längst nicht von allen Ostseeanrainerstaaten Rückmeldungen - von Deutschland schon. Das ist gut so und sollte auch so sein. Ich hoffe aber, dass wir uns im Europaausschuss berichten lassen können, wie die Antworten im Einzelnen aussehen, was aus meiner Sicht auch so verstanden werden sollte, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern in diesem Bereich noch verbesserungsfähig ist. Dazu gehört zum Beispiel auch die Frage, wie es mit der Formulierung eines nationalen Aktionsplans bis 2010 aussieht.
Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat sich in vielen Debatten mit dem Thema „Integrierte Meerespolitik“ befasst. Wir sind uns einig, dass Schleswig-Holstein hier viel zu bieten hat. Mit Europaminister Döring und seiner Arbeit im Ausschuss der Regionen sind wir in dieser Hinsicht auch gut aufgestellt. Ich bleibe aber dabei: Der Landtag darf sich nicht zurücklehnen und alle Initiativen der Regierung überlassen. Aus Sicht des SSW gehört die Ostseekooperation zu den Kernaufgaben unseres Parlaments. Das soll heißen: Es ist meiner Meinung nach höchste Zeit, dass wir uns überlegen, wie wir uns wieder aktiver in die Arbeit der Ostseeparlamentarierkonferenz einbringen können - auch über das Standing Committee.
Die Resolution der diesjährigen Ostseeparlamentarierkonferenz enthält insgesamt eine Reihe von Punkten, die es verdient hätten, in einer Parlamentsdebatte gewürdigt zu werden. Ich denke dabei an die Maßnahmen zur Klimapolitik und zur Stärkung der regenerativen Energiequellen. Und ich denke nicht zuletzt an die Forderung nach Schaffung eines IMO-Regelwerks für mehr Schiffssicherheit auf der Ostsee und für mehr Umweltschutz.
(Beifall der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD], Konrad Nabel [SPD], Jürgen Weber [SPD] und Lars Harms [SSW])
Lassen Sie mich zuletzt aber noch ein anderes Thema ansprechen. Denn zu Recht enthält die Resolution auch die Forderung nach einer Stärkung der sozialen Dimension in der Ostseekooperation. Konkret geht es um transparente Spielregeln für die Mobilität von Arbeitskräften und um die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Die zuständige Arbeitsgruppe zu diesem Thema wird erst auf der Ostseeparlamentarierkonferenz im nächsten Jahr Bericht erstatten. Wir sollten uns aber im Europaausschuss über den Fortgang der Arbeit berichten lassen. Dabei möchte ich wiederholen, was ich schon letztes Jahr hervorhob: Die Erfahrungen aus dem deutsch-dänischen Grenzland über die Etablierung eines grenzüberschreitenden Arbeitsmarkts sollten in diese Arbeit einfließen. Spätestens seit ihrer Reise nach Breslau und Posen wissen die Mitglieder des Bildungsausschusses, wie groß der Umfang der sozialen Probleme ist, wenn Kinder und Jugendliche zu Hause zurückgelassen werden, wenn die Eltern im Ausland Arbeit gefunden haben.
Die diesjährige Ostseeparlamentarierkonferenz hat sich auch mit der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit dem Ostseerat befasst. Solche Problemstellungen reißen natürlich selten die Menschen vom Hocker, dennoch sind sie wichtig. Und
Wenn aber die Ostseeparlamentarierkonferenz als parlamentarische Dimension in der Ostseekooperation verstärkt wahrgenommen werden soll, dann führt kein Weg daran vorbei, sich auch mit solchen Strukturen auseinanderzusetzen. Auch das ist ein Thema für den Europaausschuss, nicht zuletzt, weil vorgesehen ist, die Arbeit des Ostseerates an bestimmten Prioritäten auszurichten. In der Vergangenheit - das ist wirklich mein letzter Satz, Frau Präsidentin - hat sich Schleswig-Holstein mehrfach in den Bereichen Zivilgesellschaft und Minderheiten positiv hervorgehoben. Ich denke, wir müssen aufpassen, dass diese Themen bei der künftigen Ausrichtung des Ostseerates nicht hinten runterfallen.
Das Wort für einen Beitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält Herr Abgeordneter Manfred Ritzek.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ein bisschen Zeit gewonnen durch die Kurzbeiträge derjenigen, die nicht dabei waren. Ich war bei der Ostseeparlamentarierkonferenz dabei und möchte auf Details nicht mehr eingehen. Aber einiges hat Frau Kollegin Spoorendonk schon erwähnt, was von entscheidender Bedeutung ist.
Diese Ostseeparlamentarierkonferenz hat bezogen auf die letzten beiden oder die letzten drei Konferenzen in Reykjavik, Berlin und jetzt Visby eine Entwicklung gezeigt, die unvorstellbar ist, wenn man an diesen Konferenzen nicht teilgenommen hat. Die Ostseeparlamentarierkonferenz hat ein hohes Ansehen erreicht, auch bei den Institutionen,
die vor einigen Jahren der Ostseeparlamentarierkonferenz noch kritisch gegenüberstanden oder nicht - jedenfalls nicht umfassend - bereit waren, die Ostseeparlamentarierkonferenz zu unterstützen. Das gilt besonders auch für den Nordischen Rat, in dem die fünf Länder Island, Norwegen, Finnland, Dänemark und Schweden zusammenkommen. Das gilt insbesondere aber auch für den Ostseerat, der die Regierungen repräsentiert; in ihm sind die Außenminister von acht EU-Ländern vertreten und zusätzlich die Außenminister von Russland, Island und Norwegen. Das gilt auch für das Parlamentsforum Südliche Ostsee, das noch nicht so lange aktiv ist, sondern erst seit etwa fünf Jahren. Auch HELCOM muss erwähnt werden.
Diese Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen der Parlamentarier und der Regierungen ist das Entscheidende, das besonders bei diesem Mal zu spüren war, nämlich dass diese Institutionen zusammenarbeiten und für die Ostseeanrainerstaaten wirklich etwas erreichen wollen.
Es kommt nicht darauf an, dass wir über die Resolution sprechen oder dass wir sie gelesen haben, sondern es kommt darauf an, dass wir handeln. Und dieses Handeln ist von namhaften Rednern während dieser Ostseeparlamentarierkonferenz gefordert worden. Ich zitiere Herrn Westenberg, den Präsidenten des schwedischen Reichstags, der sagte: Das Ziel dieser Konferenz muss ergebnisorientiert sein.
(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD], Rolf Fischer [SPD], Dr. Ralf Stegner [SPD] und Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und Frau Bohlin, die Vorsitzende des Baltic Sea Parliamentary Conference Standing Committee, sagte: Wir müssen uns deutlich den Regierungen gegenüber mit konkreten Forderungen ausdrücken, die wir an die Regierungen stellen. Sie sagte weiter: Wir müssen die Resolution auf die Tagesordnung setzen.
Ich ergänze das, was Kollegin Spoorendonk sagte: Wir haben mehrere Seiten Resolution. Lassen Sie uns die entscheidenden Passagen herausnehmen, bei denen wir wissenschaftlich und technologisch spitzenmäßig aufgestellt sind. Lassen Sie uns diese einzelnen Positionen, bei denen wir wirklich outstanding sind, in das Parlament tragen und die Regierung auffordern, sie umzusetzen. Das ist die
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann nur unterstreichen, was Frau Spoorendonk und Herr Ritzek gesagt haben. Wir würden uns freuen, wenn sich das Parlament hier stärker einbringt und wir das gemeinsam machen.