Protocol of the Session on October 8, 2008

Nicht nur Fachleute wissen, dass heute nur ein Teil der Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein im Denkmalbuch eingetragen ist. Es gibt daneben eine Vielzahl von Einzelobjekten und Ensembles, deren Erhalt und Schutz Pflicht unserer Kulturgesellschaft sind. Mit dem im alten Denkmalschutzgesetz vorgeschriebenen konstitutiven Verfahren ist dieses Ziel in absehbarer Zeit nicht zu erreichen. Darüber hinaus sind Deregulierung und Bürokratieabbau übergeordnete Ziele der Landesregierung. Bereits im Koalitionsvertrag wurde daher auch eine Überprüfung des Denkmalschutzgesetzes vereinbart. Ebenso waren Anpassungen an die aktuelle Rechtsprechung und das europäische Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes erforderlich.

Lassen Sie mich auf wenige Eckpunkte des vorliegenden Gesetzentwurfs eingehen. Zum Eintragungsverfahren: Das bisherige konstitutive Verfahren wird durch ein deklaratorisches Verfahren ersetzt. Die Eintragung von Kulturdenkmalen wird dadurch vereinfacht und beschleunigt. Das Gesetz sieht vor, dass der Eigentümer vor der Eintragung benachrichtigt wird. Für den Eigentümer ergeben sich daher keine Nachteile. Die Rechtsweggarantie bleibt gewährleistet, Feststellungsklage ist jederzeit möglich.

Das bisherige Vorverfahren entfällt. Die Unterschutzstellung wird beschleunigt und verschlankt. Die Erfassung und Eintragung bisher nicht berücksichtigter Kulturdenkmale soll in einem Zeitraum von drei bis vier Jahren mithilfe befristeten Einsatzes externer Kräfte erreicht werden.

Zur Einführung eines Straftatbestandes: Die gängige Rechtsprechung - der Ministerpräsident hat es eben erwähnt - hat gezeigt, dass § 304 StGB zum Schutz von Kulturdenkmalen unzureichend ist. Daher ist es angebracht, durch die Einführung eines Straftatbestandes in das Gesetz Kulturdenkmale vor vorsätzlicher Beschädigung oder Zerstörung zu schützen. Darüber hinaus wird Raubgräberei unter Strafe gestellt, die der Archäologie durch Beschädigungen oder vollständigen Untergang erheblichen Schaden zufügen kann.

Zur Behördenstruktur: Im Zusammenhang mit der Novellierung des Gesetzes hat die Staatskanzlei untersucht, ob eine Veränderung der Strukturen zu Synergieeffekten führt und dadurch Einsparungen erzielt werden können. Alternativ wurden geprüft:

Kommunalisierung von Personal und Aufgaben, das heißt eine Verteilung auf die kommunalen Kooperationsräume, Zentralisierung des Denkmalschutzes beim Land und Auflösung der oberen Denkmalschutzbehörde in Lübeck. Als Ergebnis bleibt festzustellen, dass nach Aussage der Staatskanzlei Prognosen nur mit erheblichen Unschärfen zu treffen sind und sich mögliche Einsparpotentiale im unteren sechsstelligen Bereich bewegen würden. Die empfohlene Beibehaltung der bisherigen Struktur bewahrt damit auch die im Lande einmalige Stellung des UNESCO-Weltkulturerbes der Lübecker Altstadt.

Die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes ist also aus unterschiedlichen Gründen erforderlich. Mit dem vorgelegten Entwurf sind wir auf dem richtigen Weg. Über Einzelaspekte werden wir noch in den Ausschüssen beraten können.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wengler. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Henning Höppner.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte an dieser Stelle den Wortbeitrag meines Kollegen Hans Müller. Hans Müller hatte heute Nacht einen Trauerfall im engeren Familienkreis zu beklagen. Wir wünschen ihm viel Kraft und Trost zugleich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Denkmalschutz steht immer im Zeichen eines Konflikts. Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, dass Denkmäler aufgefunden, gesichert und instand gehalten werden. Dem steht häufig das Interesse der Eigentümer entgegen, die möglichst ihr Eigentum freizügig nutzen und die Belastungen durch den Denkmalerhalt im bezahlbaren Rahmen halten wollen. Der Gesetzgeber kann die Denkmaleigentümer nicht von jeder Belastung freistellen, muss ihnen aber ein Höchstmaß an Planungssicherheit und ein Höchstmaß an Entlastung von bürokratischen Prozeduren bieten.

Mit Recht stellt die Landesregierung in der Begründung zum Gesetzentwurf fest, dass es nicht darum geht, das 1996 grundsätzlich novellierte Denkmalschutzgesetz ad acta zu legen und das Rad neu zu erfinden. Es müssen aber die Änderungen in der Rechtslage auf Bundesebene und besonders auf

(Wilfried Wengler)

europäischer Ebene aufgenommen werden. Die Auseinandersetzungen um die Elbtalbrücke bei Dresden haben uns gezeigt, auf welch dünnem Eis wir bei dem Konflikt zwischen kulturellen und ökonomischen Interessen gehen. Selbstverständlich wollen wir der Lübecker Altstadt den Status als Weltkulturerbe erhalten. Darüber hinaus streben wir an, dass das Danewerk in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wird.

Die Landesregierung strafft das Denkmalschutzgesetz. Das sogenannte konstitutive Eintragungsverfahren wird durch die Änderung von § 5 in ein nachträgliches Verfahren verändert und damit vereinfacht und beschleunigt. Es geht auch darum, dass Denkmaleigentümer Kenntnis von der Schutzwürdigkeit ihres Eigentums haben müssen, denn in der Vergangenheit ist es häufig so gewesen, dass man eine Veränderung des Baus beantragt, etwa bei der Bauordnungsbehörde, die wiederum feststellt, dass dies ein sogenanntes einfaches Kulturdenkmal ist, wodurch dann häufig das Eintragungsverfahren ausgelöst wird. Das muss im Hinblick auf die Planungssicherheit der Eigentümer verändert werden.

Aufseiten der Grundeigentümer wird es nicht auf helle Begeisterung stoßen, dass in § 8 das Verursacherprinzip eingeführt wird, wonach derjenige, der ein Bauvorhaben durchführen will, zu den Kosten für Rettungsgrabungen und Untersuchungen herangezogen werden kann. Die SPD unterstützt diese Regelung ausdrücklich. Denn es trifft in der Regel ja nicht den einfachen Denkmaleigentümer, sondern in der Regel Großinvestoren, die in Altstadtquartieren Flächensanierung oder Straßenbau betreiben, um nur einige Beispiele zu nennen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Im Übrigen gab es schon immer, Herr Kayenburg, die Pflicht, ein verändertes Kulturdenkmal oder ein beseitigtes Kulturdenkmal im alten Zustand wieder herzustellen. Das sah bereits das alte Gesetz vor, dies hat sich nicht geändert.

Es gab Überlegungen der Grünen in ihrem Gesetzentwurf, den sie schon vor geraumer Zeit eingebracht haben, den behördlichen Sonderstatus von Lübeck aufzuheben. Der jetzt vorgelegte Entwurf der Landesregierung verfolgt diese Absicht nicht mehr. Ich halte auch das im Sinne Lübecks für eine richtige Entscheidung, nicht weil ich der Auffassung bin, dass Lübeck nichts dringlicher brauchte als möglichst viele zusätzliche Verwaltungsstrukturen, aber der Sonderstatus der Lübecker Altstadt

als Denkmalensemble wird dem Status des Weltkulturerbes gerecht und rechtfertigt diesen Sonderstatus auch hinsichtlich der Verwaltung. Mit Recht weist die Landesregierung darauf, dass die personelle Ausstattung der Denkmalpflege in SchleswigHolstein im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr schlank ist. Böse Zungen würden sogar sagen, unzureichend.

Dieser Gesetzentwurf ist bereits im Vorwege mit vielen Gesprächspartnern vorbereitet worden. Das bedeutet aber nicht, dass es im Anschluss an die Anhörung keine weiteren Änderungen geben kann. Ich bitte darum, diesen Gesetzentwurf federführend dem Bildungsausschuss und mitberatend dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Höppner. Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung bewirkt das Gegenteil dessen, was er verspricht. Statt Bürokratie abzubauen, treibt er die Mühlen der Fachbehörden und der Verwaltungsgerichte kräftig an. Statt den Denkmalschutz zu fördern, schadet er diesem Anliegen in der Bevölkerung.

(Beifall bei der FDP)

Die rechtliche Schlechterstellung der privaten Eigentümer wird dem Ziel, die Erhaltung der Baudenkmäler möglichst im Einvernehmen mit den Betroffenen zu sichern, nicht förderlich sein.

Was unter dem Deckmantel der Beschleunigung erfolgen soll, die Abschaffung des Vorverfahrens, ist nichts anderes als die Verkürzung der verwaltungsrechtlichen Überprüfungsmöglichkeiten zulasten der Eigentümer.

(Beifall bei der FDP)

Eigentümer werden durch das neue nachrichtliche Verfahren, bei dem sie vorab keinen im Verwaltungswege anfechtbaren Bescheid erhalten, auf den Weg der Feststellungsklage verwiesen.

Auch andere Bundesländer haben in verschiedenen Bereichen die Erfahrung machen müssen, dass die Verkürzung des Vorverfahrens bei Verwaltungsent

(Dr. Henning Höppner)

scheidungen die Zahl der Prozesse vor den Verwaltungsgerichten deutlich in die Höhe treibt. Die im Vorblatt des Gesetzentwurfs von der Regierung versprochenen Einsparungen beim Verwaltungsaufwand würden durch eine solche Entwicklung rasch aufgezehrt. Das ist insbesondere dann zu erwarten, wenn durch das neue nachrichtliche Verfahren sehr rasch die Zahl der eingetragenen Baudenkmäler von jetzt 7.000 auf 25.000 erhöht werden sollte.

Im letzten Jahr gab es dem Vernehmen nach hingegen nur 17 Widerspruchsverfahren. Diese geringe Zahl spricht dafür, dass die bisherigen gesetzlichen Regelungen zum Denkmalschutz in unserem Land sachgerecht sind, dass sie einvernehmliche Lösungen begünstigen und dass es deshalb bislang so weit als möglich gar nicht erst zu Streitigkeiten über den Denkmalschutz gekommen ist.

Wird die Zahl der eingetragenen Denkmale durch die Neuregelung unvermittelt um das Drei- bis Vierfache gesteigert, und werden die Eigentümer ausschließlich auf den Weg der Feststellungsklage verwiesen, ist nicht nur zu erwarten, dass sich die Verwaltungsgerichte mit diesen Dingen verstärkt und in erheblicher Zahl beschäftigen müssen. Eine Steigerung der Anzahl der eingetragenen Baudenkmale um mehr als das Dreifache wird auch die Anzahl der genehmigungspflichtigen Maßnahmen entsprechend erhöhen. Dies betrifft alle baulichen Änderungen, beispielsweise Instandhaltungsmaßnahmen wie zum Beispiel der Einbau neuer Fenster, Wärmedämmungen und ähnliche Maßnahmen. All dies erfordert die Genehmigung der unteren Denkmalschutzbehörde. Diese ist ihrerseits dazu verpflichtet, vor Erteilung einer Genehmigung die Zustimmung der oberen Denkmalschutzbehörde einzuholen, § 7 Absatz 1 des Gesetzentwurfs.

Fazit: Der schöne neue Denkmalschutz wird in den zuständigen Fachbehörden wie auch in den Verwaltungsgerichten für mehr Beschäftigung sorgen. Es wird nicht lange dauern, und wir werden wie in anderen Bereichen - ich denke nur an die Staatsanwaltschaften und die Sozialgerichte - den Ruf nach mehr Personal hören. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

(Beifall bei der FDP)

Diese Entwicklung wird nicht zuletzt dadurch vorangetrieben, dass sich die Einschätzung der Frage, was eigentlich denkmalwürdig ist, unter den Fachleuten in jüngster Zeit - sozusagen in der Zunft verändert hat, und zwar deutlich in Richtung auf die jüngere Baugeschichte. Auch Gebäude, Wohn- und

Gewerbegebäude aus den 50er-, 60er- und 70erJahren geraten zunehmend in den Bereich potenzieller Streitfälle.

Aus Kiel wurden Fälle bekannt, die Wohngebäude in der Holtenauer Straße betreffen oder die Pavillons auf dem Alten Markt. Viele Eigentümer sehen eben diese Art von Gebäude - anders als manche Fachleute in den Denkmalschutzbehörden - nicht unbedingt als denkmalwürdig an. Das provoziert natürlich Auseinandersetzungen. Es gibt da ein unterschiedliches Verständnis.

Ich will hier gar nicht darüber streiten, ob die Einschätzung, die in den Denkmalschutzbehörden zunehmend in dieser Frage Platz greift, sinnvoll oder berechtigt ist. Das ist eine Frage der professionellen Diskussion. In der Szene gibt es darüber bekanntlich auch heftigen Streit. Vor einigen Jahren hat der Architekturkritiker Dieter Hoffmann-Axthelm in einem Gutachten für die Bundestagsfraktion der Grünen heftige Kritik an seine Kollegen ausgeteilt. Er sprach von einer Überdehnung des Denkmalbegriffs, von einer Denkmalexplosion und von Ästhetik als letztem Reservat des Obrigkeitsstaates.

Wie gesagt: Darüber möchte ich nichts sagen, aber ich möchte darauf hinweisen, dass die Ausweitung des Denkmalbegriffs auf Bauten aus der neueren Baugeschichte, also aus der Nachkriegszeit, dazu führt, dass es erheblich mehr Auseinandersetzungen in diesem Bereich gibt. Das ist für die Politik entscheidend.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb gehen wir auch davon aus, dass alle Genehmigungsmaßnahmen, die für eine große Zahl von neueingetragenen Baudenkmälern nach dem nachrichtlichen Verfahren dann fällig werden, zu Auseinandersetzungen führen werden. Wir halten gerade vor diesem Hintergrund die Umstellung auf das nachrichtliche Verfahren und die damit verbundene Verkürzung der Einspruchsrechte für die Betroffenen für einen politischen Fehler. Wir sind gegen den Vorschlag der Landesregierung und werden uns in der parlamentarischen Beratung weiter damit kritisch auseinandersetzen.

Im Übrigen noch ein letztes Wort: Ich halte es schon für bemerkenswert, dass dieser Gesetzentwurf zulasten privater Eigentümer in eine Zeit fällt, in der die Landesregierung uns während der Haushaltsberatungen erklärt, sie werde in den nächsten Jahren nicht mehr in der Lage sein, die Maßnahmen des Bundes zum städtebaulichen Denkmalschutz aus Landesmitteln kozufinanzieren. Also dort, wo der Staat mit eigenen Investitionen gefordert ist, da

(Dr. Ekkehard Klug)

kneift er, da muss er passen. Er macht aber den privaten Eigentümern durch dieses neue Gesetz erhebliche, und zwar belastende, Auflagen. Das ist nicht der richtige Weg, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Abgeordnete Angelika Birk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Klug, ich muss mich schon wundern. Ist an Ihnen beispielsweise die Auseinandersetzung um den Abriss am Nord-Ostsee-Kanal, die wir alle in der Presse verfolgt haben, entgangen? Der hat die Gemüter sehr erregt und war auch für uns damals, als dieses Ereignis stattfand, der Anstoß dafür, uns sehr ernsthaft mit dem Denkmalschutz gesetzlich auseinanderzusetzen. Ich muss zugeben, erst durch diese Auseinandersetzung ist uns klar geworden, wie hoch der Stau der nicht eingetragenen Denkmäler ist, wie komplex und wie verwaltungsaufwendig das Verfahren und wie alt unser Gesetz ist.

Das hat uns damals inspiriert - im Juni 2007 -, einen umfassenden Gesetzentwurf vorzulegen. Wir haben uns an dem vorgeschlagenen Verfahren orientiert, das bereits in zwölf Bundesländern Praxis ist. Wir haben das, was anderswo schon ausprobiert wird, für einen guten Vorschlag der Verwaltungsmodernisierung gehalten. Es wurde uns überall versichert, es sei besser als das alte Verfahren. Denn Staus konnten in diesen Ländern nach Auffassung der Experten nach kurzer Zeit aufgelöst werden. Zahlreiche Gerichtsverfahren konnten eingespart werden.

Wir wollten also stattdessen das Listenverfahren einführen. Alle Kulturdenkmäler würden dann direkt und sofort durch das Gesetz geschützt. Zu diesem Thema haben meine Vorredner schon etwas gesagt. Die eigentliche Denkmalschutzprüfung findet erst dann statt, wenn eine Änderung am Objekt geplant wird.