Wegen der besonderen Stellung der Kammern wird eine Zentralisierung in der Praxis der Anerkennung kaum möglich sein. Möglich ist jedoch der Zugang zu mehr Informationen, zu mehr Transparenz. Frau Birk hat dafür wichtige und gute Beispiele genannt.
Herr Wengler ist auch auf die EU-Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen eingegangen. Ich glaube, die Anwendung des Europäischen Qualifikationsrahmens, der eine bessere Vergleichbarkeit von Berufsabschlüssen zulässt, geht in die richtige Richtung. Allerdings muss man auch hier sagen, dass die europäischen Verfahren Menschen mit Abschlüssen, die außerhalb der EU er
worben worden sind, beispielsweise in Afrika, Asien oder den USA, benachteiligen. Die EU-Richtlinie überlässt die Regelung der Anerkennung von Bildungsnachweisen aus Drittstaaten den Mitgliedstaaten selbst. Hier besteht sicherlich Handlungsbedarf, den wir leider auf Landesebene nicht unmittelbar befriedigen können. Aber sicherlich kann man in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern über Bundesratsinitiativen oder Ähnliches etwas erreichen.
Für die akademischen Abschlüsse - das ist hier auch schon angedeutet worden - wird sich die Frage der grenzüberschreitenden europäischen Anerkennung von Hochschulabschlüssen bald nicht mehr so konkret stellen, da es künftig durch die Teilnahme am Bologna-Prozess mittlerweile schon weit über die Grenzen der Europäischen Union sicherlich viel leichter sein wird, im Ausland in Berufen tätig zu sein, für die ein Universitäts- oder Fachhochschulabschluss erforderlich ist.
Ich würde gern - ich sehe, ich habe sogar noch Zeit dafür - noch auf ein, wie ich finde, sehr spannendes Modellprojekt des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Institutes und des Hanseparlamentes hinweisen, das auch für uns in Schleswig-Holstein interessant sein könnte. Ziel des Projektes, das im März 2008 beendet wurde, war es, zwischen den Kammern und den zuständigen Behörden im Ostseeraum ein unbürokratisches System der gegenseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen zu erreichen. Die Einführung eines Referenzberufes beschreibt ein virtuelles Berufsbild, das die optimalen Qualifikationen des jeweiligen Berufes beschreibt. Dieser Referenzberuf dient dann als Orientierung und Maßstab für die nationale Strukturierung und Anerkennung der einzelnen Berufe. Ich finde, das ist ein sehr interessantes, weil auch unbürokratisches Verfahren. Vielleicht lohnt es sich, sich von schleswig-holsteinischer Seite her noch einmal damit auseinanderzusetzen.
In jedem Fall ist das Thema wert, im Ausschuss noch einmal intensiv diskutiert zu werden. Wir können dann auch noch einmal darüber diskutieren, wie wir mit Ihrem Antrag umgehen wollen, der in der Zielrichtung sehr gut gemeint ist, in der Ausformulierung zum Teil ein bisschen bunt und für meinen Geschmack ein bisschen zu undifferenziert ist. Aber ich glaube, in der Zielrichtung wollen wir alle das Gleiche. Insofern freue ich mich auf eine Beratung im Ausschuss.
Ich würde die Beratung im Wirtschaftsausschuss vorschlagen, weil es durchaus ein Wirtschaftsthema ist. Aber ich glaube, es gibt von Ihrer Seite ein In
Ich danke der Frau Abgeordneten Anette Langner. Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Ekkehard Klug.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Anerkennungsverfahren für ausländische Bildungsabschlüsse muss tatsächlich - da stimme ich den Vorrednern zu - vereinfacht und entbürokratisiert werden. In diesem Bereich ist noch sehr viel zu tun. Es hapert hier oft an notwendigen Konsequenzen aus dem ja seit Langem bestehenden Trend zur Internationalisierung von Schule, Studium und Berufsausbildung.
Während etwa Auslandssemester, Schul- oder Studienjahre im Ausland, insbesondere natürlich innerhalb Europas, heute die Lebens- und Bildungserfahrungen vieler junger Menschen bereichern, stößt die Anerkennung von Abschlüssen, die im Ausland erworben wurden, oft auf erhebliche Hürden. Dies betrifft sogar auch Abschlüsse aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Erst kurz vor der Sommerpause wurde ich in einem solchen Fall um Unterstützung gebeten. Ein junger Kieler hatte Probleme, mit seinem in England erworbenen Schulabschluss in das Bewerbungsverfahren für einen Studienplatz an einer hiesigen Fachhochschule hineinzukommen. Obwohl er sich mit seinem englischen Schulabschluss ohne Probleme für Studiengänge an britischen Universitäten hätte bewerben können, gab es beim Bewerbungsverfahren in Kiel einfach eine Hürde, die erst überwunden werden konnte, als ich mich mit einem Brief an die Bildungsministerin und mit einem Schreiben an den Wissenschaftsstaatssekretär gewandt hatte. Ich möchte Frau Erdsiek-Rave und auch Jost de Jager ausdrücklich für ihre Hilfe in diesem Fall danken; denn im Interesse dieses jungen Mannes konnte das Problem gelöst werden.
Aber ich finde, es ist ein Unding, dass man in einem solchen Fall Abgeordnete, Minister oder Staatssekretäre einschalten und beschäftigen muss, um eine eigentlich selbstverständliche Bewerbung
Dieser Fall macht mir besonders deutlich, dass hier in der Tat noch eine unbefriedigende Situation vorliegt und dass hier noch ein erheblicher Handlungsbedarf besteht. Wir sind ja nun seit über 50 Jahren in einer Europäischen Union, und da sollte man jedenfalls in Europa in punkto wechselseitiger Anerkennung von Bildungsabschlüssen inzwischen eigentlich ein gutes Stück weitergekommen sein.
Das geschilderte Beispiel veranlasst mich zu der Anregung, in den Antrag der Grünen ausdrücklich auch schulische Abschlüsse mit aufzunehmen. Ich denke, wir können uns im Rahmen der Ausschussberatung mit diesem Antrag, der aus Sicht der FDP-Fraktion eine gute Grundlage und eine gute Initiative darstellt, noch einmal vertiefend mit dem Thema beschäftigen und vielleicht auch noch mit den zuständigen Ministerien über das eine oder andere sprechen. Insgesamt, wie gesagt, unterstützen wir die Initiative ausdrücklich.
Als Letztes möchte ich noch Folgendes kurz anmerken: Vor wenigen Tagen, am 9. September 2008, also vorgestern, gab es eine dpa-Meldung. Von mehreren Experten wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Deutschland bei der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse insgesamt einen erheblichen Nachholbedarf hat. Das betrifft also nicht nur das Land Schleswig-Holstein. Wir brauchen - das wissen wir alle - in Zukunft verstärkt Fachkräfte in vielen Bereichen. Die werden wir nur dann gewinnen können, wenn entsprechende Regelungen hinsichtlich der Berücksichtigung ihrer Qualifikationen ein flexibles, einfaches, transparentes und unbürokratisches Verfahren ermöglichen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Klug. - Das Wort für den SSW im Landtag hat dessen Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag vermischt meines Erachtens zwei Themenfelder: das Problem nicht kompatibler Berufsqualifikationen, also die Anerken
nung ausländischer Berufsabschlüsse, sowie die Frage, wie Migrantinnen und Migranten im heimischen Arbeitsmarkt integriert werden können. Um eines vorwegzuschicken: Keines der Themen lässt sich im Handumdrehen per Antrag lösen, und beide Themen sind natürlich höchst relevant für unsere Gesellschaft.
Zunächst zur Problematik von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen: Angesichts des anstehenden Facharbeitermangels ist es zur Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit unumgänglich, Ausländern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Im Zuge einer Freizügigkeit der Arbeitskräfte ist das natürlich keine Einbahnstraße. Auch deutsche Arbeitskräfte leiden darunter, dass ihre Abschlüsse im Ausland in manchen Fällen nur unter Schwierigkeiten anerkannt werden. Ich warne in diesem Zusammenhang allerdings vor Diskussionen, die eine Vereinheitlichung der beruflichen Qualifizierung anstreben. Wir wissen aus vielen europäischen Diskussionen, dass eine Vereinheitlichung in der Regel die Einigung auf dem niedrigsten Standard bedeutet und langatmige Verhandlungen voraussetzt. Der vorhin genannte Europäische Qualitätsrahmen ist ja auch nicht unumstritten, weil er von manchen auch als eine Einigung auf niedrigem Niveau kritisiert wird.
Der Antrag verweist meines Erachtens daher zu Recht auf die EU-Richtlinien, die es zu ändern gilt. Doch eine vollständige Harmonisierung - das sprach ich vorhin schon an - wird es nicht geben und auch nicht geben können, dazu sind die Unterschiede in den jeweiligen nationalen Berufssystemen einfach zu groß. Hinzu kommt, dass es auch nicht in unserem Interesse sein kann, eine Harmonisierung herbeizuführen, denn die EU ist auch nicht zuständig für Berufsabschlüsse. Darum sollten wir unsere Anstrengungen auf die Entwicklung möglichst einfacher Anerkennungsverfahren richten.
Wir brauchen in diesem Zusammenhang nicht zuletzt verstärkte Bemühungen, zu einer bilateralen Einigung zu kommen. Es wäre auch für grenzüberschreitende Zusammenarbeit im deutsch-dänischen Grenzland von großer Bedeutung, wenn diese bilateralen Absprachen verstärkt zu Ergebnissen führen könnten.
Das Land ist auch nicht allein zuständig in diesem Bereich. Wo das Land direkt gefragt ist, ist die Integration von Ausländerinnen und Ausländern in den heimischen Arbeitsmarkt. So mancher qualifizierte Akademiker oder Facharbeiter sitzt untätig herum, weil sich die Übersetzung seiner Zeugnisse hinzieht. Oder er ist im Behördendschungel auf der
Suche nach der kompetenten Stelle, wo seine Abschlüsse anerkannt werden. Auf diese Art und Weise werden - wir wissen das alle - eindeutig Ressourcen vergeudet.
Der schleswig-holsteinische Flüchtlingsrat bietet im Rahmen eines Projekts einen mehrsprachigen Wegweiser zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse an, der im Internet ständig aktualisiert wird. Das Ganze nennt sich „access“ und will die Migranten mit einem sicheren Aufenthaltsstatus bei der beruflichen Integration unterstützen.
Es ist die Krux einer projektfinanzierten Vorgehensweise, dass auch bei nachgewiesener Notwendigkeit eine Maßnahme zeitlich begrenzt ist. Das Projekt arbeitete seit 2005 und bot Informationen über die Anerkennung von Schul-, Berufs- und akademischen Abschlüssen, über zuständige Stellen und den Verfahren zugrunde liegende Regelungen. Die direkte Beratung endete allerdings im letzten Jahr. Das Projekt ist zwar beendet, der Beratungsbedarf endete natürlich nicht.
Ich weiß, dass die Kammern teilweise sehr engagiert die Informationssuchenden beraten und das natürlich kostenlos. Dennoch ist die kleinteilige Struktur sehr unübersichtlich für Ausländer. Sie müssen manchmal einen regelrechten Marathon durchlaufen, bis der richtige Ansprechpartner gefunden ist. Ob der dann auch tatsächlich den Abschluss anerkennt, ist dann wieder eine ganz andere Frage. Hier bot „access“ wirklich einen guten und niedrigschwelligen Zugang. Diesem Beispiel sollten die Arbeitsagenturen folgen. Eine Verbesserung der Beratung ist auf jeden Fall anzustreben.
Ich denke aber, dass eine Projektfinanzierung dafür nicht ausreichend ist. Es muss das Ziel sein, ein dauerhaftes Beratungsangebot zur Verfügung zu stellen. Ich denke, das ist etwas, was wir in der Ausschussberatung noch einmal miteinander diskutieren sollten.
Die angeschnittenen Problemfelder sollten wir also wirklich vertiefen, und wir sollten versuchen, auch in einer Anhörung zu sehen, wie wir nachhaltige Ergebnisse und ein nachhaltiges Angebot aufbauen können.
Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Das Wort für die Landesregierung hat nun der Wirtschaftsminister Dr. Werner Marnette.
Meine liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, in der Beurteilung der Lage sind wir uns alle einig. Wir sehen ganz klar, dass es zu einer Verknappung von Fachkräften in bestimmten Branchen kommt und dass sich diese Situation sicherlich auch noch über die Jahre verschlechtern wird.
Ich kann allerdings einige Punkte des Antrags, Frau Birk, nicht so ganz nachvollziehen und möchte darauf kurz eingehen. Sehr viele Verfahren - insbesondere im akademischen Bereich - sind einfach zu zeitaufwändig. Viele Zuwanderer kommen dabei in erhebliche Schwierigkeiten. Das Grundproblem ist meines Erachtens nicht eine mangelnde Vereinheitlichung der Anerkennungsverfahren, sondern ein Problem der fachlichen Bewertung. Die Bildungsstrukturen in den Herkunftsländern, insbesondere in Nicht-EU-Ländern, sind sehr unterschiedlich, und die Zusammenarbeit mit den dortigen Behörden ist oft schwierig und auch sehr zeitaufwändig. Sie schlagen vor, die Verfahren für die Bewertung schulischer, beruflicher und hochschulischer Abschlüsse in einen Topf zu werfen. Ich halte das für nicht sachgerecht. In Schleswig-Holstein, nicht aber in allen Bundesländern, gibt es über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus Angebote zur Gleichwertigkeitsprüfung. Für die Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen gibt es nämlich keine allgemeinen Rechtsgrundlagen und auch keinen allgemeinen Rechtsanspruch. Das gibt es nur speziell für die Gruppe der Aus- und Übersiedlerinnen und -siedler. Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen - kurz ZAB - im Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder befasst sich zentral mit der Bewertung und der Einstufung ausländischer Bildungsnachweise.
Frau Birk, es zeigt sich auch, dass dieser Antrag fast wörtlich in Bremen gestellt worden ist, aber darauf möchte ich hier nicht eingehen.
sondern er ist hier erarbeitet worden und wird vom Bundesarbeitsministerium gefördert. Sie finden diesen Leitfaden auch im Internet im Wissensportal unseres Hauses und dort unter einem ganz speziellen Stichwort. Ich möchte hier nochmals betonen weil es meines Erachtens nicht ganz klar herauskam -: Der Leitfaden enthält alle wichtigen Informationen und zuständigen Stellen für die Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse, beruflicher Qualifikationen, akademischer Abschlüsse und so weiter. Dort wird auch auf die Datenbank „Anabin“, das heißt „Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsnachweise“ -, ausdrücklich hingewiesen, die eine umfangreiche Dokumentation über das Bildungswesen einer Vielzahl ausländischer Staaten über die verschiedenen Abschlüsse und akademischen Grade sowie deren Wertigkeit anbietet. Und in wie vielen Sprachen ein solcher Wegweiser erscheint, ist aus meiner Sicht nicht das zentrale Grundproblem. Wir reden ja hier über Deutschland. Das Problem ist, wie wir es aus den praktischen Fällen wissen, die Schwierigkeit der fachlichen Bewertung.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind insgesamt in der Bewertung dieser so entscheidenden Frage einer Meinung. Ich möchte daher noch einmal kurz zusammenfassen, welche Position wir in diesem zentralen Thema haben.
Im Bereich der Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen ist noch sehr viel zu tun. Das müsste auch meines Erachtens in den Ausschüssen sachgerecht, sehr konstruktiv und sehr zügig bearbeitet werden. Da gibt es keine Differenzen.