Als eigenes Fazit ziehe ich: Nicht Ordnungspolitik oder Zwang sind hilfreich, sondern eher die sogenannten Win-Win-Situationen. Nur diese helfen uns weiter und diese sollten wir bei Erwachsenen und Kindern diesseits und jenseits der Grenze nutzen. Dann werden wir in ein paar Jahren sicherlich weiter sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass Sprachenvielfalt nicht nur integraler Bestandteil der Kultur unseres Landes ist, sondern auch gelebt wird, wird an der steigenden Nachfrage nach Dänischunterricht nicht nur an den Schulen, sondern auch an den Volkshochschulen und anderen Weiterbildungseinrichtungen deutlich. Die Volkshochschulen verzeichnen mittlerweile eine so hohe Nachfrage, dass sie mangels entsprechender Lehrkräfte den Bedarf gar nicht befriedigen können. An den Hochschulen hat sich die Zahl der Studierenden für das Fach Dänisch auf Lehramt in den letzten zehn Jahren insgesamt mehr als verdoppelt.
Dänisch ist auch im Alltag integriert. Bestes Beispiel dafür ist, dass es bei der Flensburger Berufsfeuerwehr fester Bestandteil der Grundausbildung ist, die dänische Sprache sprechen und verstehen zu können. Das ist zwar logisch, wenn man bedenkt, dass ein großer Teil der Flensburger Bevölkerung der dänischen Minderheit angehört, aber nicht unbedingt selbstverständlich.
Ein wesentlicher Grund, warum die Nachfrage für die dänische Sprache in den letzten Jahren gestiegen ist, sind gerade für Menschen aus der Grenzregion die Perspektiven auf dem dänischen Arbeitsmarkt. Obwohl die Perspektiven mittlerweile in Deutschland und auch in Schleswig-Holstein besser geworden sind, erleben Arbeitssuchende, dass ihnen in Dänemark oftmals interessantere und besser bezahlte Arbeitsplätze angeboten werden - allerdings nur dann, wenn sie auch über entsprechende Sprachkenntnisse verfügen.
Schüler wählen deshalb mittlerweile sehr bewusst Dänisch als weitere Fremdsprache, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Ältere Arbeitnehmer, die aufgrund ihres Alters auf dem heimischen Arbeitsmarkt keine Perspektiven mehr sehen, stellen fest, dass ihr Alter bei dänischen Unternehmen eine untergeordnete Rolle spielt, wenn neben der Qualifikation auch Sprachkenntnisse vorhanden sind.
Die Erkenntnis der Landesregierung, dass auf eine sich so verändernde Lage und auf die Nachfrage nach Dänisch als Unterrichtsfach - jetzt zitiere ich aus dem Bericht - „personell rechtzeitig reagiert“ werden muss, ist richtig. Was konkret wird dafür vonseiten der Landesregierung getan? - Hierzu wird in dem vorgelegten Bericht keine Aussage getroffen.
In Richtung Frauke Tengler möchte ich ein wenig Wasser in den Wein gießend sagen: Sie haben vorhin die Studierendenzahlen an den Universitäten Flensburg und Kiel erwähnt. Sie haben allerdings zu erwähnen vergessen, dass Herr Minister Austermann in der vorherigen Debattenrunde darauf hingewiesen hat, dass die Kieler Realschullehrerausbildung ausgelaufen ist und nicht mehr weitergeführt wird. Als zum Wintersemester 2006/2007 in Kiel noch Lehramtsstudenten für das Fach Dänisch aufgenommen wurden, waren es 103 Studierende an der Zahl. Diesen Nachschub aus Kiel wird es in Zukunft nicht mehr geben. In Flensburg gab es im Bachelor-Studiengang Vermittlungswissenschaften im gleichen Wintersemester gerade einmal 49 Studierende.
Die Erfahrung zeigt, dass sich bei einer Verlagerung von Lehrerausbildung das, was in Kiel verloren geht, in Flensburg sozusagen nicht 1:1 obendrauf packen lässt. Das ist schlicht und ergreifend die Erfahrung der Vergangenheit. Auf das Problem, dass es in den Bachelor-Studiengängen für Lehrer gerade in den kleinen Fächern einen Ausdünnungsprozess gibt, habe ich heute Morgen in der Debatte über den Religionsunterricht schon hingewiesen. Dort stoßen wir auf dasselbe Phänomen wie in anderen Fächern, etwa im Fach Dänisch. Man muss sich allerdings fragen, ob es nach den Entscheidungen der Landesregierung mit der guten Entwicklung der Studierendenzahlen im Fach Dänisch so weitergeht.
Abschließend möchte ich sagen, dass die gestiegene Nachfrage nach der dänischen Sprache deutlich macht, dass in einer Grenzregion die Sprache dann eine wachsende Bedeutung erlangt, wenn beide Seiten voneinander profitieren können. Das Miteinander und die Intensivierung auch der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind deshalb ein ganz wichtiger Beitrag, um bei der Vermittlung von Sprachkenntnissen - die Vermittlung von Kenntnissen der dänischen Sprache ist in Schleswig-Holstein sicherlich deutlich weniger ausgeprägt als umgekehrt die Verbreitung deutscher Sprachkenntnisse in Dänemark - zu einer stärkeren Balance und Ausgewogenheit zu kommen.
Dieser Prozess wird, wie ich denke, durch die Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Zukunft weiter gefördert. Diesen Prozess sollten wir auch von der Landespolitik her weiter unterstützen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die deutsche Bundesregierung verlangt, dass Menschen, die in Deutschland studieren und arbeiten wollen, ja sogar diejenigen, die mit einem Deutschen oder einem Migranten in Deutschland verheiratet sein wollen, möglichst gute
Deutschkenntnisse in ihren Heimatländern erworben haben. Wie sieht es aber aus, wenn wir an den lukrativen dänischen Arbeitsmarkt denken? Nur ein Bruchteil derjenigen, die in den letzten Jahren in Deutschland Dänisch lernen wollten, haben hier die Chance dazu gehabt. Dabei sind wir im nördlichen Landesteil noch gut dran. Was ist aber mit den Lübeckern oder mit den Menschen aus Geesthacht, die vielleicht auch nach Dänemark umsiedeln wollen oder müssen? Hier ist also noch viel zu tun.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass der SSW dieses Thema aufgegriffen hat und mit einer maximalistischen Forderung, nämlich Dänisch obligatorisch einzuführen, Schwung in die Sache gebracht hat. Die guten Zahlen der Nachfrage täuschen ja nicht darüber hinweg, dass wir ein Problem auf der Angebotsseite haben. Es wird über die mangelnde Angebotslage in den Volkshochschulen geklagt. Ich möchte ganz deutlich sagen - leider ist Herr Döring jetzt nicht anwesend -, dass ich hier auch eine Verpflichtung der Arbeitsagentur sehe. Wenn nachgewiesen ist, dass der dänische Markt für bestimmte Berufe nun einmal besonders chancenreich ist, erwarte ich, dass die Arbeitsagentur, statt zum dritten Mal irgendwelche Kurse für Bewerbungstraining anzubieten, ganz gezielt auch Dänischunterricht zur Verfügung stellt.
Zum anderen haben wir natürlich auf der Grundlage des deutsch-dänischen Partnerschaftsverhältnisses, der entsprechenden Verträge und der Geschichte unseres Landes eine besondere Verpflichtung, nicht nur der dänischen Minderheit zu ihrem Recht zu verhelfen, sondern auch etwas für die deutsch-dänische Nachbarschaft zu tun.
Was Herr Dr. Klug gerade gesagt hat, trifft für viele Nachbarschaften Deutschlands zu. Wie viele Polen können Deutsch und wie viele Deutsche können Polnisch? Wie viele Tschechen können Deutsch und wie viele Deutsche können Tschechisch? Das lässt sich natürlich auch für das deutsch-dänische Verhältnis durchdeklinieren, obwohl diese Nachbarschaft glücklicherweise nicht mehr so belastet ist, wie sie es in der Vergangenheit manchmal gewesen ist. Insofern ist der Vorschlag des SSW - so maximalistisch es vielleicht klingen mag, schon in den Kindergärten und Schulen mit der Vermittlung der dänischen Sprache anzufangen - richtig. Unter dem Aspekt der Autonomie der Kindertagesstätten und der Schulen sehe ich es natürlich als falsch an, wenn seitens des Ministeriums in einem bürokratischen Ukas gesagt wird: Ihr müsst dies tun. Es sollten aber Anreize gegeben werden und das Thema sollte weiter verfolgt werden, wie man
schrittweise tatsächlich zu einem flächendeckenden Angebot kommt, sodass es nicht mehr nur dem Zufall überlassen bleibt, ob jemand schon von Kindesbeinen an ein dänisches Sprachangebot vorfindet.
Die Erfahrungen, die viele Mitglieder der Grünen das unterstreiche ich an dieser Stelle - dadurch gemacht haben, dass sie sich als Deutsche durch den Besuch dänischer Kindergärten und Schulen Dänemark erschlossen haben, spiegeln sich sehr positiv zum Beispiel in unserer grünen Jugend wider, die immer sehr gut über das informiert ist, was in Dänemark passiert, die immer sehr gut über das Studium in Dänemark, über das dänische Schulsystem, seine Probleme, aber auch seine Chancen informiert ist. Wir sehen also auch bei unserer eigenen Mitgliedschaft im Norden, wie gut es tut, nachbarschaftlich im Austausch zu sein. Das möchte ich an dieser Stelle einmal unterstreichen.
Wir möchten - langer Rede kurzer Sinn -, dass der Aktionsplan des SSW ernst genommen wird. Wir möchten, dass wir uns mit Zahlen und Fakten realistisch auseinandersetzen. Dazu ist im Bildungsausschuss sicherlich Gelegenheit gegeben. Wir möchten insbesondere, dass diejenigen, die aufgrund der Arbeitsmarktsituation rasch und nicht erst in zehn Jahren Dänisch lernen wollen, entsprechende Angebote bekommen. Dafür sind nicht nur die Volkshochschulen entsprechend auszustatten, sondern auch die Arbeitsagentur hat hier ihre Pflicht zu tun.
Für die Gruppe des SSW erteile ich der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, vielen Dank für diesen doch sehr informativen Bericht. Ich weiß, dass er mit Interesse gelesen wird, zum Beispiel von den Mitgliedern der Regionalversammlung für die Region Slesvig/Sønderjylland, die sich immer wieder mit diesem Thema befasst haben. Einiges von dem, was ich sagen wollte, ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden. Ich werde folglich versuchen, nur auf ein paar Punkte einzugehen.
Jahren wirklich intensiviert hat. Das belegen auch die Zahlen der Grenzpendler. Vor zwei oder drei Jahren sprachen wir von ungefähr 2.500 Grenzpendlern. Heute sagen wir, dass mehr als 12.000 Menschen Grenzpendler sind. Der Grund dafür ist der wirtschaftliche Boom in Dänemark und der damit verbundene Arbeitskräftemangel. Folgerichtig ist es so, dass der überwiegende Teil der Grenzpendler Deutsche sind, die in Dänemark eine Arbeit gefunden haben. Für diese Menschen sind Dänischkenntnisse nicht nur die Eintrittskarte für den dänischen Arbeitsmarkt. Sie sind vielmehr auch der Schlüssel zu einer engeren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit insgesamt. Der Kollege Klug hat angeführt, dass die Flensburger Feuerwehr Dänisch lernt. Das tut sie, weil sie mit ihrem Rettungsdienst - so möchte ich fast sagen - den dänischen Markt bedient. Es gibt dabei in vieler Hinsicht eine Kosten-Leistung-Rechnung. Ich finde, das ist auch gut so.
Wir hoffen natürlich, dass all dieses grenzüberschreitend auch zu einer stärkeren kulturellen Verständigung führen wird, und zwar auch zwischen deutscher Mehrheit und dänischer Minderheit. Das wäre eine gute Folge der bisherigen Entwicklung.
Liebe Kollegin Franzen, die Diskussion um die zweisprachigen Ortsschilder ist etwas anders gelagert. Diese Diskussion ist vielleicht die Nagelprobe dafür, wie weit wir im Hinblick auf die kulturelle Verständigung gekommen sind. Natürlich macht sich nördlich der Grenze die schwierige deutsch-dänische Geschichte bemerkbar. Das darf man nicht unterschätzen. Vielleicht können wir eine Vorreiterrolle übernehmen und zeigen, was nördlich der Grenze machbar ist.
Der Bericht macht deutlich, dass wir in den letzten Jahren sehr viel weitergekommen sind und dass das Erlernen von Deutsch und Dänisch als Nachbarschaftssprachen im deutsch-dänischen Grenzland eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass wir im Grenzland insgesamt enger zusammenarbeiten und zusammenleben können. Die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler, die an den öffentlichen Schulen am Dänischunterricht teilgenommen haben, hat sich - die Kollegin Tengler sagte das - in den letzten Jahren wirklich hervorragend entwickelt. Jetzt sind es über 6.000 Schülerinnen und Schüler. Vor ein paar Jahren waren es knapp 4.000 Schülerinnen und Schüler.
Die Kollegin Tengler sprach weiterhin die Entwicklung in den Kindergärten an. Es ist richtig, dass die ADS Dänisch in den Kindergärten anbietet. Das Problem ist aber, dass das nur ehrenamtlich läuft. Wenn wir hier etwas mehr Nachhaltigkeit erreichen wollen, dann müssen wir dem ADS auch eine Projektförderung und eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Im Moment weiß ich nicht, wie das zu machen wäre, aber es wäre wünschenswert.
Es wurde auch gesagt, dass das Problem bestehe, dass die Volkshochschulen der Nachfrage nach Dänischunterricht nicht nachkommen könnten, weil ihnen die Lehrkräfte fehlen. Die Landesregierung geht selbst davon aus, dass die anhaltend positiven Studien- und Berufsperspektiven zu einer steigenden Nachfrage nach Dänisch als Unterrichtsfach in den Volkshochschulen führen wird. Sie will auch personell darauf reagieren. Das begrüßen wir. Wir hätten uns aber einige konkrete Angaben dazu gewünscht, wie das erreicht werden soll und welche finanziellen Ressourcen die Landesregierung dafür verwenden wird. Wir haben diese positive Entwicklung. Es bleibt aber die Frage, was nachhaltig verbessert werden kann, und bei dieser Frage komme ich zu den Referendariatsplätzen. Dort gibt es ein Problem. Ich weiß das, weil mir Einzelfälle bekannt sind. Ich werde der Ministerin einen lieben Brief dazu schreiben, denn es kann eigentlich nicht angehen, dass junge Leute, die das Fach Dänisch studiert haben, noch nach einem Jahr keinen Referendariatsplatz bekommen haben. Ich denke, das ist nicht wünschenswert. Hier müsste sich etwas machen lassen.
Genannt wurde auch die Situation an den Gymnasien und die gute Entwicklung im Bereich der Hauptund Realschulen. Aus unserer Sicht muss es auch dort darum gehen, dass wir ein zusammenhängendes Angebot bekommen. Nicht alle Gymnasien brauchen Dänisch als Fremdsprache vorzuhalten, aber es muss ein zusammenhängendes Angebot vorgehalten werden. Daher war unsere Forderung nach einem Aktionsplan so zu verstehen, dass die Rahmenbedingungen für diese Weiterentwicklung geschaffen werden müssen. Das Ministerium soll Zwischenschritte benennen, wie diese Ziele, die auch im Bericht genannt werden, bis 2010 umzusetzen sind. Ich glaube, hierzu werden wir im Ausschuss noch etwas sagen können.
Das Meiste habe ich nicht geschafft, aber Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben auch schon viele Informationen zu diesem Thema genannt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/1681, zur abschließenden Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Bündnis gegen Essstörungen - Heilungsprozesse durch Beratung, Behandlung und Begleitung sicherstellen
Ich erteile der Berichterstatterin des Sozialausschusses, Frau Abgeordneter Siegrid Tenor-Alschausky, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sozialausschuss hat den ihm durch Plenarbeschluss vom 29. Juni 2006 überwiesenen Antrag zum Thema „Bündnis gegen Essstörungen Heilungsprozesse durch Beratung, Behandlung und Begleitung sicherstellen“ in fünf Sitzungen, zuletzt am 6. September 2007, beraten.
Er empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimme von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der FDP, den Antrag abzulehnen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin und eröffne die Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Angelika Birk das Wort.