wäre, sondern der zweitgünstigste, der aber die Heuertarife für seine qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlt. Und aus dem Schriftverkehr wissen wir ja, wie wichtig gut qualifiziertes Personal für die Sicherheit an Bord, aber auch für die eingespielte Zuarbeit für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist. Genau darum geht es ja bei Forschungsschiffen. Dass nun gerade staatliche Schiffe in den Bereich von Dumpinglöhnen geraten können, ist schon schwer zu verstehen. Deshalb haben wir die Konsequenz gezogen, die eine Landtagsfraktion aus diesen Vorfällen ziehen kann: Wir bringen einen Gesetzentwurf ein, der die Anwendung des Tariftreuegesetz ausweitet, und hoffen, dass es in der Kontinuität dieses guten Gesetzes zu einer breiten Zustimmung kommt.
Letzter Satz! Der Wirtschaftsminister hat uns gestern belehrt, dass nicht immer der Billigste auch der Beste ist. Mindestens bei der Frage stimme ich ihm ausdrücklich zu.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon verwunderlich, dass wir hier und heute über diesen Gesetzwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN debattieren. Mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf soll ein Gesetz geändert werden, das derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht auf seine Verfassungsmäßigkeit hin überprüft wird.
Und wir sollen dieses möglicherweise verfassungswidrige Gesetz heute ändern? - Ein erstaunlicher Plan des Kollegen Müller!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen sie mich etwas zum Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfes sagen. Das Tariftreuegesetz des Landes, das wir von der CDU-Landtagsfraktion damals abgelehnt haben, gilt bisher nur für die drei Bereiche Baumaßnahmen, Schienenpersonennahverkehr und Abfallentsorgung. Nun sollen diese drei Bereiche um ,,Seedienstleistungen auf Forschungsschiffen im öffentlichen Dienst“ ergänzt werden, ein vierter Bereich soll also hinzukommen. Herr Kollege Müller, Sie haben eben ja schon angedroht - oder ich weiß nicht, wie man es bezeichnen soll -, dass eine fünfte Branche,
eine sechste Branche oder eine siebente Branche vielleicht noch dazukäme. Damit können Sie natürlich in jeder Plenarsitzung einen Tagesordnungspunkt setzen, zu dem Sie ans Mikrofon können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das eigentliche Ziel, das der Kollege Müller an dieser Stelle verfolgt, ist, einen Keil in die große Koalition zu treiben. Lieber Herr Kollege Müller, das wird Ihnen bei diesem Gesetzentwurf mit Sicherheit nicht gelingen.
Vielmehr bin ich darüber erstaunt, dass ausgerechnet Sie - ich erinnere mich gut an die gestern geführte Debatte über den Wettbewerb auf der Schiene, in der Sie sich für den Wettbewerb stark gemacht haben -, heute mit dem Tariftreuegesetz kommen.
Sehr geehrter Herr Kollege Müller, je mehr ich über Ihren Gesetzentwurf nachdenke - das habe ich, wie Sie sehen -, desto mehr fallen mir Fragen ein, die Sie mir im Ausschuss beantworten müssen. Wie wollen Sie die Einhaltung des Gesetzes auf hoher See eigentlich kontrollieren in Zeiten, in denen wir täglich über Bürokratieabbau sprechen? Herr Kollege Müller, wie wollen Sie verhindern, dass die Seeleute zwar nach Tarif bezahlt werden, aber im gleichen Atemzug überhöhte Preise für ihre Unterkunft und Verpflegung an Bord zahlen müssen? Dies lässt sich - da bin ich mir ziemlich sicher - schwer oder vielleicht auch gar nicht kontrollieren.
Ist es überhaupt notwendig, Tarife durch ein Gesetz festzuschreiben? Ich meine, nein; es reicht völlig aus, Ausschreibungen, wie sie die Grünen stetig fordern, mit entsprechenden Kriterien zu versehen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass dieser Gesetzentwurf und das Tariftreuegesetz an vielen Stellen noch nicht ausreichend diskutiert wurden. Das sollten wir nachholen. Daher stimmen wir der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Wirtschaftsausschuss zu und freuen uns auf eine lebhafte Debatte. Wenn Sie noch einmal so einen Gesetzentwurf haben, dann sammeln Sie erst die ganzen Punkte, die Sie
(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Letzteres war wenigstens ehrlich!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hat in seiner Sitzung am 20. Februar 2003 das Tariftreuegesetz beschlossen. Eine Initiative der Bundesregierung, auf Bundesebene eine gesetzliche Regelung zu schaffen, war zuvor im Juli 2002 im Bundesrat gescheitert - Stichwort Wahlkampf.
Ziel des Tariftreuegesetzes war und ist es, bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, insbesondere im Bausektor, aber auch beim Schienenpersonennahverkehr und bei der Abfallentsorgung, die Einhaltung der einschlägigen Tarifverträge zur Auflage zu machen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Unternehmen tarifgebunden ist oder nicht. In die Tarifautonomie greift das Gesetz nicht ein. Aufgrund so genannter Tariftreueerklärungen soll verhindert werden, dass durch Lohndumping ermöglichte Billigangebote belohnt und gleichzeitig Arbeitsplätze qualifizierter deutscher Arbeitnehmer - und hier insbesondere in Schleswig-Holstein - gefährdet oder sogar vernichtet werden.
Die Bauwirtschaft in Schleswig-Holstein hatte das Gesetz seit dem Jahr 2001 vehement gefordert, wenn Sie sich erinnern. Ich rufe noch einmal in Erinnerung: Das erste Bundesland, das ein Tariftreuegesetz bereits im Jahr 1996 erlassen hat, war - man wundere sich - Bayern. Inzwischen befinden wir uns in guter Gesellschaft: Nach Berlin, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland hat nun auch Hamburg - das wird ja oftmals beispielhaft dargestellt - im vergangenen Jahr sein Vergabegesetz geändert und eine Tariftreueerklärung für Bauleistungen eingeführt.
Das Tariftreuegesetz des Landes Schleswig-Holstein gilt für Landesbehörden und die Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs, es gilt wegen des Konnexitätsprinzips nicht für die Kommunen. Dennoch wenden einige Kommunen das Gesetz für ihre Auftragsvergaben dankenswerterweise an.
Ich will an dieser Stelle auch nicht verschweigen - es ist hier gesagt worden -, dass der Bundesgerichtshof durchaus verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Berliner Tariftreuegesetz erhoben und die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat. Es gibt aber keine Entscheidung.
Es ist bis heute auch noch nicht abschließend geklärt, ob die Tariftreuegesetze der deutschen Bundesländer möglicherweise gegen das Prinzip der europäischen Dienstleistungsfreiheit, das in Artikel 49 EG-Vertrag niedergelegt ist, verstoßen. Es besteht also durchaus nach wie vor eine rechtliche Unsicherheit.
Damit komme ich zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ziel ist es, durch diese beantragte Gesetzesänderung die Regelungen des Tariftreuegesetzes auf Seedienstleistungen auf Forschungsschiffen im öffentlichen Dienst auszudehnen. Auslöser hierfür ist ein Petitionsschreiben des Kapitäns und der Besatzung des Forschungsschiffes „METEOR“. Es geht darum, dass der Bund in den Jahren 2002/2003 die Bereederungsverträge der mittelgroßen deutschen Forschungsschiffe durch die Universität Hamburg hat ausschreiben lassen. Es handelt sich um die Forschungsschiffe „ALKOR“, „POSEIDON“, „HEINCKE“ sowie ein seinerzeit im Bau befindliches Eisrandschiff. Die Einladung für die Indienststellung bei der Kröger Werft steht ja bevor. Die Forschungsschiffe „ALKOR“ und „POSEIDON“ gehören übrigens dem Land Schleswig-Holstein.
Als Ergebnis der Ausschreibung hat die Vergabekammer bei der Finanzbehörde Hamburg entschieden, den Auftrag einer Reederei zu erteilen, die offenbar zum Teil Personal beschäftigt, das seinen Lebensmittelpunkt außerhalb der EU hat. Die Reederei, die zuvor die Dienstleistung erbracht hatte, hat aus diesem Grund gegen die Vergabeentscheidung Beschwerde eingelegt.
Der Bereederungsvertrag für das im Eigentum des Bundes stehende Forschungsschiff „METEOR“ wurde bis Ende des Jahres verlängert. Eine Vertragserneuerung soll über eine Neuausschreibung erfolgen. So weit der Sachverhalt.
Nach den mir vorliegenden Informationen werden alle Bereederungsverträge für die deutschen Forschungsschiffe vom Bund abgeschlossen. Dies gilt auch für die beiden in Schleswig-Holstein angesiedelten Forschungsschiffe. Das ist der entscheidende Punkt. Es würde danach überhaupt keinen Sinn machen, das Tariftreuegesetz des Landes SchleswigHolstein um diesen Sektor zu ergänzen.
trage ich für die SPD-Fraktion, dass wir uns über diesem Sachverhalt im zuständigen Ausschuss unterhalten. Dann wird, glaube ich, auch deutlich, dass sich Land und Bund abstimmen müssen, dass aber auch der Bund gefordert ist. Aus diesem Grund greift auch das Landesgesetz in diesem Punkt nicht.
Letzte Bemerkung, die ich mir nicht ersparen kann und will: Der Kollege Ritzek - ich weiß nicht, ob er hier ist -
hatte 2003 dankenswerterweise auf die Gefahr hingewiesen, dass die qualifizierten Besatzungen der Forschungsschiffe „ALKOR“, „POSEIDON“ und „Heincke“ ihre Arbeitsplätze verlieren und gegen Billigarbeitskräfte eingetauscht werden. Ich glaube, dass es einheitliche Meinung im ganzen Haus ist, dass wir dies alle nicht wollen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich muss das noch lernen, wie sich die Abgeordneten der großen Koalition hier immer so herausmogeln. Ich finde das schon sehr spannend.
Lieber Kollege Müller, natürlich erspare ich Ihnen den Hinweis auf die gestrige Sitzung nicht. Das war eine ordnungspolitische Pirouette, die Sie hier gedreht haben, gestern so und heute so.
Lieber Kollege Arp, ich kann es ganz kurz machen. Wir können den Gesetzentwurf gern an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Ich sage aber schon heute, was ich auch im Wirtschaftsausschuss sagen werde: Die Grünen möchten das Tariftreuegesetz ausweiten, um Arbeitsplätze zu retten - behaupten sie.
Ich sage Ihnen: Das würde schief gehen, genauso wie es schon in der Bauwirtschaft schief gegangen ist.