Protocol of the Session on September 13, 2007

Geradezu paradox ist es, wenn Sie sich in der Begründung Ihres Antrages auf den Bericht des Landesrechnungshof aus dem Jahr 2004 beziehen. Zu diesem Zeitpunkt, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hatten Sie das Heft des Handelns mit in der Hand. Und was haben Sie getan? - Nichts.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist falsch und das wissen Sie!)

Die CDU hat bereits im Jahr 2002 - das war in Ihrer Regierungsverantwortung - die Verkürzung der Wartezeit bei Neugründungen von Schulen in freier Trägerschaft bis zum Einsetzen der staatlichen Bezuschussung von vier auf zwei Jahre gefordert. Es war Ihre damals noch an der Regierung beteiligte Fraktion, die sich diesem Vorschlag der Verkürzung auf zwei Jahre verschloss und somit dafür Sorge getragen hat, dass Schleswig-Holstein das Land mit dem niedrigsten Anteil von Schulen in freier Trägerschaft und mit den höchsten Hürden für deren Gründung und Erweiterung ist.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Im neuen Schulgesetz hat sich die CDU erneut mit der Verkürzung der Wartezeit für neu zu gründende Schulen in freier Trägerschaft auf zwei Jahre stark gemacht und durchgesetzt.

An dieser Stelle ein Wort an unseren Koalitionspartner. Sie brauchen uns nicht zum Jagen zu tragen. Wir haben unsere Position gegenüber den Privatschulen bei den Beratungen zum Schulgesetz klar und deutlich formuliert. Leider wurden wir nicht erhört.

Die Vertreter der Waldorfschulen haben eine Petition eingereicht, um im Schulgesetz für eine Besserstellung ihrer Einrichtung zu kämpfen. Ihre For

derungen finden Sie alle im vorliegenden Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wieder. Wenn die Initiatoren von einer Besserstellung sprechen, muss man klarstellen, dass es vorrangig darum geht, überhaupt zunächst einmal den Status quo der Förderungsmodalitäten wieder herzustellen. Bis zum Jahr 1989 war die Bezuschussung mit 85 % auf Basis des Vorjahres zufriedenstellend geregelt. Danach wurde der Bemessungssatz der Finanzhilfe von 85 auf 80 % gekürzt. In den Folgejahren wurden die Bezuschussungskriterien weiter verschlechtert, indem unter anderem die Berechnungen bezogen auf das Basisjahr 2001 festgelegt wurden.

Die Privatschullandschaft in Schleswig-Holstein weist heute mit 3,3 % die niedrigste Schülerzahl im ganzen Bundesgebiet auf. Hier tragen wir die rote Laterne vor uns her. Ein Zustand, der nach Auffassung der CDU-Fraktion untragbar ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Torsten Geerdts [CDU])

Wir sehen pädagogisch, schulpolitisch und auch gesellschaftlich einen Bedarf an einem weiteren differenzierten Angeboten im Schulbereich.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Dann mal zu!)

Schulen freier Träger bereichern unsere Schullandschaft und eröffnen neue pädagogische Wege, und das alles mit engagierten Pädagogen, die wesentlich schlechter entlohnt werden als ihre Kollegen an öffentlichen Schulen, und das alles mit engagierten Eltern, auf die neben ihren Schulgeldzahlungen weitere finanzielle Belastungen zukommen.

Meine Damen und Herren, für die CDU ist es wichtig, dass wir für die privaten Schulen in SchleswigHolstein zukünftig wieder Perspektiven aufbauen.

(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Hinweise des Landesrechnungshofs nehmen wir dabei sehr ernst. Er stellt fest, dass es keinen sachlichen Grund für die unterschiedliche Berechnung der Schülerkostensätze gibt.

Wir werden alles daran setzen, um zu einer gerechten Lösung zu kommen. Des weiteren werden wir einen eigenen Gesetzentwurf für Schulen in freier Trägerschaft in Schleswig-Holstein einbringen. Damit wollen und werden wir der Bedeutung und dem Stellenwert privater Schulen auch in unserem Lande Rechnung tragen. Zwecks weiterer Beratung beantrage ich für die CDU-Fraktion die Überweisung an den Bildungsausschuss.

(Susanne Herold)

(Beifall bei CDU, FDP, SSW und der Abge- ordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Ich danke Frau Abgeordneter Herold. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Henning Höppner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Herold, ich denke, wir werden den Antrag gemeinsam einbringen und gemeinsam diskutieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum Schulgesetz im Jahre 2006 hat es seinerzeit seitens der Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen, aber auch durch den Vorsitzenden des Verbandes der Privatschulen in Schleswig-Holstein, Herrn Dr. Wichelmann, Änderungsvorschläge gegeben die deutlich gemacht haben, dass die Bezugsparameter für die Festlegung des jeweiligen Schülerkostensatzes, nämlich die Zugrundelegung eines Basisjahres 2001, aber auch die Zuschusshöhe von 80 % für den allgemeinbildenden Bereich und insbesondere - das war die Aussage von Herrn Dr. Wichelmann - von 50 % für den berufsbildenden Bereich, nicht auskömmlich seien.

Einen solchen Antrag, wie die Grünen ihn allerdings heute gestellt haben, hat es damals bei der Verabschiedung zum Schulgesetz nicht gegeben. Seit kurzem gibt es nun - sagen wir - eine Kampagne, die - von der Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen organisiert und unterstützt von den Schülerinnen und Schülern und den Lehrerinnen und Lehrern dort - es zum Ziel hat, die Politik davon zu überzeugen, dass die freien Schulen im Grundsatz eine 100-prozentige Förderung benötigen. Insbesondere auf diesen Umstand werden wir als Bildungspolitiker auch ganz häufig persönlich angesprochen. Es wird uns gegenüber immer deutlich gemacht, dass es kein Staatsmonopol im Bereich der Schulbildung gibt. Das Staatsmonopol mag ja bezweifelt werden, aber der Staat hat im Rahmen seines Auftrags der Daseinsvorsorge die Pflicht, überall dort, wo Menschen leben und wo es Kinder gibt, und überall dort, wo ein öffentliches Bedürfnis besteht, Schulen im Zusammenwirken mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden einzurichten. Der Staat ist - wie die Gemeindeverbände - zum Schule-Halten verpflichtet.

Anders ist diese Situation bei freien Schulen, die ihre Einrichtung dort aufbauen und unterhalten

können, wo es das private Interesse gibt, also auch einen Markt für Schülerinnen und Schüler und für Eltern, die andere Konzepte wollen als die der öffentlichen Schulen. Entsprechend - das muss man hier festhalten - ist es so, dass die Standorte der privaten Schulen in Schleswig-Holstein - bis auf eine Ausnahme, das ist Lensahn - nur in den verdichteten Räumen sind, also dort, wo die Einzugsbereiche Zigtausende von Einwohnern umfassen. Das kann sich der Staat für seine öffentlichen Schulen nicht so aussuchen. An öffentlichen Schulen gibt es daneben für den Besuch von Unterricht und von Schulveranstaltungen Schulgeldfreiheit.

Ich sage das noch einmal, Frau Kollegin: Für den Besuch von Unterricht und Schulveranstaltungen, weil das ein Begriff ist, der im ersten Schulgesetz des Landes Schleswig-Holstein festgehalten war, lange bevor es Schülerförderung gab, die gab es erst ab 1967, und erst ab 1981 für die Gymnasien. Schulgeldfreiheit bedeutet schulgeldfreie Teilnahme am Unterricht. Würden wir die Privatschulen wie die öffentlichen Schulen zu 100 % fördern und könnten diese oben drauf noch Schulgeld von den Eltern verlangen - was öffentliche Schulen nicht dürfen -, würden wir selbst mit einer solchen 100-Prozentregelung unsere eigenen öffentlichen Schulen gegenüber Privatschulen benachteiligen. Das ist eine Sache, die so nicht angehen kann. Damit ist klar: Die Förderung in der Größenordnung von 100 % kann es für unsere Schulen nicht geben.

Meine Damen und Herren, der Schülerkostensatz besteht bekanntermaßen aus dem Personalkostenanteil, den das Land trägt, und aus dem durchschnittlichen Betriebs- und Sachkostenanteil. Das sind die sogenannten Schulkostenbeiträge, die das Land von den kommunalen Schulträgern vereinnahmt und als Teil des Schülerkostensatzes an die freien Schulen weiterreicht. Bezogen auf den Antrag der Grünen auf eine prozentuale Erhöhung der Anteile der Schülerkostensätze und gleichwohl noch auf zusätzliche Investitionskosten würde dieses bedeuten, dass die Kommunen auch an der Erhöhung der Schülerkostensätze beteiligt werden, und zwar in einem erheblichen Umfang, denn sie machen erforderlich, dass entsprechend § 113 des Schulgesetzes auch investive Kostenanteile eingerechnet werden, die sich das Land wiederum bei den Schulträgern holt. Das sind - um es hier einmal ganz klar zu sagen - 191,25 €, die eine Kommune pro Schüler an freien Schulen tragen muss, neben der 5-prozentigen Erhöhung der Sachkostenanteile. Ich denke, das ist ein Aspekt, den wir bewerten sollten und den wir nicht einfach in der Diskussion um die Änderung des Gesetzes lax wegwischen können.

(Susanne Herold)

Meine Damen und Herren, ich will zum Schluss kommen. Wir wissen um die Problematik der Schülerkostensätze für die Schulen in freier Trägerschaft. Aber wir werden in den Positionen in Ruhe und nach Prüfung aller Fragen und Zusammenhänge - auch solcher, die ich eben genannt habe - eine Entscheidung treffen. Wir sind uns darüber einig, dass dieses erst mit dem Doppelhaushalt 2009/2010 haushaltswirksam werden kann. Wir haben also Zeit, hierüber in Ruhe zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Haben wir noch eine Koalition?

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Höppner. Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Schulen in freier Trägerschaft geraten durch die ihnen Anfang des Jahres 2008 drohenden Mittelkürzungen an den Rand einer Existenzkrise und zum Teil geraten sie vielleicht auch darüber hinaus.

Sie müssen bislang mit maximal 80 % der Kosten staatlicher Schulen als Finanzhilfe auskommen. Viele Schulen erhalten aber tatsächlich deutlich weniger, als die im Gesetz genannten 80 %. Bei Waldorfschulen beträgt zum Beispiel allein die Differenz aufgrund der Abkopplung von der Anbindung an die staatlichen Schulkosten des jeweiligen Vorjahres - das ist ein fiktiver, festgeschriebener Satz aus dem Jahre 2000, der im geltenden Schulgesetz verankert worden ist - mehr als 110 € pro Schüler im Jahr. Und das ist nur eine von vielen Benachteiligungen.

Altersvorsorgekosten tauchen im staatlichen Gesamtschülerkostensatz, der beispielsweise bei den Waldorfschulen von entscheidender Bedeutung ist, nur in homöopathischen Dosen auf. Im Vergleich zu anderen Schülerkostensätzen ist der Unterschied eklatant. Ich habe das in mehreren Kleinen Anfragen mal abgefragt. Im Jahr 2000 betrug zum Beispiel der Anteil der Altersvorsorgekosten im Gesamtschülerkostensatz 63 DM, bei Realschulen über 1.400 DM, bei Gymnasien mehr als 1.700 DM. Das liegt einfach daran, dass an den Gesamtschulen noch nicht viele Lehrkräfte in Ruhestand gegangen sind. Wenn man die Waldorfschulen an diesen Gesamtschülerkostensatz bindet obwohl sie natürlich alle Altersvorsorgekosten, sprich Rentenbeiträge, für ihre Beschäftigten entrichten müssen -, dann ist das eine eklatante struk

turelle zusätzliche Benachteiligung in einer ganz erheblichen Größenordnung.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Summe dieser Benachteiligungen gibt an sich schon Anlass, die Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft auf eine neue, faire Grundlage zu stellen. Mit den ab Anfang 2008 drohenden weiteren Einschnitten wird die Lage für die Schulen vollends unzumutbar. Erschwerend kommt noch hinzu, was mir bei Schulbesuchen, wie etwa im Haus Arild, einer staatlich genehmigten Heimsonderschule in freier Trägerschaft, verdeutlicht worden ist: Der Bewilligungsbescheid, den die Schulen für das nächste Schuljahr erhalten sollen, wird erst im Oktober 2007 erwartet, also zu einem Zeitpunkt, wenn wegen des Schuljahresbeginns Ende August bereits sämtliche Planungen und Entscheidungen für das laufende Schuljahr abgeschlossen sind.

Es müssen Lehrer für das laufende Schuljahr beschäftigt und eingesetzt werden. Man erhält aber erst im Oktober, also mehrere Monate nach Schuljahresbeginn, Klarheit über die finanzielle Lage im kommenden Jahr. Bei einer Schule, die - wie zum Beispiel im Haus Arild - möglicherweise mit 6 % Kürzungen rechnen muss, macht das einen Betrag von 140.000 € aus. Genau lässt sich das derzeit noch gar nicht beziffern. Damit sind dann zwei Lehrergehälter, die durch den Einsatz in den Klassen bezahlt werden müssen, nicht mehr finanziert. Das ist eine völlig unzumutbare Situation, in die eine solche Schule während des laufenden Betriebes hineingerät.

(Beifall bei der FDP)

Auch deshalb sehe ich akuten Handlungsbedarf. Wir können nicht bis zum Doppelhaushalt 2009/ 2010 warten.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollten vielmehr anhand des vorliegenden Gesetzentwurfs der Grünen, den die FDP begrüßt und für eine gute Grundlage für eine Neuregelung der Finanzhilfe hält, jetzt sehen, wie wir die akuten Probleme der Schulen in freier Trägerschaft lösen können.

Zum Schluss möchte ich sagen: Wir begrüßen die hälftigen Ausgleichszahlungen für die in der Wartefrist vorenthaltenen Zuschüsse. Wir begrüßen die Anbindung an die Schülerkostensätze staatlicher Schulen aus dem jeweiligen Vorjahr. Ich hatte dies schon erwähnt. Ferner begrüßen wir die Anhebung

(Dr. Henning Höppner)

auf 85 % bei den allgemeinbildenden Schulen sowie auch die Berücksichtigung der Investitionskosten. Vieles davon haben wir in früheren FDP-Anträgen hier im Landtag bereits zum Teil wiederholt beantragt. Zuletzt haben wir anlässlich der Schulgesetzberatungen Anfang des Jahres und zum Haushalt Ende letzten Jahres Anträge gestellt. Hier ging es um die Frage der Kürzung der Lehrerpersonalkosten.

Wir halten die Schulen in freier Trägerschaft für ein unverzichtbares Bildungsangebot. Wir sehen Sie auch - anders als die Sozialdemokraten - als gleichberechtigte Teilhaber bei der Erfüllung des öffentlichen Bildungsauftrags. Insoweit halte ich das Bild der SPD vom Staatsmonopol im Schulbereich für falsch. Ich denke, es geht darum, eine faire Partnerschaft zwischen dem Land und den Schulen in freier Trägerschaft zu erreichen. Dafür bedarf das Schulgesetz dieses Landes einer Generalrevision.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug. - Für den SSW im Landtag hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht zuletzt der PISA-Schock hat viele Eltern dazu gebracht, über Alternativen zu den öffentlichen Schulen nachzudenken. Oftmals sind es gerade große öffentliche Schulen, die Eltern befürchten lassen, dass ihr eigenes Kind sich in einem derartigen System nicht zurechtfinden könnte. Sie wollen nicht, dass ihr Kind in einem unübersichtlichen Betrieb untergeht und wählen darum eine Privatschule, die in der Regel eine geringere Schülerzahl aufweist. Abseits der öffentlichen Schulen finden diese Eltern einen angemessenen Platz für ihre Sprösslinge. Dafür sind sie bereit, Schulgeld zu berappen. Zwischen 200 € und 400 € im Monat werden als Schulgeld fällig, wenn das Kind eine Privatschule besucht. Der Besuch einer Privatschule darf aber nicht nur das Vorrecht der Besserverdienenden sein. Darum hat der SSW in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Privatschulen einen Anspruch darauf haben, vom Land so unterstützt zu werden, dass ihre Existenz gesichert ist.

Im bundesweiten Vergleich ist das Angebot der Privatschulen in Schleswig-Holstein noch unterdurchschnittlich. Sicherlich ist das ein Grund dafür, dass

immer mal wieder eine neue Schule öffnet wie jetzt in Flensburg die Ostseeschule. In Flensburg besteht nach den Sommerferien also die Wahl zwischen öffentlichen und zwei privaten Schulen. Ich bin davon überzeugt, dass sich eine derartige Angebotsvielfalt wohltuend auf die pädagogische Landschaft vor Ort auswirken wird.