immer mal wieder eine neue Schule öffnet wie jetzt in Flensburg die Ostseeschule. In Flensburg besteht nach den Sommerferien also die Wahl zwischen öffentlichen und zwei privaten Schulen. Ich bin davon überzeugt, dass sich eine derartige Angebotsvielfalt wohltuend auf die pädagogische Landschaft vor Ort auswirken wird.
Trotzdem ist es richtig, nicht gleich jede Privatschule finanziell abzusichern. Zunächst müssen sich die privaten Schulen ebenso wie ihre Konzepte und ihre Lehrkräfte bewähren. Diese Probephase ist notwendig, um zu verhindern, dass auf den Rücken der Schülerinnen und Schüler herumexperimentiert wird. Darum stellen wir auch die Frage, ob es wirklich angemessen ist, die Wartezeit jetzt faktisch auf ein Jahr zu verkürzen, wie es der Antrag vorschlägt. Ich sage auch ausdrücklich: Wir lassen uns im Ausschuss gern eines Besseren belehren.
Der SSW weiß aus seinen langjährigen Kämpfen um die Anerkennung der dänischen Schulen im Land, dass die Kultusbürokratie nicht immer einfach zu handhaben ist. Darum gilt unsere Sympathie denjenigen, die deutschen Schülerinnen und Schülern eine Alternative bieten wollen. Privatschulen sind also keineswegs ein Störfall, wie es uns manche Kultuspolitiker gern glauben machen wollen. Vielmehr sind sie - wenn auch nur für wenige - eine gangbare Alternative. Ein Privatschulgesetz würde sicherlich manches Missverständnis ausräumen. Wir sollten über dieses Vorhaben allerdings noch einmal gesondert sprechen. Es ist angekündigt worden, dass von der Großen Koalition ein Gesetzentwurf zum Privatschulgesetz kommen wird.
- Ja, das habe ich mir auch aufgeschrieben. Ich bin auch gespannt, ob das nun die Große Koalition oder ob es das Ministerium ist. Die Diskussion können wir dann noch führen. Die Forderung nach der Gleichstellung der Privatschulen berührt einen wichtigen Punkt in der Arbeit der SSW-Landtagsfraktion. Der vorliegende Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nimmt ausdrücklich Bezug auf die Schulen der dänischen Minderheit. Daher noch einmal zur Klarstellung: Die Schulen der dänischen Minderheit sind quasi öffentliche Schulen für die Minderheit. Genau daraus leitet sich zwingend ihr Gleichbehandlungsanspruch ab. Die schleswig-holsteinische Landesverfassung, die Europäische Sprachencharta, die Rahmenkonvention des Europarates zu Schutz und Förderung nationaler Minderheiten in Europa, aber auch der letzte Staatenbericht des Europarates zur Rahmenkonven
Um es noch einmal ganz plastisch auszudrücken: Für die Kinder der Minderheit gibt es nur die dänischen Schulen. Sie haben im Gegensatz zu Kindern, die zum Beispiel eine Waldorfschule besuchen, nicht die Wahl zwischen einem öffentlichen und einem privaten System. Ihr öffentliches System sind die Schulen des dänischen Schulvereins. Das unterscheidet sie trotz allem von den Schülerinnen und Schülern der zehn Waldorfschulen und der anderen Privatschulen in Schleswig-Holstein. Ich habe dies noch einmal angeführt, weil ich weiß, dass es in den Diskussionen im Land immer wieder eine Rolle spielt. Ich bleibe aber dabei: Die Privatschulen im Land sind eine Bereicherung der pädagogischen Landschaft in Schleswig-Holstein. Wir wollen, dass diese Möglichkeit für Eltern da ist. Dazu gehört natürlich auch die finanzielle Absicherung der Privatschulen.
Ich danke Frau Abgeordneter Spoorendonk. - Für die Landesregierung hat nun die Bildungsministerin, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Anke Spoorendonk, unsere öffentlichen Schulen sind keine Großbetriebe, in denen die Kinder untergehen. Das muss ich wirklich zurückweisen!
- Vielen Dank. Ich bin es auch den Schülerinnen und Schülern schuldig, die dort oben fröhlich sitzen, dies hier zu sagen.
Noch etwas möchte ich vorweg sagen: Private Schulen sind auch nicht per se gut, nur weil sie privat sind. Sie alle haben immer ein bestimmtes Bild von Privatschulen vor Augen. Das ist sicherlich das Bild, das Sie gestern bei den Waldorfschulen und ihrer sehr positiven Darstellung dort gewonnen haben. Nicht jede private Schulgründung ist jedoch von edlen Motiven getragen. Es können auch
Gründungsmotive vorliegen, die wir hier alle miteinander möglicherweise nicht teilen. Es können beispielsweise extreme Gesinnungen oder die Motive von privilegierten und gut betuchten Eltern sein, die sagen: Wir leisten uns für unsere Kinder etwas Besonderes. Das können wir doch nicht per se gutheißen und absegnen. Ich bitte hier um Differenzierung.
Die Regierungsfraktionen wollen im Rahmen der nächsten Haushaltsberatung die Bedingungen und Grundlagen für die Finanzierung der freien Schulen verändern und anpassen. Das haben wir eben gehört. Auch ich bin der Meinung: Natürlich muss die Existenz der freien Schulen gesichert bleiben. Ich muss jedenfalls aus meiner Sicht auch sagen, da sich die nächsten Haushaltsberatungen zeichnen sich bereits am Horizont abzeichnen: Meiner Meinung nach kann es nur um Existenzsicherung gehen. Alles, was darüber hinausgeht, wobei ich einige Konsequenzen aus dem Antrag meine, den Sie hier vorlegen, ist weder rechtlich geboten noch - so finde ich - finanziell verantwortbar. Jeder, der in dieser Situation zusätzliche Ausgaben fordert, muss diese sehr gut begründen können, und zwar nicht nur hier im Landtag, sondern überall. In der Regel ist es so, dass an anderer Stelle dafür etwas gekürzt werden muss. Es muss dann etwas wegfallen oder aber es müssen neue Schulden gemacht werden. Das ist die Lage, vor der wir jede zusätzliche Ausgabe rechtfertigen müssen.
Deshalb kommen Sie, glaube ich, nicht umhin, die finanziellen Konsequenzen Ihrer Vorschläge hier auch einmal zu beleuchten. Der Gesetzentwurf der Grünen wäre mit erheblichen finanziellen Zusatzlasten für den Landeshaushalt verbunden. Sie wollen zum Beispiel einen Investitionskostenzuschuss neu einführen, den dann die kommunale Seite zu tragen hätte. Aber die wird das natürlich ans Land zurückverweisen. Das Konnexitätsprinzip ist ja eindeutig und in der Verfassung verankert.
Dann wollen sie auch schon für die Wartefrist 50 % der Zuschüsse zahlen. Sollen wir wirklich jede Neugründung mit Steuermitteln ausstatten, obwohl wir gar nicht wissen, ob sie langfristig wirklich Bestand hat? Ich finde, das ist wirklich noch einer intensiven Diskussion wert, und die ist auch notwendig.
Es kommt eine Reihe weiterer Fragen hinzu. Die Frage der Versorgungslasten, Herr Dr. Klug, ist ein bisschen schwieriger, als Sie das hier dargestellt haben. Das ist in der Tat sehr kompliziert. Darüber muss man sich unterhalten, und man muss sich das genau anschauen. Es gibt auch noch andere Dinge im Gesetzentwurf, die auch in rechtlicher Hinsicht
genau beleuchtet werden müssen. Darauf kann ich jetzt im Detail nicht eingehen; das sollten wir im Ausschuss tun.
Wie gesagt, für zusätzliche Ausgaben braucht man sehr gute, braucht man sehr präzise Begründungen. Ungenaue Schätzungen sind jedenfalls keine Basis dafür, wie Sie sie in der vergangenen Woche in einer Presseveröffentlichung verbreitet haben. Sie beziffern dort die Einbußen der Waldorfschulen infolge de Kürzung der Sonderzuwendungen für Landesbeamte auf bis zu 7 %. Das deckt sich mit der Darstellung der Waldorfschulen selber, aber es deckt sich wirklich nicht mit der Realität. Wir gehen von Einbußen aus, auch wir, das will ich nicht bestreiten, aber Sie werden sich voraussichtlich auf unter 4 % summieren. Das ist auch nicht wenig; ich will das gar nicht beschönigen. Aber von 7 % kann nicht die Rede sein. Ich glaube, da ist eine falsche Basis zugrunde gelegt worden.
In derselben Veröffentlichung führen Sie den Bericht des Landesrechnungshofs von 2004 an. Dabei gehen Sie jedoch über den damaligen Ausblick, den der Rechnungshof gemacht hat, einfach hinweg. Dort wird nämlich festgehalten, dass die finanzielle Situation der Waldorfschulen insgesamt nicht so schlecht sei, wie es beispielsweise von der LAG vorgetragen worden sei. Diese Situation, so der Landesrechnungshof, werde nicht allein von der Höhe der Zuschüsse des Landes, sondern auch maßgeblich von örtlichen Faktoren, nämlich von den unternehmerischen und von den pädagogischen Entscheidungen der Waldorfschulen selbst, bestimmt. Dafür gäbe es viele Beispiele zu nennen; das kann ich jetzt aber nicht tun. Es ist dort auch gesagt, dass pädagogische Ziele, die da verfolgt werden, auch mit anderen Mitteln und günstiger erreicht werden könnten.
Ich will nicht missverstanden werden, und ich will auch gern sagen: Ich würdige das, was die Freien Schulen leisten. Sie haben dem öffentlichen System schon viele gute Impulse gegeben. Ich sage aber noch einmal: Wir tragen Verantwortung für das gesamte Bildungswesen, und es muss eine verantwortbare, eine tragfähige und bezahlbare Lösung geben. An einer solchen Lösung werden und müssen wir jetzt arbeiten.
Ich weise darauf hin, dass das ein Antrag aus der letzten Tagung ist. Wir haben Erwartungen, was den Aktionsplan und die heutige Tagung angeht, an Herrn Dr. Garg.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich wünschen wir uns die Vorlage des Aktionsplanes nicht für diese Tagung, das hätten wir uns beim letzten Mal gewünscht. Wir wünschen uns das für die 26. Tagung. Hilfsweise sind wir selbstverständlich auch damit einverstanden, wenn der Antrag an den Ausschuss überwiesen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist eigentlich, wenn ein Mensch sich nicht mehr im eigenen Haus zurechtfindet oder nicht mehr weiß, welche Jahreszeit gerade ist? Mitten im Leben stehende Menschen werden binnen kurzer Zeit zu pflegebedürftigen Menschen, wenn sie demenziell erkranken. Sie könnten sich vielleicht noch alleine anziehen und waschen, sie tun es aber nicht. Sie würden sogar vor dem vollen Kühlschrank verhungern, wenn sie von ihren Angehörigen nicht daran erinnert würden, zu essen. Es geht ihnen körperlich oftmals vergleichsweise gut, und man kann sie dennoch keinen Augenblick mehr alleine lassen.
Noch immer wird das Thema Demenz in unserer Gesellschaft verdrängt und tabuisiert. Dabei leiden inzwischen immer mehr Menschen unter Demenz. Allein in Schleswig-Holstein wird nach einer statistischen Berechnung davon ausgegangen, dass bereits heute von den etwa 77.500 Pflegebedürftigen 38.625 Personen an Demenz erkrankt sind. Und, so bedauerlich das ist, es werden mehr. Denn Alterskrankheiten wie Demenz werden in einer Gesellschaft mit immer mehr Hochbetagten weiter zunehmen.
Gleichzeitig können an Demenz erkrankte Menschen und ihre Angehörigen nur zum Teil mit einer Unterstützung durch die Pflegeversicherung rechnen. Wir haben heute Morgen beim ersten Tagesordnungspunkt darüber gesprochen: Das ist nicht überraschend, orientieren sich die Vorgaben des § 14 SGB XI doch ausschließlich an sogenannten ein hässliches Wort, es heißt aber so - körperbedingten Funktionsdefiziten. Genau diese Definition von Pflegebedürftigkeit führt dazu, dass psychosoziale Pflege und menschliche Zuwendung als Pflegeleistung nicht berücksichtigt werden. Insbesondere bei Demenzkranken kann es nicht nur im Einzelfall zu außerordentlichen Schwierigkeiten kommen. Immer dann, wenn keine oder kaum feststellbare sogenannte körperbezogene Funktionsdefizite vorliegen, gibt es kaum eine entsprechende finanzielle Unterstützung, obwohl der Betreuungsaufwand unverändert hoch ist.
Im Rahmen der vereinbarten Eckpunkte zur Reform der Pflegeversicherung will die Bundesregierung den mit dem Pflegeleistungsergänzungsgesetz eingeführten zusätzlichen Betreuungsbetrag von bisher 460 € im Jahr auf 2.400 € anheben. Das sind 6,58 € am Tag. Das ist eine kleine Verbesserung, es ist aber nicht viel, wenn man bedenkt, dass die Inanspruchnahme eines entsprechenden Betreuungsangebotes für an Demenz erkrankte Menschen schnell Kosten von 30 € pro Tag und mehr auslösen, vorausgesetzt natürlich, ein solches Angebot existiert überhaupt.
Derzeit kommen rein rechnerisch in SchleswigHolstein rund 570 Demenzkranke auf ein sogenanntes niederschwelliges Betreuungsangebot im Sinne des Pflegeleistungsergänzungsgesetzes. Wir haben deshalb die angestrebte Verbesserung in der Pflegeversicherung speziell für an Demenz erkrankte Menschen zum Anlass genommen, die Situation in Schleswig-Holstein zu hinterfragen. Neben einer umfassenden Bestandsaufnahme der Lebenssituation von an Demenz erkrankten Menschen sollen in einem „Aktionsplan Demenz“ Eckpunkte für die zukünftigen politischen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Welche Wünsche und Bedürfnisse haben eigentlich an Demenz erkrankte Menschen? Welche Umsetzungsvorschläge werden von Verbänden, werden von Kommunen gemacht? Was ist für die Landespolitik umsetzbar?
Der Aktionsplan fordert deshalb zunächst eine konkrete Bestandsaufnahme, und auf dieser Grundlage muss dann analysiert werden, wie die derzeitige Lebenssituation ist. Dazu gehört, bestehende Aus-, Fort- und Weiterbildungsstandards so zu etablieren,
Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen. Für eine Pflegekraft ist es in ihrem Praxisalltag zunächst wichtiger, zu wissen, wie sie auf Beschuldigungen oder aggressives Verhalten eines an Demenz erkrankten Menschen reagieren soll. Es kann für sie entscheidender sein, als dass sie die medizinische Theorie der Beta-Amyloide kennt.
Ein politischer Aktionsplan für an Demenz erkrankte Menschen soll deshalb die Instrumente und Fördermaßnahmen aufzeigen - wir haben schon viele, aber viele wissen noch gar nicht, welche wir haben - und bündeln. Die Landesagentur Demenz kann hierfür ein wesentlicher Baustein sein. Notwendig ist dabei, dass ein aus dem Aktionsplan entwickeltes Gesamtkonzept für an Demenz erkrankte Menschen nicht nur vage Zielbeschreibungen enthält. Wenn wir wissen, wie unsere Politik für diesen Personenkreis künftig aussehen soll, muss durch den Landesgesetzgeber ein Rahmen geschaffen werden, der künftig verlässliche und tragfähige Strukturen gewährleistet. Das Pflegegesetzbuch für Schleswig-Holstein böte eine Möglichkeit dazu, genau diese Strukturen und Standards zu etablieren.
Ich glaube, es wäre wenig hilfreich, wenn wir immer nur beklagten, dass an Demenz erkrankte Menschen bei der Absicherung durch die Pflegeversicherung hinten herunterfallen. Wir haben einige Möglichkeiten auf Landesebene. Ich würde mich freuen, wenn wir diese Möglichkeiten nutzten. Ein solcher Aktionsplan, ein solches Gesamtkonzept ist ein erster und, wie ich finde, ein richtiger Schritt auf diesem Wege.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg und erteile für die CDU-Fraktion der Frau Abgeordneten Ursula Sassen das Wort.