Protocol of the Session on September 12, 2007

Das ist ein sehr folgenreicher Eingriff in die Umwelt, der schwer wieder gutzumachen ist. Der Agrarstandort Schleswig-Holstein als Land der gentechnikfreien Erzeugung von Lebensmitteln steht auf dem Spiel. Die Regierung muss unverzüglich und konsequent handeln.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Claus Ehlers das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gentechnisch veränderter Raps ist in einer zugelassenen Rapssorte entdeckt worden. Das zeigt, dass höchste Wachsamkeit geboten ist, um Fälle wie diesen zu vermeiden. Die Folgewirkungen sind für alle Beteiligten problematisch und zum Teil auch sehr kostspielig. Für nicht zugelassene Rapssorten gilt nur eines: Nulltoleranz.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

Daher sind die Maßnahmen, die angeordnet wurden, für die betroffenen Landwirte zwar aufwendig, sie sind andererseits aber auch zwingend notwendig. Sowohl landwirtschaftliche Betriebe des ökologischen als auch des konventionellen Landbaus haben Anspruch auf Sicherheit für ihr Saatgut.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit die Sicherheit auch für Verbraucherinnen und Verbraucher gewährleistet werden kann, muss konsequent gehandelt werden. Herr Minister, genau das haben unsere Verwaltungen getan. Die Richtlinien sind klar und eindeutig. Darüber hinaus bestehen Absprachen der betroffenen Bundesländer. Bei Einhaltung der vorhandenen Instrumentarien sind für die künftige Aussaat keine Risiken zu erwarten. Die Forderungen der Antragsteller von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollen zusätzliche Sicherheit bieten. Sie gehen nach meiner Auffassung jedoch etwas zu weit. Hier geht es einerseits darum, eine möglichst hohe Sicherheit zu gewährleisten, andererseits aber müssen auch die Betroffenen damit leben können. Deshalb halte ich die Eintragung der Flächen in das Standortregister für überzogen und in der Sache nicht weiterführend.

Selbstverständlich bleibt es dabei: Der Verbraucherschutz hat für uns Vorrang. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass Erzeuger rechtlos werden und Forderungen erfüllen müssen, die der Zielsetzung nicht weiter dienen. Der Antrag ist für uns zu weitgehend und deshalb halten wir ihn für nicht zustimmungsfähig. Wir beantragen Ausschussüberweisung.

(Beifall bei der CDU)

(Detlef Matthiessen)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich machen, dass es für die SPD-Landtagsfraktion und auch für die SPD als Landespartei keine neuen Erkenntnisse gibt, die uns davon überzeugen würden, unsere Haltung zur Gentechnik in der Landwirtschaft irgendwie zu verändern. Im Gegenteil, neuere Veröffentlichungen bestätigen uns in der Auffassung, dass Schleswig-Holstein keine geeignete Region für den Anbau von GVO-Pflanzen ist. Auch die Gentechniknovelle schafft mit veränderten Mindestabstandsregelungen von 150 m zu konventionellen und 300 m zu ökologischen Anbauflächen in Schleswig-Holstein aufgrund der klimatischen Bedingungen und aufgrund der vorherrschenden Windrichtungen und Windstärken keine sicheren Bedingungen für einen Anbau in Koexistenz.

An dieser Stelle beziehe ich mich ausdrücklich auf eine Aussage von Professor Jung. Im Rahmen einer Anhörung des Umweltausschusses im Jahr 2005 hielt er den Anbau von GVO-Raps in Koexistenz hier in Schleswig-Holstein für unmöglich. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass Schleswig-Holstein wie auch Deutschland gentechnikfreie Anbauregionen bleiben sollen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Saatgut, das nicht zugelassen ist, darf nicht ausgebracht und in den Verkehr gebracht werden. Wenn GVO-Saatgut ausgebracht wurde, das nicht genehmigt wurde, dann ist dieses zu vernichten oder so zu behandeln, dass es nicht weiter auskeimen kann. Wir wissen, der Raps ist eine sehr auskreuzungsfreudige Pflanze. Sie ist auch sehr dauerhaft. Als Saatgut überlebt Raps viele Jahre haltbar im Boden. Das sieht man häufig im städtischen Umfeld an Lärmschutzwällen, auf denen plötzlich Saat keimt, wenn Erde ausgebracht wurde. Es spricht auch dafür, dass der Pollenflug sehr weitreichend ist.

Es ist richtig, dass wir hier einen Bericht über den vorliegenden Fall erhalten. Diesen Bericht sollten wir auch im Umweltausschuss behandeln. Herr Minister, wir danken ganz herzlich für den Bericht. In einem solchen Antrag aber auch die Verfahren über die Vernichtung des Saatgutes festzuschreiben und die Flugtiefen festzulegen, führt unserer Auffassung nach doch etwas zu weit. Gleiches gilt für die Festlegung des Zeitraums von Nachsaaten. Das

sollte man lieber den Fachleuten überlassen und es nicht hier im Parlament diskutieren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Lieber Kollege Matthiessen, im Hinblick auf Ihre Kritik am Minister erlaube ich mir zum Stichwort Standortregister noch einen deutlichen Hinweis: Bis zum Jahre 2001 haben wir in Schleswig-Holstein 20 Versuchsfelder - Wertprüfungsstandorte von Genraps - gehabt. Diese sind auch namentlich bekannt. Sie können sich das auch auf der Website des Bioland-Verbandes ansehen. Bis 2005 hat es keine Standortnennung vonseiten des Bundesministeriums gegeben, und zwar absichtlich nicht. Ich möchte daran erinnern, dass die Bundesministerin für Verbraucherschutz und Landwirtschaft eine Grüne war. Wir haben aus dieser Zeit keine Erkenntnisse darüber, wo genau in Schleswig-Holstein diese Flächen liegen. Wir wissen das nicht, weil dieses Ministerium unter der Führung der Grünen das nicht herausgegeben hat.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Landesregierung hat im vorliegenden Fall schnell und richtig reagiert. Wir, die SPD-Fraktion, haben volles Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Ministers.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt wohl kaum ein Thema, das derart mit Emotionen besetzt ist wie das der Gentechnik. Aus diesem Grund möchte ich heute aus Anlass der bereits im August im Rahmen einer routinemäßigen Kontrolle in einer Rapspartie gefunden Spuren gentechnisch veränderter Organismen vor allem um eines bitten, nämlich um Sachlichkeit.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Leider lässt der Antrag der Grünen diese Sachlichkeit wie so oft bei diesem Thema vermissen.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An welcher Stelle?)

Mit diesem Vorfall die nicht beherrschbare Gentechnik zu begründen, wie Sie es eben gerade gemacht haben, Herr Kollege Matthiessen, ist falsch.

Vielmehr ist dieser Fall ein Beispiel dafür, dass die entsprechenden Kontrollen greifen.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Sie beschreiben einen Tatbestand, der so nicht den Fakten entspricht. Sie wollen ihn aber so vom Landtag beschließen lassen. Sie fordern berechtigterweise für die Beseitigung der transgenen Saat beziehungsweise der Keimlinge geeignete Maßnahmen, diktieren aber gleichfalls, welche das sein sollen und wie diese Maßnahmen auszusehen haben. Ganz ehrlich, sehr geehrte Damen und Herrn Abgeordneten von den Grünen, so geht das nicht!

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Selbstverständlich kann man für oder gegen grüne Gentechnik sein. Ich vermute, Sie von den Grünen sind dagegen. Bitte überlassen Sie es aber jeder Bürgerin und jedem Bürger selbst, gern aufgrund von Kennzeichnungspflichten, die wir auch unterstützen und die wir für erforderlich halten, ob sie oder er beispielsweise ein Lebensmittel oder eine Arznei aus oder mit gentechnisch veränderten Organismen will oder nicht. Hören Sie auf, jede Information, die negativ für die grüne Gentechnik auszufallen scheint, zu einem Schreckensszenario aufzubauschen, wie Sie es, Herr Kollege Matthiessen, eben schon wieder gemacht haben.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Tatsache ist, dass im Rahmen einer routinemäßigen Kontrolle von Saatgut in einer Rapspartie Spuren gentechnisch veränderter Organismen gefunden wurden, die keine Zulassung für den Anbau besitzen. Nach Agenturberichten soll der Eintrag bei 0,03 % gelegen haben, was allerdings das Problem nicht beschönigen soll. Ich sage das ausdrücklich. Nichtzulassung ist Nichtzulassung. Es relativiert aber möglicherweise die Größenordnung, die die Grünen in ihrem Antrag unterstellen.

Trotz einer sofort vom Saatgutunternehmen eingeleiteten Rückrufaktion sind Teile dieser Rapspartie zur Aussaat gelangt. In Schleswig-Holstein soll eine Anbaufläche von circa 300 ha betroffen sein; wir haben es eben bereits gehört. Nun liegt es auf der Hand, dass gentechnisch veränderter Raps, für den es keine Zulassung zum Anbau gibt, nicht ausgesät werden darf. Übrigens gilt das auch für jedes andere nicht zugelassene Saatgut. Auch konventionelle Saat, wenn ich die mal so nennen darf, muss zugelassen sein. Sonst darf sie nicht zur Aussaat gelangen. Die weiter rechtlich vorgeschriebene Konsequenz daraus ist, dass eine Vernichtung der aus

dem Saatgut aufgelaufenen Pflanzen zu erfolgen hat, nicht irgendwie, ein bisschen, wie man angesichts des Forderungskatalogs der Grünen mutmaßen könnte, sondern vollständig - Kollege Matthiessen, ich könnte jetzt ein bisschen ironisch sagen, spannen Sie schon mal an und pflügen Sie nicht zu tief -, ebenso wie die in der Rechtsfolge zu leistenden Ersatzzahlungen der Verursacher an die Geschädigten. Auch das hat der Gesetzgeber vorgeschrieben.

Es wäre erfreulich, wenn auch die Grünen das bei aller Ablehnung grüner Gentechnik anerkennen könnten. Ebenso wäre es zumindest hilfreich, wenn sie einsehen könnten, dass grüne Gentechnik nicht nach einem Schwarz-Weiß-Raster funktioniert. Das wäre sicherlich einfacher. Trotzdem ist es schlicht eine Illusion, annehmen zu wollen, dass im biologischen System und unter natürlichen Produktionsbedingungen jegliche Verunreinigung von Saatgut ausgeschlossen werden könnte. Denn die Herstellung von pflanzlichen Agrarrohstoffen, die dann zu Lebensmitteln oder Futtermitteln verarbeitet werden, und die Herstellung von Saatgut geschieht in der Natur. Damit unterliegt sie natürlichen Einflussfaktoren und es lässt sich nicht verhindern, dass Pflanzen einer Sorte, wenn auch nur in geringem Umfang, auch durch Pollen von Fremdsorten bestäubt werden können, deren Erbgut dann in den Pflanzen beziehungsweise im Saatgut der vermehrten Sorte wiederzufinden ist. Solche Sortenverunreinigungen können bei allen Vorkehrungen wie Schutzstreifen et cetera nicht vollständig ausgeschlossen werden. Sie erfolgen aber ganz unabhängig davon, mit welchen Zuchtmethoden die Pflanzen gezüchtet werden, aber auch davon, welche Flächen angebaut werden. Bei herkömmlich gezüchteten Sorten erlaubt das Saatgutrecht deshalb auch geringfügige Beimengungen anderer Sorten; zugelassener Sorten, versteht sich.

Wir sollten deshalb überlegen, ob und wie sich diese Regelung vergleichbar auf transgene Sorten übertragen lässt. Den Kopf in den Sand stecken und so zu tun, als gäbe es weltweit die über 80 Millionen ha Anbaufläche mit gentechnisch veränderten Pflanzen nicht - das entspricht übrigens einer Fläche von Frankreich und Großbritannien zusammen -, werden und wollen wir wenigstens nicht.

(Beifall bei der FDP)

Für die Gruppe des SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

(Günther Hildebrand)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Feststellung, dass gentechnisch verändertes Saatgut, für das es keine Zulassung für den Anbau gibt, aus Nordrhein-Westfalen nach Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, RheinlandPfalz und Schleswig-Holstein gelangen konnte und zum Teil ausgesät wurde, wirft erneut Fragen auf in Bezug auf den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen in der Landwirtschaft.

Wir haben es hierbei mit einer Technologie zu tun, von der die einen sich enorme Chancen für die Landwirtschaft versprechen, und für die anderen ist diese Technologie mit unabschätzbaren Risiken verbunden. Letztlich gibt es derzeit keine abschließende Erkenntnis, was die Gentechnik wirklich bringt. Solange wir keine absolute Gewissheit über die Auswirkungen haben, gilt für den SSW: Sicherheit hat Vorrang.

Aber es geht heute nicht - ausdrücklich nicht - um die Frage, ob genveränderte Pflanzen Segen oder Fluch sind. Es geht um etwas völlig anderes. Wir müssen leider erkennen, dass uns das Thema gentechnisch verändertes Saatgut immer wieder einholt, denn immer wieder gibt es Fälle von illegal ausgebrachtem Saatgut. Der durch eine routinemäßige Kontrolle der Länder bekannt gewordene Fall von gentechnisch verändertem Rapssaatgut macht wieder einmal deutlich, wie wichtig derartige Untersuchungen sind und dass sie in der Tat auch funktionieren. Das ist ja das Positive an der Sache.

In der aufgespürten Lieferung wurden 0,03 % gentechnisch verändertes Saatgut nachgewiesen. Hierbei handelt es sich um Saatgut, das keine Zulassung zur Ausbringung in Deutschland und der EU hat.

Angesichts dieser Tatsache halte ich es für ein falsches Signal, wenn sich zum Beispiel die Bundestagsabgeordnete Happach-Kasan - einige kennen sie ja - in der Öffentlichkeit dahin gehend äußert, dass wir dringend einen Schwellenwert benötigen, bis zu dem zufällige Beimengungen von GVO-Sorten erlaubt sein sollen. Sie hat hochgerechnet, dass durch die Ausbringung der Saat auf einer Fläche von 1 ha nicht einmal 150 GVO-Pflanzen keimen würden. Dies macht zwar deutlich, dass wir es hierbei wirklich mit einer äußerst geringen Menge zu tun haben. Aber der Punkt ist, dass wir es hierbei mit Saatgut zu tun haben, für das es in der EU keine Zulassung gibt. Ich bin dem Minister dankbar, dass er sagte: Dann gibt es null Toleranz. Das ist Fakt und daran hat man sich zu halten. Daher dürfen wir auch nicht durch die Hintertür Fakten schaffen, sodass verbotenes Material, welches

zufällig beigemengt wurde, auf unsere Äcker und Felder gelangt. Dies halte ich im Zusammenhang mit der Gentechnik für fahrlässig, weil es letztlich auch der Akzeptanz schadet. Das als Hinweis an diejenigen, die es möglicherweise als Segen ansehen.

Eine Frage, die sich stellt, ist: Wie konnte es überhaupt zu dieser Beimengung kommen? Das Saatgutunternehmen muss doch gewusst haben, dass dieses Saatgut in der EU nicht zulässig ist. Dann ist man dort auch verpflichtet, äußerst sorgsam mit solchen Materialien umzugehen. Oder hat das Unternehmen nichts von der gentechnischen Verunreinigung gewusst, genau wie unsere Landwirte? Denn letzten Endes sind es nun unsere Landwirte, die auf 300 ha in Schleswig-Holstein die verunreinigte Saat ausgebracht haben und die jetzt vor der Frage stehen, wie weiter mit diesen Flächen umgegangen werden muss.

Der Forderungskatalog der Grünen - der sich in weiten Teilen mit den Forderungen des BUND deckt - ist sehr weitreichend. Wie die meisten hier im Hause bin ich kein Experte in Sachen Keimfähigkeit von genveränderter Rapssaat. Wir wissen aber, dass die Saat nach dem Aufkeimen vernichtet werden muss. Daher halte ich es für angebracht, dass wir uns dieser Sache im Ausschuss annehmen, damit dort genau geklärt werden kann, wie umfangreich diese Vernichtungsaktion vonstatten gehen muss und ob wir tatsächlich als Parlament handeln müssen oder ob es darum geht, dass das Ministerium beziehungsweise die entsprechenden Behörden zu handeln haben.