Protocol of the Session on September 12, 2007

Aber bei aller Kritik sollten wir uns auch vor Augen halten, was wäre, wenn wir keine europäische Fischereistrategie hätten. Das Resultat wäre Raubbau in den Meeren, der unkontrolliert und ungehemmt vonstatten geht. Dies will natürlich auch keiner.

Daher ist es notwendig, dass die EU handelt und endlich dort einschreitet, wo es Verstöße gegen das Fischereirecht gibt. Die unterschiedliche Umsetzung des Fischereirechts in einigen Mitgliedstaaten führt nicht nur zu Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung, sie missachtet jeglichen Gedanken der Nachhaltigkeit. Weiter ist es unseren Fischern nicht mehr vermittelbar, dass sie sich an Gesetze und Richtlinien halten müssen, wenn der Umgang mit dem europäischen Fischereirecht in eini

gen anderen Mitgliedstaaten mehr als lax gehandhabt wird.

Um die bestehenden Vorschriften besser einhalten zu können, hat die EU eine neue Kontrollstelle und Strategie entwickelt. Dafür hat sie eigens eine Fischereiaufsichtsagentur errichtet, die vor einem Jahr ihre Arbeit aufgenommen hat. So soll für eine bessere Koordination der Fischereiaufsicht in den Mitgliedstaaten gesorgt werden. Dabei bedient sich die Agentur auch des Kontrollpersonals und der Kontrollfahrzeuge der Mitgliedstaaten und setzt sie außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs ein.

Inwieweit die Agentur und die Mitgliedstaaten erfolgreich sein werden, hängt nun maßgeblich davon ab, inwieweit die Personalstärke und die Personalstrukturen an die erhöhten Anforderungen angepasst werden. Dort haben die Mitgliedstaaten so viel Verantwortung, der sie gerecht werden müssen. Der Bericht macht hierbei deutlich, dass erste Prüfungen der EU ergeben haben, dass Schleswig-Holstein seine Hausaufgaben natürlich gemacht hat. Das ist erfreulich. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir unbedingt im Fokus der Fischereiaufsichtsbehörde gestanden haben.

Ein erster Erfolg der Agentur dürfte das von der EU-Kommission verhängte Dorschfangverbot für Polen sein. Es bleibt aber abzuwarten, wie umfangreich die von der EU verhängten Sanktionen sein werden. Polen hat sich genauso an die Fangbestimmungen zu halten wie alle anderen Mitgliedstaaten. Das ist eine logische Konsequenz, die man dort vielleicht erst noch lernen muss.

Bei der Ostseefischerei darf man aber nicht übersehen, dass auch Russland zu den Ostsee-Anrainerstaaten gehört, dass es dort aber keine EU-Regelungen zu Fangquoten gibt. Hier liegt ein dringliches Problem, das unbedingt zu lösen ist. Denn nur wenn alle Ostsee-Anrainerstaaten an einem Strang ziehen, können sich die Fischbestände in der Ostsee erholen.

Abschließend möchte ich hervorheben, dass wir den Schritt der norddeutschen Küstenländer, sich zu einer fischereipolitischen Allianz zusammenzuschließen, begrüßen, um somit gestärkt gegenüber Berlin und insbesondere gegenüber Brüssel auftreten zu können. Dies ist eine logische Konsequenz, wenn man sich dort Gehör verschaffen will.

Nun bleibt abzuwarten, inwieweit das von den norddeutschen Küstenländern ausgearbeitete NeunPunkte-Programm Zustimmung findet, damit künftig die Belange der norddeutschen Küstenländer besser berücksichtigt werden.

Aber es wird in jedem Fall darauf ankommen, dass alle EU-Mitgliedstaaten die Regeln, die auch ihre eigenen Regierungen mit aufgestellt haben, einhalten, und dass wir es schaffen, Russland mit ins Boot zu holen. Für den zweiten Punkt sollten wir überlegen, ob unsere Beziehung in die Region Kaliningrad und die Ostseezusammenarbeit auf den verschiedenen Ebenen genutzt werden können. Damit sind wir wieder da, wo wir heute Nachmittag angefangen haben, nämlich bei der Ostseezusammenarbeit, die Kern auch dieser Politikstrategie sein muss.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/1553, in den Umwelt- und Agrarausschuss und mitberatend in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:

Gentechnisch verunreinigtes Saatgut in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1588

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich zunächst darüber abstimmen, ob der beantragte mündliche Bericht in dieser Sitzung gegeben werden soll. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich erteile nunmehr dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Am 29. August 2007 wurden wir darüber informiert, dass bei einer routinemäßigen Stichprobe von Rapssaatgut der Sorte Taurus eine Verunreinigung mit nicht zugelassenem, gentechnisch veränderten Raps nachgewiesen wurde. Daraufhin wurde von meinem Haus sofort die Ermittlung der Adressaten des betroffenen Saatgutes eingeleitet.

Saatgutlieferant war die Deutsche Saatveredelung DSV in Lippstadt. Die Firma hatte bereits am 27. August 2007 von der nordrhein-westfälischen Behörde den vorsorglichen Hinweis erhalten, dass es vermutlich bei einer Partie zu einer Verunreinigung mit gentechnisch verändertem Raps gekommen ist. Die DSV startete daraufhin sofort eine Rückrufaktion, die allerdings nur noch die Hälfte des verunreinigten Saatgutes erfassen konnte. Die andere Hälfte war bereits ausgesät.

Nach dem Handlungsleitfaden für die experimentelle Saatgutüberwachung auf GVO-Anteile soll Saatgut nicht in Verkehr gebracht werden, solange die Laboranalyse läuft. Ziel dieser Vereinbarung ist eine Probenahme am Flaschenhals der Verkaufskette, damit das Ergebnis vor der Abgabe an den Handel und damit sicher vor Aussaat vorliegt. Hier hat sich ganz offenkundig der Saatgutlieferant nicht an die Vereinbarung gehalten.

Wir haben es hier zwar nur mit einer sehr geringen Verunreinigung zwischen 0,03 und 0,1 % zu tun, aber wir haben eine klare Rechtslage. Die heißt: Für nicht zugelassene GVO gilt die Nulltoleranz. Und da deshalb kein gentechnisch veränderter Raps die Zulassung für den Anbau hat, gilt diese Nulltoleranz zweifelsohne auch hier. Das heißt praktisch, dass jeglicher Nachweis eines nicht zugelassenen GVO automatisch zu einer Untersagung des InVerkehr-Bringens führt.

Das MLUR hat daher gegenüber den betroffenen 20 Landwirten angeordnet, den Aufwuchs auf den betroffenen Flächen zu vernichten, und ist sich dabei selbstverständlich bewusst, dass die Landwirte völlig unschuldig in diese Lage geraten sind. Dennoch ist sicherzustellen, dass sich der nicht zugelassene Raps nicht verbreitet. Gleichzeitig soll dem Landwirt die Möglichkeit gegeben werden, noch in diesem Jahr zum Beispiel Wintergetreide nachzusäen. Die betroffenen Landwirte haben außerdem ein Merkblatt erhalten, das die notwendigen Maßnahmen aufzeigt, um den jetzigen und den möglichen späteren Aufwuchs in den Nachfolgekulturen wirksam und nachhaltig zu bekämpfen. Dazu gehört auch, dass eine direkte Nachsaat von Raps verboten ist, da hier eine wirksame Kontrolle später gegebenenfalls auflaufenden gentechnischen verunreinigten Rapssaat nicht möglich wäre.

Darüber hinaus werden wir die Landwirte bei der Umsetzung der Anordnung fachlich begleiten. Mein Ministerium sowie die Ämter für ländliche Räume stehen den Landwirten als Ansprechpartner selbstverständlich zur Verfügung.

(Lars Harms)

Nach meiner Überzeugung sind die von uns eingeleiteten Maßnahmen angemessen und ausreichend, um die Verbreitung von gentechnisch verändertem Raps zu unterbringen und auch den Landwirten einen ausreichenden Spielraum für ihre Anbauplanung zu geben. Nach meinen Informationen haben auch die anderen betroffenen Bundesländer das Vernichten des Aufwuchses und den Umbruch der Felder angeordnet. Hier hat es eine schnelle und einvernehmliche Abstimmung untereinander gegeben. Ich erwarte aber auch, dass die Verursacher die Landwirte angemessen entschädigen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der CDU)

Schließlich wurde - wenn auch unbeabsichtigt Saatgut an die Landwirte ausgeliefert, das aufgrund der gefundenen gentechnischen Veränderungen nicht verkehrsfähig ist.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat schnell und vor allem auch effizient auf den Fall „Taurus“ reagiert. Die Vernichtung der Rapsbestände ist rechtlich geboten und erforderlich, um zu verhindern, dass sich nicht genehmigte gentechnisch veränderte Organismen in der Umwelt verbreiten.

Außerdem zeigt sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Landwirten, dass alles getan wird, um ihnen die - im Übrigen europäisch beschlossenen - Wahlfreiheit, also die Koexistenz auch an dieser Stelle, zu ermöglichen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und hoffe natürlich mit Ihnen allen, dass sich solche Fälle - auch durchaus ein solcher Fall - nicht wiederholen. Dazu bedarf es aber, dass die Forderung auch wirklich erfüllt wird, dass die Entschädigung gezahlt wird. Darauf werden wir hinwirken. Es bleibt am Ende sicherlich auch eine zivilrechtliche Frage. Wir hoffen, dass sie richtig entschieden wird, um deutliche Signale zu geben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tribüne begrüßen wir Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Lindewitt, Kreis Schleswig-Flensburg. - Seien Sie uns alle sehr herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Grüner ist man fast versucht zu sagen: „Dat hebbt wi a jümmer seggt, dat dat leger warn kunn, un nu is dat so kom.“ Wir haben es also schon immer so gesagt.

Aber Recht gehabt zu haben ist ein kurzes und wenig geteiltes Glücksgefühl. Der Vorfall ist für uns eine Mahnung: „Seht her: Gentechnik ist nicht beherrschbar, seht, wie gewaltig, wie unvorhersehbar und vor allem wie langwierig die Folgen sind.“ Dabei handelt es sich hier nur um die Folgen eines relativ kleinen Versehens, von dem 300 ha Land unmittelbar betroffen sind - nicht etwa die Folgen von einem langjährigen, großflächigen Anbau von GVOs.

Die Verunreinigung von Saatgut mit gentechnisch verändertem Rapssamen, wie sie jetzt passiert ist, ist schlichtweg skandalös. Skandalös ist auch das Verhalten des Landwirtschaftsministers, Herr von Boetticher, der sich weigert, die Standorte der Flächen mitzuteilen. So ist es mir jedenfalls von Verbänden berichtet worden, die in Ihrem Haus angefragt haben. Das ist mit Umweltinformation unvereinbar. Das ist mit Produkthaftung unvereinbar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern in unserem Antrag: Alle in SchleswigHolstein betroffenen Flächen müssen im Standortregister für gentechnisch veränderte Organismen - kurz GVO - des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz angezeigt werden. Das ist doch selbstverständlich.

Das Standortregister, die Information über das Internet, auf der Landwirte wie Verbraucher Informationen zum Anbau gentechnisch veränderter Organismen offiziell erhalten können, ist grundsätzliche Voraussetzung, damit eventuell betroffene Betriebe im Umland überhaupt von der möglichen Gefahr Kenntnis erlangen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Landnachbarn, Imker und andere können nur so an Informationen gelangen, dass so möglicherweise GVO-Raps in ihre Bestände einkreuzt. Der Bundesgesetzgeber hat eine Reihe haftungsrechtlicher Bestimmungen im Gentechnikgesetz erlassen. Völlig zu Recht, wie sich leider jetzt hier in SchleswigHolstein zeigt. Wer aber Haftung regelt, sollte die Geltendmachung durch Nachweismöglichkeiten sichern. Das hat der Bundesgesetzgeber ebenfalls getan. Das Standortregister in der Gentechnik ist wie das Nummernschild im Verkehr.

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Gerade bei Raps ist die Gefahr der Auskreuzung besonders groß, hat der Kreuzblütler doch viele Verwandte in der freien Natur. Genau deshalb ist der Anbau gentechnisch veränderter Rapssorten in Deutschland bislang nicht zugelassen. Es muss sichergestellt werden, dass sämtliche verunreinigte Saat und der Rapsaufwuchs vollständig und vor allem nachhaltig vernichtet werden.

Die weitere Fruchtfolge auf den Flächen muss, wenn man sichergehen will, danach mindestens zehn Jahre rapsfrei gehalten werden, da Raps über eine so lange Zeit keimfähig ist. Deshalb müssen Sie, Herr Minister, den Anbau von Raps auf den betroffenen Flächen für zehn Jahre untersagen, um späteres Keimen erkennen zu können und weitere Ausbreitung zu verhindern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In dieser Zeit ist ein mögliches Aufkeimen zu beobachten und gegebenenfalls zu beseitigen, das bedeutet, wir brauchen begleitend ein zehnjähriges Monitoring - natürlich auf Kosten des Verursachers. Selbstverständlich dürfen die betroffenen Landwirte, die das gentechnisch verseuchte Saatgut unwissentlich ausgebracht haben, nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Sie müssen vom Hersteller entschädigt werden. Insofern haben wir da große Übereinstimmung mit Ihren Ausführungen.

Wir werden beobachten, wie die Praxis Ihres Hauses aussieht. Sie haben die Landwirte selbstverständlich zu unterstützen. Dies gilt für sämtliche Folgekosten, und zwar einschließlich der Kosten, die durch die Beschränkung in der Fruchtfolge entstehen. Dies wird nicht einfach sein. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, die betroffenen Landwirte in der Auseinandersetzung mit der Deutschen Saatveredelungs AG zu unterstützen, damit sie keinen finanziellen Schaden erleiden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier ist der Staat gefordert, hier ist der Landwirtschaftsminister gefordert, sich schützend vor unsere Bauern zu stellen.

(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Anke Spoorendonk [SSW])

Das ist ein sehr folgenreicher Eingriff in die Umwelt, der schwer wieder gutzumachen ist. Der Agrarstandort Schleswig-Holstein als Land der gentechnikfreien Erzeugung von Lebensmitteln steht auf dem Spiel. Die Regierung muss unverzüglich und konsequent handeln.