Protocol of the Session on December 13, 2006

Ich will jetzt auf ein paar Einzelpunkte eingehen, die ich im Fragenkatalog angesprochen habe.

Bei den Gemeinschaftsschulen stellt sich die Frage nach deren Personalausstattung und danach, wie die Personalzuweisungen an die künftigen Gemeinschaftsschulen aussehen werden, wie man sie gestaltet. Wenn man sich dabei an den jetzigen Personalzuweisungskriterien für Gesamtschulen orientieren wollte, ist ein personeller Mehrbedarf bei jeder Neugründung einer neuen Gemeinschaftsschule einfach unabweisbar. Wir können anhand der Zahlen klar nachweisen, dass die Gesamtschulen die niedrigste Schüler-Lehrer-Relation aller allgemeinbildenden Schularten haben. Das heißt, wenn Schulen des herkömmlichen gegliederten Schulsystems in Schultypen umgewandelt werden, die nach den Gesamtschulausstattungskriterien ausgestattet werden, generiert das logischerweise einen Mehrbedarf - übrigens auch schon dadurch, weil eine Schule, die in einer Gemeinschaftsschule einen gymnasialen Bildungsgang vorhalten soll, auch Gymnasiallehrerstellen benötigt. Die kann man nur auf zwei denkbare Art und Weisen herbeischaffen, entweder durch zusätzliche Stellen, die man einrichtet, oder dadurch, dass man diese Stellen aus den bestehenden Gymnasien abzieht. Und das in einer Situation, in der sie ohnehin schon sehr stark ausgelastet sind und künftig voraussichtlich noch stärker nachgefragt werden.

Dort, wo Gemeinschaftsschulen nur knapp oberhalb der geplanten Mindestgröße von 300 Schülern liegen, werden die nach KMK-Vorgaben für die potenziellen Schulabschlüsse erforderlichen differenzierten Bildungsangebote zu kleinen, relativ personalaufwendigen Lerngruppen führen - mit einem entsprechenden Lehrerbedarf.

Es liegt auf der Hand, dass solche Schulen zusätzliches Geld kosten. Dazu gibt es jedenfalls keine bisher öffentlich bekannten Berechnungen oder Modellrechnungen aus dem Kultusministerium.

(Dr. Ekkehard Klug)

Bei den Regionalschulen, der zweiten neuen Schulart, wird die geplante Schulstrukturreform zumindest an jenen Standorten, an denen die Schulen nur knapp oberhalb der definierten Mindestgröße von 240 Schülern liegen, dann, wenn nach der Orientierungsstufe konsequent in die beiden Bildungsgänge differenziert werden soll, auch ein Mehrbedarf entstehen. Das ist logisch.

Ich will das einmal an einem Einzelbeispiel verdeutlichen. Kollegin Eisenberg war kürzlich in ihrem Wahlkreis, in Kronshagen, bei ihren Parteifreunden der örtlichen CDU und ist dort mit der Frage konfrontiert worden, was man nun mit beiden infrage kommenden Kronshagener Schulen machen soll, der Eichendorff-Schule, der Grundund Hauptschule, und der Realschule in Kronshagen. Beide sind zurzeit mit einem Finanzaufwand von 10 Millionen € vom Schulträger modernisiert. „Soll man sie zusammenlegen?“, hat sie ihr örtlicher CDU-Vorsitzender gefragt. Sie haben dann den Rat gegeben, doch beide Schulen künftig zu Regionalschulen mit beiden Bildungsgängen umzuwandeln. Dabei ist Ihnen nicht aufgefallen, dass eine der beiden Schulen mit gerade zurzeit 200 Schülern unterhalb der festgesetzten Mindestgröße für Regionalschulen liegt. Wenn Sie dort an einer relativ kleinen Schule zwei Bildungsgänge vorhalten wollen, bedeutet Differenzierung in zwei Bildungsgänge logischerweise sehr kleine Lerngruppen mit einem entsprechend hohen Personalaufwand. Das ist ohne allzu große Mühe auszurechnen. Dass das zusätzliches Geld kostet, ist eigentlich klar.

Herr Kollege Dr. Klug, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Sylvia Eisenberg?

Ja, gern.

Herr Dr. Klug, ist Ihnen bekannt, dass die örtliche Realschule in Kronshagen über 400 Schüler hat?

- Ja, das ist mir bekannt.

Nur, damit Sie das dann auch entsprechend berücksichtigen können.

- Aber Sie haben gerade vorgeschlagen, auch den kleinen Hauptschulteil der Grund- und Hauptschule zu einer Regionalschule mit zwei Bildungsgängen zu machen. Dort wäre ein entsprechend hoher Aufwand für zwei Bildungsgänge logischerweise auszufinanzieren. Das ist doch ganz klar.

Der zweite Teil der Kostenproblematik betrifft die kommunalen Schulträger. Schulgebäude, Raumbedarf, Lernmittel als Stichworte. Der Gemeindetag rechnet - in den entsprechenden Stellungnahmen alles nachlesbar - mit erheblichen Mehrkosten durch die Schulgesetznovelle. Er schreibt weiter:

„Es ist nicht akzeptabel, dass die größte Änderung der Schullandschaft seit 35 Jahren ohne ein plausibles Kostenszenario gestartet wird.“

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter Dr. Klug, bei aller Großzügigkeit bitte ich Sie doch, etwas auf die Zeit zu achten.

Ich habe zehn Minuten eingeplant.

Nein, fünf!

Nein, nein, für mich zehn Minuten!

(Lothar Hay [SPD]: Für den Antragsteller zehn Minuten!)

Nach der Liste des Ältestenrates habe ich zehn Minuten erhalten.

Gut. Dann sprechen Sie bitte weiter. Ich bitte um Entschuldigung, Sie unterbrochen zu haben.

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Darauf wollen wir uns berufen, wenn wir Anträge stellen!)

Das haben wir in mehreren Fällen auch schon gemacht. Es ist im Ältestenrat ausdrücklich so vereinbart worden, dass wir als Antragsteller zehn Minuten sprechen können. Ich habe für alle zehn Minuten vorgeschlagen. Das wollten die anderen Fraktionsvorsitzenden oder PGFs leider nicht. Ich hätte gern allen Kolleginnen und Kollegen, die hier reden, den gleichen Umfang eingeräumt.

Kurz zum Thema Kommunen, kommunale Schulträger! Der Städteverband erinnert vorsorglich an den Artikel 49 der Landesverfassung, also das Konnexitätsprinzip, und listet in insgesamt acht Punkten

(Dr. Ekkehard Klug)

steigenden Finanzbedarf durch die Schulstrukturreform auf.

Auch das ist nicht gerade von Pappe. Man muss in dem Zusammenhang auch daran erinnern, dass die Kommunen in den nächsten Jahren in mehrerer Hinsicht im Schulbereich einen erhöhten Finanzbereich zu schultern haben. Das sind zum einen die steigenden Schulkostenbeiträge - nach Aussagen des Gemeindetages ab Anfang 2008 eine Erhöhung um etwa ein Drittel -, zum anderen gibt es einen enormen Sanierungsstau, nach Angaben des Bildungsministeriums, auch vom Gemeindetag zitiert, landesweit ein Gesamtvolumen von 300 Millionen €, das sich als Sanierungsstau in der Pipeline befindet.

Es gibt sicherlich Schulträger, die von beidem betroffen sein werden, von der Notwendigkeit, sowohl ihre eigenen Schulen sanieren zu müssen, zum Teil aber auch für Schulkostenbeiträge, die in bestimmten Bereichen fällig werden, mehr Geld aufzuwenden. Wenn dann durch die Schulgesetznovelle noch ein dritter Kostenblock hinzukommt, habe ich wirklich Zweifel, dass in der jetzigen Finanzlage der Kommunen, wo Sie ja den kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs und der Eingriffe, die Sie im Laufe dieser Wahlperiode vorhaben, eine halbe Milliarde Euro finanzieller Masse wegnehmen wollen, im kommunalen Bereich noch der Spielraum vorhanden ist, um notwendige Investitionen im Schulbereich zu tätigen. Ich habe erhebliche Zweifel daran.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb befürchte ich, dass diese Schulreformen in den nächsten Jahren unter den denkbar schlechtesten Ausstattungs- und Rahmenbedingungen ablaufen werden. Diese Sorge ergibt sich aus der Finanzlage der Kommunen und dem Zusammenkommen all der Belastungen, die gerade im Schulbereich zusammentreffen.

Weil man immer auf das Paradebeispiel Finnland und dort bestehende Gesamtschulen oder Gemeinschaftsschulen verweist, will ich kurz zitieren, was als Beschreibung einer finnischen Gesamtschule kürzlich in einem Beitrag im Magazin des Schulleiterverbandes dargelegt worden ist. Eine Schule, die von Lehrern einer Schule aus Segeberg in den Ferien besucht worden ist, in Keuruu in Finnland: 550 Schülern stehen dort immerhin 45 Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung, darunter zwei Sonderpädagogen, Schulklassen mit Klassenfrequenzen zwischen 15 und 20 Schülern. Die Schule kann jederzeit auf diverse Fachkräfte aus anderen Berei

chen zurückgreifen, einen Arzt, eine Krankenschwester, einen Psychologen, einen Physiotherapeuten, einen Sozialarbeiter. Für jeweils vier Lehrkräfte stehen bestens ausgestattete Arbeitszimmer zur Verfügung. - Das sind Rahmenbedingungen, von denen die neuen Schultypen, die Sie in Schleswig-Holstein einführen wollen, so weit entfernt sind wie die Erde vom Mond.

(Beifall bei der FDP)

Wenn hier manchmal als Begründung angeführt wird, man wolle mit diesen Schulreformen, den Standard erreichen, der beispielsweise im PISASiegerland Finnland erreicht wird, ist das so, als ob Sie einen Trabbi in der Formel-1-Klasse starten lassen wollen. Diese Rechnung wird mit Sicherheit nicht aufgehen.

(Zurufe)

Sie werden in erheblichem Maße durch die Schulstrukturreform einen Finanzbedarf für die Organisation der neuen Schultypen generieren. Dieses Geld wird aber fehlen, wenn es darum geht, in inhaltliche Qualität, in Unterrichtsversorgung oder Ausstattung guter Ganztagsangebote zu investieren. Deshalb glaube ich, dass Sie hier eine Entwicklung einleiten, die unser Bildungssystem in Wirklichkeit nicht voranbringen wird.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug und erteile für die CDU-Fraktion der Frau Abgeordneten Susanne Herold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schulstrukturen werden und müssen in Schleswig-Holstein ein neues Gesicht erhalten. Zukünftig wird es Regionalschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien geben, die Schülerinnen und Schüler in unserem Land sowohl zum Hauptschulabschluss, Realschulabschluss als auch zum Abitur führen werden. Einhergehend mit diesen Reformen wird es natürlich Veränderungen in der Schullandschaft geben. Reformen kosten bekanntlich auch Geld, meine Damen und Herren!

So werden bereits jetzt Mittel aus dem Förderfonds für die Konzeptionierung von Gemeinschaftsschulen bereitgestellt und die Landesregierung wird 1 Million € an zusätzlichen Fortbildungsmitteln zur gezielten Unterstützung von Regionalschulen einstellen.

(Dr. Ekkehard Klug)

Auf der anderen Seite werden die krass abnehmenden Schülerzahlen natürlich auch positive Auswirkungen auf die Personal- und die Schulraumausstattung haben. Auch wird die Frage der Höhe der Unterrichtsverpflichtung zu beantworten sein. Die CDU tritt für eine einheitliche Festsetzung der Unterrichtsverpflichtung an Regional- und Gemeinschaftsschulen ein. Es kann nicht sein, dass ein Hauptschullehrer zukünftig an einer Gemeinschaftsschule weniger Unterricht zu erteilen hat als ein Hauptschullehrer an einer Regionalschule.

Meine Damen und Herren, Veränderungen, die sich aus der größten Schulreform, die es in SchleswigHolstein jemals gab, ergeben, gilt es weiter zu diskutieren. Die Veränderungen der Schulstrukturen sind jedoch weder ein Sparmodell - die Ministerin erwähnte es bereits - noch entsteht ein ungedeckter Mehrbedarf.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Noch ein Erfolg!)

Im Moment befinden wir uns in der Anhörungsphase des neuen Schulgesetzes und entsprechende Verordnungen zu den neuen Schultypen sind in Arbeit.

Ich schlage vor, die zahlreichen Detailfragen - die Ministerin hat es schon angesprochen - im Bildungsausschuss weiter zu diskutieren, wenn der entsprechende Zeitpunkt gekommen ist. Ich bitte um Überweisung.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke der Frau Abgeordneten Susanne Herold und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich hat auch die SPD-Fraktion ein Interesse daran zu erfahren, wie die Einführung von Gemeinschaftsschulen und das Zusammenführen von Haupt- und Realschulen zu Regionalschulen in den Regionen unseres Landes vonstatten geht und welche finanziellen Auswirkungen hiermit verbunden sind.